Kapitel 130 Familie 3
Heiligabend war wieder wunderschön. Der große Baum leuchtete im Glanz echter Kerzen, Kinderaugen strahlten, auch wenn es nur wenig Geschenke gab. Sie fühlten, dass das Zusammensein mit Menschen, die sich und sie liebten, das größte Geschenk war.
Emma saß neben Moritz, die beiden konnten sich außergewöhnlich gut leiden.
„Meine Eltern haben sich wieder lieb!" freute sie sich. Wie alle Kinder hatten sie eine ganz feine Antenne für Spannungen zwischen den Erwachsenen. „Und ich glaube, da ist deine Mama dran schuld."
Moritz sah sie lächelnd an. „Meine Mama ist toll, oder?"
Das hatte er schon lange gemerkt. Alle mochten sie, alle hörten auf das, was sie sagte.
Kilian belauschte das Gespräch der Kinder.
Ja, Maja war toll! Da konnte er dem Neffen nur zustimmen. Aber Steffi war auch einsame Spitze! Er zog seine Süße in seine Arme. „Frohe Weihachten, Traummädchen!" flüsterte er. Er legte seine Hand auf ihren Bauch. „Und frohe Weihnachten, Babygirl oder Babyboy!"
Steffi liefen die Tränen übers Gesicht. Wie verzweifelt war sie auf diese Reise gegangen, und wie glücklich würde sie wieder nach Hause fliegen! Das alles hatte sie Maja zu verdanken!
Maja, die sich einmischte!
Maja, der die Menschen wichtig waren!
Maja, die Menschen immer etwas angingen!
Sie fasste nach dem Anhänger um ihren Hals und küsste ihn.
Kilian fasste nach dem Anhänger um seinen Hals und küsste ihn.
Felix sah die rührenden Gesten der beiden.
Seine Süße! Sein Mädchen, seine Frau! Die immer wusste, was man sagen oder tun musste!
Woher sie nur dieses unglaubliche Talent hatte?
Die Antwort gab er sich selbst. Aus ihrem Herzen, das einfach nur gut war.
Vielleicht war es die behütende Liebe, die ihre Eltern ihr schenken konnten, die sie so werden ließ?
Vielleicht schickte aber auch Gott immer wieder Mal einen Engel auf die Welt?
Und er hatte das riesige Glück gehabt, dass einer dieser Engel sein Bild auf einer Internetseite entdeckt hatte, von deren Existenz er gar nichts gewusst hatte!
Tim sah seinen Ältesten, der mit verliebtem Blick an seiner Maja hing.
Auch er hatte von Kilians und Steffis Problemen Wind bekommen, aber er hatte geschwiegen, wieder einmal!
Aber die kleine Schönheit hatte das nicht getan, und Felix auch nicht!
Die beiden hatten gerade rücken können, was bei Kilian und Steffi schief lief!
„Sie sind einmalig, die beiden! Es gut, dass die Welt sie nicht verloren hat!" flüsterte Isabel ihm zu.
Glücklich sah er sie an. Wie immer konnte sie in ihm lesen wie in einem Buch. Die späte Liebe war zur großen Liebe seines Lebens geworden.
Um zehn Uhr fuhren sie alle wieder zur Christmette. Sie sangen die Weihnachtslieder lauter, dankbarer und glücklicher als je zuvor.
Felix und Maja hatten ihre Kinder zwischen sich, hielten sich in diesem Jahr zu viert im Arm.
Die Dorfbewohner ließen die eine oder andere Träne laufen. Sie wussten vom Schicksal der Deutschen, waren erleichtert, sie gesund und zusammen in ihrer Mitte zu sehen.
Beim Segen küsste Felix seine Frau und seine Kinder. Er wusste, sie alle vier waren gesegnet.
Er wusste aber auch, wie sehr sie den Segen des Pfarrers in den nächsten Jahren brauchen würden, damit diese verdammte Krankheit nicht zurückkam.
Am 27. Dezember flogen die Familienangehörigen nach Hause, die Freunde landeten ein Stunde später.
Die Wartezeit am Flughafen nutzte die Familie Steiner, um sich die Bäuche mit Hamburgern und Pommes vollzuschlagen.
Die Eltern hatten nur ein wenig schlechtes Gewissen, sie ernährten die Kinder meistens sehr gesund und ausgewogen.
Aber manche Ausrutscher waren durchaus legitim!
Dann kamen die ersten Freunde durch die Türe. Verwundert stellten Maja und Felix fest, dass keines der Paare Nachwuchs dabei hatte.
„Wir wollten nur als Paare deine Wiederkehr feiern!" erklärte Kai, als er Felix in den Arm nahm.
Der konnte kaum glauben, was er hörte. Sie hatten ihre Kinder zu Hause gelassen, weil sie ihre ganze Aufmerksamkeit ihm widmen wollten?
Tränen standen wieder einmal in seinen Augen.
Maja nahm ihn in den Arm. Sie wusste, wie es in ihm aussah, natürlich wusste sie das! Natürlich verstand sie seine Rührung! dachte er.
Nur Moritz und Annika waren enttäuscht.
„Das wir ganz schön langweilig, nur mit lauter alten Leuten!" brummelte sie.
Felix nahm die Tochter hoch. „Oh! Oh! Mein Mädchen! Alte Leute! Was soll das denn heißen?" fragte er lächelnd.
„Na ja! Nicht so richtig alt! Bloß ein bisschen!" nahm sie ihre Einschätzung zurück.
„Ich versteh dich schon!" meinte Felix. „Aber ihr werdet das schon überstehen, oder?"
Moritz hatte die Idee. „Wir könnten doch zu Joana gehen! Die Mädchen sind doch supernett!"
„Au ja! Dürfen wir? Bitte! Bitte! Bitte!" Wer konnte diesen Augen schon widerstehen, dachte Maja.
„Wir fragen halt mal!" gestand sie ihren Kindern zu.
So kam es, dass die zwei Steiner-Kinder für ein paar Tage auswanderten, vor den vielen alten Leuten flüchteten in die spanische Verwalter-Familie. Ein paar Mal am Tag besuchten sie sich gegenseitig, es waren ja nur einige wenig Meter.
Und so kam es, dass sechs Paare, auch Stefano und Laura waren gekommen, völlig losgelöst die Zeit genossen und sich erinnerten, als sie noch jung waren, wild, verrückt, laut, aber doch auch immer sehr ernsthaft.
Sie hatten kein schlechtes Gewissen, sie waren alle sehr liebevolle, gute Eltern.
Aber Felix' Krankheit hatte ihnen ziemlich brutal vor Augen geführt, wie schnell alles zu Ende sein konnte.
Noch einmal wollten sie ihre jungen Jahre aufleben lassen, dann würden sie wieder in den verantwortungsvollen Alltag zurückkehren.
Sie kochten oder grillten selbst, kauften ein, zogen durch die Straßen der Städte, feierten das Leben.
Sie veranstalteten Wettschwimmen, die meistens Felix bei den Männern und Maja bei den Frauen gewannen.
Sie verschwanden immer wieder paarweise in der Villa, mit süffisanten Bemerkungen beim Zurückkommen begrüßt.
Sie lagen schmusend am Strand, zogen sich gegenseitig mit ihrer Verliebtheit auf.
Sie machten Lagerfeuer, tranken ein wenig Wein, rauchten hin und wieder, sangen, tanzten, lachten sich die Ängste der letzten Monate vom Herzen und von der Seele.
Sie fühlten alle gleich: Das brauchten sie! Die Zeit zurückzudrehen, damit das Schreckliche nicht geschehen war. Die Unbefangenheit ihrer Anfangsjahre zu genießen, dann brauchten sie sich nicht an die Qualen zu erinnern!
Aber sie redeten auch viel, verarbeiteten die Ängste des vergangenen Jahres.
Silvester feierten sie wieder auf der großen Strandparty, auf der Susanna und Kai sich kennengelernt hatten. Sie traf ein paar Freunde aus ihrer Zeit auf der Insel.
Martina und Carlos waren da, auch der Notar und einige vom Pflegepersonal der Klinik, in der Felix und Maja nach dem Unfall gelegen hatten.
Es wurde ein ausgelassenes Fest. Nach einer heftigen Schmuserunde mit heißen Fummeleien, wackelten Felix' Knie ein wenig, und er hielt sich an Maja fest.
Die sah ihn erschrocken an. „Geht es dir gut?" fragte sie ängstlich.
Felix grinste sie an, sein Dackelblick raubte ihr fast wieder den Verstand.
„So gut, wie es einem Mann nur gehen kann, der ein wenig taumelig vor Glück ist!" sagte er lächelnd, küsste sie noch schnell ein paar Mal leidenschaftlich, hielt sie fest in den Armen, weil sie jetzt taumelig war.
Mannomann! Kann der Typ küssen! dachte sie wie seit vielen Jahren immer wieder.
Er hielt ihr schönes Gesicht zwischen seinen Händen, himmelte sie mit leuchtenden Augen an.
„Ich liebe dich, schönste Frau der Welt!" Seine Finger zeichneten die Konturen nach. Nie würde er sich an diesem Anblick sattsehen können.
Sie sah aus wie damals, als sie ihm das erste Mal die Türe geöffnet hatte, als er schlagartig sein Herz verloren hatte.
Die feinen Fältchen, die in den letzten Monaten aufgetaucht waren, hatte das Glück der Urlaubstage geglättet. Die Augen strahlten wieder, das Dunkel der Angst war komplett daraus verschwunden.
Die blonden Locken umrahmten ihr Gesicht wie ein Heiligenschein. Die Lippen, die so verdammt gut schmeckten, waren wieder rot und voll, nicht mehr schmerzverzerrt und ein wenig aufgebissen, wie im Krankenhaus.
Sie hatte auch das verlorene Gewicht wieder aufgeholt, die wunderbaren Rundungen hatten sich wieder wunderbar gerundet.
O ja! Er liebte sie! Seit so vielen Jahren durfte er sie lieben!
Maja, sein Leben!
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