Nachsitzen
Der Tag unseres ersten Quidditchspiel rückte immer näher, und für mich wurden die Wochen zunehmend anstrengender. Montag, Mittwoch und Freitagabend hatte ich Training. Am Dienstag war Astronomie bis 22 Uhr und Donnerstag braute ich, unter der Aufsicht von Professor Snape, Heiltränke für Madam Pomfrey. Die Wochenenden verbrachte ich zumeist in der Bibliothek, erledigte meine Hausaufgaben und lernte für die UTZ Prüfung. Zudem hatte ich mich dazu entschloss, ein Haus zu kaufen. Geld hatte ich genügend, doch die Zeit lief mir davon. Bis zu meinem Abschluss waren es nur wenige Monate. So durchforstete ich also jeden Tag aufs Neue den Tagespropheten, nach ansprechenden Immobilen. Meine Mitschüler taten es mir gleich, allerdings waren sie auf der Suche nach billigen Wohnungen, oder Jobangeboten.
Mittleirweile zog sich jeder Tag dahin wie ein zäher Kaugummi. Als dann Oliver auch noch berichtete, dass unser erstes Quidditchspiel nicht gegen Slytherin, sondern gegen Hufflepuff stattfinden würde, war meine Laune ganz im Keller. Das Wetter verschlechterte sich zunehmend. So saß ich an einem Dienstagmorgen gelangweilt bei Professor Binns im Unterricht und verfolgte seinen einschläfernden Bericht über den Krieg der Riesen Ende des 19 Jahrhunderts. Bella neben mir war bereits eingenickt, und ich musste aufpassen es ihr nicht gleich zu tun. Danach hatten wir Zauberkunst bei Professor Flitwick. Gedächtniszauber standen auf dem Plan, was mein Interesse weckte. Als unser „kleiner" Professor dann versehentlich von seinem Bücherstapel fiel, verflog für kurze Zeit meine schlechte Laune.
>>Meint ihr, dass Professor Fliwick von Kobolden abstammt? Ihr wisst schon, wegen seiner geringen Körpergröße<<, fragte Helga in der Mittagspause, während sie gedankenverloren in ihrer Suppe rührte.
>> Das fällt dir jetzt nach sechs Jahren auf? <<, lachte ich und goss mir Kaffee ein, um die aufkeimende Müdigkeit zu unterdrücken.
>>Also stimmt es? << Neugierig schaute nun auch Bella von ihrem Teller auf.
>>Keine Ahnung. Möglich wäre es schon<<, meinte ich achselzuckend.
>>Genauso könnte Hagrid ein Halbriese sein<<, fügte ich hinzu und tat mir ebenfalls Suppe auf. Bella verschluckte sich augenblicklich an ihrem Tee.
>>Das ist nicht dein Ernst? Hagrid, ein Halbriese? << Ungläubig blickte sie mich an.
>>Wieso nicht? Ich finde das gar nicht so abwegig<<, sagte ich und wunderte mich über ihre überschwängliche Reaktion.
>>Aber Riesen sind doch gewalttätig, brutal und dumm<<, meinte sie. Skeptisch zog ich die Augenbrauen zusammen.
>>Du hast eine sehr rassistische Einstellung, Bella! Du solltest dich nicht von Vorurteilen leiten lassen! <<, verkündete ich ernst. Unruhig rutschte Bella auf ihrem Stuhl hin und her und schrumpfte förmlich unter meinem intensiv, kritischen Blick.
>>Aber du hast doch gehört, was Professor Binns heute über Riesen gesagt hat<<, vereidigte sie sich. Ich fand es sehr verblüffend, dass Bella überhaupt etwas vom Unterricht mitbekommen hatte, wo sie doch die ganze Zeit geschlafen hatte.
>>Und das heißt jetzt, dass man alle über einen Kamm scheren sollte? Streng nach dem Motto, wenn einer böse ist, sind es alle. << Ich konnte Bellas Auffassung nicht teilen, aber sie war schon immer recht oberflächlich gewesen, was manche Dinge betraf. Trotzdem ärgerte ich mich über ihre Engstirnigkeit.
Wir ließen das Thema fallen und machten uns auf zu Muggelkunde. Heute waren Verkehrsmittel, und deren Benutzung, das Hautthema und ich hörte wie immer aufmerksam zu. Ich war schon immer recht aufgeschlossen gewesen was neue Dinge betraf und freute mich bereits darauf, nach meinem Abschluss, mal mit einem Muggelfahrzeug zu fahren. Einfach nur, um es mal gemacht zu haben. Am Abend hatten wir dann noch Astronomie. Wir sollten die Monde von Saturn mit dem magischen Teleskop ausfindig machen und in eine Sternkarte kartographieren
Am nächsten Morgen fand wieder Verteidigung gegen die dunklen Künste statt. Die Begeisterung war wie immer groß, als wir das Klassenzimmer betraten und darüber rätselten, was Professor Lupin sich wohl für die heutige Stunde einfallen lassen hatte. Doch es war nicht Lupin, der das Klassenzimmer betrat, sondern Professor Snape.
>>Ich bitte um Ruhe! <<, forderte er, während er mit wehendem Umhang zum Lehrerpult schritt. Verwundert starrten wir ihn an.
>>Professor Lupin fühlt sich heute zu krank zum Unterrichten, von daher werde ich dies nun übernehmen. << Stolz stellte sich Snape vor die Klasse. Jeder wusste, dass er schon immer Verteidigung unterrichten wollte und nur Professor Dumbledore ihn davon abhielt. Umso verwunderter war ich, dass ausgerechnet er zum Vertretungslehrer ernannt wurden war.
>>Heute behandeln wir Werwölfe<<, fuhr er fort und meine Hand flog automatisch in die Luft.
>>Ja, Miss Winger! <<, rief Professor Snape mich genervt auf.
>>Werwölfe gehören aber nicht in den Lehrplan der Abschlussklasse. Die Veela wäre das nächstes Thema im Lehrbuch <<, sagte ich und deutete demonstrativ auf das Buch vor mir.
>>Das ist mir durchaus bewusst, Miss Winger. Aber eine Stoffwiederholung, kann hier sicher keinem Schaden<<, erwiderte er süffisant Lächelnd.
>>Dafür haben wir aber den UTZ Vorbereitungskurs <<, erklärte ich und konnte mich mal wieder nicht im Zaum halten.
>>Ich führe hier den Unterricht und wenn ich der Meinung bin, dass die Klasse eine Thema wiederholen muss, erwarte ich keine Wiederworte! Zehn Punkte Abzug für Gryffindor! << Herausfordernd sah er mich.
>>Ich sehe aber nicht ein, wieso wir den Unterrichtsstoff der dritten Klasse wiederholen müssen, wenn wir dies bereits im UTZ Vorbereitungskurs letzte Woche getan haben<<, sagte ich ungehalten.
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass die gesamte Klasse unsere Diskussion gespannt verfolgte.
>>Noch einmal zehn Punkte Abzug für Gyffindor und nun schweigen Sie! <<, sagte Snape mit eisiger Stimme.
>>Nein, ich schweige nicht! Ich möchte hier meinen Abschluss mit Bestnoten bestehen. Von daher wär ich Ihnen sehr verbunden, wenn wir im Unterrichtsstoff fortfahren könnten, da wir ihn sonst bis zu den Prüfungen nicht schaffen werden. Und ich glaube nicht, dass Professor Dumbledore es gut heißen würde, wenn wir wertvolle Unterrichtszeit mit Wiederholungen verbringen<<, brauste ich auf und funkelte ihn wütend an.
>>Nachsitzen! Und wenn Sie schon so oberschlau sind, Miss Winger, dann erzählen Sie mir doch mal, was Sie über Werwölfe wissen! << Herausfordernd funkelte er mich an.
In kurzen und knappen Sätzen ratterte ich in Höchstgeschwindigkeit alles über Werwölfe hinunter, was ich wusste. Zähneknirschend stand Professor Snape da, während ich mir ein siegreicheres Lächeln unterdrücken musste.
>>Nun gut! Schlagen sie alle die Seite hunderteinundzwanzig auf! << Damit wandte sich der Professor ab und ich schlug gehorsam mein Buch auf. „Die Veela" prangerte als Überschrift auf der gewünschten Buchseite und ich konnte mir ein kurzes Grinsen nicht verkneifen.
Als es endlich läutete verkündete Snape, dass wir zwei Rollen Pergament zum Thema Veela schreiben sollten. Stöhnend und murrend erhoben wir uns von unseren Plätzen. Ich wollte gerade meinen Mitschülern zu Arithmantik folgen, als mich der Professor zurück hielt.
>>Freitagabend, 19 Uhr, Nachsitzen bei Professor Lupin! <<, sagte er nur schroff zu mir, ehe ich den Klassenraum verlassen durfte. War ja klar, dass ich ausgerechnet zum Quidditchtraining Nachsitzen musste. Oliver wird mir die Hölle heiß machen.
>>Dem hast du es aber gezeigt! <<, meinte Oliver stattdessen begeistert beim Mittagessen.
>>Bist du nicht sauer, dass ich beim Training am Freitag nicht dabei sein kann? <<, fragte ich verblüfft nach.
>>Ach, das war es wert gewesen<<, kicherte er und ich war erleichtert, dass er es so gut auffasste. Oliver konnte nämlich ziemlich "ungehalten" werden, wenn es um Quidditch ging. Besonders wenn man zu den Trainingseinheiten nicht aufkreuzte.
Am Donnerstag war dann unser erstes Quidditchspiel gegen Hufflepuff. Leider verloren wir, da Harry Potter, unser Sucher, von einem Dementor angegriffen wurde und so Cedric Diggory den Schnatz zuerst fangen konnte. Oliver war dementsprechend schlecht gelaunt. Auch ich war niedergeschlagen und ging frühzeitig ins Bett...Was für ein miserabler Start in die Quidditchsaison.
Pünktlich um 19 Uhr stand ich dann am Freitagabend vor Professor Lupins Büro. Zaghaft klopfte ich, und nur wenige Augenblicke später wurde die Tür geöffnet. Ich musste noch nie Nachsitzen, umso erleichterter war ich, als der Professor mich mit einem milden Lächeln empfing.
>>Stella, komm herein! << Während er die Tür hinter mir schloss, nahm ich unaufgefordert auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz.
>>Professor Snape hat mir schon ausführlich berichtet, was in der letzten Vertretungsstunde vorgefallen ist<<, fing er an zu erzählen und setzte sich mir gegenüber.
>>Das konnte ich mir schon denken. Werwölfe scheint ja das Lieblingsthema von Snape zu sein<<, sagte ich seufzend.
>>Es heißt „Professor" Snape! <<, ermahnte er mich. Ich verkniff mir ein Augenrollen und musterte ihn stattdesseng unauffällig. Er war noch immer ziemlich blass, schien aber ansonsten wieder gesund zu sein. Leider bemerkte er meinen forschenden Blick und zog fragend die Augenbrauen in die Höhe.
>>Also, was soll ich machen? <<, lenkte ich schnell ab. Kurz sah er mich verständnislos an, ehe ihm offensichtlich einfiel, dass ich zum Nachsitzen hier war.
>>Wenn ich ehrlich bin hab ich nichts Bestimmtes geplant<<, meinte er schulterzuckend und stand auf, um eine Kanne Tee zu kochen. Verblüfft starrte ich ihn an. Er hatte keine Strafaufgabe für mich?
>>Möchtest du auch einen? <<, fragte er mich und ich nickte reflexartig.
>>Verstehe ich das richtig, dass meine Strafaufgabe darin besteht, mit Ihnen Tee zu trinken? << Er reichte mit eine Tasse und setzte sich wieder mit gegenüber.
>>Nun, du kannst auch Aufsätze korrigieren wenn dir das lieber ist<<, sagte er belustigt.
>>Nein, nein! << Demonstrativ trank ich einen Schluck Tee. Lächelnd beobachtete er mich dabei.
>>Ich finde du hast nicht wirklich etwas falsch gemacht und man kann das Nachsitzen durchaus auch angenehmer gestalten. << Er trank ebenfalls aus seiner Tasse und schaute dann nachdenklich aus dem Fenster.
Irgendwie sah er plötzlich bedrückt aus.
>>Woran denken Sie? <<, fragte ich frei heraus. Wieder mal war meine Zunge schneller gewesen als mein Verstand. Umso überraschter war ich, als er meine doch recht private Frage beantwortete.
>>Es ist schön, zur Abwechslung mal etwas Gesellschaft zu haben. In einem so großen Schloss wie diesem, kann es manchmal doch recht einsam sein<< Dies erinnerte mich an unser erstes Zusammentreffen. Unwillkürlich landete mein Blick auf den Fotos, die auf dem Kaminsims verteilt standen.
>>Früher war alles anders. Da hatte ich ständig meine Freunde um mich, doch jetzt...<< Er war offensichtlich meinem Blick gefolgt und schaute nun mit nostalgischem Ausdruck, die einzelnen Bilder an.
>>Was ist mit ihnen passiert? <<, traute ich mich zu fragen.
>>Das ist eine lange Geschichte<<, sagte er ausweichend.
>>Aber sie haben doch sicherlich noch jemanden außerhalb von Hogwarts? << Darauf konnte ich ein kurzes, kaum erkennbares Kopfschütteln seinerseits ausmachen.
Ein plötzlicher Anflug von Mitleid überfiel mich und ich verspürte den Drang nach seiner Hand zu greifen. Doch ich rief mir ins Gedächtnis, dass das unangebracht wäre. Immerhin war er mein Lehrer.
>>Das tut mir leid! <<, sagte ich einfühlsam und stellte meine inzwischen leere Tasse auf seinem Schreibtisch ab.
>>Das muss es nicht! <<, meinte er schlicht und schenkte mir ein schiefes Lächeln. Dann griff er nach meiner Tasse, um sie wegzuräumen.
>>Ich wollte dich auch nicht mit meinen Problemen belästigen. Viel wichtiger ist doch, wie es dir geht? <<, fragte er sanft. Überrumpelt blickte ich ihn an. Es war ewig her, dass sich jemand ernsthaft nach meinem Befinden erkundigte. Selbst meine Eltern fragten mich das nie. Sie waren wohl der Auffassung, dass ich schon von alleine kommen würde, wenn ich Hilfe brauchte.
>>Ähm, ganz gut<<, antwortet ich leicht überfordert. Er beäugte mich kritisch, und nervös strich ich meinen schwarzen Rock glatt. Was sollte ich darauf antworten?
>>Du bist ebenfalls eine schlechte Lügnerin! <<, meinte er nicht ganz zufrieden mit meiner Antwort. Ergeben seufzte ich.
>>Ich kann nicht behaupten, dass es mir schlecht geht. Übermäßig gut aber auch nicht. <<, sagte ich ehrlich und lehnte mich in meinen Stuhl zurück.
>>Ich kam nicht umhin zu bemerken, dass du in den letzten Tagen nicht wirklich fröhlich aussahst. << Wieder musterte er mich eingehend und ich fing an mich zu fragen, wieso er sich so um mein Wohlbefinden sorgte. Allerdings musste ich mir eingestehen, dass es umgekehrt genauso war.
>>Sie haben mich also beobachtet<<, wechselte ich geschickt das Thema. Ich wollte nicht über meine Probleme sprechen. Er würde sie wahrscheinlich sowieso nicht nachvollziehen können.
Entsetzte blickte er mich darauf an und ich konnte mir ein kurzes Auflachen nicht verkneifen.
>>Machen Sie sich nichts daraus! Alle hier starren mich an<<, fügte ich augenzwinkernd hinzu und musste noch immer über seinen entsetzten Gesichtsausdruck lachen. Eigentlich wollte ich ihn nur etwas necken, aber er schien die Sache ernst zu nehmen und überhörte den Schalk in meiner Stimme.
>>Das ist nicht lustig, Stella! Weißt du eigentlich in was für eine schwierige Lage du mich bringst, wenn du behauptest, dass ich dich anstarren würde? Ich könnte dadurch meinen Job verlieren <<, sagte er eindringlich und ich musste kurz hüsteln, um mein Lachen zu ersticken.
>>Verzeihen Sie, Professor! Natürlich würde ich das nie in der Öffentlichkeit behaupten und eigentlich war es nur scherzhaft gemeint. Das war unangemessen von mir! <<, entschuldigte ich mich schnell.
>>Bei so etwas macht man keine Scherze! Ich kann es mir nicht leisten diesen Job zu verlieren, nur wegen ein paar dummer Gerüchte. Als Lehrer ist man da immer im Nachteil <<, meinte er tadelnd.
>>Es kommt nicht wieder vor! <<, sagte ich aufrichtig.
>>Nichtsdestotrotz steht meine Tür natürlich immer offen, wenn du Probleme hast. << Nun war sein Blick wieder freundlich und ich konnte nicht anders, als ihm dankbar zuzulächeln. Er schien wirklich an meinen Problemen interessiert zu sein, was ein warmes Gefühl in meiner Magengegend auslöste.
>>Danke für das Angebot. Ich hoffe Sie wissen, dass umgekehrt das gleiche gilt. << Grinsend schaute ich zu ihm auf.
>>Das ist nett gemeint, aber eine Schülerin sollte sich nicht um die Belange ihres Lehrers kümmern. Außerdem hast du schon genug für mich getan. << Anscheinend hatte er ein schlechtes Gewissen. Das wollte ich nicht.
>>Ich bin volljährig und kann mich durchaus mit erwachsenen Problemen befassen. Im Übrigen bin ich in einem knappen halben Jahr nicht mehr ihre Schülerin. Also sagen Sie ruhig Bescheid, wenn sie mal jemanden zum Reden brauchen<<, versicherte ich ihm. Ganz überzeugt schien er jedoch nicht zu sein.
>>Ich werde darüber nachdenken! <<, versprach er, dann warf er einen Blick auf die Uhr.
>>Du solltest jetzt besser gehen! Die Ausgangssperre beginnt gleich. Wir sehen uns dann am Mittwoch zum Unterricht. << Er schenkte mir ein Lächeln, was ich nur zu gerne erwiderte. Zum Abschied winkte ich kurz und verschwand dann aus seinem Büro.
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