Kapitel 19🐺

Leano POV

Verletzt rannte ich immer weiter in den Wald hinein. Meine verstauchte Pfote beachtete ich dabei gar nicht und es war mir auch egal, wie viel Gefahren da draußen lauerten, ich musste grade einfach nur weg. Ich konnte, nein wollte nicht glauben, dass Jiro das getan hatte. Er hatte mich damit sehr verletzt, auch wenn er mich nur beschützen wollte, aber das was er gesagt hatte zeigte mir, dass er kein Vertrauen in mich und meine Entscheidungen hatte. Mein Blick wurde von Tränen verschleiert und meine Schritte wurden immer größer. Ich stolperte oft über Wurzeln oder blieb mit dem Fell irgendwo hängen. Wenn ich ganz ehrlich war, hatte ich schon keine Ahnung mehr, ob ich überhaupt noch im Revier von Jiros Rudel war. Nach Stunden sackte ich erschöpft zusammen, hob den Kopf zum Himmel und begann, herzzerreißend zu heulen. Irgendwann tat mir dann mein Hals weh und ich ließ traurig den Kopf hängen. Doch plötzlich stieg mir ein so vertrauter Geruch in die Nase, das mein Kopf in die Höhe schnellte und mein Schwanz anfing, unregelmäßig auf die Erde zu schlagen. Eigentlich sollte es unmöglich sein, dass ich diesen Duft noch einmal riechen könnte, aber so war es. Und in nächsten Moment brach ein brauner Welpe mit weißen Hinterteil aus dem Gebüsch und baute sich bedrohlich vor mir auf. Mir klappte die Kinnlade herunter. Vor mir stand Flo. ,,Wie ... wie ist das möglich?", stammelte ich. Flo starrte mich einige Minuten lang böse an, dann kam er auf mich zu und schmiegte sich an mich. Er wusste also, wer ich war. Klar, ich war seine Mutter/ Vater, je nachdem, wie man es sehen wollte. ,,Flo.", nuschelte ich gegen sein Fell. Kurz kuschelte ich mit ihm, dann beschnupperte ich ihn von oben bis unten. Wie konnte das möglich sein, ich war mir ziemlich sicher, dass er damals tot gewesen war. Und wie hatte er es bis jetzt geschafft, zu überleben. Als im nächsten Moment ein Horn erklang, zuckte mein Sohn heftig zusammen. Er entfernte sich langsam von mir. ,,Es tut mir so Leid.", fiepte er. Ein Vorteil am Wolfsdasein war, dass die Welpen in ihrer Wolfsform bereits mit ein paar Monaten sprechen konnten, sich aber in ihrer Menschenform genau so schnell entwickelten, wie Menschenkinder. Als das Horn ein weiters Mal ertönte, zuckte er erneut, fiepte laut auf, so als ob man ihn verletzten würde, wenn er nicht pünktlich wieder da war. Dann sah er mich noch ein mal sehnsüchtig an und rannte in die Richtung, aus der er gekommen war. Ich sah ihm hinterher und rappelte mich auf. Egal, wie sauer ich gerade auf Jiro war, ich wollte jetzt nur noch in seine Arme. Und deswegen rannte ich noch schneller als ich gekommen war, wieder weg, bis ich zu Hause ankam, die Tür aufriss, mich verwandelte und mich zuckend, wimmernd und schluchzend in Jiros Arme sinken ließ. Er war erst etwas überfordert, da ich ihm Stunden vorher gesagt hatte, er solle mich nicht anfassen, aber nun brauchte ich seine Nähe eher denn je. ,,Engel, was ist los?", auch bei ihm schien der Streit plötzlich vergessen zu sein. ,,Flo, er lebt noch.", brachte ich stockend hervor. Ich sah mich um ersten Mal, seit ich wieder hier war, im Raum um und erstarrte. Vor mir saßen so viele Alphas und Betas, dass mir schlecht wurde, von dem dominanten Geruch. Also musste ich mich erst einmal übergeben, aber zum Glück stand ein Mülleimer direkt neben dem Sofa im Arbeitszimmer von Jiros Dad. ,,Hey, ganz ruhig.", Jiro zog mich wieder hoch und drückte mich gegen sein Shirt. Ich wusste, dass ich mir keinen unpassenderen Zeitpunkt zum hereinplatzen hätte aussuchen können, aber das war mir egal. ,,Er lebt.", wimmerte ich immer wieder. Jiro strich mir beruhigend über den Rücken. Die Alphas hatten ihr Gespräch, worum auch immer es ging, unterbrochen und sahen mich und Jiro an. ,,Was ist genau passiert?", fragte er etwas geschockt. ,,Ich bin wegen dem Streit weg,", schluchzte ich, ,,bin in ein anderes Revier gelangt, keine Ahnung, welches Rudel da lebt. Und da ist ganz plötzlich Flo aus dem Gestrüpp gekommen."
Ich schluchzte so heftig auf, dass ich mich verschluckte und begann, zu husten. Nachdem ich den Hustenanfall hinter mir hatte lehnte ich mich wimmernd gegen meinen Mate. ,,Bist du dir da sicher?", fragte Jiros Vater mich sanft. Ich nickte. ,,Ja. Diesen   Geruch würde ich überall wiedererkennen.", gab ich zurück . ,,Aber ich dachte-", begann Jiro, doch ich unterbrach ihn. ,,Dachte ich auch, aber irgendwie hat er es geschafft zu überleben. Ich weiß nicht, ob sie ihn irgendwie wiederbelebt haben, oder ob er doch noch am Leben war und ich will erst gar nicht wissen, was sie dort mit ihm angestellt haben, womit sie ihn gefoltert hatten."
,,Das sollst du am besten auch gar nicht wissen. Es würde dich nur noch mehr runterziehen.", Jiro drückte seine weichen Lippen auf meine Stirn und jagte mit den Fingern meinen Tränen hinterher, die immer noch unaufhaltsam meine Wangen hinunterliefen. Naja, jedenfalls hatte ich aufgehört zu schluchzen. Ich nickte langsam. ,,Was zum Teufel ist hier los?", knurrte plötzlich einer der Alphas. Ich zuckte mit einem leisen Quietschen zusammen. ,,Ich werde das erklären.", Jiros Vater nickte seinem Sohn zu und Jiro stand mit mir auf dem Arm auf. Wir verließen das Büro und liefen den Flur entlang. Jiro klopfte gegen eine braune Holztür und diese wurde sofort von Jonah aufgerissen. Als er mich sah, riss er die Augen auf. ,,Gott sei dank! Du bist wieder da!", sobald Jiro mich auf dem Boden abgesetzt hatte, zog Jonah mich erst in seine Arme und dann in sein Zimmer. Jiro folgte uns leise lachend. Ich musste leise lachen, als ich Eliah sah, der alle viere von sich gestreckt, auf dem großen Bett lag. Durch seine Position war sein Shirt hochgerutscht und man sah seinen Bauch. ,,Was ist los Baby?", brummte Eliah. ,,Leano ist wieder da.", informierte Jonah ihn. Der ältere Beta setzte sich mit einem Ruck auf und seufzte erleichtert. Auch er umarmte mich erst einmal, und dann begann ich erneut die Geschichte von Flo zu erzählen.

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