Kapitel 27 - Teil 1 -
Sonntag. Der Tag, an dem Ariana endlich frei sein würde, nachdem es vorbei war.
Dennoch konnte sie nicht leugnen, bereits aufgeregt zu sein. Mehr als das sogar. Sie hatte sogar Panikattacken geschoben, weil sie es nicht wollte. Da sie jedoch ihre Zustimmung gegeben hatte, konnte sie nicht zurückziehen.
Zum Glück hatte sie sich mit aufräumen und saubermachen ablenken können. Schmutzig war ihre Wohnung nie, aber es hatte gut getan, sich wieder zu bewegen.
Alles war sorgfältig aufgebaut und vorbereitet, als Ariana zum hundertsten Mal alles überprüfte. Diese Nervosität machte ihr zu schaffen. Zwar war sie fast komplett auskuriert, doch der Gedanke an Francesco sorgte für eine Übelkeit.
Diese bekämpfte sie mit einem Tee und stellte fest, dass sie leicht zitterte, während sie den Sekundenzeiger beobachtete, wie er unerbittlich seine Runden auf der Wanduhr drehte und sich der Minutenzeiger unaufhaltsam vor bewegte.
In Gedanken machte sie sich für ein Gespräch fertig, das nicht erfreulich sein würde, doch wahrscheinlich war es das Beste, wenn sie klar sagte, was sie wollte. Es klingelte und Ariana ließ beinahe die Tasse fallen. Jetzt gab es kein zurück mehr. Sie musste da durch. Nur mühsam bewegte sie sich auf die Tür zu und entriegelte sie. Seitdem Francesco einfach in ihre Wohnung gekommen war, schloss sie diese lieber ab.
„Monsieur Morel", grüßte sie kühl, ohne ihn anzusehen und trat zur Seite, um ihn wissen zu lassen, dass er hereinkommen sollte.
„Chérie", erwiderte er ihren Gruß und nickte leicht. Heute trug er ein schlichtes weißes Hemd und eine dunkle Hose. Meine Herren, sah er fantastisch aus. Passend gekleidet für ein Fotoshooting.
Er trat langsam ein, hörte ihr aufgeregtes Herzschlagen und betrachtete Ariana aus dem Augenwinkel heraus. „Sie sehen heute ganz bezaubernd aus in ihrem T-Shirt."
Möglich, dass sie beim Vorbereiten nicht die Zeit hatte, sich umzuziehen, aber Francesco fand, dass es besser so war, denn wer wusste, was für Farben auf ihre Klamotten laden würden.
Ariana schluckte und versuchte, ihn nicht anzustarren oder seinen markanten Geruch einzusaugen. „Nicht reden. Hinsetzen. Sie bestimmen die Position, in der ich Sie malen soll", sagte sie, ohne auf sein Kompliment einzugehen und schloss die Tür. Ariana hatte nicht die Nerven, sich wegen einer Position zu streiten, weshalb er selbst entscheiden sollte, was er wollte. Sie würde lediglich malen.
Francesco sah sie mit einem belustigten Blick an. „Haben wir nicht eine Kleinigkeit vergessen, Chérie?", fragte er und sah sie von der Seite an. „Sie sind die Künstlerin, deshalb ist es an Ihnen, zu entscheiden, wie ich stehen, sitzen oder posieren soll." Er wollte kein Bild haben, wo er einfach etwas tat, sondern ein Bild, das mit ihrer ganzen Leidenschaft gemalt wurde. Nichts anderes würde er akzeptieren.
Ariana verdrehte die Augen. „Hinsetzen", befahl sie dennoch kühl. Weitere Anweisungen würden folgen. Zum Glück hatte sie sich schon einige Gedanken gemacht, wie es sein konnte.
Natürlich würde sie mit ihrem Herzen malen, etwas anderes kam für sie nicht in Frage. Das passte nicht zu ihr. Aber sie wusste auch, dass es manchmal Situationen gab, die einem nicht gefielen und trotzdem etwas Schönes rauskommen sollte.
Der Italiener steuerte auf den Stuhl zu, der dort im Wohnzimmer bereitstand und setzte sich gemächlich hin. „Sie wissen aber doch, wie Sie malen wollen, nicht wahr?", fragte er sie und betrachtete sie ausgiebig. Sie sah wirklich hinreißend aus im T-Shirt, lockere Hose und mit einem Dutt. Ariana brauchte eigentlich keine eleganten Klamotten, um wunderschön auszusehen. Dass es ihr klar war, wagte er zu bezweifeln, denn so wie ihm schien, war ihr das wirklich nicht klar, wodurch sie sogar noch viel attraktiver und sexier wirkte. „Ich hoffe Mal für Sie, ich bringe Sie nicht in Verlegenheit oder bringe Sie durcheinander."
Als sie sich zu ihm wandte, erkannte er, dass es ihr nicht gefiel, wenn er so viel sprach. Sie hatte sich fest vorgenommen, es zu keinem Gespräch kommen zu lassen, wenn es nicht notwendig war. Außer ihm nach dem Malen klarzumachen, dass sie ihn nie wieder sehen wollte.
„Setzen Sie sich gerade hin, falten Sie ihre Hände im Schoß und bleiben sie ruhig", kommandierte Ariana ihn an. Viele Möglichkeiten, wie sie ihn malen sollte, waren ihr durch den Kopf gegangen. Eins war ihr klar geworden: Sie würde ihn in eine italienische Kulisse setzen. Natürlich hätte Ariana ihn schikanieren und unmögliche Posen einnehmen können, doch so etwas würde sie nicht tun. Das verbot ihre Ehre, eine Malerin zu sein.
Ein leises Prusten entfuhr ihm, als er wie befohlen diese Pose einnahm. Er kam sich irgendwie lächerlich vor, wenn er so saß. Aber wenn sie das so wollte. „Ich bin froh, dass es Ihnen besser geht", sagte er noch und er meinte es auch so. Sie sah wirklich besser aus, nicht mehr so blass und ihre Stimme klang viel klarer und härter als noch vergangene Woche. Und, wie er erkennen konnte, war sie wieder etwas fülliger geworden. Ariana sah aber auch bei ihrer letzten Begegnung sehr dünn und halb verhungert aus.
Ariana verdrehte die Augen, was er nicht sehen konnte. „Nicht reden. Schweigen und nicht bewegen", kam es kühl hinter der Staffelei hervor. Sie hatte es extra so aufgebaut, dass sie vor seinem Blick geschützt war und sie ihre Ruhe hatte, solange sie Farben mischte und zeichnete.
Aus ihrem Koffer des Unbekannten holte sie feine Stifte hervor, mit denen sie vorzeichnen würde. Es reichte ein kurzer Blick zu Francesco, bevor sie damit anfing und nun ein leises Kratzen auf der Leinwand zu hören war.
Nach einer Stunde Stillsitzen und das Hören der Pinselei überlegte Francesco, was genau dort hinter der Staffelei stattfand. Ob sie wirklich mit Leidenschaft malte oder ob sie nur versuchte, es hinter sich zu bringen, um ihn dann endgültig loszuwerden, damit sie ihn nie wiedersehen musste, wusste er nicht. Doch seine Ohren vernahmen mehr als nur das Fahren und Streichen des Pinsels, sondern er hörte auch das schnelle Schlagen ihres Herzens. Zwischenzeitlich sogar ein leises Keuchen. „Geht es Ihnen gut, Chérie?", fragte er leise nach.
„Ja", antwortete Ariana murrend, weil sie sich erschreckt und beinahe einen Strich falsch gesetzt hatte. Bisher hatte sie nur die Grundrisse gezeichnet. Das richtige Malen würde erst in Kürze beginnen.
Die Ruhe half ihr, sich auf das Malen zu konzentrieren. Nur so konnte sie etwas Gutes und Schönes zustande bringen. In Manons Kursen blendete sie die Gespräche der anderen ebenfalls aus und lauschte nur Manon selbst. „Sparen Sie ihr Chérie für jemand anderen, Monsieur Morel."
„Wieso sollte ich das tun, wenn Sie doch was besonderes sind?", fragte er und wagte es einfach aufzustehen. „Es gibt keinen andere."
Verärgert zeigte Ariana mit dem Stift auf den Stuhl. „Hinsetzen und nicht bewegen", sagte sie ernst, konnte aber nicht verhindern, schlucken zu müssen. Sie wollte nicht, dass er ihr zu nah kam! Meistens passierte dann etwas, was sie nicht wollte. Vor allem nicht jetzt. „Wenn Sie das nicht tun, werde ich Ihnen das unfertige Bild zukommen lassen."
„Sogar das unfertige Bild hat in dem Moment mehr Fröhlichkeit und Leidenschaft als Sie es gerade haben", kommentierte er und sah ihr tief in die Augen. Seine Stahlblauen trafen ihre Meergrünen.
Sein Geruch drang in ihre Nase vor und ließ sie erneut schlucken. Musste er so anziehend sein? Schon wieder war er nah. Viel zu nah für ihren Geschmack, weshalb sie ihren Blick auf die Leinwand lenkte. Es war immer schwer, seinem starrenden Blick standzuhalten. „Kommen Sie mir nicht zu nahe, Monsieur Morel! Ich warne Sie ein letztes Mal: Setzen Sie sich hin oder Sie können gehen", sagte sie streng. Es war nicht schlimm, wenn er das Bild sah. Das malte sie tatsächlich mit Leidenschaft und Hingabe, aber sie hasste es, wenn er aufstand und sich einmischte.
„Ich tue, was Sie gerne von mir verlangen." Seine Augen fielen auf das angefangene Bild. Die Umrisse seiner Statur und seine Gesichtszüge waren feinfühlig und von solcher Eleganz gezogen, das man sich schon vorstellen konnte, wie ihre zarten Fingerspitzen über seine Haut malen würden. Die Vorstellung allein nur reichte aus, um ihn zum erhitzen und schlucken zulassen, weil er es sich so sehr gerade wünschte. „Doch ich möchte eines noch zu gerne wissen. Wenn Sie mir das beantworten, werde ich den Rest der Zeit schweigen." Die Ernst seiner Worte konnte sie ganz sicher raushören. Nachgeben würde er nicht, bis er seine Antwort hatte.
Genervt rollte Ariana mit den Augen und senkte den Stift. „Was?", brachte sie mit gepresster Stimme hervor.
Wieder sah er zu Ariana runter. Sie war einen ganzen Kopf kleiner als er. Seine Augen bekamen einen traurigen Ausdruck, der jede Frau ganz sicher das Herz gebrochen hätte. „Ariana", sprach er mit einer verletzlichen tiefen Stimme, „Wieso hassen Sie mich?"
Hatte sie bis dahin seinen Blick vermieden, so starrte sie ihn nun direkt an. Seinen Hundeblick konnte er sich sparen. Ihre Augen sprühten Funken, als sie mit dem Stift gegen seine Brust klopfte. „Sie sind ein Player, der wohl an jedem Finger zehn Frauen hat und nicht genug bekommen kann. Ich habe kein Interesse daran, einem Harem beizutreten, der einen fertig macht", zischte sie ihn an und übte Druck auf seine Brust aus, sodass er zurücktreten musste.
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