Nancy
Was dachte sich dieser aufgeblasene Vampir eigentlich? Schmeißt mein Leben im wahrsten Sinne des Wortes über den Haufen und redete von Familie. Vor gut 5 Tagen hatte ich noch nicht mal wirklich gewusst, dass es Vampire überhaupt gab. Und jetzt erzählt Jack mir was, dass seine Familie meine wäre. Ich wollte nicht diese Familie, ich wollte meine. Ich wollte, dass meine Mutter mich in den Arm nahm und mir sagte, dass es ihr egal war, was ich war. Wieder traten mir Tränen in die Augen und ich wischte sie wütend weg. Vielleicht hatte ich vorhin bei Jack ein bisschen überreagiert, aber er brachte mich einfach zur Weißglut, mit seinen blöden Sprüchen. Wie von selber liefen meine Füße zurück zum Haus. In der Eingangshalle traf ich auf Lucy. "Ich möchte jetzt nicht reden" sagte ich nur und ging an ihr vorbei. Ich ging ihr bewusst aus dem Weg. Ob ich es macht, weil ich Jack beweisen wollte, dass das hier nie meine Familie wurde oder weil ich wirklich nicht mit Lucy sprechen wollte, konnte ich in diesem Moment nicht zuordnen.
Mit einem tiefen Seufzer schloss ich die Türe zu Jacks Schlafzimmer und drehte den Schlüssel im Schloss rum. Ein mickriger Versuche, da ich ja wusste, dass ein Vampir ohne zu Zögern die Türe eintreten konnte, aber vielleicht war dies ein deutliches Zeichen, mich in Ruhe zu lassen. Ich legte mich auf das Bett und starte an die Decke. Mir gingen die Worte meiner Mutter nicht aus dem Kopf. Ich hatte früher nie bemerkt, dass sie eine Abneigung gegen Vampire hatte. Vielleicht wusste sie wirklich nicht, dass es sie gab. Eigentlich hätte ich andere sorgen haben müsse, als meine Mum. Aber ich liebte sie eben und konnte einfach nicht verstehen, was plötzlich los war. Mein Magen meldete sich. Meine letzte Jagt war auch schon ein bisschen her. Ich musste Jack fragen, ob der Hunger (oder besser der Durst) irgendwann weniger wurde. Ich wollte nicht ständig jagen und mich wieder dieser Erregung aussetzten. Ich schwang die Beine aus dem breiten Doppelbett und schloss die Tür auf. Ich quiekte erschrocken auf, als ich eine Bewegung neben mir wahrnahm. "Dein Raubtier hat gerade wieder eine Pause, oder wie? Du musst lerne, es ständig an der Oberfläche deines Wesens zu haben." Raunte mir eine nur allzu bekannte Stimme ins Ohr. "Du hättest mich auch mit meinem Raubtier erschreckt. Man würd doch wohl mal erschrecken dürfen" patzte ich. Ich hasste neunmal kluge Ratschläge. Er sah mich abschätzig an, erwiderte aber nichts mehr darauf "Ich hab Hunger" sagte ich, wie ein kleines Kind. "Dann fang dir was" gab er zurück. "Ich hatte gehofft, es gibt vielleicht noch andere Möglichkeiten, meinen Hunger zu stillen." Zu spät wurde mir die Doppeldeutigkeit meiner Worte bewusst. Jack hob eine Augenbraue und machte einen Schritt auf mich zu. "Darüber könnten wir reden." Er hob amüsiert eine Augenbraue und grinste mich anzüglich an. Schnell ruderte ich zurück. "Das hab ich damit nicht gemeint" sagte ich schnell und merkte, wie ich rot wurde. Ich hatte noch nie vorher was davon gehört, dass Vampire rot werden konnten. Aber was wusste ich schon darüber. Erschreckend wenig, für das, dass ich selber einer war. Jack schnippte mich dem Finger vor meinem Gesicht rum. "Erde an Nancy? Hallo?! Überdenkst du gerade meine Angebot oder warum schaust du so nachdenklich?" Schnell schüttelte ich den Kopf. "Ähm...nichts." Jack sah mich prüfend an. "Wenn du nicht jagen willst, dann komm mit mir in die Küche" sagte es und ging vor mir her, ohne sich zu vergewissern, ob ich ihm folgte. Der Kerl war so was von arrogant!
In der Küche war zum Glück sonst keiner. Jack bückte sich gerade und ich hatte eine herrliche Aussicht auf seinen knackigen Hintern. Moment, knackiger Hintern? Wo schaust du hin, Nancy und was denkst du da überhaupt? Schnell sah ich weg. "Hier unten ist ein Kühlschrank mit Blutkonserven. Frisch selbstverständlich. Also, wenn du keine Lust zum Jagen hast, kannst du dich gerne hier bedienen." Ich hatte Mühe seinen Worten zu folgen und es war nur meinen guten Reflexen zu verdanken, dass ich den Beutel fing, den er mir zuwarf. Ich sah den Beutel etwas skeptisch an. "Und jetzt? Öffnen und trinken?" fragte ich. "Kannst du machen. Ich würde das Blut aber an deiner Stelle in der Mikrowelle aufwärmen, dann schmeckt es besser." Oh Gott, er sagte das so locker, als würden wir uns über das Nudelgericht unterhalten, dass aufgewärmt in der Mirko einfach besser schmeckte. Ich befolgte trotzdem seinen Rat (schließlich war er hier der Experte) und legte den Beutel in die Mikrowelle. "2 Minuten dürften reichen" meinte Jack und lehnte sich mit seinem Hintern gegen die Theke. Verdammt, warum konnte ich nicht aufhören, darüber zu denken? So toll war sein Po jetzt auch wieder nicht. Ich tat so, als würde ich das Drehen des Blutbeutels hoch interessant finden. Nicht, dass Jack noch irgendwas bemerkte. Die Mirowelle gab einen Piep Ton von sich und ich öffnete sie. Etwas ratlos sah ich den Beutel an. "Und jetzt?" Jack lachte. Es war ein raues Lachen, dass mich eine Gänsehaut bescherte. Ich ignorierte sie. "Entweder du schlägst Stilecht deine Zähne in den Beutel oder du nimmst eine Schere, schneidest den Beutel auf und kippst den Inhalt in ein Glas." Ich überlegte nicht lange und holte mir aus einem der Hängeschränke ein Glas. "Warum nur wundert mich das nicht?" murmelte Jack hinter mir und ich streckte ihm übermütig die Zunge raus. "Zähne reinschlagen ist so...barbarisch. Ich mein, ein bissen gesittet sollte es vielleicht trotzdem noch zugehen." Jack grinste und sah mir dabei zu, wie ich mich abmühte, mit der Schere, die feste Plastikverpackung zu öffnen. Als ich es endlich geschafft hatte, kippte ich den Inhalt in das Glas und nahm einen Schluck. Schmeckte nicht schlecht, ich musste jedoch zugeben, dass das Blut direkt aus dem Menschen (so unmenschliche es klang) um einiges besser schmeckte. "Warum warst du draußen so aufgewühlt?" fragte Jack plötzlich. Ich nahm noch einen Schluck aus dem Glas bevor ich antwortete. "Weil es hart war. Ich meine, ich bin euch dankbar, dass ihr mich aufgenommen habt und irgendwie ist es auch schön, dass ihr mich als Teil der Familie betrachtete." "Nicht alle" unterbrach mich Jack, doch ich achtete nicht auf seinen Einwurf. "Aber es ist eben nicht das gleiche, wie meine wirkliche Familie" schloss ich den Satz. Jack sah mich nachdenklich an. "Dann betrachte uns doch einfach als Ersatz Familie, bis sich deine wieder beruhigt hat." Ich starrte in mein Glas und trank es dann in einem Zug leer. Darauf viel mir keine Antwort ein.
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