Kapitel 1
Ohne Vorwarnung ging die Tür meines Zimmers auf und riss mich aus meinem Halbschlaf. Ich hatte die halbe Nacht schon nicht geschlafen und es war definitiv noch zu früh, um aufzustehen.
,,Aufstehen, meine Liebe!" rief Regina und ihre roten Locken hüpften auf und ab. Verschlafen richtete ich mich auf und rieb mir den Schlaf aus den Augen.
,,Was ist?" fragte ich mir rauer Stimme und schaute zu ihr auf. Sie schloss die Tür hinter sich und trat einen Schritt mehr in mein Zimmer. Es sah schrecklich aus. Überall lagen meine Klamotten und anderes Zeug. Genervt über die Unordnung seufzte ich und schaute wieder Regina an, die nun breit lächelte. Im Heim hatte man nie ein riesiges Zimmer und meines war klein. Ziemlich klein. Dazu viel zu unordentlich und es fehlte die Struktur.
,,Also.. ob du's glaubst oder nicht!" sie hob dramatisch die Hände und ging leicht in die Knie. ,,Heute Mittag kommt ein Ehepaar, die gerne ein Kind adoptieren möchten. Ich weiß ja, dass du ziemlich pessimistisch bist was das angeht." sie zog eine Augenbraue hoch und schüttelte den Kopf. ,,Aber vielleicht ist es die Chance, Kaithlyn."
Ich ließ mich wieder in mein Bett fallen und zog mir die Decke über den Kopf.
,,Kaithlyn, es ist schon Mittag! Du hast schon das Frühstück verpasst, also steh wenigstens für das Mittagessen auf!" sie zog die Decke weg und schaute auf mich herab.
,,Mich will eh keiner." motzte ich und setzte mich hin.
,,Sag das nicht. Es gibt auch Leute, die Teenager wollen!"
,,Kann schon sein, aber die meisten wollen die Kleinen, die Süße." ich seufzte und strich mir meine wilden Locken hinters Ohr.
,,Nein. Mach dein Bett und komm dann bitte zum Essen. Sie werden heute Nachmittag vorbei kommen." mit diesen Worten drehte sich Regina um und ließ mich allein.
Ich rappelte mich auf und ging zu meinem Kleiderschrank herüber.
Für heute entschied ich mich für meine Lieblingsjeans, die schwarze, und ein schwarzes Langarmoberteil. Irgendwie versuchte ich meine braunen Locken zu bändigen und verzweifelte erneut. Man sollte meinen, dass man sich irgendwann an die Frustration gewöhnt, aber das war nicht der Fall.
Widerwillig musste ich an Josh denken. Würde ihm mein Outfit wohl gefallen?
Ich schwärmte nun schon viel zu lange für ihn, aber ich konnte einfach nichts dagegen tun. Als ich 16 war, habe ich das Heim gewechselt und bin hierher gekommen. Anstatt in die zehnte Klasse zu kommen, habe ich die neunte Klasse noch einmal wiederholt und bin bei Klara in der Klasse gelandet. Sie ist mittlerweile meine beste und einzige Freundin.
An einem Tag, hat Klara mir dann Josh gezeigt. Er hatte an einem Baum gelehnt, umringt von seinen Freunden. Ein Mädchen, mit dem ich ein paar Kurse zusammen hatte, hatte bei ihm gestanden und die Eifersucht nagte bis heute an mir. Sie war eine seiner engsten Freunde und er mochte sie anscheinend wirklich. Auch jetzt durchzog mich die Eifersucht erneut und ich bekam ein mulmiges Gefühl in der Magengrube. Sie war außergewöhnlich. Ich glaube, dass ihr Name Jane oder so war. Sie hatte kurzes hellbraunes Haar, das ihr bis kurz unters Ohr reichte und wunderschöne grüne Augen. Ich dahingegen hatte normale braune Augen. Sie hatte ein Piercing... so eins wie Bullen. Sie war zu beneiden. Nicht nur wegen Aussehen, Klamotten oder so.. nein, auch wegen ihrer Art. Sie war freundlich, gutherzig und super in der Schule. Ich seufzte genervt und schaute erneut in den Spiegel. Bei mir war nichts außergewöhnlich. Ich war ein ganz normales Mädchen mit braunen Haaren, braunen Augen und einem viel zu düsterem Style.
Meine Stimmung verbesserte sich, als mir einfiel, dass heute Samstag war. Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich verließ mein unordentliches Zimmer.
,,Okay, komm." Melina, ein kleines, vierjähriges Mädchen mit blonden Haaren, zerrte mich in den Garten.
,,Wohin denn?" fragte ich und versuchte ihren Griff an meinem Handgelenk etwas zu lockern.
,,Ich habe eine Sandburg gebaut." murmelte sie verlegen und lief weiter. Ich nickte und folgte ihr.
,,Schau!" rief sie mit ihrer zuckersüßen Stimme und deutete auf die kleine Sandburg im Sandkasten. Daneben saß Rori mit einem Eimer in der Hand.
,,Rori, sag Kaity wie schwer das war diese Burg zu bauen." forderte sie Rori auf, der bei ihrem Tot zusammenzuckte.
,,Ja, Kaithlyn, es war sehr anstrengend." er nickte zustimmend und ich musste mir das Lachen verkneifen.
,,Hilfst du mir?" fragte Melina und schaute zu mir auf.
,,Wobei?"
,,Sie weiter zu bauen." sie hüpfte in den Sand und machte dabei einen von Roris Haufen kaputt.
,,Hey!" rief Rori und funkelte Melina böse an.
,,Entschuldigung, Rori." murmelte sie.
,,Ich kann hier sitzen und zuschauen." bot ich an und deutete auf den Bordsteinrand.
,,Gut." sie zuckte mit den schultern und kniete sich nieder. Ich setzte mich hin und schaute ihr zu, wie sie ihre Burg erweiterte.
Meine Gedanken schweiften zu Josh und zu seinen blauen Augen. Ich war immer im Hintergrund geblieben und hatte Klara nie gesagt, dass ich ihn mochte. Sie wollte was von ihm und das konnte ich ihr nicht antun. Ich hielt mich zurück und beobachtete ihn einfach aus der Ferne. Manchmal schaute er sogar neugierig zu mir herüber und musterte mich einige Sekunden. Ab und zu schenkte er mir sogar ein Lächeln und zeigte mir seine wunderschönen Zähne. Er war einen Kopf größer als ich und wenn ich an ihm vorbei lief musste ich zu ihm aufsehen, um sein Gesicht sehen zu können.
Plötzlich wurde ich von Regina aus meinen Gedanken gerissen. Sie war in Begleitung einer Frau und einem Mann. Der Mann war groß gebaut und hatte dunkel blondes Haar. Er hatte es stylisch zurück gekämmt und sein schwarzer Anzug passte ihm perfekt. An seiner linken Seite stand eine Frau mit blonden Afrolocken und wunderschönen blauen Augen. Ihr Augen huschten ein paar Mal über all die Kinder und blieben schließlich an mir heften. Ihre Lippen, die ein zartes rosa hatten, verzogen sich zu einem breiten Lächeln und sie stupste ihren Mann an. Sein Blick folgte ihrem und beide schauten sie mich. Weil ich ihre Blicke nicht stand halten konnte, blickte ich weg und wusste nicht was ich tun sollte. Was um alles in der Welt passierte hier?
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