Der Zwergenprinz


Doch dann klopfte es energisch an die Tür und alle verstummten. Selbst Gandalf hielt in seiner Bewegung inne und seine blauen Augen blitzen zu mir herüber. Ich ahnte, wer es war und inhalierte tief den Tabak meiner Pfeife. Der alte Zauberer stand auf und folgte den Zwergen in den Eingangsbereich, während ich hier wartete, rauchte und fast ein wenig nervös mit meiner Kette spielte. Ich trug sie seit ich denken konnte und manchmal hoffte ich, dass sie mir eines Tages meine wahre Bestimmung und meine Heimat offenbaren würde. Ich hörte dunkle Stimme, Gelächter und dann schwere Schritte. Unbewusst hielt ich den Atem an, bevor er in den Raum trat, hinter ihm seine Gefolge. Sein Blick verdunkelte sich, als er mich in den Schatten erkannte und er grummelte etwas in Richtung des weißen Zwerges, der wie ich erfahren hatte Balin hieß. Das war er also, der Zwergenprinz, Thorin Eichenschild.

„Was macht sie hier, Gandalf? Ich wollte einen Meisterdieb, keine...", er hielt inne und musterte mich feindselig, „...keine weitere Belastung und schon gar keine Elbin!"

„Sie ist keine Elbin," erwiderte Gandalf ruhig und sah Thorin von oben herab an. Der Zwergenprinz hatte dunkle schwarze Haare und helle blaue Augen, die ungewohnt klar für einen Zwergen waren. Auch er hatte kleine Zöpfe in seine Haare und in seinen Bart geflochten, während seine Hände ein auffälliger Ring zierte mit einem Wappen. Dem Wappen Durins. „Sie ist eine Waldläuferin und ihr Name ist Naira," fügte er hinzu und sah dann zu mir.

„Es ist mir egal, wer sie ist. Sie ist eine Frau, sie ist eine Belastung! Du hast uns schon keinen echten Meisterdieb gebracht und ich will auch deine Waldläuferin nicht bei meiner Unternehmung dabeihaben," grollte er erboßt.

Gandalf Gesichtszüge verdunkelten sich und er setzte zu einer Antwort an, doch ich hob meine Hand und lächelte ihn schwach an.

„Ich verstehe Euer Misstrauen, Thorin," sagte ich und der Zwerg stützte bedrohlich seine Arme auf das andere Ende des Tisches, direkt mir gegenüber. Seine blauen Augen fixierten mich genau und ich musste mich zusammenreißen, um nicht darin zu versinken. Sie waren wie das Meer, so tief und weit, dass man darin ertrinken konnte. „Ich kannte euren Vater, Thrain," begann ich dann und in seinen Augen glomm Hoffnung auf. „Wir sind uns begegnet, wenige Jahre nachdem ihr den Erebor verloren und Moria zurückgefordert habt. Ich habe ihn danach nie wiedergesehen, aber...er hat mir etwas für Euch gegeben. Ich habe Euch gesucht, aber lange nicht gefunden," sagte ich leise und sah ihn an, bevor ich in die Innentasche meines Mantels griff und eine Karte herausholte. „Es ist Eure Bestimmung, Euer Erbe," hauchte ich und schob sie über den Tisch. Die Zwerge versammelten sich um ihren König, setzten sich auf ihre Stühle und sahen den Prinzen an.

„Wir kommen nicht in den Berg hinein. So schön diese Karte auch ist, das Haupttor ist versperrt und es gibt keinen anderen Weg in den Erebor hinein," sagte Balin, nachdem er einen langen Blick auf das Stück Pergament geworfen hatte.

„Nun, Meister Zwerg, ich glaube da muss ich Euch widersprechen," sagte ich leise und alle Köpfe drehten sich zu mir. Ein wenig schief grinsend drehte ich einen Schlüssel in meiner Hand, der an einer festen Schnur hing. „Das hat mir Euer Vater ebenfalls gegeben. Er wusste, dass einer seiner Nachfahren diesen Berg zurückerobern wird." Ich lächelte schwach und reichte Thorin seinen Weg in den Erebor hinein. Es war vollkommen still, alle musterten den Prinzen, der den Schlüssel in seinen Händen hielt.

„Wenn es einen Schlüssel gibt, dann gibt es auch eine Tür und damit auch einen Weg in den Berg hinein," wisperte er leise und Hoffnung erhellte seine grimmigen Züge. Er lächelte sogar und seine blauen Augen glühten auf.

„Das heißt wir kommen hinein," rief Fili, der blonde Zwerg und sein Bruder grinste ihn an. „Wir können uns den Erebor zurückholen!"

Gandalf schmunzelte und auch ich konnte nicht verhindern, dass ein zartes Lächeln meine Lippen zierte. Die Zwerge sprangen auf, nahmen sich in den Arm, jubelten und feierten eine zurückgekehrte Hoffnung auf eine echte Heimat.

„Was haben die sechs Zwergenvölker gesagt, Thorin?", dröhnte eine dunkle Stimme durch den Lärm und sofort wurde wieder alles still. „Was haben die Zwerge aus den Eisenbergen gesagt?"

Die Züge des Prinzen versteinerten sich wieder und ein Schatten huschte über sein Gesicht. Er sah älter aus, verzweifelter und...düsterer. Mir hatte sein Lachen irgendwie mehr gefallen. Es hatte etwas an sich, so wie seine Augen. Ich schüttelte mich leicht und verdrängte diese Gedanken.

„Sie werden nicht kommen," sagte er dann und alle senkten ihre Blicke. „Niemand wird kommen. Sie haben gesagt es ist unsere Aufgabe, unsere allein. Es ist unsere Heimat."

„Was ist mit dem Eid, den sie geschworen hatten? Was ist mit dem Eid zu helfen?", fragte Balin und wirkte dabei fast schon verzweifelt.

„Sie haben dem Eid denjenigen geschworen, der das Königsjuwel bei sich trägt," knurrte Thorin und ein gewisser Zorn huschte durch das blaue Meer seiner Augen. „Und der liegt im Erebor, begraben unter all dem Gold...und einem Drachen."

„Einem Drachen?", ertönt eine seltsam hohe Stimme und der Halbling taucht neben Gandalf auf. „Ein echter Drache?"

„Ja, ein echter Drache, Mister Beutlin," erwiderte Gandalf belustigt. „Und deshalb braucht ihr einen Meisterdieb. Wenn ihr das Königsjuwel habt, dann könnt ihr die Zwergenvölker vereinen und gemeinsam diese Bestie besiegen."

Endlich verstand ich, was Gandalf vorhatte. Er wollte Smaug bestehlen, wollte das wertvollste aus diesem Berg holen, um dann mit der Macht der sieben Zwergenvölker diesen Drachen ein für alle Mal zu vernichten. Thorin musterte den Zauberer und sah dann zu Balin.

„Es ist der einzige Weg," murmelte der alte Zwerg und der Prinz nickte.

„Hmm, so wie ich das sehe braucht ihr dann aber einen verdammt guten Meisterdieb," sagte der Halbling und die Runde verstummte. Alle sahen ihn an, musterte den Hobbit und durchbohrten ihn mit Blicken.

„Seid Ihr das denn, Meister Beutlin?", erwiderte Thorin nur und ein leicht verächtliches Lächeln huschte über seine Lippen. Es wirkte arrogant und gefiel mir wieder nicht so gut, wie sein echtes hoffnungsvolles Lächeln.

„Ich?", stotterte der Hobbit und drückte seinen eigenen Zeigefinger auf seine schmale Brust. „Ich? Ich bin doch kein Dieb, ich habe in meinem Leben noch nichts geklaut," beschwerte er sich, als hätte ihn jemand beleidigt.

„Habe ich es doch geahnt. Er ist kein Meisterdieb, nicht einmal ein Dieb ist er," murrte Thorin verächtlich und seine Freunde stimmten mit ein. Selbst Bilbo bestätigte mehrfach in dem aufkommenden Stimmengewirr, dass er nicht geeignet für diese Aufgabe sei. Ich sah nur belustigt zu und beobachtete Gandalf, dessen Gesicht immer grimmiger wurde.

Plötzlich richtete er sich auf, überragte die nun klein wirkenden Zwerge und hob seinen Zauberstab. Alle Schatten des Raumes schienen sich um ihn zu versammeln, er schien größer zu werden und seine Stimme donnerte bedrohlich durch das Haus:

„Wenn ich sage, dass Bilbo Beutlin ein Meisterdieb ist, dann ist er einer." Alle Zwerge waren verstummt und selbst Thorin sah ein wenig ehrfürchtig zu ihm auf. „Du hast mich gefragt, ob ich einen Meisterdieb für dich finden kann und hier ist mein Meisterdieb. Und ich habe auch jemanden gefunden, der euch sicher zum Erebor bringen kann," murrte er und setzte sich wieder.

Thorin schien mit sich zu ringen. Er musterte mich, musterte den Habling und grummelte dann etwas Unverständliches.

„Gib ihnen die Verträge, Balin. Wenn Thror Euch diesen Schlüssel und die Karte anvertraut hat, dann will ich Euch auch vertrauen," murrte er leise und drückte Bilbo wortlos ein Bündel Papiere in die Hand. Er beugte sich zu Gandalf und wisperte ihm ins Ohr. Der alte Zauberer überlegte kurz, sein Blick huschte zu mir und dann nickte er. Ich seufzte nur und nahm von Fili den Vertrag entgegen. Wortlos unterschrieb ich, ohne ihn zu lesen und steckte ihn dann ein.

„Wollt Ihr nicht wissen, was die Belohnung für diese ganze Sache ist?", fragte Kili überrascht. Ich sah ihn an und hob meine Augenbraue etwas. „Ich interessiere mich nicht für Gold, insbesondere nicht, wenn es einem anderen Volk gehört," murrte ich kühl. Und über Jahre unter einem Drachen gelegen hat, fügte ich in Gedanken noch hinzu.

Ich beobachtete amüsiert, wie Bilbo doch tatsächlich den Vertrag las und immer weiterblätterte. Er wurde mit jeder Seite blasser und sah schockiert zu den Zwergen. „Verbrennungen? Verätzungen? Bestattungskosten?", stotterte er und Thorin schnaubte nur.

„Ja, so ein Drache kann dir die ganze Haut und das Fleisch von den Knochen brennen," sagte ein Zwerg mit einer Pfeife im Mund und grinste. „Ein Funke und er bohrt sich direkt in dein Fleisch," fügte Fili hinzu. Ich verdrehte nur meine Augen. „Oder erst seine Zähne. Messerscharf und riesig. Ein Haps und du bist tot," sagte Kili und grinste dabei frech. Der Hobbit stand einfach nur da, starrte in die Runde und wurde leichenblass. „Alles in Ordnung, Meister Beutlin?", fragte Balin vorsichtig.

„Nein," kam es knapp von ihm, bevor er auch schon umkippte. Er tat mir schon ein wenig leid, wenn ich ehrlich war. 

„Ich glaube wir haben gerade unseren Meisterdieb verloren," murmelte einer der Zwerge.

„Welchen Meisterdieb?", grummelte Thorin kühl, während Gandalf den Halbling ins Wohnzimmer brachte und auf die Couch legte. Ich schnaubte leise und der Prinz warf mir einen herausfordernden Blick zu. „Seid nicht all zu arrogant und unterschätzt die kleinen Dinge im Leben, die manchmal alles verändern können," sagte ich nur sehr leise und zündete mir eine weitere Pfeife an. Er lächelte nur verächtlich und deutete dann auf die Karte.

„Ob mit oder ohne Meisterdieb, wir holen uns den Erebor zurück," sagte er dann und richtete sich auf. „Wir holen uns unsere Heimat zurück, unseren Berg, unser Erbe. Wir töten den Drachen oder stehlen ihm den Arkenstein, das Königsjuwel," rief er ein wenig lauter und die Zwerge fielen mit ein. Ich schmunzelte nur und sah den Prinzen an. „Die Antwort wo diese geheimnisvolle Tür liegt ist in dieser Karte versteckt. Ich vermag sie nicht zu lesen, aber es gibt andere in Mittelerde, die es können," sagte ich leise.

„Selbst mit der Karte und dem Schlüssel ist es eine riskante Unternehmung," mischte sich Balin ein. „Die Raben kehren zurück zum Erebor, Blicke richten sich auf den Berg, abschätzend, ob es es wert ist, es einmal zu Versuchen." Der alte Zwerg hatte recht. Gerüchte kamen wieder auf, es wurde getuschelt und geredet. Niemand hatte den Drachen gesehen und manche hofften, dass er gestorben war und nun ein unermesslicher Schatz schutzlos in diesem Berg lag.

„Ein Grund mehr eure Heimat zurückzuholen," warf ich eilig ein und sah den Prinzen an. Er schien mir nicht wirklich recht geben zu wollen, also grummelte er nur leise. Für ein paar Sekunden hingen unsere Blicke aneinander, bevor ich mich aufrichtete. Ich drängelte mich an den Zwergen vorbei und verschwand hinaus in die kühle Nacht. Die Sterne funkelten vom Himmel, schenkten mir Kraft und ließen meine Brandmale sanft aufglühen. Es war eine Sternenranke, die sich von meinem Hals, über meinen linken Arm bis zu meiner Handinnenfläche schlängelte. Ein weiteres Indiz für meine Herkunft, dass ich nie entschlüsseln konnte. Ich setzte mich auf die kleine Bank und sah hinauf in den Nachthimmel. Ich konnte die Sterne fühlen, konnte ihre Macht durch meine Adern fließen spüren. Manchmal fühlte ich mich ihnen so nah, so verbunden, obwohl sie doch so weit weg waren.

Ich hörte, wie die Zwerge begannen zu singen, dunkler und tiefer als die Elben, aber irgendwie genauso schön. Ihre Stimmen zitterten über den Bühl, wie ein zarter Wind aus einer vergangen Zeit, aus einer entfernten Welt, die dieses Thal niemals erreichen würde.

Far over the Misty Mountains cold

To dungeons deep and caverns old

We must away, ere break of day

To seek our pale enchanted gold

The dwarves of yore made mighty spells

While hammers fell like ringing bells

In places deep, where dark things sleep

In hollow halls beneath the fells

For ancient king and elvish lord

There many a gleaming golden hoard

They shaped and wrought, and light they caught

To hide in gems on hilt of sword

On silver necklaces they strung

The flowering stars, on crowns they hung

The dragon-fire, on twisted wire

They meshed the light of moon and sun

Far over the Misty Mountains cold

To dungeons deep and caverns old

We must away, ere break of day

To claim our long-forgotten gold

Goblets they carved there for themselves

And harps of gold, where no man delves

There lay they long, and many a song

Was sung unheard by men or elves

The pines were roaring on the heights

The wind was moaning in the night

The fire was red, it flaming spread

The trees like torches blazed with light

Es war nur ein Teil des Liedes, das einem direkt unter die Haut fuhr. Eine Gänsehaut breitete sich über meinen Körper aus und ich konnte nicht anders, als zuzuhören, als den tiefen Stimmen zu lauschen, den Instrumenten, die ganz leise den Gesang unterstützen. Es war, als würde der Wind einem eine vergessene Geschichte erzählen, als würde er über meine Haut wispern und mich mitnehmen, weit über dieses Thal hinaus, über die Nebelberge und den Düsterwald, direkt zu dem Einsamen Berg, der einst eines der schönsten Königreiche Mittelerdes gewesen war. Als dieses Lied endete und sie ein neues anstimmten, löste ich mich von der kleinen Bank und trat wieder ins Haus. Die Zwerge saßen immer noch im Esszimmer, ich glaubte die kleine Gestalt des Hobbits in einem Raum nebenan zu erkennen, direkt gegenüber von Gandalf. Ich nickte dem Zauberer zu und bahnte mir dann meinen Weg durch die singenden Zwerge zu meinem Platz ganz hinten.

Die Lieder wurden immer älter, die Wurzeln ihrer Geschichten reichten tiefer und ich bezweifelte, dass die Zwerge, all ihre Bedeutungen verstanden. Aber sie wirkten so vereint, so verzaubert, dass ich einfach weiter zuhörte, bis sich der Zwergenprinz höchstpersönlich neben mich setzte.

„Woher kommt Ihr?", fragte er, eine Pfeife im Mundwinkel und ohne mich wirklich anzusehen.

„Ich komme nirgendwoher. Ich habe kein Zuhause," erwiderte ich kühl. Es war die Wahrheit, natürlich gäbe es mehr zu erzählen, aber ich hatte erstens keine Lust dazu und zweitens ging es ihn auch gar nichts an.

„Ihr seid eine Waldläuferin, alle Waldläufer haben eine Geschichte und ein Zuhause," sagte er und sah mich dann doch an. In seinen blauen Augen blitze misstrauen, doch ich beugte mich nur zu ihm vor und erwiderte furchtlos seinen stechenden Blick.

„Es geht Euch nichts an, woher ich komme. Ich bringe Euch und Eure Leute zum Erebor, mehr müsst Ihr nicht wissen," knurrte ich leise.

„Wie soll ich Euch denn so vertrauen?", murrte er zurück und löste seinen Blick nicht von mir. Die Luft schien zu knistern und ich konnte mir nicht wirklich erklären, wieso mein Herz so sehr pochte. „Ihr könnt mir vertrauen oder nicht, das ist mir ziemlich egal," sagte ich nur und lehnte mich zurück. Er schnaubte verächtlich und blies seinen Rauch durch den Raum. „Wie Ihr wollt, Waldläuferin," gab er sich geschlagen und richtete sich auf. „Wir brechen morgen auf. Ihr könnt mitkommen, wenn Ihr wollt," knurrte er noch, bevor er durch den Raum stapfte und sich mit dem ergrauten Zwerg wispernd beriet. Ich grinste nur und verdrehte meine Augen. „Sturer Zwergenprinz."

„Eine Waldläuferin also," ertönte Gandalfs Stimme und der graue Zauberer setzte sich neben mich, seine Lippen zu einem Lächeln verzogen, sodass sich kleine Fältchen unter seinen Augen bildeten.

„Ja, Gandalf, eine Waldläuferin. Sie haben mich aufgenommen, sie haben mir einen Platz gegeben, eine Aufgabe, eine...Zugehörigkeit und einen neuen Namen. Das hat keiner zuvor getan," murre ich kühl und verschränke meine Arme vor der Brust. „Sie leben ein Leben, dass mir gefällt. Sie sind Einzelgänger, so wie ich und doch gehören sie zueinander. Mir ist egal, wo ich letzten Endes wirklich herkommen, das ist meine neue Familie." Gandalf seufzte nur leise, beäugte mich noch eine Weile, bevor er es aufgab. „Wie geht es Streicher?", fragte er dann und ich war erleichtert, dass er nicht mehr nachbohrte, wieso ich mich den Waldläufern angeschlossen hatte. „Gut, ich habe ihn eine Weile nicht gesehen. Aber du kennst ihn, er kommt und geht, so wie ich."

Streicher war einer meiner ältesten und besten Freunde neben Gandalf. Wir kannten uns seit seiner Zeit in Bruchtal, allerdings hatte ich nie erwogen seinen Lebensstil zu folgen, bis vor ein paar Jahren. Er war ein kluger und starker Mann und auch, wenn er es ablehnte, sah ich zu ihm auf. Für mich war er mein König, ob er nun auf dem Thron seines Erbes saß oder nicht. Ich würde ihm überall hin folgen.

„Bring erst einmal den einen König zurück in sein Königreich, bevor du dem nächsten König sein Geburtsrecht zurückholst," scherzte ich grinsend, als ich Gandalfs nachdenklichen Blick aufschnappte. Er schnaubte leise und sah mich dann ernst aus seinen blauen Augen an. „Er ist dein König, nicht?", fragte er mich und ich nickte. „Ja, für mich ist er ein König," wisperte ich leise und so umhüllte uns ein Schweigen. Die Zwerge tuschelten und beugten sich über Karten, was mich nur belustigt lächeln ließ. Karten zeigen dir nur die Wege, die jeder kennt. Du musst schon deine eigene Karte entwerfen, wenn du in dieser Welt überleben willst.

„Waldläuferin," donnerte das Thorins Stimme und ich sah auf. „Wie habt Ihr vor uns zum Erebor zu führen?" Seine eisblauen Augen verhakten sich in meinen, die Luft schien zu explodieren vor Spannung und ich hielt unbewusst den Atem an. „Je nach dem, welche Wege wir gehen können," erwiderte ich achselzuckend. „Ich plane meinen Weg nicht, ich gehe ihn und schau, ob er begehbar ist. Wenn nicht wähle ich einen anderen." Thorin schnaubt nur leise und setzt zu einer Antwort an, doch ich würge diese schon vorher ab. „Vertraut mir Zwergenprinz, ich bringe Euch zum Erebor. Ihr habt mein Wort," sage ich entspannt und Gandalf lachte: „Du hast ihr Wort, Thorin und Naira bricht ihr Wort nicht." Der Zwergenprinz wirkte skeptisch, doch dann gab er nach und nickte ergeben. „Dann lass uns schlafen," grummelte er leise und die Zwerge begannen aufzuräumen. „Sie nächtigen in einem Wirtshaus hier," erklärte Gandalf und richtete sich auf. „Kommst du mit?" Ich überlegte einige Sekunden, bevor ich den Kopf schüttelte. „Wir sehen uns morgen," sage ich nur und richtete mich auf. Ich stapfte durch die kleinen und niedrigen Gänge, warf mir meinen Mantel über und schnallte meine Waffen wieder an. Mit einem letzten Blick in Richtung Gandalf zog ich mir meine Kapuze tief ins Gesicht, öffnete die Tür und verschwand in die Dunkelheit.

„Sie ist recht verschlossen und kalt selbst für eine Waldläuferin," hörte ich Thorin murren.

„Nimm ihr das nicht übel, sie hat viel in ihrem Leben gesehen. Für dich ist nur wichtig, dass sie euch zum Erebor bringt – und das wird sie tun," erwiderte Gandalf noch leise, bevor ich außer Hörweite war. 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top