Alana und ihre Freundin frühstücken gemeinsam. Danach macht sich Alana auf den Weg nach Hause und sie kommt an einem großen leeren Platz vorbei, der zumindest gestern noch leer war. Heute steht darauf ein Zirkuszelt. Es ist über Nacht aufgetaucht. Sie horcht sich um. Überall stehen die Menschen verteilt um das Zelt herum und reden leise miteinander. Der Platz sieht sehr verlassen aus, als wenn niemand da gewesen wäre. Sie müssten es heute Nacht aufgebaut haben, aber das kann doch eigentlich nicht sein. Die Leute munkeln, dass das Zelt gestern noch nicht hier stand. Ein Mann, der sich mit Zirkussen auszukennen scheint, meint dass dies gar nicht möglich sein kann, denn solch ein Zelt aufzubauen, würde Stunden dauern. Alle Leute, die drum herum stehen, sind irgendwie neugierig, trauen sich aber auch nicht näher heran zu gehen und haben sogar ein wenig Angst. Sie gehen zwar nah genug an das Zelt ran, um es beobachten zu können, aber niemand traut sich, in das Zelt hineinzuschauen oder sich von seiner Freundesgruppe zu entfernen, um auf Erkundungstour zu gehen und sich die Umgebung anzusehen. Es ist unheimlich, dass der Zirkus einfach so über Nacht auftaucht. Ungewöhnlich, unbekannt und mysteriös. So könnte man den Zirkus und die Akrobaten, die zum Zirkus gehören, nennen. Die Bewohner aus Rumor stehen noch eine ganze Weile vor dem Zelt, aber tatsächlich traut sich niemand hinein. Alana ruft sofort ihre Freundin an und erzählt ihr von dem Ereignis.
"Und er ist einfach so aufgetaucht?" , fragt sie.
"Scheinbar schon. Gestern war er ja noch nicht hier. Niemand hat jemanden das Zelt aufbauen sehen"
"Das ist irgendwie gruselig"
"Ich finde es spannend. Willst du herkommen und dich selbst überzeugen?"
"Bin schon auf dem Weg" , verabschiedet sie sich und eine viertel Stunde später stehen die beiden gemeinsam vor dem Zirkuszelt. Es kommen immer wieder Bewohner aus Rumor vorbei, die sich das Zirkuszelt anschauen wollen. Sonst waren die Zirkusse, die in die Stadt kommen, immer voller Leben und haben schon Tage vorher reichlich Werbung gemacht. Doch dieser Zirkus wirkt, als wäre er ausgestorben. Als wenn er schon fünfzig Jahre hier steht und niemand sich um ihn gekümmert hat. Das Zelt sieht auch ein wenig alt aus, als wenn es aus den sechszigern stammen würde. Alanas Freundin staunt nicht schlecht, als das wirklich riesengroße blau, weiße Zelt vor ihrer Nase auftaucht.
"Wollen wir es uns von innen ansehen?", fragt Alana voller Vorfreude in der Stimme.
"Spinnst du? Das ist Einbruch" , sagt Emma mit geschockter Stimme.
"Ist doch niemand da"
"Was ist, wenn doch jemand da ist?", fragt sie ängstlich.
"Schisser" , entgegnet Alana und streckt ihrer Freundin die Zunge heraus. Inzwischen sind sie die einzigen, die noch vor dem Zelt stehen. Die anderen scheinen den Mut verloren zu haben. Vielleicht hatten sie auch keine Lust mehr und sind einfach nach Hause gegangen, weil seit Stunden nichts passiert.
"Willst du nicht auch wissen, was da drin ist und was es mit dem Zirkus auf sich hat?" , fragt Alana.
"Doch. Schon. Aber ich habe auch noch ein Gewissen!"
"Warte. Du kannst da nicht reingehen!" , schreit ihre Freundin, doch Alana ist schon an den Rand des Zeltes gegangen. So nah ist vor Alana noch niemand an das Zelt getreten. Zumindest niemand, den Alana gesehen hatte.
"Siehst du doch" , sagt Alana grinsend.
"Du spinnst. Ich hole mir jedenfalls nicht den Tod. Dieser Zirkus hat ne Macke" , jammert Emma und verschwindet. Sie lässt Alana allein. Alana stört es nicht, denn sie geht gerne auch alleine auf Abenteuerreise und es ist okay, dass ihre Freundin Schiss hat. Sie geht vorsichtig auf den Eingang des Zirkus zu, denn sie muss zugeben, dass sie auch ein ganz kleines bisschen Angst hat. Sie weiß selbst nicht genau wovor, denn der Zirkus sieht wirklich sehr verlassen aus. Emma hat recht, der Zirkus ist gruselig. Jetzt ist Alana aber schon fast am Eingang und will auch keinen Rückzieher machen. Dafür ist sie viel zu neugierig. Das Zelt ist bloß mit einer Schleife verschlossen, welche sich leicht öffnen lässt. Als sie im Zelt angekommen ist, schließt sie es wieder hinter sich und kriegt ein magisches Gefühl. Ihr Bauch beginnt zu kribbeln. Es fühlt sich irgendwie mystisch an. Sie liebt Zirkusse, aber in diesem Zelt hat sie ein ganz besonderes Bauchgefühl. Es fühlt sich ein wenig wie Zuhause an. Die Manege ist wirklich riesig. Viel größer, als alle anderen, die sie bisher gesehen hat. Auch von innen sieht das Zelt wirklich alt aus. Als wenn es aus einer ganz anderen Zeit kommt, was sie nur noch mehr fasziniert. Weit und breit ist niemand zu sehen, weshalb sie sich noch weiter in das Zelt hineinwagt und sich alles ganz genau anschaut. In dem riesigen Zelt hängen oben an der Decke Seile herunter. Die Akrobaten müssen vor kurzer Zeit noch trainiert haben, denn sonst wären die Seile sicherlich hochgezogen wurden. Sie traut sich und legt die Seile um ihre Hände, als sie total erschrickt, weil sie Schritte hört. Nun bekommt sie es doch mit der Angst zutun und läuft schnell aus dem Zelt hinaus. Die Seile knotet sie noch nicht einmal wieder fest, denn sie hat Angst, dass sie dabei gefasst werden könnte. Vielleicht hat Emma doch Recht und es ist Einbruch. Sie versteckt sich hinter einem Baum und versucht wieder zu Atem zu kommen, doch es kommt niemand aus dem Zelt heraus. Glück gehabt. Nach diesem Adrenalinkick geht sie erst einmal nach Hause. Genug Abenteuer für einen Tag. Schon bald würde bestimmt die Vorstellung beginnen und sie würde den Zirkus und seine Bewohner besser kennenlernen.
*
Die Proben gehen schon den ganzen Tag und inzwischen ist die Luft raus. Keiner der Akrobaten hat noch Lust, etwas für sie Show einzuüben. Sie können es in- und auswendig. Immerhin tauschen sie ihr Programm nie. Sie führen immer das gleiche auf. Jedes Mal. Zazie fragt sich, weshalb sie überhaupt noch trainieren. Sie würde lieber mit ihrem Teddybären Teekränzchen spielen, als sich Tag für Tag mit ihren drei Gesichtern auseinander zu setzen.
"Ich habe keine Lust mehr" , schmollt sie, nachdem sie zum hundertsten Mal die Nummer durchgegangen ist, die sie im Schlaf aufführen kann.
"Komm, dann machen wir für heute Schluss" , antwortet Archibald ihr. "Die anderen üben ihre Nummer noch ein letztes Mal und dann dürft ihr den restlichen Tag entspannen. Archibald, den alle im Zirkus bloß Arch nennen ist sowas wie der Chef, denn er ist mit seinen fünfundvierzig Jahren das älteste Mitglied des Zirkus Caraval.
Gemeinsam mit Hazelle hat er eine Nummer, bei der er sich in einen Wolf verwandelt, denn die beiden sind gegen echte Tiere im Zirkus. Außerdem ist dieser Zirkus anders, als andere und sie könnten keine Tiere mitnehmen. In diesem Moment üben die beide die gemeinsame Nummer noch einmal und Archibald verwandelt sich in das Tier. Er hat immer einen Anzug an und wenn er als Mensch herumläuft, erinnern nur seine gelben Augen an die Wolfsgestalt. Er setzt seinen Hut ab, dreht sich im Kreis und in der nächsten Sekunde sitzt er als Wolf vor Hazelle. Arch kann sich auch in andere Tiere verwandeln, doch als Wolf fühlt er sich am wohlsten. Als Arch nun als Tier auf der Bühne steht, kommt Hazelle zu der Nummer dazu. Man bemerkt Hazelle kaum, wenn sie den Raum betritt, weil sie so leise ist. Sie spricht kaum, doch während der Zirkusnummer spricht sie mit Arch. In diesen Momenten blüht sie auf, denn dann ist sie genau in ihrem Element.
Neben den beiden üben Cato und Vick ihre Nummer, denn ihre eigentlichen Fähigkeiten kann Cato an ihren Freunden nicht üben. Seit sie zusammen gekommen sind, weigert sie sich strikt dagegen, dies an ihren Freunden auszuprobieren. Dies ist von Anfang an ihre Regel gewesen. Cato kann es aber sowieso einwandfrei, weshalb es in jeder Show funktioniert. Sie braucht keine Übung. Vick ist Magier und Cato seine Assistentin. Sie üben den Trick jetzt schon zum fünf und dreißigsten Mal und er klappt immer noch nicht. Vick flucht, was das Zeug hält. Sie mischen ihre Fähigkeiten mit ganz normalen Zaubertricks, weshalb sie ab und zu tatsächlich neue einstudieren, weil es ihnen einfach Freude bereitet.
Neben den beiden, auf der riesengroßen Bühne übt Skylar mit ihrem Feuer. Es sieht aus, als wenn ihre Hände brennen würden. Sie jongliert nebenbei noch mit Feuerbällen und scheint komplett im Feuer zu versinken.
Genau neben Skylar findet man Enytha in einem riesengroßen Becken voll Wasser. Die beiden führen ihre Tricks gerne nebeneinander auf, weil Feuer und Wasser so verschieden sind. Das macht das ganze irgendwie noch beeindruckender. Enytha sieht aus, wie eine Meerjungfrau und schwimmt durch das riesengroße Becken. Ihre kurzen Haare sind weiß und sie hat schwarze Augen. Sie kommt nicht ein einziges Mal hoch, um Luft zu holen. Es scheint so, als würde sie in dem Becken leben.
In der großen Manege trainiert auch Rüya, die sich sonst wie verdreht. Dies kennt man auch aus anderen Zirkussen, aber was sie vorführt, ist abnormal.
Gree ist die letzte im Bunde und tanzt auf einem Seil. Sie ist Seilakrobatin und tanzt sowohl auf dem Seil, als auch in den Bändern. Sie trainiert immer beides abwechselnd, sodass sie sich komplett in eines der beiden Dinge fallen lassen kann.
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