Kapitel 42

Es war halb zwei Morgens und ich lag immer noch wach in Noahs Bett. Die Musik war mittlerweile aus und die meisten Leute waren gegangen. Noah hatte mir hunderte Male angeboten, auf dem Boden zu schlafen und mir das große Bett allein zu überlassen, aber ich hatte ihm gesagt, dass es in Ordnung sei, wenn er mit im Bett schlief. Also trennte nun eine Kissenwand uns. Ich starrte erneut auf mein Handy, um festzustellen, dass erst eine Minute vergangen war. Genervt seufzte ich und schrieb Josh erneut eine Nachricht. Da er bereits auf meine vorherigen Nachrichten nicht geantwortet hatte, schloss ich aus, dass er dieses Mal antworten würde.
Ich rollte mich auf die Seite und schmiss all die Kissen zu Boden. Wie lächerlich. Ich musterte Noahs Gesicht und musste lächeln. Sein langes Haar fiel ihm ins Gesicht und bedeckte seine grauen, geöffneten Augen, die mich verschlafen musterten. Erschrocken wich ich zurück und richtete mich auf. WAS ZUM FIC-?!
,,Entschuldigung." murmelte er verschlafen. ,,Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich bin nur wach geworden."
,,Alles.. gut. Ich hatte nur einen halben Herzinfarkt." ich packte mir an mein Herz. Ich spürte den Stoff von Noahs Shirt unter meinen Fingern und sofort wurde mir warm. Ich trug eines von seinen Shirts. Schon wieder.
Er strich sich die Haare aus dem Gesicht und lächelte mich schräg an. ,,Wieso bist du noch wach?"
,,Ich kann nicht schlafen." murmelte ich und legte mich wieder hin.
,,Willst du zu mir herüber rutschten?" fragte er lachend und ich wusste, dass er es nur aus Spaß meinte, aber ich wollte. Trotzdem schüttelte ich den Kopf und legte mich an die Bettkante.
,,Nein, komm her." er legte sich auf den Rücken und streckte die Arme aus. Also rutschte ich zu ihm herüber und kuschelte mich an ihn. Sofort veränderte sich meine Körpertemperatur und meine komplette Haut stand unter Strom. Ich schmiegte mein Gesicht an seine Brust und er legte den Arm um mich.
,,Ich hoffe, du schläfst jetzt besser." flüsterte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
,,Sind wir jetzt zusammen?" fragte ich vorsichtig nach einer Weile. Aber es antwortete niemand und Noahs Atmung ging wieder flach und regelmäßig.

Am nächsten Morgen wurde ich von meinem Handyklingelton geweckt. Schläfrig versuchte ich mich aus Noahs Griff zu befreien und nach meinem Handy zu greifen. Er hatte beide Arme um mich geschlungen und unsere Beine waren miteinander verschlungen.
,,Hey." sagte Josh sofort, als ich den Anruf annahm.
,,Was gibt's?" gähnte ich und versuchte mich weiter aus Noahs muskulösen armen zu befreien.
,,Ich hole dich ab." merkte er trocken an. Eigentlich sollte ich total sauer werden, weil er mich schon wieder so beschützen will, aber irgendwie verursachte es ein kleines Lächeln auf meinen Lippen. Mir war seine anhängliche Art und sein Beschützerinstinkt vor wenigen Tagen noch total auf die Nervengegangen, aber jetzt erwärmten sie mein Herz. Jemand der sich um mich sorgt und für mich da sein will.
,,Was? Ich kann doch mit Bus fahren und wie früh ist es bitte."
,,Es ist zwölf, Kaithlyn. Wir haben uns alle Sorgen gemacht. Ich hole dich gleich ab." sagte er kühl. Es war schon Mittag? Oh Gott.
,,Wann?" fragte ich aufgebracht. Ich stupste Noah an, damit er mich losließ, und richtete mich auf. Noah ließ mich los und rieb sich verschlafen die Augen.
,,Fünfzehn Minuten oder so." damit legte er auf und ich sprang sofort auf. ,,Wo ist das Bad?" fragte ich Noah, der mich verwundert anschaute.
,,Den Gang runter, letzte Tür, wieso?" er richtete sich auf, um mich besser sehen zu können. Ich schnappte mir meine Klamotten und rannte sofort ins Bad.

,,Es tut mir leid, aber wir haben Momentan so Familiendrama und so." entschuldigte ich mich erneut, als wir an der Haustür standen. Ich hätte ihm gerne erzählt, dass eine Verrückte mich verfolgt, aber ich konnte nicht. Ich konnte ihm so vieles nicht erzählen.
,,Kaithlyn, es ist alles in Ordnung!" versicherte er mir und lachte. ,,Allein, dass du die Nacht geblieben bist, war schon toll." er nahm mich in seine Arme und drückte mich an seine Brust. Wir sollten wirklich darüber reden, was wir nun waren. Ich war mir eigentlich sicher, dass wir zusammen waren, aber was, wenn das alles nur ein Spiel oder sowas für ihn war? Der Gedanke versetzte mir einen Stich und machte mich etwas traurig.
Ein Hupen riss uns auseinander und er öffnete aufrichtig die Haustür. ,,Bis dann!" rief er, als ich die Auffahrt runter ging. Ich drehte mich um und winkte noch schnell.
Josh stand in dem riesigen Auto von Moritz am Straßenrand und wartete auf mich.
Ich öffnete die Tür ohne etwas zu sagen und ließ mich auf den Beifahrersitz fallen.
,,Sie sind hinter dir her."
,,Was du nicht sagst." scherzte ich, obwohl ich nicht in der Stimmung war.
,,Moritz und Evelin sind wieder da und ich habe es ihnen erzählt. Die Situation ist anstrengend." sagte er, ohne auf meine Bemerkung einzugehen. ,,Wir könnten jeder Zeit überrumpelt werden. Ich glaube zwar nicht, dass sie es direkt unter Menschen tuen werden, aber vielleicht, wenn du allein bist."
Mir lief ein Schauer den Rücken herunter, bei dem Gedanken, dass ich einfach getötet werden könnte. So wie ich es mit Mark getan hatte...
Die Schulgefühle überkamen mich erneut.
,,Es ist in Ordnung. Es liegt in unserer Natur." sagte er mit sanfter stimme, als hätte er meine Gedanken gelesen.
,,Ich fühle mich trotzdem schuldig. Vielleicht habe ich es ja verdient.. Vielleicht sollte ich mich ihnen einfach hingeben. Meinem Tod hin-"
,,Hey!" schrie Josh und ich zuckte erschrocken zusammen. ,,Sag sowas nie wieder! Denk sowas auch nie wieder." ich nickte vorsichtig und lehnte meinen Kopf an die Fensterscheibe.

,,Kaithlyn!" rief Evelin und schloss mich in ihre schlanken Arme. ,,Geht es dir gut?"
,,Ja." antwortete ich wie betäubt und sie ließ mich los. ,,Ich glaube, ich muss erstmal in mein Zimmer."
Ich stieg die riesige Treppe empor und mit jedem Schritt war ich den Tränen näher. Ich war ein verfluchter Wolf, ich hatte jemanden getötet, ein gesamtes Rudel war hinter mir her und wir mussten wahrscheinlich irgendwann kämpfen, ich hatte einen Freund, dem ich mich nicht anvertrauen konnte. War er überhaupt mein Freund? Scheiße! Was war nur aus meinem langweiligen Leben geworden. Vor wenigen Monaten hatte ich noch geglaubt, dass diese Probezeit mein komplettes Leben verändern würde, und das hat er! Und wie!
Ich stieß die Tür zu meinem Zimmer auf und betrachtete das Chaos. Mein Zimmer war genauso ein Chaos wie mein Leben. Ich hob einige Kleidungstücke auf und schmiss sie auf mein Bett. Verzweifelt versuchte ich irgendwas gemütliches zum anziehen zu finden, aber realisierte, dass all meine guten Klamotten auf dem Boden oder in der Wäsche lagen. Ich war mit kaum irgendwas hierher gekommen. Wann hatten ich und Evelin das alles gekauft?
Ein kleines Klopfen an meiner Tür riss mich aus meinen Gedanken. Ich drehte mich um und Evelins blauen Augen schaute zu mir herüber.
,,Können wir reden?" fragte sie und trat ein. Sofort schämte ich mich für mein unordentliches Zimmer und versuchte es irgendwie zu retten, aber es brachte nichts. Evelin ließ sich auf dem Stuhl gegenüber von meinem Bett nieder.
,,Ja, was gibt's?" ich setzte mich auf mein Bett.
,,Josh hat mir von euch beiden berichtet." sagte sie langsam und ich sog scharf die Luft ein.
,,Okaaay." sagte ich gedehnt und wartete darauf, dass sie weiter sprach.
,,Ich möchte mich da nicht einmischen, aber es gibt Sachen, die du wissen solltest." sie machte eine Pause. ,,Wer auch immer dein neuer Liebhaber sein mag, pass auf. Man kann nur sehr wenigen vertrauen und kann kaum etwas von sich preis geben. Vor allem als Wolf.
Dazu möchte ich dir sagen, dass eure Beziehung nicht lange halten."
,,Was? Wieso sollte sie nicht?" ich starrte sie an und sie fing an zu lächeln.
,,Wölfe können nur mit Wölfen zusammen sein. Wölfe können sich nur mit Wölfen Kinder bekommen. Wölfe können nur mit Wölfen Ruhe und Glück finden.
Irgendwann, ob du es willst oder nicht, werdet ihr euch trennen, weil du dich zu Wölfen hingezogen fühlst."
Ich starrte sie noch einige Augenblicke an, bevor ich meine Stimme wiederfand. ,,Toll." brummte ich.
,,Tut mir leid. Irgendwann wirst du mit Josh zusammen kommen. Es muss so."
,,Wieso sollte es Josh sein? Es könnte auch ein anderer Wolf sein."
,,Nein, ich fühle es. Ich fühle es in deinem und seinem Blut. Ich kann es förmlich riechen."
,,Nein." flüsterte ich und sie stand auf. Sie setzte sich sofort neben mich und nahm mich in den Arm.
,,Ihr seid gleich, ihr seid das gleiche. Ihr gehört zueinander, aber das wirst du bald selber herausfinden." sie drückte mich noch einmal feste, bevor sie wieder verschwand.
Was eine Scheiße.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top