Der Truchsess von Gondor macht Probleme

Schon seit zwei Tagen ritten wir in höchster Geschwindigkeit. Bis jetzt hatten wir nur eine Pause gehabt. Weder Gandalf noch ich brauchten viel Schlaf und Pippin schlief während des Rittes auf Gandalfs Pferd Schattenfell. Selbst wenn wir uns die Zeit genommen hätten um mehr und länger zu rasten, ich hätte nie schlafen können. Denn sogar die zwei Stunden, die ich den letzten Tagen geschlafen hatten, waren voll mit Albträumen gewesen. Sauron hatte tiefe seelische Wunden an mir hinterlassen.
"Wir haben soeben die Grenze zu Gondor passiert!" klärte Gandalf den Hobbit auf, der sich die Augen rieb und ausgiebig gähnte.

Ich seufzte, jetzt würde es nicht mehr lange dauern bis wir in Minas Tirith waren. Diesem Ziel stand ich mit gemischten Gefühlen gegenüber. Einerseits war ich nicht besonders scharf darauf Denethor, den Truchsess von Gondor wiederzusehen. Ich bezweifelte stark, dass er sich in den letzten zwanzig Jahren verändert hatte und Menschen wie ihn vertrug ich immer nur wohl dosiert. Andererseits war es von der weißen Stadt nur ein kurzer Flug für mich zum Erebor zurück.

Zu Pferde war es eine Reise von mindestens einer Woche, ich legte dieselbe Strecke in einer Stunde zurück. Je näher wir der Stadt kamen, desto schwerer wurde Boromirs Schwert an meiner Seite. Ich wollte unter keinen Umständen die Person sein, die Denethor die Nachricht vom Tod seines Sohnes überbringen musste.
Als wir ans Stadttor kamen, zügelten Gandalf und ich kurz unsere Pferde.
"Kommt weiter Mithrandir." einer der Wachen, welche an dem Tor postiert waren winkte uns durch das Tor weiter.

Gandalf nickte den Männern zu und trieb Schattenfell wieder an. Auch ich gab meinen Pferd einen leichten Ruck und ritt in die Stadt Minas Tirith hinein. Eine Stadt, tausende Jahre alt. Schon immer hatte sie in dem dunklen Schatten Mordors gestanden und hatte überlebt. Aber nun wo Sauron wieder so stark war, war Mordors Schatten stärker spürbar als jemals zuvor.

Gandalf und ich ritten die gewundenen Wege der Stadt hinauf. Vorbei an geschäftigen Menschen, die aus dem Weg sprangen um nicht von unseren Hufen zertrampelt zu werden. Am höchsten Punkt der Stadt hielt ich mein Pferd an und sprang hinunter, wobei mir ein scharfer Schmerz in meine Seite schoss. Zischend fuhr meine Hand zu der Wunde, die zwar schon angefangen hatte zu heilen, aber noch lange nicht vollständig verheilt war.

Ich ignorierte den ziehenden Schmerz und ging mit schnellen Schritten Gandalf und Pippin hinterher.
Auf dem großen Platz vor dem Thronsaal und Heim der ehemaligen Könige stand der Baum der Könige. Er war verdorrt, keine einzige Blüte war zu sehen.
Pippin bekam große Augen "Ist das etwa der Baum der Könige?"
Ich lächelte leicht "Ja Pippin, in alten Zeiten hat er immer dann geblüht, wenn ein Rechtmäßiger König auf dem Thron von Gondor saß." Thranduil hatte mir einmal davon erzählt, er war schon auf dieser Welt gewesen als der Baum das letzte Mal geblüht hatte. Nicht viele in Mittelerde konnten das von sich behaupten, denn der Baum hatte seit Isildur keine Blüten mehr getragen und das war schon viele Jahrhunderte her.
"Aber wieso Bewachen sie ihn dann noch?" Pippin zeigte auf die vier Wachen, welche um den Baum postiert waren.

Gandalf nahm zwei Stiegen auf einmal als er auf die Türen zuging "Weil sie noch Hoffnung haben, Hoffnung, dass wieder ein König den Tron von Gondor besteigen wird."
Ich hörte genau aus seinem Ton heraus, dass er damit Aragorn meinte. Ich verstand Aragorn gut, seine Angst die Fehler seiner Vorfahren zu wiederhohlen. Aber auch er würde eines Tages nicht mehr von seinem Schicksal davonlaufen können.

Gandalf sah den Hobbit eindringlich an "Jetzt hör mir gut zu Pippin, Denethor war Boromirs Vater, es wäre nicht weise ihm die Nachricht seines geliebten Sohnes zu überbringen wenn wir ein vernünftiges Gespräch mit dem Mann führen wollen." er schickte sich an die Türe zu öffnen, drehte sich aber wieder um, als fiele ihm noch etwas ein "ach ja und erwähne nicht Aragorn, oder Frodo und den Ring!" dann fiel sein Blick auf mich "Versuche dich zu beherrschen Leona." ein eher bittender Ton lag in seiner Stimme.

Ich schnaubte "Das wird ganz von Denethor abhängen." ich verschränkte die Arme, ich würde ganz sicher nicht vor einem Mann herumkriechen, der keinerlei Respekt vor mir hatte.
Gandalf sah kurz zum Himmel und murmelte Verwünschungen. Dann drückte er die Türen auf und betrat den Raum. Er war größer als ich ihn in Erinnerung hatte, Säulen stützten an den Seiten die Decke. Hinter diesen Säulen standen Statuen von vergangenen Königen. Das einzige Möbelstück in dem gigantischen, weißem Raum, war ein großer Thron. Seine Lehne war gut zwei Meter hoch. Auf ihm saß mit gesenktem Kopf ein Mann. Die Zeit hatte definitiv seine Spuren hinterlassen. Aber ich erkannte den Mann wieder, der Thorin und mich vor zwanzig Jahren, nicht gerade höflich, abgewiesen hatte.


Gandalf senkte etwas den Kopf "Heil Denethor, Ecthelions Sohn!"
"Was wollt Ihr, Gandalf?" die Stimme war kaum vernehmbar.
"Ich komme mit Beistand in dieser schwereren Stunde und mit Rat." Gandalf richtete sich wieder auf und ging auf den Thron zu.
Denethor hob seinen Kopf, seine fettigen langen Haare fielen auf seinen schwarzen Pelzmantel "Vielleicht kommt Ihr um das hier zu erklären?" er öffnete seine Hände, mein Herz setzte einen Schlag aus. Ein gespaltenes Horn kam zum Vorschein. Es war Boromirs Horn.
Denethor sah Gandalf mit vor Hass funkelten Augen an "Vielleicht seid Ihr gekommen um mir zu erklären wieso mein Sohn tot ist!"

Bevor ich Pippin davon abhalten konnte, trat er einen Schritt nach vorne "Mein Herr, er starb bei einer Schlacht mit Orks, als er meinen Vetter und mich beschützte."
Der Hobbit schrumpfte unter dem Blick von Denethor in sich zusammen "Dann frage ich mich, wieso bist du noch am Leben und mein Sohn nicht?"
Pippin machte den Mund auf, aber ich zog ihn wieder auf. Jetzt war nicht die Zeit um auf Denethors geistigen Zustand Rücksicht zu nehmen "Uns allen ist Boromirs Tod nahe gegangen, aber jetzt ist nicht die Zeit um zu trauern."
Denethors Augen verengten sich zu Schlitzten "Kenne ich Euch von irgendwoher?"
Ich zwang mich zu einem leichtem lächeln "Wir hatten vor etwa zwanzig Jahren das Vergnügen." an dem Wort Vergnügen verschluckte ich mich fast.

Ein Ausdruck der Erkenntnis trat in Denethors Gesicht "Ich erinnere mich, ihr kamt vom Erebor her." dann fiel sein Blick auf meinen Schwertgürtel "ist das meines Sohnes Schwert?"

Eher unbewusst schloss sich meine Hand um den Griff "Ja, er hat es mir geschenkt."
Denethor schnaubte auf, bevor er einen Wortschwall loslassen konnte, mischte sich Gandalf ein "Bitte wir dürfen uns nicht streiten, es steht uns Krieg bevor. Als Truchsess ist es euere Pflicht Gondor zu verteidigen!"

Denethor lachte auf, es lag ein Irrsinn in diesem Lachen, wie ich ihn zuletzt bei Smaug gesehen hatte "Denkt ihr ich bin ein Dummkopf?" er presste die Lippen zusammen "Ich habe Gerüchte gehört von diesem Aragorn und eines sage ich euch, einem Dùnedain, einem Waldläufer werde ich mich nicht beugen, sein Linie ist schon lange ihrer Herrscherwürde beraubt!" sein Mund verzog sich vor Wut, Spucketropfen flogen durch die Luft und landeten auf dem Boden vor ihm.

Gandalf verzog verärgert die Stirn "Ihr habt nicht das Recht dem rechtmäßigem König die Rückkehr auf den Thron zu verweigern, Truchsess!"
Denethor, sprang auf und umklammerte die Lehnen seines Thrones "Die Herrschaft von Gondor ist mein und das Schwert meines Sohnes auch!"

Ich funkelte den Menschen an "Ich werde mich nicht von diesem Schwert trennen. Boromir hat es mir Momente vor seinem Tod gegeben." ich hielt demonstrativ den Schwertgriff fest "Ich werde seinen letzten Wunsch und sein Vermächtnis, diese Stadt, nicht mit Füßen treten!" ich sah den Mann eisern an "Und das solltet Ihr auch nicht tun."

Denethor atmete zitternd vor Wut ein und aus, unfähig Worte zu formen. Ich kümmerte mich nicht länger um den Mann, dessen Gehirn von Wahnsinn befallen war und ging aus dem Thronsaal hinaus. Mühsam beherrscht atmend stützte ich mich auf die Brüstung auf, unter der es hunderte Meter tief nach Gondor hinunter ging. Ich sah nach rechts und fuhr mir entnervt durch die Haare, als sich Gandalf neben mich stellte "Das lief ja nicht gerade toll oder?"

Gandalf lehnte seinen Stab gegen die Mauer "Denethor, ist ein machthungriger Mensch, der alles tun würde um auf dem Thron zu bleiben." sein Blick wanderte auf das Gebirge welches das einzige war was uns von Mordor trennte "Selbst wenn es Gondor zu Fall bringen würde. Eine Stadt die Jahrtausende lang bestanden hat, fällt wegen der Einfältigkeit eines einzelnen."


Da fiel mir plötzlich auf, dass Pippin fehlte "Gandalf wo ist Pippin?" ich ließ meinen Blick durch die Gegend wandern, als würde der Hobbit gleich hinter dem nächsten Busch hervorspringen.
"Sich eine Turmwächter uniform hohlen." Gandalf schnaubte "Er kam auf die geniale Idee er müsste als Buse für Boromirs Tod bei Denethor dienen."

Ich ließ meinen Kopf gegen die Steinmauer fallen und schlug die Hände über dem Kopf zusammen, was hatte sich der Hobbit nur dabei gedacht.
"Leona!" Gandalf stupste mich etwas mit seinem Stab an.
Ich hob wieder den Kopf, eine Scharr von Reitern bewegte sich über die Ebene auf uns zu. Grob geschätzt waren es einige Dutzend. "Was haben sie denn....." ein ohrenzerfetztendes kreischen hallte über die Ebene. Nur eine Kreatur gab ein solches Geräusch von sich. Ringgeister. Entsetzt sah ich wie sie auf ihren schwarzen Drachen über die Reiter hinwegfegten und sie in die Luft schleuderten nur um sie dann in den Tod stürzen zu lassen.

Ich tauschte einen kurzen Blick mit Gandalf, ich würde sie Ablenken, bis er da war um sie mit seinem Licht zu vertreiben. Mit einem Sprung war ich auf der Mauer "Beeil dich, Gandalf!" Gandalf nickte und pfiff nach Schattenfell.

Ich ließ mich von der Mauer fallen, spannte meine Flügel auf und zog meine Schwerter. Brüllend flog ich in die Schaar von Drachen hinein und versuchte irgendeine Schwachstelle zu finden. Ich schnitt in ihre Hälser und Bäuche. Aber ihre Haut war zu dick. Meine Schwerter verpassten ihnen höchstens Kratzer. So war ich eher damit beschäftigt, die Männer welche in die Luft geschleudert wurden wieder sicher auf den Boden zu bringen.

Plötzlich erstrahlte ein Licht, viel heller als die Sonne. Ich hob meine Hand vor die Augen um sie gegen das Licht zu schützen. Gandalf war eingetroffen. Er ritt auf Schattenfell den Männern von Gondor entgegen und vertrieb mit seiner hellen Magie die Diener des Bösen. Kreischend flogen die Nazgûl davon. So schnell die Pferde sie tragen konnten, ritten die Reiter auf das Tor von Minas Tirtih zu. Einer der Männer kam mir unglaublich bekannt vor. Ich segelte noch etwas über den Männern her und ließ mich kurz vor den Mauern der Stadt hinter Gandalf aufs Pferd fallen. Ich sah mir die Männer an, sie waren eindeutig aus einer Schlacht gekommen.
Der erste Teil von Gondor war an den Feind gefallen.

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Ich hätte nie gedacht dass ich heute ein Kapitel schreiben kann, aber bitteschön hier ist es.
Viel spaß beim Lesen.

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