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Langsam blieb die Kutsche stehen. Ich schob den Vorhang des kleinen Fensters beiseite und blickte hinaus. Es war stockdunkel. Die Kutsche schaukelte leicht, als der Kutscher seinen Platz verließ, um mir die Türe zu öffnen.

"Und wir sind hier wirklich richtig?" Mein Blick schweifte suchend durch die Dunkelheit. Der Nieselregen fiel auf mein Haupt, wodurch meine Haare in wenigen Minuten wieder vollständig nass waren. Wir befanden uns am Rande einer Lichtung, in einem Wald. Meter hohe mit Moos bedeckte Bäume, nahmen mir die Sicht.

"Schloss Silberstein liegt einen 10 Minuten Fußmarsch in diese Richtung, Sir." Ich folgte mit meinem Blick, der Handbewegung des Kutschers. "Ich kann Sie leider nicht weiter bringen. Die Pferde sträuben sich vor dieser Gegend." Er hatte Recht, die Pferde wirkten unruhig, beinahe ängstlich. Der Kutscher reichte mir meine Tasche, die ich mit mir führte. "Seien Sie lieber vorsichtig und nehmen Sie sich in Acht", warnte er mich, ehe er wieder seinen Platz auf der Kutsche einnahm und die Zügel in die Hand nahm. Er schnalzte sie auf den Rücken der Pferde, welche sich sogleich in Bewegung setzten.

Schnaubend wischte ich mir meine nassen Haare aus den Augen und lief los. Mein Blick war starr auf den Boden gerichtet, obwohl es so dunkel war, dass ich meine eigenen Füße nicht einmal erahnen konnte. Kleine Äste machten ein knackendes Geräusch unter mir, als sie brachen.

Ich hob meinen Blick an und sah auf das finstere Gebäude, das sich nun vor mir erstreckte. Das Schloss war groß und im Barockstil erbaut. Es war in vollkommene Dunkelheit gehüllt. Durch keines der unzähligen Fenster, drang Licht nach Außen.

Ich stieg die große Steintreppe empor. Meine Tasche stelle ich direkt neben meinen Füßen, auf dem Boden ab. Ich wollte meine Hand nach dem großen Tor, welches aus Eisen gefertigt war, ausstrecken, um zu klopfen. Ich hatte es noch nicht berührt, da öffnete es sich bereits. Ich senkte meinen Kopf und erblickte eine zierliche Gestalt. Ihr Haar war lang und pechschwarz.

"Sie müssten Mr. Tomlinson sein, Ich bin Coroline." Ich nahm ihre Hand an, die sie mir ausgestreckt entgegen hielt. Durch die Bewegung rutschte ihr Ärmel zurück. Ihre blasse Haut, die von Narben durchzogen war, wurde zur Schau gestellt. Sie zog ihren Arm zurück, als sie sah, was meine Aufmerksamkeit gewonnen hatte. "Ich bin das Hausmädchen, bitte treten Sie ein."

Das Innere des Schlosses, wurde von wenigen Kerzen erhellt. Das flackernde Licht, schaffte es kaum, die Räume mit den schier endlos hohen Wänden zu erleuchten. Mein Blick glitt von den Räumlichkeiten wieder zu der Person neben mir.

"Wenn Sie das Hausmädchen sind, was soll dann meine Aufgabe hier werden?" Ich rückte mein nasses Leinenhemd zurecht, welches ekelhaft auf meiner Haut klebte, während ich auf ihre Antwort wartete.

"Die Ideen des Grafen sind unergründlich" gab sie mir schlicht als Antwort, ohne mir dabei in die Augen zu sehen. Ihr Blick huschte über meine Schulter raus in die Dunkelheit, bevor sie das Tor schloss.

"Okay, und wo ist dieser Graf, wenn ich das fragen darf, Miss?" Meine Stimme hatte einen genervten Ton angenommen.

In dem Schloss, war es so kalt, dass sich beim Sprechen ein Nebelhauch bildete, als unser warmer Atem auf die kalte Luft traf.

Es war mucksmäuschenstill, dennoch drehte Coroline ihren Kopf schlagartig nach rechts und blickte die Treppe empor. Meine Augen folgten ihrem starren Blick.

Eine große Gestalt stand regungslos am Treppenabsatz und starrte zu uns hinunter. Keiner sagte etwas. Ich sah zu Coroline, die neben mir zu einer Statue erstarrt war. Sie bewegte sich nicht. Sie blinzelte nicht und auch ihr Brustkorb hob und senkte sich nicht mehr unter ihrer Atmung. Sie schien den Atem anzuhalten.

Geräuschlos bewegte die Gestalt ihre langen schlanken Beine Stufe für Stufe zu uns hinab. Er war von Kopf bis Fuß in schwarz gewandet. Sein lockiges Haar floss in schönem Braun, sein Gesicht hinab und fand an seinen breiten Schultern ein Ende. Die Haut war blass, Wangenknochen traten hervor und der Kiefer war stark ausgeprägt. Seine sinnlich roten Lippen boten Kontrast.

Er blieb unmittelbar vor mir stehen.

Seine Augen waren schwarz wie die Nacht. Es war keine Iris zu erkennen. Sagte man nicht, die Augen seien der Spiegel zur Seele? Diese Augen spiegelten den Abgrund. Als seien sie das Fenster zum Nichts.

Er sog die Luft durch seine Nase ein und schloss dabei seine Augen. Seine langen Finger, waren hinter seinem Rücken ineinander verschränkt. Elegant bewegte er sich um mich herum. Ich spürte seinen intensiven Blick auf mir.

"Ich habe mir dich eigentlich ein bisschen größer vorgestellt, aber es wird schon gehen." Seine Stimme war tief und kraftvoll.

Etwas an ihm war anders.

Wenn er sprach, bildete sich kein Nebelhauch, nicht so wie bei mir und Coroline.

"Wofür bin ich hier?" Ich blickte ihm nicht in die Augen, während ich das fragte.

Ein finsteres Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. "Für meine persönliche Bespaßung natürlich!"

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