Kapitel 128 - Familie 1
Zu Hause legte sich Felix ein wenig hin. Er schlug sich immer wieder mit Müdigkeitsattacken herum, auch die Medikamente, die er nehmen musste, knockten ihn hin und wieder aus. Aber das nahmen die beiden gerne in Kauf, es war der Preis fürs Überleben.
Als er wieder nach unten kam, saß Maja vertieft in ihr Handy am Pool, die Kinder saßen am Tisch und malten. Er stellte sich hinter seine Frau und sah, dass sie mit der App, die er ihr vor Jahren geschenkt hatte, schrieb.
Sie hatten ihre Laptops bewusst zu Hause gelassen, damit sie nicht in Versuchung kamen zu arbeiten.
Vor allem Maja wusste, dass sie leicht Gefahr lief, sich in eine neue Geschichte zu verlieren und dann Tag und Nacht zu schreiben oder nachzudenken.
Jetzt saß sie hier und mühte sich mit dem Schreibprogramm, konnte die Buchstaben nicht schnell genug antippen, nicht so schnell, wie die Geschichte aus ihrem Kopf heraus wollte.
Sie nahm Felix kaum wahr, der lächelnd neben ihr Platz nahm.
Hatte sie das Fieber wieder erwischt! dachte er, aber es störte ihn nicht im Geringsten. Sie war eine Schriftstellerin, war es immer gewesen. Und er war mehr als stolz auf sie.
Er wusste, dass sie schreiben musste, wenn ihr Seele danach schrie.
Aber sie sollte sich nicht mit dem Handy abplagen, das war nur ein Gag gewesen, damals, für Gedankensammlungen oder kurze Geschichten.
Er küsste ihr Haar. „Ich komme gleich wieder!" flüsterte er.
„Hm!" antwortete sie nur.
„Wollt ihr mitfahren? Ich muss schnell was besorgen!" fragte er seine Kinder leise.
Die waren Feuer und Flamme. Es war sehr selten der Fall, dass sie mit dem Papa alleine loszogen!
„Ich nehme die Kinder mit!" informierte er Maja.
„Hm!" antwortete sie nur.
Moritz grinste seinen Vater an. „Sie schreibt!" erklärte er lachend, ein Synonym für „Mama ist nicht ansprechbar!" Felix verwuschelte seinen Haarschopf. Der kleine Dichter konnte ja seine Mama am besten verstehen.
Auch er zog sich immer wieder in sich selbst zurück, schrieb Geschichten auf mit hochrotem Kopf.
Felix konnte immer noch nicht recht fassen, dass ein Achtjähriger so viel Fantasie haben konnte!
Annika ließ den Bruder dann immer in Ruhe, sie wusste, zur Belohnung gab es eine neue Gute-Nacht-Geschichte.
Sie fuhren in die nächste größere Stadt, suchten einen Computerladen, kauften ein Laptop der neuesten Generation und die wichtigsten Programme. Das meiste konnte Felix aus dem internen Netz der Firma herunterladen, er musste nur Kilian anrufen, dass er ihn freischaltete.
Sie setzten sich in ein Café, der gutaussehende Vater mit den beiden hübschen Kindern zog wieder einmal viele Blicke auf sich. Die Bedienung schenkte ihm ihr schönstes Lächeln, kam ein wenig oft an den Tisch, um nachzufragen, ob alles in Ordnung sei.
Annikas Blicke wurden immer böser. Das Weibchen in ihr erkannte die Gefahr für ihre Mama.
Nach einer Weile sagte sie extra laut auf Spanisch: „Wir haben schon die schönste Mama der Welt zu Hause, oder Papa?"
Felix musste lachen. Die Kleine kam wohl mit der Wortgewandtheit nach Maja.
„Ja, Süße! Das habt ihr! Und ich habe die schönste Ehefrau zu Hause!"
Die junge Frau verstand, was man ihr sagen wollte, grinste und brachte den Kindern ein Eis aufs Haus. Als sie merkte, dass der Vater sich immer wieder einen Löffel voll von den Kindern klaute, brachte sie ihm einen extra großen Becher.
Beruhigend strich sie Annika übers Haar, die sie schon wieder mit Blicken erdolchte. „Deine Mama ist bestimmt eine sehr glückliche Frau!" sagte sie.
Maja wachte irgendwann aus ihrem Rausch auf. Sie hatte die Geschichte von Peter und Sabine unbedingt aufschreiben müssen. Ihre Fantasie hatte alles ausgeschmückt, sie hatte Personen erfunden, Handlungen ersonnen, hatte nicht mehr herausgefunden.
Sie sah sich um. Wo waren denn Felix und die Kinder?
Das schlechte Gewissen kroch hoch. Sie hatte doch versprochen, in diesen Monaten nicht zu schreiben!
Sie erinnerte sich vage, dass er gesagt hatte, er müsste weg und würde die Kinder mitnehmen.
Hoffentlich war er nicht sauer! Aber er war eigentlich noch nie sauer gewesen auf sie in all den Jahren. Aber sie auf ihn auch nicht. Sie gaben sich nie ein scharfes Wort, einen bösen Blick. Das war schon ungewöhnlich.
Zwischen ihnen war nur Liebe, von Anfang an.
Gut, die beiden blöden Missverständnisse damals, aber seit sie sich endgültig zurück bekommen hatten, war es einfach nur ein Traum gewesen, mit diesem Mann zu leben!
Sie wählte seine Nummer.
Felix richtete im Café alles ein, damit sein Bienchen den Laptop sofort benutzen konnte.
Er telefonierte mit Kilian, der ihm das Firmennetz freischaltete.
Dann machte er ein Selfie von sich und den Kindern, installierte das Foto als Bildschirmschoner und schrieb dazu: „Dichter müssen dichten! Vor allem so schöne Dichterinnen!"
Da läutete sein Handy.
„Hallo, Süße!" meldete er sich. Es war schön, in einem Lokal zu sitzen, mit zwei innig geliebten Kindern und einen Anruf von seiner innig geliebten Frau zu bekommen. Das hatte es eigentlich noch nicht gegeben. Immer hatten sie alles zusammen gemacht, aber es hatte schon auch was, die beiden Mal ganz für sich zu haben!
„Wir sind in der Stadt, machen Papa-Kinder-Tag. Das ist schön!"
Maja hörte das Glück in seiner Stimme. Er war natürlich nicht sauer! Er genoss es, mit den Kleinen ein paar Stunden allein zu verbringen.
„Sorry!" sagte sie. „Ich habe mich wieder einmal festgeschrieben!"
„Kein Problem, Bienchen! Echt nicht!" beruhigte er sie. „Sollen wir was mitbringen?"
„Nein! Nur euch!"
„Das mit Sicherheit! Bis dann, Maja! Wir bummeln vielleicht noch ein bisschen! Ich liebe dich!" flüsterte er.
„Dankeschön!" flüsterte sie zurück und legte auf.
Die drei zogen durch das Städtchen. Da entdeckte Felix im Fenster eines Juweliergeschäftes ein Bettelarmband mit lauter kleinen Booten. Das musste er haben.
„Da hat doch die Mama bestimmt schon zwanzig davon!" wunderte sich sein Sohn.
„Von manchen Dingen kann man nie genug haben!" erklärte er lächelnd und wunderte sich nicht einmal, dass er schon von dem Gedanken daran, wie er es ihr umlegte, hart wurde.
Wahrscheinlich war er eben ein Armkettchen-Fetischist! Ganz sicher aber ein Maja Fetischist!
Sie aßen an einem Stand noch Hot-Dogs, eigentlich verboten, weil zu ungesund, aber sie schmeckten herrlich.
Ein überglücklicher Vater und zwei überglückliche Kinder kamen schließlich in der Finca an, umarmten eine überglückliche Mutter.
„Papa hat dir ein Geschenk gekauft! Und wir haben Hot-Dogs gegessen! Und da war eine Frau, die hat den Papa so angeschaut!" Die Worte sprudelten nur so aus Annika heraus. Sie machte gekonnt den verliebten Blick der Bedienung nach.
„Plaudertasche!" schimpfte Felix lachend. „Na, damit wären unsere ganzen Geheimnisse auf dem Tisch!"
Maja lachte mit. Felix gab ihr den Laptop, sie fiel ihm glücklich um den Hals. Sie schaltete das Gerät gleich ein, sah den Startbildschirm, hatte Tränen in den Augen. Er verstand sie so gut! Natürlich verstand er sie gut, wusste, dass manchmal Worte aus ihrem Kopf heraus mussten, damit er nicht platzte.
„Danke!" sagte sie nur, drückte ihn an sich. „Es war schon ein wenig mühsam mit der App!"
„Ich weiß!" antwortete er.
Dann ließ er sie lieber los.
„Und es war echt nur eine Frau, die den Papa so angeglupscht hat?" fragte Maja ihr Töchterchen.
„Na ja! Schaun tun alle! Aber so geschaut hat nur die eine. Im Café!" erläuterte die Kleine.
Felix erzählte, wie sie ihn gerettet hatte.
Alle vier lachten Tränen. „Na, mit dieser Tochter kann ich dich ja unbesorgt aus dem Haus lassen!" japste Maja.
Er sah sie lächelnd an. „Das kannst du auch ohne diese Tochter!" flüsterte er. „Und das weißt du genau!"
„Ja! Natürlich! Nichts weiß ich so sehr, wie das." antwortete sie leise.
Seltsamer Weise verrieten die Kinder nichts von dem zweiten Geschenk. Er wollte es ihr erst am Abend geben, wenn die Kinder im Bett waren, weil er genau wusste, dass es schwer wäre, sich zu beherrschen, wenn das Armband an ihrem Arm klimperte.
„Und ungesunde Hot-Dogs habt ihr auch gegessen!" Ihr ernster Blick war nur gespielt. „Und wie viel hat der Papa verdrückt?"
„Vier Stück!" verriet Moritz.
„Na, das geht ja noch! Da hätte ich jetzt mehr geschätzt!" Er knuffte sie zärtlich dafür.
„Dann bleibt heute das ganze Abendessen für mich! Schade! Juana hat eine tolle Lasagne gemacht!"
„Vergiss es!" erklärte er. „Eine Pfanne Lasagne geht immer!"
Sie schwammen ein paar Runden im Pool, spritzen, plantschten, schubsten sich ins Wasser.
Die Tage rasten wieder einmal nur so dahin. Moritz war der kleine Star an seiner Schule, schrieb Aufsätze in beiden Sprachen, multiplizierte und dividierte perfekt, lernte mit Martinas Unterstützung die ganzen Sachkundethemen der dritten Klasse im Voraus. Er ging sehr gern zur Schule.
Annika liebte den Kindergarten, fand schnell Freunde, lernte von Moritz so nebenbei Lesen und Schreiben, und auch ein paar erste Rechenaufgaben.
Felix und Maja genossen die paar Stunden Freiheit, zogen durch die Städtchen, blieben aber auch gerne einfach am Pool. Sie schrieb immer wieder ein paar Stunden, aber nicht so viel, dass sie das Gefühl hatte, etwas zu versäumen.
An den Wochenenden waren sie meistens mit dem Boot unterwegs. Das Leben hätte nicht schöner sein können.
Felix fühlte sich jeden Tag kräftiger, langsam wurden die Liebesrunden wieder ausgedehnter.
Einmal pro Woche fuhren sie zu den Bluttests ins Krankenhaus, jedes Mal war alles perfekt.
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