Kapitel 5
Der restliche Tag war wie im Flug vergangen und Josh hatte mich größtenteils ignoriert. Aber das war okay. Ich war es sowieso gewöhnt von ihm nicht beachtet zu werden. Heute war Sonntag und morgen müsste ich wieder zur Schule gehen. Verwirrt darüber, wie ich zur Schule kommen sollte, setzte ich mich an meinen Schreibtisch. Verwirrung hin oder her... ich musste noch Hausaufgaben erledigen.
Also holte ich aus der Reisetasche, die ich immer noch nicht ausgepackt hatte, meine Schulsachen und breitete sie über den Schreibtisch aus. Es war bereits Nachmittag und ich musste noch endlos viele Sachen erledigen.
Gerade als ich mein Deutschbuch aufschlug, um mich auf meine Zentraleprüfungen vorzubereiten, platzte Josh in mein Zimmer. Ohne anzuklopfen stand er einfach auf der Türschwelle.
,,Ich sollte anklopfen oder?" fragte er und schaute verunsichert. Ich zuckte mit den Schultern, weil es mir egal war. Im Heim hatte auch fast nie jemand angeklopft.
,,Was machst du so?" fragte er und schloss die Tür hinter sich.
,,Zentraleprüfungen sind bald." ich hielt mein Heft hoch. Er lächelte und mein Herz schlug sofort schneller.
,,Ich hab die Dinger mit vier bestanden." lachte er und riss mir das Heft aus der Hand.
,,Ja, das will ich nicht." sagte ich und musste an Jane aus meinen Kursen denken, die so gut in der Schule war.
,,Mhh" machte er und blätterte ein wenig durch. ,,Hast du einen Freund?" fragte er plötzlich und schlug das Heft zu.
,,Nö, wieso?" ich nahm mir mein Heft wieder und drehte mich wieder um. Ich schlug die richtige Seite wieder auf und fing an etwas zu lesen.
,,Nur so." sagte Josh und ich hörte, wie er sich auf das Bett setzte.
,,Hast du eine Freundin?" fragte ich zurück und versuchte mich weiter auf meinen Text zu konzentrieren. Sofort bereute ich meine Frage, weil ich Angst vor der Antwort hatte.
,,Nein, aber da gibt es schon jemanden.." er sprach leise und klar. Und sie taten weh wie Messerstiche. Verletzt verzog ich das Gesicht und war froh, dass er mein Gesicht nicht sehen konnte.
,,Du gehst in die zehnte Klasse, nicht?" unterbrach er das Schweige und machte meine Konzentration zunichte.
,,Ja und du gehst in die zwölfte. Machst dein Abitur." ich ignorierte die Stimme in meinem Kopf, die mir sagte, dass ich mich umdrehen solle.
,,Richtig." bestätigte er meine Wort und lachte.
,,Wie kommen wir morgen zur Schule?" wechselte ich das Thema und drehte mich zu ihm um.
,,Mit dem Motorrad natürlich." er zuckte mit den Achseln. Ich musste daran denken, wie ich ihn damals immer beobachtete habe, als er mit seinem schwarzen Motorrad zur Schule kam. Wie er den Helm absetzte und sein mit der Hand durch sein Haar fuhr.
,,Auf keinen Fall." sagte ich, obwohl ich gerne mit ihm auf einem Motorrad sitzen würde. Meine Arme um seine Taille geschlungen und so nah an ihm.
,,Klar." er zuckte die Schulter und ließ sich auf mein Bett fallen. Ich würde am liebsten zu ihm ins Bett krabbeln und mich an ihn kuscheln.... schnell verscheuchte ich diesen Gedanken und widmete mich wieder meinen Aufgaben.
Nachdem ich Deutsch, Mathe, Englisch und extra Aufgaben für Bio erledigt hatte atmetet ich erleichtert durch. Ich warf einen Blick auf mein Handy und sah, dass ich drei verpasste Anrufe von Klara hatte. Sofort rief ich zurück und sie nahm schon mein zweitem Klingeln ab.
,,Hey!" rief sie und ein Lächeln breitete sich über meinen Lippen aus.
,,Hey." ich drehte mich um und sah, dass Josh immer noch auf meinem Bett lag. Seine Augen waren geschlossen und seine Atmung flach. Schlief er?
,,Du hast dich Gestern gar nicht mehr gemeldet." sagte sie traurig.
,,Ich weiß. Tut mir leid." entschuldigte ich mich und fühlte mich auf einmal schrecklich schlecht. Ich schaute Josh weiter an und musste lächeln. War ich so vertieft in meine Aufgaben gewesen?
,,Wie ist es da denn?" fragte sie interessiert und ich konnte mir vorstellen wie sie ihre riesige, schwarze Brille zurecht rückte.
,,Ziemlich gut. Sie sind alle total nett und liebenswürdig. Sie haben einen Hund und.." ich überlegte, ob ich ihr erzählen sollte, dass Josh ihr anderer Sohn war. Sie war so besessen von ihm..
,,Und, was?"
,,Sie haben auch noch einen anderen Sohn." sagte ich vorsichtig und ich hörte wie sie Luft holte.
,,Cool! Wie heißt er? Ist er in unserem Alter?"
,,Es ist Josh." ich musste mir das Lachen verkneifen, weil die ganze Situation so abgefuckt war.
,,Woooow!" machte sie und lachte. ,,Wirklich?"
,,Ja! Total verrückt oder?" rief ich und senkte meine Stimme sofort wieder, als Josh sich bewegte.
,,Absolut? Wie ist er so privat?" erkundigte sie sich.
,,Wir haben noch nicht wirklich viel geredet. Aber er scheint ziemlich cool." ich stand auf und schaute aus dem Fenster. Ich konnte von meinem Fenster aus direkt in den Garten schauen und somit auch direkt auf den Wald. Evelin meinte, wenn man lang genug wartet, könnte man ab und zu sogar Hirsche sehen. Also starrte ich auf die Bäume und hörte Josh gähnen.
,,Cool." sagte sie, aber ich wusste, dass es ein Problem für sie war.
,,Sei jetzt nicht eifersüchtig." brummte ich und zupfte an meinem engen Oberteil.
,,Bin ich nicht." log sie und ich hätte fast gelacht. Ich starrte weiter auf die Bäume und konnte zwischen ihnen eine Bewegung ausmachen. Ich hoffte auf ein Reh, aber es war leider kein Reh. Zwischen den Bäumen kamen drei Wölfe hervor. Sie waren nicht wie durchschnittliche Wölfe groß, sondern etwas größer. Sie liefen direkt auf das Haus zu und ich bekam es mit der Angst zu tun.
Wenn Evelin jetzt raus gehen würde, würden sie sie töten.
Ich drehte mich zu Josh um, der bereits hinter mir stand. Erschrocken zuckte ich zurück und schaute zu ihm auf.
,,Da sind Wölfe. Wir müssen Evelin und Moritz bescheid sagen!" ich wollte schon gehen, aber Josh hielt mich fest. ,,Lass mich los."
,,Nein." sagte er
,,Was?" ich schaute ihn ungläubig an.
,,Ja, wir müssen darüber reden." sagte er leise, aber es war kaum mehr als ein Flüstern.
,,Worüber?" ich schaute aus dem Fenster und suchte nach den Wölfen, aber ich sah sie nicht mehr.
,,Darüber." er zeigte in den Garten. Gerade gingen Evelin, Moritz und drei andere Leute durch den Garten.
,,Was? Wo sind die Tiere hin?" ich wollte wieder aus dem Zimmer stürmen, aber Josh packte mich erneut.
,,Komm." sagte er und zog mich am Handgelenk aus dem Zimmer.
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