{K16} Sand im Getriebe
Anlässlich des Sandmann Spin-Off kommen zwei passende Kapitel jetzt schon für Euch. Bin so aufgeregt. Keine Ahnung ob der Traumsand diese Nacht überhaupt etwas nützt, bei mir. Über den Sandmann wissen wir ja gar nichts.
Ich hab mich etwas am alten Song orientiert, wie er so drauf sein könnte.
Hab da ein ziemlich klares Bild vor Augen.
Aber jetzt lasst euch, zusammen mit Kiko, in Sandmann's Traumreich entführen.
Guten Nacht und träumt was schönes 😴
Sicht Yukiko
"Bist du sicher, dass du wirklich alleine gehen willst?"
Joon versuchte mich zum gefühlt hundertsten mal zu überreden, ihn mitzunehmen.
Und wie meine Antworten zuvor schüttelte ich erneut den Kopf. "Ich hab Ju in die Scheisse geritten, also muss ICH den Sandmann alleine holen, um ihn zu retten!"
Das war das aller mindeste, was ich tun konnte. Seine Mission erben.
Ich musste einfach hoffen, dass der Wächter zuhause war. Sonst waren wir ohne Kompass wirklich am Arsch!
Zahnfee hatte versucht, ihn zu erreichen. Hatte ihn angerufen, ihm Nachrichten geschickt.
Obwohl die Brüder seit einigen Jahrzehnten zerstrittene waren, pflegen die Beiden einen vergleichsweise engeren Kontakt zueinander.
Alle Anfragen waren jedoch unbeantwortet geblieben.
Was selbst den sonst so stumpfen Zylinderträger sichtlich verunsicherte.
"Es ist nur ein Häckchen!" rief Santa in diesem Moment aufgeregt und hielt sein in eine samtig weiche rote Zipfelmütze gehülltes Handy in die höhe. "Sonst hat er Twitter & Co. gefühlt in die Hand implantiert, wenn ich sehe, wie aktiv er sonst immer online ist!"
Mit zitternden Händen zeigte er die verfasste Nachricht:
Yo, diggi fetter Notfall bei Fe.
Ruf an oder komm pronto her!
Nachricht konnte nicht zugestellt werden.
"Nicht mal Netz hat man in diesem Kaff" murrte Santa und starrte auf das Display.
Zahnfee knurrte: "Die Welt findet auch außerhalb von Social Media statt!"
Er warf dem Weihnachtsmann einen vorwurfsvollen Blick zu.
"Also ich gehe jetzt zu Sandmann" rief ich entschieden, um dem sich vermutlich anbahnenden Streit aus dem Weg zu gehen.
Zahnfees Gestalt löste sich aus dem Schatten.
"Geh da durch!" Seine Stimme war ernst und tief, als er sein Zepter hob und den Türknauf berührte. Das Scharnier quitschte, als sich die Tür von selbst öffnete.
"So kommst du zur Rafenerie" erklärte er weiter und zeigte auf die geöffnete Tür.
Sand rieselte über die Türschwelle. Die Luft, welche mir entgegenschlug, war staubig und trocken. Spürte die Hitze auf meiner Haut prickeln.
Wüste
War ja klar!
"Sei vorsichtig!" Joon sah mich besorgt an.
Seine Wut war vollständig verflogen. Auch ihn schien die Situation zu beunruhigen.
Ich nickte und holte noch einmal tief Luft, ehe ich einen Fuß über die Schwelle setzte.
Der Aufprall meiner Sohlen hallte metallisch an den Wänden wieder.
Fühlte die Rillen des Gitterbodens unter meinen Zehen.
An der Decke war ein gigantisches Rohr befestigt. Es führte weiter den langen Gang entlang Links und rechts an den Wänden erstreckten sich ebenfalls kleine Rohre.
Natürlich, eine Rafienerie!
Aber wofür?
Donnernd schloss sich die schwere Metalltür hinter mir und verschloss den Zugang zum Hotel zum Zahn.
Jetzt gab es kein Zurück mehr!
Ohne den Sandmann würde ich nicht mehr so schnell zurück zu Santa, Joon und Zahnfee können.
Ob das ohne Rückflugticket wirklich eine gute Idee gewesen war?
Der laute Knall halte an den engen Wänden und niedrigen Decke wieder.
Bestimmt hatte das jemand gehört und würde gleich nachschauen, was das gewesen war.
Ich kroch unter eines der Rohre und hielt angespannt den Atem an.
Wenn es der Sandmann sein wird, war alles Save.
Aber was, wenn jemand anderes?
Erst jetzt kam mir in den Sinn, dass ich ja gar nicht wusste, wie der Sandmann überhaupt aussieht!
Wow, echt klasse gemacht, Yukiko!
Hätten die mir vor der Missiom nicht wenigstens ein Phantombild geben können?
Als nach ungefähr 5 Minuten niemand kam, robbte ich langsam wieder hervor.
Verwirrt klopfte ich mir den Staub von den Kleidern.
Hätte nicht schon längst jemand kommen müssen?
Mit einem mulmigen Gefühl folgte ich dem langen Gang.
Bei jedem Schritt quitschte und ächzte das Konstrukt, über welches ich ging.
Am Ende angelangt öffnete ich zögernd die dortige Tür.
Die Luft, welche ich einatmete, war stickig. Als sei der Raum seit Monaten nicht gelüftet worden.
Hätte nicht gedacht, dass der Zustand noch schlimmer sein konnte, als bei Zahnfee.
Waren die Wächter alle solche Messie?!
Ich befand mich in einer riesigen Halle mit hohen Regalen. An der Decke waren riesige Zahnräder befestigt, von welchen Rohre zu den einzelnen Regalen geleitet wurden.
Zahlreiche Reagenzgläser waren in den Gestellen aufgereit. Diese schienen an irgendwelchen Kurbeln befestigt zu sein.
Bei genauerer Betrachtung erkannte ich, dass es sich hierbei um Sanduhren handelte.
Es mussten Dutzende sein!
Neugierig lief ich zu einem Regal hin.
Es war, als würde es mich magnetisch genau in diesen Gang ziehen.
Namen wie Sebastian Mayer, Lara Trautmann oder Joshua Euskirchen standen auf kleinen, goldenen Plätchen am Brett des Regals vor dem jeweiligen Zeitmessgerät.
Warte mal...
Das kann nicht sein!
Mein Atem stockte.
Neben der Sanduhr von Raya1352 stand mein eigener Name!
Beide Uhren, sowohl bei jener von Raya, als auch bei meiner, war kaum noch Sand enthalten.
Nur noch wenige Körner befanden sich im oberen Bereich. Das Loch des Halses konnte man problemlos erkennen.
Hecktisch schwang mein Blick suchend umher. Alle anderen Sanduhren sahen ähnlich aus.
Eine weitere Sanduhr fiel mir ins Auge. Es war die von Walerie Poljakow. Dem Rekordhalter für den längsten Aufenthalt im All.
In seiner Sanduhr befand sich nur noch ein einziges Sandkorn.
In dem Moment, als ich das Glas betrachtete, fiel dieses letzte Korn durch den Flaschenhals nach unten.
Wärend links und rechts weiterhin gemächlich der Sand seinem Weg durch die Engstelle suchte, blieb es in jenem vor mir still.
Binnen Sekunden zerfiel dieses Sandkorn zu hauchdünnem Staub.
Jetzt war das Glas vollständig leer.
Es war, als sei das Leben aus diesem Gegenstand gewichen.
Was ist das hier?
In der Abteilung für Künstler fand ich schließlich jene von Julien Bam.
Seine Sanduhr war fast vollständig ausgelaufen!
Nur noch etwa 5 oder 6 Körner befanden sich kurz vor dem Abgrund in den Flaschenhals.
Ju
Was passierte mit ihm?
Spürte Tränen in mir aufsteigen. Tränen der Wut über mich selber und der Verzweiflung, weil ich nicht wusste, wie ich diese Tat rückgängig machen konnte.
Nie hätte ich gedacht, dass mir ein YouTuber mal so viel bedeuten würde.
Ich hatte ihn in die Hölle geschickt.
Dabei war ich es doch, die vor dem Teufel knien müsste!
Was würde ich geben, um an seiner Stelle sein!
Ich müsste die Schmerzen erleiden, die Pein, die Folter, welche der Mann im Mond ihm jetzt zufügte!
Ein Bild formte sich in meinem Kopf:
Ju lag zitternd am Boden. Der Mann im Mond über ihm.
Sah deutlich die Angst in seinen braunen Augen flackern.
Sein Gegenüber einen Fuß zwischen seine Schulterblätter ablegte und ihn noch tiefer zu Boden drückte, um ihn noch mehr zu erniedrigen.
Mit spöttischem Blick bückte sich der Mann im Mond zu Ju herunter, der nach Atem rang und hob sein Shirt.
Ich sah förmlich das irre Grinsen direkt vor mir, als er es sah...
Der Kompass aus dem Blut tausender katalanischen Mauereidechsen!
Ich schüttelte energisch den Kopf, um diesen Gedanken zu verjagen.
Panik ergriff mich.
NEIN
Das durfte nicht passieren!
Ich packte das Glas vom erfolgreichsten männlichen YouTuber und versuchte, sie umzudrehen. Damit sich der am Boden der altertümlichen Zeitstoppuhr befindene Sandhaufen weiter durch die Ritze bewegte.
Wollte Ju irgendwie einen Vorteil verschaffen, falls der Sandmann wirklich der Wächter der Zeit war.
Doch das Konstrukt ließ sich keinen Millimeter bewegen.
Rost erkannte ich am Drehgestell der Sanduhr, in welchem diese befestigt war.
WD40 hatte ich natürlich nicht dabei, um das Gewinde zu schmieren.
Auch die Sanduhren daneben waren genauso verkeilt.
Sie alle gingen langsam zu Ende!
Das Ende beginnt...
Die Worte der Wahrsagerin tauchten auf einen Schlag in meinem Kopf auf.
Erschrocken taumelte ich einen Schritt zurück.
Was geschah mit allen Uhren hier?
Ich war mir ziemlich sicher, dass auch die von Joon Kim ebenfalls auf dem Selben Stand war, wie alle anderen.
Was würde geschehen, wenn alle abgelaufen waren?
Das stetige Rieseln der sich immer schneller entleerenden Uhren, machte mich nervös.
"Sandmann?" Mein Ruf hallt durch die Gänge der Ragale.
Das ist nicht gut!
Das ist gar nicht gut!
Ich ließ die Sanduhr von Julien hinter mir und rannte orientierungslos durch die unendlichen Schluchten aus meterhohen Regalen.
Auf einmal stand ich in einer Abteilung, in welcher nur leere Sanduhren standen. Sie waren verstaubt, mit vergilbtem Glas. Ohne Inhalt. Ohne ein einziges Sandkorn.
Genau wie die von dem Astronauten vorhin.
Schwach konnte ich ein paar Name entziffern, wie Michael Jackson, Wolfgang Amadeus Mozart, Friedrich Schiller und noch ganz viele weitere.
Das hier war die Abteilung von verstorbenen Menschen!
War das etwa ein Archiv?
Mein Blick wanderte nach oben. Inmitten der Halle war eine gigantisch große Maschine.
Wie hatte ich die nur übersehen können?
Wie die Wurzeln eines Baumes verliefen sämtliche Rohre von ihr weg zu den einzelnen Regalen.
Das Zentrum und Herzstück des Ganzen.
Links daneben war eine große Scheibe. Sonnenlicht drang hinein. Schnell kletterte ich die Leiter hinauf.
Von hier oben wirkte alles noch eindrucksvoller. Wie eine riesige Bibliothek standen die Regale in Rei und Glied.
Ich schaute aus dem dreckigen Fenster. Etwa vier große Schornsteine ragten aus dem Dach der Lagerhalle.
Eine Fabrik!
Nachdem ich gefühlt stundenlang durch verwinkelte Gänge geirrt war, vernahm ich endlich ein Geräusch.
Zuerst verdächtigte ich meine Ohren, sie würden mir einen Streich spielen.
Ziemlich außer Puste, weil ich so viel gelaufen war, betrat ich das Zimmer, aus welchem der Sound gekommen war.
Das erste, was mir auffiel, war der große Schreibtisch, auf welchem ein Mischpult, mehrere Bildschirme im Stand by Modus, Mikrofon und Kopfhörer lagen.
Im ersten Moment dachte ich an eine riesige Puppe, welche achtlos aufs Bett geworfen worden war.
Aber nein!
Auf den zerknüllten Lacken lag eine Person.
Kuschelte sich in das weiche Fell der Innenseite seiner aufgezogenen ledernen Kapuze. Wie in einem dicken Schlafsack.
Eine schwarz getönte Schutzbrille ruhte auf der Stirn.
Beide Augen waren geschlossen.
Die Gesichtszüge entspannt.
Sein Atem ging ruhig und gleichmäßig.
Er schläft!
Tief und fest.
Obwohl das eigentliche kein ungewöhnlicher Anblick sein sollte, breitete sich trotzdem ein flaues Gefühl in meinem Magen aus, je länger ich die schlafende Gestallt im Bett betrachtete.
Dem Zustand der Rafinerie nach zu urteilen schien hier schon länger nichts mehr fabriziert worden zu sein.
Als ich einen weiteren Schritt auf das Bett zu machte, knisterte etwas am Boden.
Ich bückte mich und hob etwas davon hoch. Er war goldglänzend und ganz fein. Ich ließ etwas davon durch meine Hand auf den Boden rieseln.
Es hatte so etwas Meditatives, den Körnern beim Fallen zuzuschauen. Ein Gähnen konnte ich nicht unterdrücken.
Panisch strich ich es von den Fingern, als sei es ekliger Alienschleim.
Kroch an die Wand, weg von dem Sandhaufen.
Traumsand!
Entsetzt blickte ich zur tief schlafenden Person im Bett.
Jetzt war Sonnenklar, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte!
Wenn der Sandmann schlief, wer brachte dann den Kindern die schönen Träume?
Wann hatte ich eigentlich das letzte mal einen tollen Traum gehabt, an den ich mich nach dem Aufwachen erinnern konnte?
Keine Ahnung!
Meist waren es Albträume gewesen, aus denen ich hochgeschreckt war und sich in mein Gedächtnis verankert hatten.
Die meisten Träume vergass ich gleich nach dem Aufwachen wieder.
Ich musste den Sandman aufwecken!
Zunächst versuchte ich es sanft. Sprach ihn an, rüttelte leicht an seiner Schulter. Doch es nützte nichts, egal was ich versuchte.
Irgendwann verlor ich meine Scheu vor dem Wächter. Schrie mir fast die Seele aus dem Leib, sprang aufs Bett.
Wie konnte man jemanden sonst noch aufwecken?
Wasser!
Ich schnappte mir eine leerstehende Vase, füllte sie im Badezimmer schnell mit eiskaltem Wasser und ergoss den Inhalt über das Gesicht des schlafenden.
Jeder andere wäre spätestens jetzt vor Schreck aus dem Schlaf gerissen worden und hochgeschreckt.
Doch der Sandmann regte sich nicht. Nicht einmal die Augenlieder flatterten.
Lag noch immer seelenruhig da mit klitsch nassem Gesicht und nun triefendem Kissen.
"Fuck man, was mach ich jetzt?" Frustriert raufte ich mir die Haare.
Denk, denk, denk!
Wie ein Tieger im Käfig lief ich in dem kleinen Raum vor dem Bett unruhig auf und ab.
Vielleicht konnte ich ihn in Zahnfee's Hotel tragen?
Ich versuchte, ihn hochzuheben, aber keine Chance.
Ne, er wog gefühlt 100 Kilo.
Sah man ihm gar nicht an, von der eher schlanken Statur her.
Vielleicht war der nasse Sand in seiner Kleidung so schwer?
Ich musste irgendwie zu ihm durchdringen.
Mich mit seinem Geist in der Traumwelt verbinden.
Das klang kompliziert und das ist es auch.
Raava hatte mich bisher immer dabei unterstützt. Den Übergang in die Geisterwelt erleichtert.
Ich brauchte den Geist des Lichts gar nicht!
Geistlich Gelehrte und Mönche hatten eine spirituelle Reise auch schon geschafft. Ihre Seele mit der kosmischen Energie des Universums verbunden und dadurch Erleuchtung erhalten.
Sie schleppten auch nicht dauernd ein mächtiges Geisterwesen als Kraftquelle mit sich herum.
Bestimmt schaffte ich das auch!
Ich umfasste die warmen Hände des Sandmanns und schloss die Augen.
Atmete tief ein und aus.
Versuchte an nichts zu denken.
Schob die Sorge um Ju und die Unsicherheit, wie es mit dieser Geschichte ohne ihn weitergeht, zur Seite.
Als mich eine vom Wind verwehte Haarsträhne an der Nase kitzele, machte ich sie wieder auf.
Ich befand mich mitten in der Wüste.
Karg und eintönig.
So weit das Auge reichte, nur Sand.
Die einzige Abwechslung bieten der farbliche Kontrast des leicht rotbraun ferfärbten blauen Himmels und die hügeligen Dünen.
Sandkörner flogen mir ins Auge. Versuchte blinzelnd, die Fremdkörper zu entfernen.
Verschwommen nahm ich auf der Düne einen Umriss war.
Knietief sank ich ein, als ich einen Schritt darauf zu machen wollte.
"Ich hasse Sand!" murmelte ich genervt, als ich spürte, wie er auch in meine Schuhe geriet und an den Füßen kleben blieb.
Die Luft wölbte sich vor Hitze. So weit das Auge reichte nur staubige, hügelige Wüste.
Einzig die Person, welche wie ein Baum einsam in der Landschaft stand, hob sich vom tristen Bild ab.
"Ach, sieh an! Avatar Yukiko, welch Ehre, solch hohen Besuch in meinem bescheidenen Träumchen empfangen zu dürfen!"
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