Kapitel 25

,,Ich musste es tun!" sagte wer. Ich spürte den kalten Boden unter mir. Meine Lider waren schwer und ich konnte sie nicht öffnen.
,,Doch nicht so heftig!" sagte jemand anderes. Ich regte mich und merkte, dass mein Nacken schrecklich weh tat. Außerdem schmerzte mein Hinterkopf furchtbar.
,,Sie wird zu sich kommen." flüsterte eine Stimme, die ich als Josh identifizierte. Mich durchfuhr ein Stoß von Adrenalin, als ich an Josh dachte. Ich schlug meine Lider auf, was ich jedoch sofort bereute. Das grelle Sonnenlicht tat in meinen Augen weh und ich stöhnte auf.
,,Kaithlyn!" schrie Jane und ließ sich neben mich auf den Boden fallen. ,,Ich wollte dich nicht so heftig erwischen, aber du hättest Josh getötet!" sprudelte es aus ihr heraus.
,,Was?" fragte ich leise und versuchte mich aufzurichten. Jane drückte mich sofort wieder nieder und machte eine Geste, dass ich mich ausruhen sollte.
,,Du und Josh ihr- ihr habt gekämpft." sie sah mich mit gequollenen Augen an. Ich schloss meine Augen und versuchte mich zu erinnern, was passiert war.
,,Kait, es tut mir so leid." sagte Josh plötzlich und ich schlug meine Augen auf. Seine blauen Augen waren gerötet und er kniete sich neben mich.
Ich stöhnte genervt auf und versuchte von ihm abzurücken. Ohne Erfolg. Mein Körper war schwer wie ein Stein und ich konnte mich nicht rühren. In meinem Kopf schwirrte es und er tat mir weh.
,,Wir müssen das in den Griff bekommen." sagte Evelin zu Moritz. Ich schaute zu ihnen auf. Sie standen um meinen Kopf und sahen besorgt zu mir herab.
,,Was in den Griff bekommen?" fragte ich mit rauer Stimme.
,,DAS alles." antwortete sie. ,,Du hast schon so viel trainiert... trotzdem bekommst du es nicht unter Kontrolle, wenn du sauer bist. Ich habe meine Vermutungen, aber es ist nicht der richtige Moment."
Ich schaute wieder zu Josh, der immer noch neben mir kniete.
,,Komm ich helfe dir hoch." meldete sich Josh zu Wort und nahm meine Hände. Ich entzog sie ihm und sah Jane flehend an.
,,Ich denke, ich sollte das machen." sagte sie kalt.

,,Wir sollten darüber reden." sagte Josh und setzte sich auf meine Bettkante. Ich lag in meiner Decke eingehüllt in meinem Bett. Erstaunlicherweise war die Wunde, an meinem Hals, schon vollkommen verheilt. Und die Wunde an meinem Hinterkopf, wo ich schlagartig auf den Boden gefallen war, ebenfalls.
,,Ich brauche erstmal Zeit, um darüber nachzudenken." sagte ich und schaute ihn sauer an.
,,Wie viel Zeit?" fragte er und strich über mein zugedecktes Bein.
,,Josh, ich habe keine Ahnung. Wie würdest du dich fühlen, wenn so etwas raus kommt? Mein eigener Freund verheimlicht wochenlang etwas SO wichtiges! Verdammt nochmal, Josh! Ich gehöre nicht zu eurem Rudel und ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat."
,,Das bedeutet du musst den anderen gehorchen. Deine Eltern waren Oberhäupter. Sobald du zu ihnen trittst, wirst du das neue Oberhaupt." seine Stimme war kalt und ohne irgendwelche Emotionen. Meine Brust zog sich zusammen und mein Herz tat weh. Ich durfte nicht schwach werden.
,,Willst du mir sonst noch irgendwas sagen?" fragte ich ihn genauso kalt zurück.
,,Ja." er schaute mir direkt in die Augen und seufzte. ,,Es war nicht irgendein Rudel... Es war das, mit dem wir verfeindet sind. Die, die meine Eltern und so viele Angehörige getötet haben."
Ich starrte ihn an und es fühlte sich an, als ob man mir den Boden wegreißen würde.
,,Nein." flüsterte ich.
,,Doch, Kaithlyn. Aus dem Grund wollte ich es dir nicht sagen. Ich wollte dich schütze. Jetzt schlaf." er ging ohne ein weiteres Wort aus meinem Zimmer und schloss die Tür.
Leere umhüllte mich und ich fühlte mich schuldig. Dafür, dass mein Rudel so viele von den Leuten, die mich lieben, getötet hat. Ich fing an das Wolfdasein zu hassen. Fing an mich selber dafür zu hassen. Am meisten hasste ich die Tatsache, dass Josh nicht mich beschützen wollte, sondern sich selber. Er will nicht, dass ich so bin. Traurigkeit nahm mich immer mehr ein und zog mich anschließend in das schwarze Loch aus Traurigkeit.

Es war über eine Woche vergangen, ohne ein weiteren Wortwechsel mit Josh. Ich ging ihm aus dem Weg und mied seine Blicke. Es war anstrengend jemanden aus dem weg zu gehen, der im selben Haus wohnte. Es tat mir weh. Ich wollte Josh wieder berühren und ihn küssen. Ich war aber zu stur um als erste nachzugeben. Er hatte wochenlang etwas vor mir verschwiegen. Bei dem Gedanken überkam mich eine Welle aus Hass.
,,Also kommst du später vorbei?" fragte Jane durch mein Handy. Ich nickte, obwohl ich wusste, dass sie es nicht sehen konnte.
,,Ja, ich werde kommen. Wo wohnst du nochmal?" ich blickte auf mein Mathebuch vor mir. Es war Samstag und ich hatte einen Berg aus Hausaufgaben vor mir liegen.
,,Ich schreibe dir die Adresse gleich." ich nickte erneut und ließ meinen Stift fallen.
,,In Ordnung. Evelin sagte irgendwas von WG? Was bedeutet das." fragte ich.
,,Wohne bei meiner Schwester. Sie's achtzehn.. Ansonsten wohnen hier noch Chris und ein Freund von ihr." ich hörte wie im Hintergrund eine Tür aufging.
,,Muss auflegen. Wir sehen uns später, Süße." mit diesen Worten ließ sie mich allein. Ich beugte mich über meine Schulsachen und nahm den Stift erneut in die Hand.

,,Da bist du ja endlich." rief Jane und öffnete die Wohnungstür. Ich entschuldigte mich für die kleine Verspätung und kam herein.
,,Ich muss dir was sagen, bevor du ganz rein kommst." flüsterte sie und ich zog meine Schuhe aus.
,,Okay?" ich zog meine Jacke aus und hing sie an den Hacken.
,,Chris hatte mir nicht erzählt, dass er Besuch bekommt..." sagte sie immer noch leise.
,,Okay.. Ist das schlimm?" ich sah sie fragend an.
,,Musst du beurteilen." schon bevor sie zu ende gesprochen hatte, begriff ich was sie meinte. Eine halbe Stunde bevor ich gefahren war, war Josh ebenfalls zu einem Freund gefahren. Mich packte Abscheu.
,,Nein." flüsterte ich. ,,Lass uns in dein Zimmer gehen."
Wir liefen den Flur entlang, an der Küche vorbei, in der Josh und Chris saßen.
,,Seid ihr immer noch zerstritten?" fragte sie und ließ sich auf ihr Bett fallen. Ihr Zimmer war groß und hell. Ihr großes Bett bestand aus Paletten, auf der einfach eine Matratze lag. In den Ecken stand jeweils immer eine Pflanze und an ihren weißen Wänden hingen Bilderahmen mit getrockneten Blumen.
,,Sammelst du?" fragte ich ausweichend und musterte die vielen Bilderahmen.
,,Ja." antwortete sie mir und errötete etwas. Sie ging zu ihrem Schreibtisch und holte aus einer Schublade mehrere Sammelalben heraus. Ich nahm eines und schlug es auf. Es war gefüllt mit eingeklebten Blüten und Blättern.
,,Mit dreizehn hat mich die Leidenschaft gepackt." sie zuckte die Achseln und legte alle wieder auf den Tisch neben ihre Nähmaschine. An der Wand vor dem Schreibtisch hing eine riesige Pinnwand, die voll mit Stofffesten, Vorlagen für irgendetwas und Schnittmuster waren. In diesem Moment merkte ich, dass ihr Schreibtisch voll mit Stoff war und alles total chaotisch aussah.
Mein Blick wanderte zu der Modepuppe, die Janes Abschlusskleid trug.
,,Jaah" sagte sie gedehnt und blickte verzweifelt auf ihren Schreibtisch. ,,Ignorier das alles."
Ich nickte und wir ließen uns beide auf das Bett fallen. Ich schaute zu dem riesigen Bücherregal, das eine komplette Wand einnahm. Ich war erstaunt darüber, wie viel sie gelesen hatte.
Irgendwann holte Jane ihren Laptop und wir schauten einige lustige Videos. Außerdem zeigte sie mir Ideen, die sie als nächstes nähen wollte.
,,Nähst du mir auch mal was?" fragte ich lachend und war beeindruckt, wie talentiert sie war.
,,Gerne." sagte sie und lächelte mich breit an. Sie strich ihr glattes Haar zurück und ihre Augen glänzten vor Freude.
Plötzlich ging die Tür auf und Josh steckte seinen Kopf herein. Ein Schauer überzog mich und ich verkrampfte mich.
,,Wollen wir gehen?" fragte er. Ich schaute aus dem Fenster und sah, dass es bereits dämmerte.
,,Ich gehe alleine." beschloss ich und schaute ihn eindringlich an.
,,Wir sollten zusammen gehen." redete er weiter.
,,Ich gehe alleine." ich stand auf und nahm Jane in den Arm, wünschte ihr einen schönen Rest Abend und ging raus.
Auf dem Flur hielt Josh mich am Arm fest. ,,Wir sollten zusammen gehen."
,,Nein!" ich riss mich los und ging weiter.
Ich verabschiedete mich noch bei Chris und verließ anschließend Janes Wohnung.

Ich lief eine dunkle Unterführung entlang, als ich ein Geräusch wahrnahm. Ich drehte mich um und sah eine Gestalt. im Dunkeln nahm ich nur die Umrisse eines Mannes wahr. Ich drehte mich schnell wieder um und versuchte schneller zu gehen.
,,Kaithlyn!" rief der Mann und ich zuckte bei Marks Stimme zusammen. Ich drehte mich um und und blieb stehen.
,,Hey!" sagte er außer Atem, als er vor mir stand.
,,Woher wusstest du, dass ich es bin?" fragte ich verwirrt.
,,Hab gesehen wir du hier rein gebogen bist." er nickte zum Anfang der Unterführung. Ich drehte mich um, um abzuschätzen, wie lange ich brauchen würde, um hier weg zu kommen. Wenn ich laufen würde, mit wenigen Schritten. Ich atmete erleichtert aus.
,,Was möchtest du?" fragte ich und steckte meine Hände in die Taschen meiner Jacke.
,,Dich was fragen" begann er. ,,Ob du jetzt etwas von mir möchtest." trotz der Dunkelheit konnte ich sehen, wie sich sein Mund zu einem Grinsen verzog.
,,Mark, ich habe einen Freund. Immer noch." mein Herz tat weh, bei dem Gedanken an Josh und mich.
,,Ich weiß." er seufzte. ,,Willst du nicht trotzdem irgendwie-"
,,Nein!" unterbrach ich ihn. ,,Das gehört sich nicht."
Ohne Vorwarnung drückte Mark mich gegen die eiskalte Steinwand. Sein Gesicht war meinem plötzlich so nah, dass ich seinen Atem spürte.
,,Lass mich los!" presste ich zwischen meinen Zähnen hervor.
,,Nein." sagte er und lachte bitter auf. Sein Griff um meine Handgelenke wurde fester und er drückte sich immer mehr an mich.
Ich merkte, wie einzelne Tränen aus meinen Augenwinkeln kullerten.
,,Du hast keine Chance mehr." flüsterte er an mein Ohr und ich spürte seine Hand unter mein Shirt fahren.
,,Bitte." wimmerte ich und zuckte zusammen, als seine Hand noch weiter wanderte.
,,HEY!" hörte ich jemanden schreien. Mark sprang von mir weg und schaute mich grimmig an.
,,Hau lieber ab!" schrie die männliche Stimme erneut. Mark befolgte seinem Befehl und lief weg. Ich sackte zusammen und fing an zu weinen. Ich zitterte und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.
Ich hörte, wie die Schritte schnell näher kamen.
,,Hey, Schatz, alles wird wieder gut." er sank neben mir zu Boden und legte die Arme um mich. Durch meine Aufregung hatte ich gar nicht bemerkt, dass es Josh war.
,,Wie- wie- Woher?"
,,Ich bin in die andere Richtung gegangen, aber habe mich nach wenigen Schritten umgedreht. Ich wollte dich nicht allein gehen lassen." er drückte mich. ,,Dann habe ich dein Wimmern gehört und bin so schnell ich konnte gelaufen. Es tut mir leid, Kait."
Ich weinte und spürte, wie mein Körper taub wurde.
,,Wir werden Anzeige erstatten." knurrte Josh. Er hob mich vorsichtig hoch und bei seinen Berührungen, zuckte ich zusammen. ,,Aber erstmal bringen wir dich weg. Wenn ich ihn das nächste mal sehe, verprügle ich ihn. Das schwöre ich dir, Kaithlyn."

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