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Ich fühlte mich schlecht. Coroline anzulügen schmerzte mich sehr. Sie ist die einzige, bei der ich das Gefühl habe, ich kann ihr trauen.
Aber ich musste etwas tun und zwar noch heute.
Überfordert von meinen eigenen Gedanken, lief ich in das Ankleidezimmer von Harry. Es war leer. Wie es zu erwarten war. Ich stellte mich in die Mitte des Raumes.
"Harold?" fragte ich in die Leere, ohne meine Stimme zu erheben.
Nichts passierte. Ich war weiterhin alleine.
"Harold, ich brauche dich" setzte ich erneut an, wieder mit ruhiger und leiser Stimmlage.
Doch wieder nichts.
Ich wartete noch einige Zeit. Aber ich blieb alleine. Kein Geräusch hallte durch den Korridor. Niemand war hier. Ich presste die Zähne aufeinander, dass man sie knirschen hören konnte, als ich mich zur Tür drehte.
"Wie kann ich helfen?" Harry lehnte lässig an der Wand neben der Tür. Er hielt seine Arme vor der Brust verschränkt und lächelte mich mit einem zuckersüßen Lächeln an. Es wirkte übertreiben. Spielerisch. Gefährlich.
Ich öffnete meinen Mund, schloss ihn jedoch sogleich wieder. Ernüchternd stellte ich fest, dass ich mir keinen Plan zurecht gelegt hatte. In meinem Kopf ging ich nicht mal davon aus, ihn anzutreffen, aber er stand nun vor mir und sah mich abwartend an.
So viele verschiedene Szenarien spielten sich gleichzeitig in meinem Kopf ab. Aber keines war gut genug. Ich brauchte etwas, das er unmöglich ablehnen konnte, egal wie viel Selbstbeherrschung er besaß. Ich musste seine Schwachstelle finden. Aber wenn er das war, wovon ich ausging, dann hatte er keine Schwachstelle.
Ich war so ins Pläne schmieden versunken, dass ich nur am Rande meines Bewusstseinsfelds , wahr nahm, wie Harry sich von der Wand abstieß und in eines der anliegenden Zimmer trat.
Vorsichtig folgte ich ihm.
Der Raum der sich vor mir erstrecke, musste so etwas wie ein kleines Arbeitszimmer sein. Ich sah ihm dabei zu, wie er sich elegant bis zu einem Schreibtisch bewegte, ohne nur einen Laut von sich zu geben.
Harry erhitze über der kleinen Flamme einer Kerze, etwas Wachs, um einen Brief mit seinem Siegel zu verschließen. "Nun Louis, du hast gesagt, du benötigst mich" sagte er mit seidig weicher Stimme ohne aufzusehen.
"Ähm ja...Coroline hat mir von den schönen Blumen im Garten erzählt. Nur bis jetzt hat ihn mir noch keiner gezeigt." Gespielt beleidigt, schob ich meine Unterlippe nach vorne.
"Nicht? Und das obwohl du schon so lange hier bist?" Er klang ehrlich überrascht.
"Ja, daher habe ich mich gefragt, ob...du ihn mir vielleicht zeigen könntest."
Harry hob seinen Kopf an und sah zu dem Fenster, durch das das Sonnenlicht schwach in den Raum dringen konnte. Er wirkte weit weg, als er nach einiger Zeit die verstrich, wieder zu sprechen begann. "Coroline soll das übernehmen."
"W-warum nicht du?" schoss es sofort aus mir heraus.
Sein Blick fixierte nicht mehr das Fenster, sondern lag nun auf mir. "Warum ich?" stelle er mir die Gegenfrage, während er das rötliche Wachs und den Siegelstempel beiseite legte.
Ich atmete tief durch und suchte meinen gesamten Körper nach Mut ab. Ich fand nicht viel und dennoch wollte ich meinen dürftigen Plan durchziehen. "Ich- Ich genieße deine Gesellschaft." Meine Stimme war leise und brüchig.
Ich starrte ihm bei diesen Worten unentwegt in die Augen. Es kostete mich enorme Anstrengung seinem Blick stand zu halten.
Eine ganze Weile passierte nichts. Keine Gefühlsregung zeigte sich auf Harrys makellosem Gesicht. Er blinzelte nicht und er bewegte sich auch nicht. Doch plötzlich verzogen sich seine sinnlichen Lippen zu einem Lächeln. Langsam trat er einen Schritt auf mich zu, ohne dabei seinen Blick aus meinen Augen zu befreien.
Als Harry nun unmittelbar vor mir stand, bog er sich zu mir hinunter. Er bewegte sein Gesicht neben meinem vorbei, so dass seine Lippen nun direkt an meinem Ohr lagen. Sein angenehmer Duft benebelte mich.
Ich konnte fühlen, wie er seine Lippen einen Spalt öffnete.
"Ich kann riechen, wenn du lügt Louis." Harry sprach unerträglich langsam und leise und dennoch konnte ich jedes Wort perfekt hören. Doch was sie zu bedeuten hatten, verstand ich nur langsam.
Seine Worte lösten eine Angst in mir aus, die wie ein widerliches Tier meine Wirbelsäule hinterkrabbelte.
Harry lehnte sich wieder zurück, blieb jedoch auf meiner Augenhöhe. Sein Lächeln war zur Gänze verschwunden. Für einen kurzen Moment, bildete ich mir ein, so etwas wie Leid oder Schmerz über sein Gesicht huschen zu sehen.
Doch ehe ich mir wirklich sicher sein konnte, trat er einen Schritt zurück. Seine Mimik war maskenhaft erstart. Nichts war mehr in ihr zu erkennen.
Harry ließ seinen Blick über mich gleiten, ehe er sich umdrehe und ihn seine langen Beine lautlos davon trugen.
Ich starrte ihm nach und mit einem mal erkannte ich seine Schwachstelle. Ich wusste, was zu tun war. Ein neuer Plan formierte sich nahezu selbstständig in meinem Kopf.
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