Kapitel 2
Ich bin zwar seit vier Tagen am Studieren, aber dennoch habe ich das Gefühl, dass ich Diyar seit mehreren Monaten kenne, da er so viel von sich erzählt. Er ist ein offenes Buch und plaudert seine peinlichsten Momente aus, wenn wir Pause haben. Ich hingegen bin noch ziemlich verschlossen und tief im inneren Unsicher, ob ich mich ihm anvertrauen soll, so sehr ich ihn auch mag. Vielleicht kommt das noch mit der Zeit. Ich denke hin und wieder an diese schönen Augen. Blau und grün. Unfassbar schön. "Und? Kommst du auch auf die Uniparty?", fragt mich Diyar. Ich lächele kopfschüttelnd. "Wieso?" "Ist nicht so mein Ding." Ich schniefe. "Du warst doch nie auf einer. Woher willst du wissen, ob es nicht doch dein Ding ist?" Da hat er recht. Ich halte inne. "Ich kann mir vorstellen, dass es nichts für mich ist." Nachdenklich summt er und hält mir die Tür zur Mensa auf. "Du trägst gerne diese Kniestrümpfe, habe ich recht?" "Du kannst dich als niedergelassenen Psychologen betiteln", schmunzele ich, woraufhin er angeberisch seine Oberarme anspannt. "Ich wusste schon immer, dass ich der geborene Menschenleser bin. In welchem Bereich willst du dich niederlassen?" "In der Kinder- und Jugendpsychologie und du so?" Ich will Kindern und Jugendlichen helfen, die sich in ihrer eigenen Haut nicht wohlfühlen, vor allem, weil Mitschüler dafür sorgen. Ich kenne mich da ja gut aus. Tief durchatmend verwerfe ich den Gedanken, bevor ich noch auf die Gedanken komme, meine Handrücken zu kratzen. Stattdessen konzentriere ich mich lieber auf Diyar und krame nebenbei in meinem Rucksack nach einem Taschentuch. Das Letzte. "Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Ich werde Frauenpsychologin oder so." Natürlich wirst du das. Ich verdrehe nur schmunzelnd die Augen und putze mir die Nase.
"Aber zurück zur Party. Ich würde dich abholen, ich würde dich nach Hause fahren. Ich würde mit dir dein Outfit bestimmen und, und, und." "Ich überlege es mir", schniefe ich. Auch wenn ich mir sicher bin, dass ich nicht mitgehen werde. Wir suchen nach einem geeigneten Platz in der Mensa, nachdem wir unser Essen gekauft haben. "In Ecken kann man besser andere beobachten, ohne von Seiten beobachtet zu werden, wo die Augen sich nicht hindrehen können. Mir nach." So dusselig Diyar auch manchmal wirkt, seine Aussagen sind gar nicht so verkehrt. Er hat ja recht, verpackt es nur wie ein Kauz. Diyar setzt sich vor mich, sodass er alles im Blick hat - so wie er es ja gesagt hat. "Hast du vielleicht ein Taschentuch? Meine sind alle." "Du warst in der Vorlesung eine halbe Trompete." Ich muss wegen seines Vergleichs lachen. "Bist du erkältet?", fragt er mich, als er mir ein Taschentuch überreicht. "Nein, nein. Das vergeht schon wieder." "Du bist seit gestern am Schniefen. Zieh dir lieber etwas Dickeres an, Kindchen. Wie fandest du aber die Vorlesung?" Wir hatten gerade biologische Psychologie, die ich sehr mochte. Medizin wäre eine etwas härtere Alternative für mich gewesen. "Es war ziemlich interessant, ein wenig über das Gehirn zu lernen. Die vier Hirnlappen-," "Gibt mehr ." Verdutzt schaue ich Diyar an, der überrascht auf meinen Hintermann guckt. Wer ist das? Ich drehe mich etwas zu schnell um, knalle fast gegen den Bauch des Typen und verschlucke mich fast an der Flüssigkeit in meiner verstopften Nase, als ich diese Augen sehe.
Mir wird aus irgendeinem Grund warm. Ich will ihn nicht so lange anstarren, weshalb ich den Blick zu Diyar schweifen lasse. Wieso ist er so überrascht? Und wieso steht der Typ hinter mir und belauscht uns? "Wie viele dann?", frage ich etwas zögernd. "Je nach Ansicht bis zu sechs. Lobus frontalis, Lobus parietalis, Lobus temporalis, Lobus occipitalis kennt ihr, aber Lobus insularis und Lobus limbicus sagen euch nichts." Dass er mit solch einer Süffisanz auftritt, stört mich. "Mann, Mann, Arian, du alter Mediziner! Du kannst mir ja heute Nachhilfestunden geben." Ach, Diyar kennt den süffisanten Buntaugenbarsch. Er scheint ja richtig glücklich über seine Anwesenheit zu sein, so wie er lächelt. Da wird man ja glatt eifersüchtig. Jetzt habe ich aber wenigstens mehr Informationen über ihn; Arian, wahrscheinlich Medizinstudent und besitzt eine Iris-Heterochromie. Nebenbei scheint er ziemlich groß zu sein - er am Stehen, ich am Sitzen und er wirkt wie ein Turm - und selbstbewusst. Bei seinen majestätischen Gesichtszügen würde jeder so selbstbewusst wirken, es ja quasi aus den Poren schwitzen. Ich bemerke erst jetzt, dass ich meinen Handrücken kratze und unterlasse es sofort. Wieso bin ich so nervös? Er nickt nur. "Pass auf dich auf." "Danke, Ayla beschützt mich mit allem, was sie hat." Ich schaue zu Arian, der mich kurz mustert, seinen Kiefer kurz zucken lässt und dann erneut nickt. "Esst auf." Seine faszinierenden Augen schielen auf meine Schenkel. Noch nie habe ich mir so sehnlichst gewünscht, etwas Blickdichtes zu tragen.
So kurz sein Blick auch auf meinen Schenkeln lag, so schnell ist er auch aus der Mensa gegangen. Kurz, aber einprägend. So einprägend, dass ich mir über die Schenkel fahre, als würde etwas auf ihnen liegen, was ich entfernen will. Diese einprägenden Augen. Er hat so schöne Augen. Ich will sie mir vom nahen anschauen! "Seid ihr ... Freunde?" Diyar nickt. "Er ist wie mein Bruder. Ich bezeichne ihn auch oft bei anderen als meinen großen Bruder." Oh, gut zu wissen. "Du wirktest so glücklich, als er hierhinkam." Diyar nickt sehr euphorisch. "Er ist jemand, der mehr schweigt, als redet und als er hier war und dann noch geredet hat, wäre ich ihm fast vor die Füße gefallen." Die Liebe, die ich in Diyars Augen sehe, wenn er über Arian redet, berührt mich. Die beiden müssen eine echt starke Bindung zueinander haben. "Studiert er Medizin?" "Wahrscheinlich ist er auch einer der Besten in seinem Studiengang, wenn er nicht der Beste ist." Wow, beeindruckend. "Ich hatte auch im Sinn, Medizin zu studieren, wenn es nicht die Psychologie wäre. Im wievielten Semester ist er denn?" Am liebsten würde ich ihm noch hundert weitere Fragen über Arian stellen wollen, aber ich muss mich zügeln. Hoffentlich kommt es in irgendeinem Gespräch nicht dazu, dass Diyar Arian von meiner Neugierde erzählt. Es würde mir nicht passen, dass sich dadurch sein Ego verstärkt. Obwohl ich ihn nicht kenne, weiß ich, dass er eine anmaßende Präsenz mit sich trägt. "Sein drittes Semester. Ich fühle mich wie ein stolzer Vater, weil er eine Klasse übersprungen hat." Der junge Mann scheint wohl fleißig zu sein. Respekt an dieser Stelle.
"Aber genug von ihm. Sollen wir heute bei mir lernen? Bei Verständnisfragen können wir uns ja an Arian wenden. Er hält gerne eine Vorlesung für uns, wenn ich ihn rufe." "Für den kleinen Bruder tut er alles?", schmunzele ich, was er mir beteuert. "Vielleicht öffnest du dich mir dann ein wenig mehr. Ich knacke dich noch! Früher war ich ein professioneller Safeknacker." "Menschenleser, Safeknacker, muss ich mit noch mehr Talenten rechnen?" "Oh ja, rechnen kann ich auch sehr gut und dir Taschentücher spendieren." Apropos Taschentücher, ich benötige wieder eins. Dieser Schnupfen ist ziemlich nervig. Egal wie oft ich meine Nase hochziehe, es bringt nichts. Links ist es komplett dicht, rechts kriege ich noch relativ viel Luft. Diyar reicht mir die ganze Packung und kriegt als Gegenzug eine Mandarine. "Du bringt jeden Tag welche mit. Scheinst sie zu mögen." Um seiner Aussage mehr Ausdruck zu verleihen, richtet er seine imaginäre Brille. "Du solltest für deine scharfen Sinne sofort ausgezeichnet werden", schmunzele ich. "Scharfe Sinne, scharfer Körper, scharfer Typ. Die Liste ist unendlich." "Unendlich wie deine Selbstliebe?" Meine Frage gleitet schniefend über meine Lippen. "Unendlich wie dein Taschentuchverbrauch. Junge Dame, du wirst mir zu frech!" Wir beginnen gleichzeitig zu lachen. Und so lustig und unvergesslich Diyar auf mich wirkt, schafft es dieser Arian sich in meine Gedanken zu schleusen. Sein majestätisches Gesicht und diese leuchtenden Augen, die durch seine schwarzen Haare noch heller wirken, brennen sich in mein Gedächtnis.
Nach der allgemeinen Psychologie laufen wir zum Parkplatz. Mein Stundenplan für das erste Semester ist recht angenehm. Dienstags habe ich erst um 12:00 Uhr, jetzt habe ich um 12:00 Uhr Schluss. Mittwochs und freitags habe ich erst um 10:00 Uhr. "Da steht mein Baby." Der Mercedes? Ich hebe überrascht die Augenbrauen. Der mattgraue Mercedes sticht unter allen anderen Autos hervor. "Deiner oder der deines Vaters?", frage ich vorsichtshalber nach. Meine Frage scheint ihn zu belustigen. "Mein CLS. Hat mir Arian geschenkt." Wie? Ist Arian zufälligerweise reich oder wie soll ich das verstehen? Ich ziehe verwirrt meine Augenbrauen zusammen. "Einsteigen, meine Liebe." "Hat er ihn geklaut?" Ich scheine Diyar mit meinen Fragen zu belustigen. "Nein, das tut er nicht. Soll ich dir vielleicht auch noch die Tür öffnen?" Ich verneine verdutzt. Arian hat ihm das Auto gekauft? Ich kenn mich nicht allzu sehr aus, aber ich weiß, dass das ein recht teures Auto ist. Ist Arian ein Drogendealer vielleicht? Ich lasse mich auf dem kühlen schwarzen Sitz nieder, grübele dabei immer noch, was dahinterstecken könnte, aber ich komme nicht drauf. "Woran denkst du?" "Wie kann er das finanzieren? Ihr seid doch beides Studenten." Diyar lächelt nur bescheiden. "An der Seite kannst du dir den Sitz einstellen. Hier, ich mach dir die Sitzheizung an, damit du nicht frierst." Er weicht dem Thema aus. Das Ganze wird nur noch suspekter. Könnte doch ein Drogengeheimnis dahinterstecken? Die Fahrt verläuft recht still, bis Diyar zu sprechen beginnt. "Was willst du heute essen?" Ich zucke mit den Schultern. Muss meine Nase ausgerechnet jetzt wieder laufen? Ich nehme mir ein weiteres Taschentuch zur Hand, als ich bemerke, dass wir in einer Siedlung ankommen, in der sich nur - moderne - Häuser befinden.
Die Garage ist moderner als so manches Zimmer. Hier stehen noch zwei Autos und ein Motorrad. "Du kannst auch Motorrad fahren?" Diyar schmunzelt verneinend. "Arian kann es." Wie? Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. "Wohnt ihr zusammen hier?" "Ja, das tun wir." "Und das finanzieren eure Eltern?" "Kann man so sagen." Mir gefällt es nicht, dass der sonst so plaudernde Diyar nur noch kryptische Antworten von sich gibt. Durch eine Tür laufen wir einen Flur entlang, wo wir unsere Schuhe ausziehen und gelangen dann ins Wohnzimmer. Wow, wie schön! Ganz hohe Decken, der Boden ist mit dunklem Marmor verziert. Ich schaue mir die Gemälde an den Wänden an. Das hier zeigt auf der einen Seite Berge, alte kurdische Leute am Feuer, die Brot backen und Waffen polieren und Kinder, die spielen. Es wirkt so harmonisch, aber verläuft je weiter man nach rechts guckt in eine schwarze, zerreißende Leere. Ein anderes Bild zeigt eine Frau mit leuchtend grünen Augen und dunklen, fülligen Lippen. Sie trägt eine rot-weiße Kufiya um ihren Kopf, die mit ihren langen schwarzen Haaren leicht in der Luft weht. Sie wirkt so schön. Diyar beobachtet mich lächelnd bei meiner Inspektion. "Gefallen sie dir?" Ich nicke. "Die sind echt schön." So schöne Ölgemälde habe ich lange nicht mehr gesehen. Und hier sind noch so viele. "Du kannst dir noch die anderen anschauen. Wir können ja erst ein wenig entspannen und dann mit dem Lernen beginnen. "Werden wir wirklich lernen?", frage ich. Ich meine, das Studium hat gerade mal vor vier Tagen angefangen. "Na ja, wir werden uns die Folien online anschauen und bisschen darüber reden, unsere Notizen aufbessern und so weiter. Besser, als alles aufzustauen, oder?" Da hat er recht.
"Das sind echt wunderschöne Gemälde." Ich fahre die goldenen Rahmen nach. "Sie wirken so wertvoll. Und das meine ich nicht nur materiell." "Das sind sie auch. Sie spiegeln oft Nostalgie an die Heimat wider." Ich nicke. Mama hat mir erzählt, wie sie und Baba flüchten mussten, als Saddam Hussein an der Macht war und die Kurden vergasen und auf andere Arten und Weisen töten wollte. Zum Glück ist es vorbei. Ein anderes Bild zeigt eine schwarze Kobra in einer Höhle, wie sie auf einem am Boden liegenden Mann ihren Kopf emporragt. Durch die Perspektive wirkt es, als würde die Kobra direkt in meine Augen schauen. "Willst du etwas trinken oder essen?" "Nein, danke", murmele ich halb bei der Sache. "Doch, ich besorg uns Snacks und etwas zu trinken. Dann können wir mit dem Lernen oder Tratschen beginnen. Setz dich doch." Mit einer überschwänglichen Geste zeigt er auf das große, schwarze Sofa, bevor er in die offene Küche geht. Die Inneneinrichtung ist echt schön. Stillvoll, aber nicht zu pompös. Es wurde Wert auf Akzente gesetzt, zum Beispiel mit dem dunklen Marmor oder dem hochpolierten Klavier. "Und wer von euch beiden spielt Klavier?" "Wir beide. Willst du hier im Wohnzimmer lernen oder sollen wir in mein Zimmer?" "Hier, wenn du willst." Er kommt mit zwei Getränken, Gläsern und einem Tablett mit Snacks zurück, weshalb ich aufstehe und ihm einige Dinge abnehme.
"Wieso willst du mir die Frage nicht beantworten?" Diyar belustigt meine Neugierde. "Du bist ja sehr neugierig und gleichzeitig erzählst du nichts über dich. So geht das nicht, meine Liebe." Ich spitze kleinlaut die Lippen. Er hat recht. "Ist schwer", nuschele ich. Meine Hand gleitet automatisch über die andere, kratzt sie aber noch nicht. "Ja, manche Themen sind echt schwer zu verdauen." Seine Stimme ist ernster, aber trotzdem trägt er noch ein sanftes Lächeln, das perfekt mit seinen grünbraunen Augen harmoniert. "Ich erzähle etwas über mich, was nicht jeder weiß und du erzählst mir etwas, okay?" Ob ich mich überwinde, ist eine Sache, aber wenn er sich dazu bereiterklärt, mir etwas Privateres zu erzählen, dann will ich nicht egoistisch meine Neugierde befriedigen. "Okay", flüstere ich. "Ich bin adoptiert." "Oh", schießt es sofort aus mir. Das kam sehr plötzlich. "Aber wie ... hängt das damit zusammen?", frage ich vorsichtig. Ich scheine Diyar mit meiner Neugierde echt zu amüsieren. "Arian auch. Er hat sehr wohlhabende Adoptiveltern. Deshalb auch das Haus, die Autos." Oh ... ach so. "Und wieso warst du im Waisenhaus?", möchte ich vorsichtig wissen. "Wir sind als Kinder geflüchtet. Unsere Eltern sind umgekommen, aber wir wurden von Bekannten und Fremden gerettet bis wir in Deutschland gelandet sind." Oh Gott. Mein Mund steht leicht offen bei der Erkenntnis. Diyars Blick schweift zum Tisch. Er wirkt ein wenig abwesend. "Wir kennen uns schon seit der Geburt und haben das gemeinsam gemeistert. Selbst als er bei anderen Eltern als ich aufgenommen wurde, haben sich unsere Wege nicht getrennt. Er ist wirklich wie mein Bruder. Er ist mein Bruder."
Und ich Misstrauische dachte, dass da krumme Dinge zugehen. Oh Gott! Ich will aufgrund meiner Neugierde am liebsten noch hunderte von Fragen stellen, aber bei diesem Thema weiß ich nicht, ob ihm das wohlbekommt. Vielleicht ein anderes Mal. "Es ist schön, dass ihr einen so festen Draht zueinander habt. Wow, damit habe ich echt nicht gerechnet." "Ja, du dachtest bestimmt, dass Arian Zuhälter oder Drogenboss ist, nicht wahr?", gibt Diyar schelmisch von sich. "Ich hatte wirklich krumme Dinge mit Drogen im Kopf." Das bringt ihn nur zum Lachen. "Aber genug von mir. Jetzt kommen wir zur verschlossenen Ayla, die ein dunkles Geheimnis hütet", gibt er am Ende düster von sich. Ich verziehe leicht das Gesicht. Das Thema macht mich bis heute noch sensibel. Ich fahre mir über meine Oberarme, seufze und schaukele ein wenig hin und her. "Ich ... na ja, hatte eine etwas unangenehme Schulzeit." Ich kratze mir verlegen den Hinterkopf. "Wurdest du gemobbt?" "Ich weiß nicht, ob man das so sagen kann, aber meine Schulzeit beinhaltete auch eine gewisse Demütigung." Ich will es einfach hinter mich bringen. Als ich meine Hände an meine Wangen drücke, schaue ich ihn an und mache es kurz und knapp. "Ich war eine Wette, wurde dann fallengelassen von einem Jungen." Seine Augen weiten sich. "Ja, meine Liebe wurde nicht ernstgenommen. Deshalb bin ich verschlossen. Ich rede auch nicht gerne darüber, deshalb sage ich es auch so kurzgefasst." Das Erste, was er von sich gibt, ist ein Seufzen.
"Scheiße, ich hoffe, diese Bastarde kriegen ihre Strafe! Das nächste Mal rufst du mich, dann hau ich die für dich, okay?" Diyar rutscht zu mir auf und legt seinen Arm um mich. Das fühlt sich so unfassbar schön an. Mein Bauch kribbelt vor Freude bei der Zuneigung. Durch die Erfahrung mit dem Jungen aus der Oberstufe kann ich sogar den Unterscheid bezüglich der Aufrichtigkeit erkennen. In Diyar habe ich eine wichtige Person gefunden. "Oh Mann", flüstere ich. Verlegen lächelnd schaue ich Diyar an, der meine wässrigen Augen bemerkt. "Hey, nicht weinen." "Das macht mich echt sentimental", lache ich, als er mich umarmt. Ich bin so glücklich, wenn Diyar bei mir ist. "Geht's wieder?" Er löst sich von mir, um sicherzugehen, dass es mir besser geht. Ich nicke schniefend, aber lächelnd. "Hätte ich gewusst, dass dich das so emotional macht, dann hätte ich es sein gelassen." "Ich glaube, es ist mehr die Tatsache, dass ich mich bei dir so geborgen fühle durch deine Aufrichtigkeit, als mein Erlebtes. Ich bin echt glücklich, wenn ich mich binden kann." Die Erkenntnis lässt ihn stolz grinsen. "Du bringst mich in Verlegenheit, Mensch. Komm, iss eine Kleinigkeit." Während des Essens und des Lernens reden wir noch über viele Kleinigkeiten bis es nach 20:00 Uhr ist und ich mich dazu entscheide, aufzubrechen. "Ich Gentlemen bringe ich natürlich nach Hause." Aus dem Nichts ändert sich sein Gesichtsausdruck von entspannt zu schockiert. "Scheiße!" Diyar rennt plötzlich hoch. "Ist alles okay?", frage ich. "Ja, alles gut! Geh schon mal deine Schuhe anziehen. Ich komme sofort!"
Ich gehe langsam Richtung Flur, sauge dabei jedes Detail dieses schönen Hauses auf und will zu gerne wissen, wie viele Gemälde hier hängen. Auch einige Bildhauereien sind hier. Ich halte vor der Bildhauerei nahe unseren Schuhe an. Ein männlicher Kopf, der von einer Schlange umschlungen ist, welche bereit für den Angriff auf ihren Gegenüber ist. Echt schön. Ich laufe weiter, ziehe mir die Schuhe an, ehe ich in der Garage den Lichtschalter abtaste. Ich zucke zusammen, als ich Schritte hinter mir höre, aber nicht weiß, von wo genau sie kommen. Mein Herz schlägt schnell, ich kriege leichte Panik, als ich dann eine warme Hand spüre, die an meiner vorbeistreift und plötzlich das Licht angeht. Ich erschaudere, als ich in grüne und blaue Augen schaue. Oh Gott, ist er mir nah! Das Licht fällt auf sein majestätisches Gesicht, betont seine hohen Wangenknochen und fülligen Lippen. Seine Miene wirkt wieder so streng, aber wie bei unserem ersten Sehen lockert sich seine Gesichtsspannung, als er meine aufgerissenen Augen sieht. "Buh." Wie düster seine Stimme sein kann. Dass er mir so nah ist, macht mich ganz hysterisch, weshalb ich ihn kreischend wegschubse. In welches Auge soll ich ihm eigentlich schauen? In das linke grüne Auge oder in das rechte blaue Auge? Er wirkt überrascht und amüsiert zu gleich. Danach erklingt ein Geräusch. Was rattert hier so? Ich drehe mich um und sehe dann Diyar, der zu uns kommt. Gott sein Dank! "Und? Bereit?" Ich nicke lächelnd, wenn auch ein wenig überfordert, weil das alles so schnell geht. Ich will echt weg von diesem düsteren Mann. Ich habe das Gefühl, dass er immer aus dem Nichts auftaucht oder einfach da ist, ohne dass man ihn bemerkt.
Wie ein Mann im Schatten.
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