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Plötzlich wurde ein kalter Windhauch aufgewirbelt, welcher mich mehrmals blinzeln ließ. Eine andere Kreatur hatte sich schützend direkt vor mir aufgebaut. Ich sah nicht viel, außer dass dieses Wesen großgewachsen war, breite Schultern hatte und langes lockiges Haar besaß.
„Harry? Ist dir Harold plötzlich nicht mehr gut genug?" ertönte die ruhige Stimme. Ein tiefes Knurren kam es als Antwort von der Gestalt die beschützend vor mir stand.
„Er wirkt ganz verängstigt, willst du mich ihm nicht vorstellen?"
Es passierte nichts. Sie schienen sich ohne Worte zu unterhalten. Ein lautes Knurren war zu hören, ehe die Person vor mir einen Schritt zur Seite trat. Es machte den Eindruck, als würde er das gegen seinen Willen tun. Als würde nicht er seine Beine bewegen, sondern jemand anderes tat dies für ihn. Er war darauf bedacht, mich weiterhin halb zu verdecken. Er drehte seinen Kopf zur Seite und sah mich entschuldigend an. Die schwarzen Augen, die mich nun anblickten, erstrahlten wie die sternenlose Nacht die ich so liebte. Es war mein Lockenkopf.
Aber wenn das mein Lockenkopf war, wer war dann die andere Person...
Zögernd verschränkte er seine Finger mit meinen, als er seinen Blick wieder auf die Person richtete, die vor uns stand. „Fass ihn an, oder komm ihm auch nur irgendwie zu nahe und du wirst es bereuen. Das verspreche ich dir", presste mein Lockenkopf zwischen zusammengebissen Zähnen hervor. Er bekam einen zischenden Laut als Antwort.
Die Kreatur kam einen Schritt auf mich zu. „Hallo" sagte er mit Harrys Stimme. „Darf ich mich vorstellen?" Er sah dabei nicht mehr mich an, sondern meinen Lockenkopf, der vor Wut bebend neben mir stand. Ich vernahm ein schwaches Nicken.
Nun nahm die Kreatur wieder mich in den Augenschein. „Mein Name ist Harold Edward Styles.. der Erste." Er reichte mir seine Hand. Einen Moment lang blickte ich sie stumm an, ehe ich sie entgegen nahm. „Ich bin..." setzte ich an, „...sehr erfreut." Ich schüttelte seine Hand kurz und ließ sie gleich drauf wieder los.
„Ich gehe nicht davon aus, dass dir mein..." sein Blick wanderte zu Harry. „..Sohn dir von mir erzählt hat."
Sohn.
Ich versuchte Fassung zu bewahren. Auch wenn ich wusste, dass er vermutlich genau wie Harry, jede meiner Gefühlsregungen fühlen konnte. Harrys Vater, und der Mörder seiner eigenen Ehefrau, stand direkt vor mir.
Ich hob meinen Kopf an und sah ebenfalls zu Harry. Es schien als versuchte er, seinen Vater nur mittels seiner Blicke zu töten. Ich räusperte mich. „Nur was ich wissen muss" erwiderte ich mit starrer Miene. Die Gesichtszüge von Harrys Vater wurden weicher, fast schon traurig sah er zu Boden. Harry schien dadurch wieder an all die schlechten Dinge die er getan hat, erinnert zu werden. Was ihn dazu veranlasste, sich wieder ein Stück zwischen uns zu schieben.
„Du gehst." Harrys Aufforderung könnte emotionsloser nicht sein.
Aus dem Augenwinkel beobachtete ich die beiden. Harry war das direkte Ebenbild seines Vaters. Jeder Gesichtszug war ident. Sie teilten sich sogar dieselbe Stimme.
Die reumütigen Worte von Harrys Vater holten mich aus meinen Gedanken. „Es war schön dich wieder zu sehen, Harold."
„Ich wünschte ich könnte dasselbe behaupten."
Sein Vater nickte stumm, ehe er sich an mich wandte. „Es hat mich sehr gefreut ihre Bekanntschaft zu machen, Louis." Bei meinem Namen bog er sich ein Stück näher zu mir und handelte sich dadurch ein wütendes Zähne Knirschen seines Sohnes ein. Sein Blick fiel auf unsere ineinander verschränkten Finger, ehe er auch schon verschwunden war.
„Was wollte er?" fragte ich in die Stille, die soeben entstanden war.
Harry ließ meine Hand los und fuhr sich durch die Haare. „Wie kann er es wagen? Nach all den Jahren?" fauchte er wütend.
„Er ist deine Vorbelastung. Habe ich Recht? E-er ist mutiert und hat dabei...deine Mutter getötet."
Harry ignorierte was ich sagte. „Er ist eine Gefahr. Ich musste es zulassen, dass diese Kreatur direkt vor dir steht und ich konnte rein gar nichts dagegen tun." Harry lief aufgebracht im Raum umher. Er bewegte sich so schnell, dass meine Augen nicht mehr hinterherkamen.
„Wie kannst du ihm das übel nehmen? Er ist genau das was du auch bist" sagte ich.
Plötzlich stand Harry direkt vor mir und starrte mich aus seinen schwarzen Augen an. „Was hast du gerade gesagt?"
„Ich meine damit, dass er mir nichts getan hat..." Ich nahm seine Hand in meine, „...genauso wenig wie du mir je etwas getan hast." Meine Augen füllten sich mit Tränen. Sofort zog Harry mich in seine Arme. Seine Hand lag dabei auf meinem Hinterkopf und drückte mich so an sich.
„Was ist los? Habe ich dir Angst gemacht?" fragte er mich mit solch einer Fürsorge, während er mir durch die Haare strich.
„Nein das ist es nicht" schniefte ich. „Ich habe keine Angst vor dir und auch nicht vor deinem Vater. Ich habe Angst vor den Männern in Weiß."
„Wie kommst du jetzt auf das?" fragte er mich besorgt.
„Ich glaube... ich habe sie vorhin im Wald gesehen", schluchzte ich gegen seine Brust.
Ich vernahm ein leises Lachen, welches mich aufsehen ließ.
„Das waren nicht die Männer in Weiß."
„Was macht dich da so sicher?"
Harry strich mir die Tränen von der Wange und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. Er nahm den Stoff des Hemdes, das ich trug zwischen seine Finger. „Weil du es dir zur Aufgabe gemacht hast, meine Kleidung zu tragen. Du riechst nach mir. Wenn sie es gewesen wären, hättest du sie sicher schon vor langer Zeit zu mir geführt." Ich sah an mir herunter, doch Harrys Finger unter meinem Kinn stoppte mein Tun. „Mach dir keine Sorgen, ich beschütze dich."
„Das weiß ich...aber ich kann dich nicht beschützen. Ich bin nur ein Mensch."
„Ich möchte gar nicht, dass du mich beschützt... Alles was ich möchte, ist... von dir geliebt zu werden." Schüchtern sah Harry zu Boden. Seine Stimme war nicht mehr, als ein Flüstern.
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