Kapitel 40

,,Scheiße! Ich sollte mich echt um meinen Führerschein kümmern!" jammerte ich, als ich mich auf Janes Rückbank schwang. Jane lachte bloß und drehte sich zu mir um. Ihr hellbraunes Haar glänzte in der goldenen Abendsonne und ließ sie richtig strahlen.
,,Vielleicht." murmelte Chris und Jane lachte noch mehr. ,,Kommt Josh nicht mit?"
,,Nö." meinte ich ganz munter und schaute auf mein Handy.
,,Partyy!" rief Jane und fuhr los.
,,Party." murmelte ich, aber es wurde von der Musik verschlungen.

Die Sonne ging langsam über dem See unter und ich genoss die angenehme Wärme. Langsam ging ich über das Holz des Steks und schaute auf das Wasser herab. Wie konnte man sich bitte solch ein Haus leisten? Seufzend setzte ich mich hin und ließ meine Füße über das Wasser baumeln.
Meine Gedanken wanderten zu Josh, der Zuhause saß und irgendwas machte. Was machte er wohl? Nach einigen Sekunden verscheuchte ich den Gedanken sofort wieder. Ich sollte mich nicht auf ihn konzentrieren. Viel wichtiger was das jetzt. Noah. Wie konnte ich ihm so schnell verfallen? Wie konnte jemand, den ich kaum kannte, mein Herz so schnell erobern und mich Josh so schnell vergessen lassen? Erschöpft vom Leben seufzte ich und schaute wieder auf die Sonne, die zwischen den Bäumen unterging. Noah war anders als Josh. Bei ihm war mein Gefühl anders. Irgendwas sagte ihn mir, dass ich vorsichtig sein sollte, aber ich konnte nicht. Ich wollte seine Lippen an meinen spüren und seine großen Hände an meinem Körper. Erneut seufzte ich und schaute auf meine Beine herunter. Mein weißes, geblümtes Kleid war mir bis Mitte meiner Oberschenkel hochgerutscht und zeigte einige der vielen Narben. Ich starrte sie einige Momente an, bis ich den Stoff wieder bis zu den Knien herunter zog.
,,Hier bist du also." sagte eine Stimme dicht hinter mir. Ich legte den Kopf in den Nacken und schaute in Noahs schönes Gesicht.
,,Hier bin ich." ich ließ meinen Blick wieder über das Wasser schweifen.
,,Ist schön hier, oder?" fragte er leise und stellte sich neben mich. Er vergrub seine Hände in den Taschen seiner beigen Hose.
,,Hey!" rief ich. ,,Du hast mal kein Schwarz an."
Er schaute an sich herab und lächelte. ,,Ich war nicht in der Stimmung dafür." er lachte und straffte die Schultern.
,,Stalkst du mich jetzt?" scherzt ich und blickte wieder zu ihm auf.
,,Natürlich." gab er grinsend zurück und ließ sich neben mich fallen. ,,Was machst du hier so allein?"
,,Keine Ahnung. Brauchte mal etwas Ruhe. Jane dreht komplett durch." ich lachte und schaute zum Lagerfeuer herüber, wo ich letzte mal ebenfalls gesessen hatte. Waren erst zwei Tage vergangen? Es kam mir viel länger vor. Jane tanzte eng an Chris geschmiegt.
,,Sie ist schon ziemlich dicht, ja. Sie ist halt eine Partymaus." er gluckste und folgte meinem Blick.
,,Kann ich dich was fragen?" ich schaute ihm nicht ins Gesicht und mied seinen Blick auch.
,,Klar." er ließ sich nach hinten fallen und verrenkte die Arme hinterm Kopf.
,,Gut." ich holte tief Luft. Mir war diesen Frage mehrmals durch den Kopf gegangen und ich hatte oft darüber nachgedacht, wie Noah reagieren würde. ,,Was hat dein Vater getan, dass er im Gefängnis ist?"
,,Das ist eine lange Geschichte." er schnaufte und ich spürte seinen Blick im Rücken.
,,Erzähl sie mir." ich drehte mich zu ihm um und schaute in sein überraschtes Gesicht.
Erst sagte er gar nicht, aber nach einigen Augenblicken fand er seine Stimme wieder. ,,Ich war acht, als meine Eltern sich scheiden ließen. Sie hatten sich schon Jahre nur noch gestritten und kaum noch miteinander geredet und dann kam die Scheidung. Soweit ich weiß, hatte mein Vater schon Anzeigen am Hals von vorherigen Sachen. Körperverletzung, Diebstahl... er hatte auch Probleme wegen Drogen, Waffenbesitz und Alkohol am Steuer und sowas, weißt du?" er schaute mich abwartend ab und ich nickte. ,,Dann tauchte eines Abends bei uns, das war kurz vor der Scheidung, die Polizei bei uns auf. Es war ziemlich spät und ich war von dem Blaulicht wach geworden. Um es kurz zufassen: Er war wohl an einem schlimmen Überfall beteiligt gewesen und hatte Leute verletzt. Das hört sich jetzt wahrscheinlich total abgefuckt an, das war es auch! Meine Mutter, die jahrelang von ihm verletzt wurde, war wahrscheinlich irgendwo glücklich, aber für mich war es wie ein Schlag in den Margen. Ich stand oben am Treppenabsatz und habe gesehen, wie sie ihn abgeführt haben. Sowas nimmt einen mit. Tja, als dann alles bewiesen wurde hatte meine Mutter die Scheidung eingereicht und wir sind umgezogen, weil sie sich das Haus allein nicht mehr leisten konnte. Dann hat sie irgendwann Mills Vater kennengelernt und war seit Jahren wieder glücklich. Ich mag Mills ja eigentlich nicht, aber er ist eigentlich ganz cool. Und sein Vater auch. Total liebe Leute. Und jetzt sitze ich hier mit dir und erzähl dir meine Lebensstory." er lachte, aber es erreichte seine Augen nicht. Er fixierte mich mit seinen grauen Augen und lächelte, als ich ihn mitleidig anschaute.
,,Es ist in Ordnung." er richtete sich auf und zuckte mit den Schultern.
,,Nein, sag sowas nicht. Verschließe dich nicht." ich rückte näher zu ihm und er ließ es zu.
,,Man kommt irgendwann damit klar. Es kann ja nicht jeder Mensch ein toller Mensch sein, nicht wahr?" er lächelte schief und ich musste auch lächeln.
,,Tut mir leid, dass dein Vater so verkorkst ist." sagte ich leise.
,,Muss es nicht. Hauptsache meiner Mutter geht es besser. Sie hatte den größten Schaden davon."
Ich nickte, da ich nicht wusste, was ich sagen sollte.
Plötzlich stand Noah auf und schaute auf mich herab. Seine vielen Worte langen immer noch schwer in der Luft und ich konnte mich kaum rühren. Wie grausam konnte ein Mensch sein? Wie konnte man so etwas seiner Frau und seinem Kind antun?
Ich stand ebenfallsauf und schaute zu ihm auf. Er lächelte mich an und zeigte seinen wunderschönen Zähne. Bevor ich darüber nachdenken konnte, was ich da tat, reckte ich mich, um ihn zu küssen. Noch bevor unsere Lippen sich treffen konnten, wich er zurück. ,,Wow!" machte er und hielt die Hände vor seine Brust.
,,Gott, entschuldige. Ich.. Ich dachte einfach-"
,,Was dachtest du?" unterbrach er mich. ,,Nur weil ich mit dir über meine Gefühle rede, habe ich Interesse? Ich habe doch gesagt, dass du nicht mein Typ wärst." er lachte. Er lachte nicht mit mir, sondern über mich und es war wie ein Messer ins Herz. Seine Worte.. wie Stiche. Geradewegs in mein Herz.
,,Ich.. Ich gehe jetzt einfach." stotterte ich leise und zitterte vor Enttäuschung. Wie konnte ich mir überhaupt Hoffnung machen? Ich drehte mich um und bei meinen schnellen Schritten machte das Holz beunruhigende Geräusche. Mir kamen die Tränen und ich schluchzte auf.
Meine Schritte wurden immer schneller und ich hatte schon fast den kompletten Garten durchquert.
,,Kaithlyn! Nein, warte! rief Noah, aber ich ignorierte ihn. Noch bevor ich das Haus erreicht hatte, packte Noah mein Handgelenk.
,,Warte bitte." sagte über die laute Musik hinweg. Ich versuchte seinen Griff zu lockern, aber er ließ nicht locker.
,,Was willst du?" fauchte ich.
,,Entschuldig. Ich wollte das nicht. Ich kann einfach nicht gut mit Menschen.. und Fuck! Man du bist mir wichtig und so geworden." er wurde etwas rot und zog mich näher zu sich heran. Ich konnte mich nicht bewegen, also ließ ich es zu.
,,Was willst du?" wiederholte ich meine Frage.
,,Du willst wissen, was ich will?" fragte er und legte mit seine Arme um meine Taille. Mir wurde warm und ich war unfähig zu sprechen, also nickte ich bloß. ,,Dich." flüsterte er an mein Ohr. Er zog mich noch enger an sich und ich legte ihm die Arme um den Hals.
,,Ja?" hackte ich nach und schaute verunsichert zu ihm auf. Er beantwortet meine Frage, indem er seine Hände um mein Gesicht legte. Seine warmen Hände verpassten mir eine Gänsehaut im Nacken. Er beugte sich zu mir herunter und drückte seine weichen Lippen auf meine. Sofort wurde mir noch wärmer und ich schmiegte mich noch mehr an ihn. Seine Zunge öffnete meine Lippen und ich ließ es zu. Unsere Zungen spielten einen Moment miteinander, bis er sich sanft von mir löste. Ich stand förmlich in Flammen und meine Wangen glühten.
,,Wohooou!" schrie Jane und ich blickte zu ihr herüber. Sie hielt die Daumen in die Höhe und lächelte breit. ,,Zeigs ihm, Süße!"
Ich blickte mich um und Noah und ich wurden von einigen Leuten dumm angestarrt, aber die meisten waren mit ihrem Kram beschäftigt.

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