Kapitel 22
Grelle Lichtstrahlen der weißgelben Morgensonne knallten aufs Fenster und ins Zimmer hinein und weckten Manon brutal aus dem Schlaf, den sie gerade in dem Moment mehr brauchte als ein neues paar Schuhe. Stöhnend griff sie nach dem Kopfkissen und warf es gegen das Fenster, sah aber nicht, was sie in Wirklichkeit traf und weckte, da sie direkt nach dem Wurf das andere Kissen griff und sich damit das gequälte Gesicht bedeckte, weil die Strahlen bei ihr heftige Kopfschmerzen auslösten.
Das Kissen klatschte gegen das Fenster und fiel dumpf zu Boden. „Was ist los?", grummelte es nicht weit von ihr entfernt.
Auch Arianna hatte mit einem Kater zu kämpfen, der es ihr schwer machte, ihre Augen aufzumachen. Ihr gesamter Kopf pochte unangenehm und fegten jeden Gedanken, den sie fassen wollte, einfach weg. „Mach doch nicht so einen Krach!"
„Tschuldigung", brummte Manon und umschlang ihr Kissen mit den Armen, um alle Strahlen der Morgensonne zu bedecken, damit sie ihr nicht ins Gesicht schienen. „Habe ich dich geweckt?"
„Klar", grummelte Arianna verstimmt. Langsam zog sie ihre Decke über das Gesicht, um sich ebenfalls von der Sonne zu schützen. Herrgott, wer hatte es erfunden, dass sie ausgerechnet immer dann scheinen musste, wenn sie am meisten störte? Ein Regentag würde sich viel besser eignen, um sich im Bett zu erholen. „Mir ist schlecht." Kein Wunder, nach dem was sie alles noch an der Bar getrunken hatten. Dass sie in ihrem eigenen Zimmer angekommen und in ihren Betten lagen, grenzte fast an einem Wunder.
„Mir auch", kam's hinter dem Kissen hervor. „Und ich glaube, ich hatte während meines dösenden Zustands einen Orgasmus bekommen. Mann, war das ein heißer Traum letzte Nacht!", nuschelte sie dann und dachte wieder an diesen zurück. Der Kuss mit Andreas war so wirklich heiß gewesen und er fühlte sich so echt an, sodass Manon einen kurzen Moment glaubte, der wäre wirklich passiert. Aber es war alles nur ein Traum, da war sich Manon sehr sicher.
„Oh Gott, erinnere mich bitte nicht an so etwas oder ich kotze gleich ins Bett", stöhnte Ariana, deren Körper sich dank dem Alkohol endlich abreagiert hatte. Ihr Körper hatte Francesco gewollt. Diese Erleuchtung traf sie wie ein Blitzschlag, der sie binnen einer Sekunde aufsitzen ließ. „Oh nein", keuchte sie und kniff ihre Augen zusammen, bevor sie blitzschnell aufstand, um ins Bad zu rennen.
Die Würgegeräusche, die aus dem Bad kamen, brachten Manon ebenfalls zum Würgen, doch sie konnte Alkohol besser ab als Ariana und deswegen hatte sie nicht so große Schwierigkeiten mit der Morgenübelkeit, die dann doch hochkam und sie ihrer Freundin eilig hinterherrannte.
„Geht es dir jetzt besser?", fragte sie Ariana, nachdem sie selbst fertig gekotzt hatte und lehnte sich an die Wand, um ihre Wange zu kühlen, daneben.
„Nein, und dir?", gestand Ariana, die zusammengesunken am Boden saß. Wie ein Häufchen Elend schloss sie ihre Augen. „Verdammter Alkohol", schimpfte sie leise. Warum musste er so verführerisch sein, wenn man alles vergessen wollte? Gab es denn nichts besseres, das bei solchen Probleme half?
„Nicht besser als dir."
Die Kühle der Wand tat ihr gut und sie lehnte ihre Stirn darauf. Oh Mann, diese Schmerzen, sie bohrten sich tief in ihren Schädel ein und es hämmerte wie ein Stemmhammer in ihr und ließ sie vor Unerträglichkeit stöhnen. „Nun weiß ich, wie es dir ergangen ist, als du mich betrunken versucht hattest anzurufen, erinnerst du dich noch dran?"
„Erinnere mich nicht dran", murmelte Ariana und vergrub ihr Gesicht hinter den Händen, um etwas Dunkelheit zu haben. Jeder Gedanke führte gerade zu unerträglichen Schmerzen, die dafür sorgten, in Tränen auszubrechen. Hinzu kamen die verwirrenden Gedanken an Francesco.
„Ich glaube, ich hatte vergangene Nacht dasselbe durchgemacht wie du, mit dem Unterschied, dass das alles bei mir nur ein Traum war." Ein wirklich heißer Traum.
Ein leises Kichern brachte Manon hervor und sie wünschte sich wieder einzuschlafen, damit sie dort im Traum noch ein bisschen weiter mit Andreas knutschen konnte.
„Es war kein Traum, Manon", stöhnte Ariana gequält. Das Lachen ihrer Freundin war im Moment zu viel und alles, was sie sich wünschte war, wieder einzuschlafen, nur um den Geräuschen zu umgehen.
Das Lachen verstummte. Stattdessen glotzte Manon trotz schmerzenden, blutunterlaufenen Augen, ihre Freundin an. „Wie bitte? Wiederhol das."
„Du hast schon richtig gehört", murmelte sie und schaffte es, ihre Finger zu bewegen, um dahinter hervorzulugen. „Ich habe euch beide gesehen." Das brachte sie zaghaft zum Grinsen, sorgte aber auch gleichzeitig für einen erneuten Schwall an Übelkeit und pochenden Kopfschmerzen. Sie brauchte dringend eine Tablette, sonst würde sie den Tag nicht überstehen.
Schweigen breitete sich aus, Manon erwiderte nichts. Sie verdaute zuerst noch das, was sie soeben gehört hatte. Der Kuss hatte wirklich stattgefunden.
Aber ... wie ... wie konnte das sein? Was, wann und vor allem wie konnte das passieren?
Ihre Freundin rückte ein Stück zu ihr hinüber und legte den Arm um sie. „Mach dir nichts draus. Wir haben beide einen Fehler begangen", versuchte Ariana sie zu trösten. Wenn Manon nur an Arthur interessiert war, fühlte sie sich bestimmt schlecht, Andreas geküsst zu haben.
„Kann es sein, dass dein Satz das bedeutet, was ich da hineininterpretiere oder redest du von letztens, als du mit einem harten Kater aufgewacht bist?" Oh, bitte o Herr, sag ihr, dass es Ersteres sei? Manon wünschte es sich so sehr, damit vom Thema abgelenkt wurde und sie nicht mehr an Andreas und den verhängnisvolle Kuss zurückdenken musste.
„Keine Ahnung", seufzte Ariana und strich Manons Haar, das sich im Schlaf gelöst hatte, nach hinten. „Ich will gerade nicht an irgendjemand denken, sondern nur meinen Kater ausschlafen. Soll ich dir eine Tablette mitbringen?", fragte sie, als sie versuchte, aufzustehen, jedoch mehr wankte und beinahe auf Manon fiel. Der Kater war noch schlimmer als der Letzte.
Wackelig stand Manon auf und wankte ins Zimmer zurück, um nach dem Telefon zu greifen und dort nachzufragen. Als sie ihre Bestätigung bekam, dankte sie dem Personal und legte auf.
„Der Portier sagte, sie seien für Partys wie der gestrige vorbereitet und haben alles Nötige, was wir brauchen. Und Tabletten habe ich auch für alle Fälle mal eingepackt, weil ich wusste, die würden bald zum Einsatz kommen." Sie kramte in ihrer Kulturtasche und fand die weißblaue Verpackung. „Scheinbar bist du nicht die einzige, die welche eingepackt hat, nicht wahr?", schmunzelte Manon und hielt Ariana die Packung hoch.
„Ich habe vorgesorgt", gestand Ariana seufzend. Gebraucht hätte sie die Medizin nicht, doch nach dem Tanz mit Francesco hatten sie und Manon sich noch einige Drinks gegönnt. Anfangs hatten sie, soweit sie sich noch erinnerte, über die Männer geredet, doch je mehr Drinks sie intus gehabt hatten, desto mehr gelacht hatten sie. Jetzt war ihr allerdings nicht mehr zum Lachen zumute.
Der Gedanke an Francesco sorgte bei Ariana erneut für weiche Knie und noch mehr Kopfschmerzen. Dieser Mann! Sie musste ihm böse sein, nachdem er sie so angefasst, geküsst und verzaubert hatte! Und dennoch ... schaffte sie es nicht. Dazu sagte ihr Herz nein.
„Oh nein!", jammerte Manon und heulte halb wie ein Kleinkind. „Wir haben scheinbar das Frühstück verpasst!"
Erst einmal musste Ariana sich die Tablette mit einem Schluck Wasser einverleiben. Sonst konnte sie nicht garantieren, Manons Mund zu stopfen. Ausgerechnet jetzt musste sie so laut sein, wenn jedes noch so kleine Geräusch für einen Presslufthammer sorgte. „Egal. Ich ruf den Zimmerservice", schlug Ariana vor. „Da können wir bestellen, was wir wollen."
„Schokokuchen!", rief Manon sofort und war fast wieder die Alte. „Süßen Kaffee und viel Bacon, bitte!"
„Manon", stöhnte Ariana gequält, als sie nach dem Hörer griff und sich zuerst nicht an die Servicenummer erinnern konnte. „Kannst du nicht ein paar Oktaven leiser sprechen? Mein Kopf platzt!"
„Tschuldigung, Sweetie", trällerte die Dunkelhaarige fast und eilte zu ihren Koffer, um sich frische Kleidung rauszusuchen, denn sie trug noch ihr Abendkleid von vergangenen Abend. Sie holte sich schnell eine waldgrüne Bluse und einen enganliegenden Rock raus und eilte zurück ins Bad, um sich dort frisch zu machen und umzuziehen, damit sie irgendwann später und verspätet noch frühstückten konnten.
In der Zeit kümmerte sich Ariana um das Frühstück. Sie brauchte einige Anläufe, um dem Portier klarzumachen, was sie alles wollte. Natürlich das, was sich Manon gewünscht hatte. Es war Ariana wichtig, dass ihre Freundin das bekam, was sie wollte.
Sobald sie auflegte, nahm sie das Kissen, legte sich ins Bett und drückte es an die Ohren. Wie konnte Manon trotz ihres Katers nur schon wieder so gut gelaunt sein?
Ariana selbst kämpfte mit den Nachwirkungen und auch mit ihren verwirrenden Gefühlen, die sie selbst nicht verstand. Warum nur musste sie an Francesco denken? Warum nur löste er solche Gefühle in ihr aus, die sie völlig aus der Bahn warfen?
„Sweetie", erschall es neben ihr und das Kissen wurde ihr sanft aus den Händen genommen. „Ist was vorgefallen, was ich unbedingt wissen muss oder ist es nur der Kater, der dich noch umhaut?" Komplett angezogen, geschminkt und aufgefrischt saß Manon neben ihr und sah sie besorgt an. Wie konnte sie nach so einer Nacht noch so top aussehen? Das grenzte an ein Wunder.
„Schrei doch nicht so", klagte Ariana gequält. Die Gedanken zu ordnen, war im Moment unmöglich, doch da Manon bereits wach und angezogen war, wusste sie, dass es keine Möglichkeit mehr gab, noch zu schlafen. Manon war ein wahrhaftiger Gummiball und immer in Bewegung.
Also setzte sich Ariana auf und seufzte. „Francesco und ich haben gestern Abend getanzt und es war ... intimer als ich angenommen habe", gestand sie nicht besonders glücklich.
Aus ihrer besorgten Miene wurde ein breites Grinsen. „Uuuuhhh", sagte Manon nur und rückte näher. „Intim sagst du? Was ist passiert? Wie? War es heiß? Ist die Blume nun endlich gepflückt worden?" Sie unterdrückte sich ein Jubelschrei und hüpfte im Bett auf und ab.
„Manon!", schimpfte Ariana scharf und warf sie mit ihrem Kissen ab. Warum nur musste ihre Freundin nur immer an das eine denken? „Jetzt beruhige dich endlich!" Wenn ihr Kopf nicht so dermaßen pochen würde, konnte sie sich wenigstens endlich umziehen. Danach sah es allerdings nicht aus. „Es ist nichts passiert. Außer ein verflucht heißer Kuss, der mich völlig aus der Bahn geworfen hat. Außerdem war ... seine Erregung mehr als deutlich zu spüren", gestand sie gequält und auch ein wenig angewidert. Solche Dinge waren für Ariana nichts.
Manons Augen wurden tellergroß, als sie das hörte und ihr rot geschminkter Mund öffnete sich zu einem stummen Schrei, der dann doch aus ihr rausbrach und somit Ariana noch mehr quälte. „Ist nicht wahr?", rief sie laut und lachte schallend. „So ein heißer Kuss und dann hast du es geschafft, ihn in den Wahnsinn zu treiben?"
Ariana stand auf und packte Manon an den Schultern, um sie zur Tür zu schieben. „Komm bitte erst wieder, wenn du dich ausgeschrien hast, ich meinen Kater ein klein wenig beruhigt habe und wieder klarer denken kann", verlangte sie, wobei sie es nicht ernst meinte, dass Manon gehen sollte. Nur sollte sie verstehen, dass Ariana bei solchen Kopfschmerzen alles andere als gut gelaunt war.
„Schon gut, schon gut, ich höre ja auf zu schreien", lachte Manon weiter. „Aber eines möchte ich trotzdem noch wissen?"
„Was?", fragte Ariana gequält.
Ein spitzbübisches Grinsen erschien auf Manons Gesicht, als sie sich zu Ariana umdrehte. „War der groß?"
Unfassbar verdrehte Ariana ihre Augen und bereute es sogleich, weil ihr schwindelig wurde. „Um Himmels willen, Manon. Sonst hast du keine Probleme, oder? Geh doch zu Francesco, zieh ihm die Hose aus und miss nach! Woher soll ich wissen, was du als groß ansiehst?", fragte sie genervt und drückte sich die Hand vor den Mund, weil ihr wieder schlecht wurde.
„Haaaaa", brachte Manon breit lächelnd hervor, als sie die versteckte Botschaft aus Arianas Antwort heraus hörte. „Also ja!"
Und erneut lachte sie, während sie nur noch im Hintergrund wahrnahm, wie ihre liebe Freundin wieder ins Bad rannte und die Tür laut zuschlug.
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