Kapitel 21
,,Josh!" ich rief über den ganzen Platz. Josh stand mit seinem Rücken zu mir und redete mit Moritz. Ich stand auf der Schwelle, der Eingangstür und schaute in Joshs Richtung. Ich hatte in der Hütte eine rausgerissene Seite gefunden. Sie lag zusammengefaltet auf dem Küchentisch. Es war komisch. Sie lag als einziger Gegenstand auf dem Tisch.
Ich hatte nicht ganz verstanden, was die Seite zu bedeuten hatte. Es waren wirre, fremde Namen, die miteinander verbunden waren. Es ähnelte einem Stammbaum. Viel mehr schockierte mich mein Name.
,,Josh!" rief ich erneut. Dieses mal drehte er sich um und lief zu mir herüber.
,,Was?!" fragte er außer Atem. Ich hielt die Seite hoch und sah ihn fragend an. Josh riss die Augen auf. Evelin stieß zu uns und riss ebenfalls die Augen auf.
,,Woher?" Josh sah Evelin böse an. Sie schlug sich gegen die Stirn und schaute zu Josh.
,,Kann mir jemand sagen, was hier los ist?" fragte ich verwirrt und schüttelte die Seite.
,,Ich habe sie auf den Tisch gelegt, weil ich auf Toilette musste, Josh.."
,,Toll." er schaute sie gereizt an und dann zu mir. Ich merkte, wie ich anfing zu zittern.
,,Josh.." flüsterte ich und hielt ihm die Seite hin. ,,Sind das die Namen meiner Eltern?" ich zeigte auf zwei Namen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Aus ihren Namen zweigte eine Linie und an ihr stand mein Name.
,,Ja. Das sind deine Eltern." er zeigte auf die beiden Namen. ,,Jericho war dein Vater und Vivian war deine Mutter."
Ich schaute auf die Schnörkelschrift. Und wieso war die Seite raus gerissen?
,,In welchem Rudel waren sie?" fragte ich und drehte die Seite um. Auf der anderen Seite waren ebenfalls Namen. Fremde Namen.
Ich sah, wie Josh Evelin einen nervösen Blick zu warf.
,,Sie waren in unserem Rudel." sagte Evelin plötzlich und riss mir Seite aus der Hand. Ich starrte sie perplex an und schaute zu Josh. Er sah sehr nervös aus und war ganz blass. Er schaute Evelin mit leerem Blick an und jede Spur von Farbe fehlte in seinem Gesicht.
,,Und wieso stehen eure Namen da nicht?" ich versuchte einen Blick auf den Zettel zu erhaschen, aber Evelin faltete ihn schon wieder.
,,Weil- eh-" sie starrte auf ihre Hände. Was war hier los?
,,Was ist los?" fragte Moritz und stellte sich neben Evelin. ,,Ich dachte wir wollten üben? Kait muss sich sicher fühlen."
,,Genau!" Evelin zeigte mit dem Finger auf Moritz und nickte heftig. Josh dahingehen schüttelte den Kopf. Bildete ich mir das nur ein, oder stimmte hier etwas nicht?
,,Kait, wenn du dich verwandeln willst musst du am Anfang einen klaren Kopf haben. Später wird es das normalste für dich sein." er machte eine Pause und überlegte. ,,Wie atmen zum Beispiel. Also du musst dich von dem Mensch sein lösen, alles was menschlich ist los lassen. Dafür musst du dich ganz auf das Wolf sein konzentrieren. Du warst bereits einmal ein Wolf, also weißt du, wie es sich anfühlt. Nimm es an. Füge dich zu einem Wolf. Konzentriere dich darauf, wie deine Knochen sich anfühlen, wie das Wolfsblut in deinen Adern pulsiert, wie du Fell bekommst." er schloss die Augen und ich tat es ebenfalls.
Ich machte mir Gedanken darüber, wie groß meine Pfoten waren, wie groß ich plötzlich geworden war, wie Fell meinen ganzen Körper bedeckt hatte. Wie groß meine Ohren gewesen waren, wie stark meine Nase war, wie ich nicht mehr reden konnte. Ich atmete tief durch. Es war wirklich schwer. Schwerer als ich es mir vorgestellt hatte.
,,Für Menschen ist es unmöglich die Verwandlung zu verfolgen. Vielleicht hast du dich schon gefragt, wieso es immer so aus dem Nichts kommt. Das menschliche Auge kann das nicht verfolgen. Erst ab dem Moment an, wo man selber einer ist, kann man es sehen." sagte Moritz und atmete tief durch. Ich hatte meine Augen stets geschlossen.
Ich dachte an das Gefühl, wie das Wolfsblut durch meine Adern strömte, wie wild es gewesen war. Es hatte sich so anders angefühlt. Ich atmete erleichtert aus und entspannte mich.
Kühle Luft hüllte mich ein und es fühlte sich an, als würde ich nach hinten fallen. Ich fiel immer tiefer und alles um mich herum verlangsamte sich immer mehr. Ich ließ die Kälte, die durch meine Adern pulsierte, zu und entspannte mich noch mehr.
Auf einmal fühlte ich mich wild und stark, als könnte ich Bäume heraus reißen. Als ich meine Augen aufschlug, stand ich auf allen vieren und schaute Moritz, der normalerweise fast zwei Köpfe größer war, direkt in die Augen.
,,Super!" Moritz klatschte in die Hände. Ohne ein weiteres Wort verwandelte er sich ebenfalls. Es sah merkwürdig aus. Er wurde plötzlich zusammen gezogen und war für einen Moment verschwunden. Danach gab es ein leises plop und er stand auf allen vieren vor mir. Selbst als Wolf war Moritz etwas größer als ich.
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