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Charlene war in der Zwischenzeit nicht untätig geblieben. Unermüdlich hatte sie all ihre Beziehungen spielen lassen und nun herausgefunden, dass Billi unter dem Namen Elmo P. Brillig ein Haus im Goldviertel der Stadt besass. Seit zwei Stunden sass sie nun in einem unauffälligen beigefarbenen Mini und wartete darauf, dass Billi Grompel das Haus verliess. Endlich öffnete sich die Auffahrt zu seinem Grundstück und Billi fuhr mit seinem neuen metallic-roten Maserati mit getönten Scheiben heraus.

Kurz vor dem Höhepunkt dieser ereignisreichen Geschichte möchte ich mich noch einmal zu Wort melden. Ich bin überzeugt, dass Sie nun gerne noch mehr über mein spannendes Leben erfahren möchten. Besuchen Sie mich auf meiner Facebook-Seite, um täglich live die neusten Ereignisse meines Lebens mitzuverfolgen.

Charlene hatte sich auf den Rücksitz ihres Autos gekauert und war Billis aufmerksamen Augen glücklicherweise entgangen. Nun konnte sie sich auf ihre Mission begeben. Noch bevor das Tor endgültig geschlossen war, schlüpfte sie auf das Grundstück. Vorsichtig pirschte sie sich im Schatten der Bäume an das Haus heran. Es war ein warmer Tag Ende September und daher wunderte es Charlene nicht, dass sie bald schon ein offenes Fenster fand. Sie stieg ins Haus ein.
In Billis Büro mussten Beweisstücke zu finden sein, dachte sie sich. Sie öffnete jede Tür und sah hinein, als sie auf einmal Schritte im Haus wahrnahm. Schnell schlüpfte sie in ein Zimmer. Als sie das Licht anschaltete, stand Charlene einen Augenblick still und schnappte nach Luft. Das ganze Zimmer war voll mit Regalen, in denen die edelsten Stiefel aufgereiht waren. Charlene wartete, bis die Schritte verklungen waren, dann setzte sie ihre Suche nach dem Büro fort. Nun aber schlich sie auf Zehenspitzen weiter, damit sie hörte, wenn die andere Person wieder näherkam.

Als Charlene das Büro schliesslich fand, freute sie sich so sehr, dass sie glatt vergass, die Tür wieder zu schliessen, denn auf dem Schreibtisch stand ein Schuhkarton. Nicht, dass sie das bei Billi Grompel erstaunt hätte, erst recht nicht, nachdem sie seinen begehbaren Schuhschrank entdeckt hatte. Aber merkwürdig erschien ihr das kleine Loch an der Seite des Kartons, aus dem etwas zu glitzern schien. Charlene hob den Deckel des Kartons hoch und schnappte nach Luft. Sie sah schon die Schlagzeilen, während sie ihre Kamera hervorholte. „Entlarvt! Schwindel um Goldschatz aufgedeckt – Billi Grompel in Erklärungsnot".

„Was haben Sie hier zu suchen!" Charlene erschrak und lies beinahe ihre Kamera fallen. Sie drehte sich um und blickte in das zunächst energische, dann aber immer mehr der Verwunderung weichende Gesicht Jonathan Müllers. Gewiss, sie hatte ihn schon auf Werbeplakaten und in Zeitungsinseraten gesehen, aber das er so gut aussah, war ihr bis jetzt nicht aufgefallen. Er strahlte eine innere Ruhe und Stärke aus. So etwas gibt es nur im Film, dachte sie ärgerlich, als ihr bewusst wurde, wie sehr sie sich von Jonathan angezogen fühlte.

Jonathan hatte auf dem Gang Schritte vernommen und war dem Geräusch gefolgt. Er hatte einen blonden Haarschopf in einem Zimmer verschwinden gesehen und sich daraufhin versteckt. Das musste wohl Charlene May gewesen sein, der es offenbar gelungen war, Billis Wohnort ausfindig zu machen und die sich nun einen Vorteil verschaffen wollte, indem sie in seinen Unterlagen schnüffelte. Er wollte sie auf frischer Tat ertappen. Bevor sie ein Foto von den Beweisstücken schiessen konnte, stürmte er ins Zimmer, Charlene wandte sich um und Jonathan erschrak. Er hatte eine aufgetakelte Tussi erwartet, aber Charlene May wirkte so natürlich in ihrer legeren Kleidung. Die Scham, entdeckt worden zu sein, hatte ihre Wangen mit einem zarten Hauch von Rosa überzogen.
Jonathan blieben die anklagenden Worte im Hals stecken, als er sich in den Tiefen ihrer blauen Augen verlor. Und Charlene... zuerst wollte sie ihn mit ihren Argumenten konfrontieren, aber dieser Mann sah nicht aus wie jemand, der einfach Lügengeschichten in die Welt setzte.

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