Kapitel 36
Mit schlimmen Kopfschmerzen und einem Dröhnen im Kopf stand ich am nächsten Morgen auf. Die Erkenntnis vom vorherigen Abend nagte immer noch an mir und ich konnte meine Schuldgefühle nicht abschütteln. Es war meine Schuld. Meine Schuld, meine Schuld, meine Schuld. Ich hatte lange geweint, um meine Schmerzen zu verkraften. Mir war bewusst, dass ich mal wieder alles verbockt hatte. Ich hatte einfach keine Gefühle mehr für Josh. Josh hatte recht. Ich habe mich tatsächlich merkwürdig verhalten. Merkwürdig, weil ich mich nicht mehr angezogen gefühlt habe.
Mein schlechtes Gewissen nagte immer noch an mir. Ich stand auf und schaute in den Spiegel. Mein Haar war zerzaust und ich trug immer noch die Klamotten von gestern Abend. Noahs zu großes Oberteil fühlte sich an meiner Haut weich und gut an und ich erschauderte. Wie konnte ich Josh so etwas antun? Genervt stöhnte ich auf und zwang mich aus meinen Klamotten.
Als ich eine etwas gemütlichere Hose und ein anderes Shirt anhatte, ging ich nach unten. Spike umkreiste meine Beine und ich musste trotz der miesen Stimmung lächeln. Er war ein Goldschatz. Also nahm ich ihn auf den Arm und streichelte ihn, bevor ich die Treppe herunter ging.
Josh schien noch zu schlafen und ich hatte auch keine Lust ihm zu begegnen.
Froh darüber, dass Josh mir gestern noch die Adresse von Noahs Haus mitgeteilt hatte, entschloss ich mich, mit dem Bus zu ihm zu fahren. Ich musste ihm sein Shirt zurück geben und ich wollte meines wieder. Ich musste es bei ihm irgendwo liegen gelassen haben...
Dass ich ihn eigentlich einfach wiedersehen wollte, gestand ich mir nicht ein.
Also suchte ich die passende Busverbindung auf meinem Handy heraus und aß nebenbei. Erleichtert atmete ich aus, als ich sah, dass ich nicht umsteigen musste und ich mit einem Bus zu ihm in die Nähe fahren konnte. Er würde in fünfzehn Minuten schon kommen. Es war doch tatsächlich schon zwanzig vor zwölf. Ich war gestern wohl wirklich fertig gewesen.
Also schnappte ich mir schnell sein Oberteil, meine Tasche und rannte noch schnell ins Badezimmer. Ich machte mir gar nicht erst die Mühe, meine Augenringe zu überdecken und putzte mir nur schnell die Zähne.
Als ich im Bus saß und die Stationen zählte, die ich noch fahren musste, wurde ich immer nervöser. Was, wenn er nicht da sein würde? Werde ich sein Haus überhaupt wider finden? Ein Kichern überkam meine Lippen. Natürlich würde ich das, wie konnte man dieses Riesenhaus nicht übersehen?
Es war kindisch sich so auf zu führe. Ich kannte Noah doch noch gar nicht richtig! Aber irgendwas an ihm zog mich einfach an. Meine Gedanken schlichen sich zu ihm und ich musste einfach an seine grauen Augen denken. Wie sie zu mir aufsahen, als dieses Mädchen mich mit ihrem Getränk bekleckert hatte. Ich musste lächeln und lehnte den Kopf an die Scheibe des Busses. Direkt musste ich an Josh denken und meine Brust zog sich zusammen. Was er wohl gerade tat?
Ich schaute auf die Anzeige des Busses und sah, dass es nur noch zwei Stationen waren. Wieder musste ich lächeln und in meinem Bauch kribbelte es.
Wie konnte ich so aufgeregt sein jemanden zu sehen, der sich die meiste Zeit über dreckig mir gegenüber verhielt? Jemanden, den ich kaum kannte.
Gerade als ich zum zweiten mal bei dieser riesigen Villa klingeln wollte, ging die Haustür auf.
Mills stand in Boxershorts vor mir und rieb sich die Augen. ,,Was willst du?" brummte er und musterte mich.
,,Ich.. eh, ist Noah da?" fragte ich vorsichtig und versuchte an ihm vorbeizuschauen, aber er war zu breit und versperrte mir die komplette Sicht.
,,Ey, Noach, komm mal her!" brüllte Mills und trat zur Seite.
,,Nenn mich nicht bei meinem richtigen Namen! Wie oft soll ich-" Noah verstummte, als er mich bemerkte. ,,Was machst du denn hier?" er musterte mich fragend und strich sich das Haar hinters Ohr.
,,Dein Shirt." ich zog es aus meiner Umhängetasche und hielt es ihm hin. Er starrte mich an und Mills verzog sich wieder.
,,Komm rein." brummte er und hielt die Tür noch weiter auf. Schweigend betrat ich das Haus und bekam fast einen Schock. Überall lag noch Müll herum. Plastikbecher, Glasflaschen, Chipstüten.
,,Wer räumt das auf?" fragte ich und deutete auf all den Müll im Wohnzimmer.
,,Mills und seine Freunde." ich folgte ihm zur Treppe. ,,Das hoffe ich zu mindestens." fügte er hinzu und lachte leise.
,,Wo sind deine Eltern?" ich betrachtete nochmal all das Chaos, bevor ich ihm die Treppe hinauf folgte.
,,Sie sind die erste Woche weg." er öffnete seine Zimmertür und führte mich hinein. ,,Wieso folgst du mir eigentlich?" fragte er plötzlich und schloss die Tür hinter sich.
,,Wieso sollte ich nicht?" ich holte sein Oberteil wieder heraus und faltete es ordentlich auf seinem Schreibtisch. ,,Habe es leider noch nicht waschen können, ich hoffe das macht nichts aus." ich strich es noch einmal glatt und schaute zu Noah auf. Seine grauen Augen waren auf mich gerichtet und seine Hände steckten in den vorderen Hosentaschen. Er war wenigstens angezogen. Er trug eine schwarze Jeans mit Löchern an den Knien und ein beiges Oberteil.
,,Also zum Einen: Ich könnte dich ja einfach hier hoch führen, um dich zu vögeln." er zuckte mit den Achseln und wartete meine Reaktion ab, aber ich schaute ihn einfach nur an. ,,Zweitens: Nein, es macht nichts aus."
,,Ich denke, ich vertraue dir da einfach." ich lehnte mich an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust.
Er lachte und setzte sich auf die Bettkante. ,,Dein Oberteil liegt da vorn, falls du das suchst." er deutete mit dem Kopf Richtung Schreibtisch.
,,Okay." ich schaute ihn an, in der Hoffnung, dass er etwas sagen würde.
,,Also, warum bist du wirklich gekommen?" er musterte mich und fing an zu lachen, als ich zusammen zuckte. Mit dieser Frage hätte ich wirklich nicht gerechnet.
,,Ich wollte dir das Oberteil wieder bringen." log ich und zeigte auf sein Oberteil, das so ordentlich da lag.
,,Ich bitte dich. Das hättest du auch behalten können." er lachte noch mehr und es klang wie Musik in meinen Ohren. Eine warme Gänsehaut überzog mich und ich lächelte. ,,Hast du mich vermisst?" neckte er mich. Ich merkte, wie ich errötete und lachte, damit es nicht allzu peinlich sein würde.
,,Hm." machte er und musterte mich weiter. ,,Wenn du nichts mehr zu sagen hast, kannst du auch wieder gehen." er stand auf und mich packte die Panik. Sollte ich einfach so wieder gehen? Er musterte mich abwartend und strich sich die Haare erneut aus dem Gesicht.
Er nahm mein ordentlich gefaltetes Oberteil von seinem Schreibtisch und hielt es mir hin.
,,Willst du nun gehen, oder nicht?"
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