Grenzen
Am nächsten Tag beschäftigten wir uns mit dem kleinen Bad, welches sich gegenüber der Haustür befand. Es war nur eine Gästetoilette. Das große Badezimmer, mit Dusche und Badewanne, befand sich im oberen Stockwerk neben dem Schlafzimmer. Remus kümmerte sich freundlicherweise um die Sanitäranlagen, während ich neue Fliesen an Wände und Fußboden anbrachte.
Nach dem Badezimmer war die Küche dran. Die alten Schränke darin waren noch gut erhalten, allerdings bedurfte es auch hier einer Aufmöbelung. Remus reparierte die alten Stühle und den großflächigen Tisch, ehe er sich magenknurrend auf der Fensterbank niederließ. Kurz musterte ich ihn. Er hatte ein verblichenes Hemd, eine alte Blue Jeans und ein paar abgewetzte braune Turnschuhe an. Mit seinen, von der Arbeit verstrubelten Haaren, sah er irgendwie süß aus.
>>Hab ich was ihm Gesicht, oder warum starrst du mich so an? <<, wollte er grinsend wissen. Eigentlich hätte ich jetzt verlegen den Blick abwenden sollen, stattdessen lächelte ich ihn an.
>>Nun, mir ist gerade aufgefallen, dass du fast so eine große Nase hast wie Snape<<, log ich ohne rot zu werden. Erschrocken weiteten sich darauf seine Augen und sein Grinsen verblasste. Dann fing er an seine Nase zu betasten, was mich in schallendes Gelächter versetzte.
>>Ich wusste gar nicht, dass du auch eitel bist<<, lachte ich und musste mich an einem Stuhl festhalten, um nicht umzukippen. Remus warf mir nur einen gespielt bösen Blick zu und fing dann an zu schmollen, was mich nur noch mehr zum Kichern brachte. Nach ein paar Minuten hatte ich mich wieder halbwegs gefangen.
>>Lust auf Pizza! <<, fragte ich in die Stille hinein.
>>Sicher<<, meinte Remus erfreut.
Ich bestellte zwei Salami Pizzen und als wir endlich was im Magen hatten, konnten wir auch mit mehr Elan weiterarbeiten. Wir versüßten uns die Arbeitszeit mit dummen Witzen, oder redeten über Merlin und die Welt. So verging die Zeit wie im Flug. Gegen 18 Uhr waren wir endlich mit der großräumigen Küche fertig. Auch die Treppen die jeweils in den Keller und ins obere Stockwerk führten, waren wieder vollständig instand gesetzt.
>>Nicht unweit von hier entfernt, befindet sich Jacksons Bar & Grill. Ich hab gehört, da soll es fantastisches Essen geben. Wie wär's? <<, fragte ich Remus, während ich die Haustür verschloss.
>>Klingt vielversprechend. Ich könnte wirklich etwas zu Essen vertragen<<, meinte er schmunzelnd.
Jacksons Bar & Grill entpuppte sich als eine Mischung aus Bar, Pub und amerikanischem Steakhaus. Es gab nur wenige Sitzmöglichkeiten, darum nahmen wir dirket an der Bar Platz. Wir bestellten uns jeweils ein Steak mit Salat und dazu unterschiedliche Erfrischungsgetränke. Die Getränke kamen recht schnell, umso länger mussten wir auf unser Essen warten.
Neugierig blickte ich mich um. Der Laden war gut gefüllt und erinnerte mit seinen vielen Stehtischen und der kleinen Tanzfläche mit Bühne in der Ecke, eher an eine Disco, als an eine Bar. Remus plauderte derweilen munter von seiner Schulzeit. Als das Essen endlich kam, schien alles perfekt. Ich fühlte mich so wohl wie schon lange nicht mehr und bemerkte gar nicht, wie uns der Barkeeper einen Drink nach dem nächsten einschenkte. Die Bar wurde währenddessen immer voller und die Leute immer ausgelassener. Gegen 22 Uhr fing eine mir unbekannte Band an zu musizieren, was dazu führte, dass sich die kleine Tanzfläche schnell füllte.
>>Hallo Schönheit! Hast du vielleicht Lust zu tanzen? <<, sprach mich unverhofft ein Mann an. Missmutig zog ich die Augenbrauen zusammen. Doch gerade als ich zu einer Erwiderung ansetzen wollte, griff Remus nach meiner Hand und zog mich vom Stuhl.
>>Tut mir leid, aber sie geht schon mit mir auf die Tanzfläche. << Perplex starrte ich ihn an. Das war nicht sein ernst, oder? Remus zog mich in die tanzende Menge und nur wiederwillig folgte ich ihm.
>>Remus, ich kann überhaupt nicht tanzen. << Was war nur in ihn gefahren? Hatte der Barkeeper ihm was in den Drink gemixt?
>>Und das aus deinem Munde? Ich dachte immer du kannst alles<<, lachte er, während ich irritiert zu ihm aufblickte.
>>Das hab ich nie gesagt<<, verteidigte ich mich.
>>Komm..., lass dich einfach von der Musik treiben<<, forderte er mich auf. Mitten auf der Tanzfläche waren wir stehen geblieben.
>>Du bist betrunken! <<, sagte ich frei heraus. Das war zumindest meine Erklärung, wieso er sich so komisch verhielt. Bis jetzt war Remus ein eher zurückhaltender Mann gewesen, doch jetzt wirkte er wie ausgewechselt. Grinsend schüttelte er den Kopf, umgriff dann meine Hüfte und half mir dabei den richtigen Rhythmus zu finden.
Die Minuten verstrichen und so langsam entwickelte ich ein Gefühl für die Musik. Es fing sogar an richtigen Spaß zu machen. Lachend wirbelte mich Remus über die Tanzfläche. Ich fühlte mich in diesem Moment so unbeschwert und frei, dass ich vor Freude beinahe geweint hätte. Die nicht mehr ganz so nüchterne Menge verdichtete sich zunehmend. So wurde ich beim Tanzen immer wieder angerempelt und gegen Remus gedrängt. Diese ungewohnte Nähe löste ein wohliges Gefühl in mir aus und so tanzten wir bald so eng zusammen, dass kaum noch ein Blatt zwischen uns passte.
Irgendwann stoppte Remus plötzlich. Irritiert musterte ich ihn, als er mehrere Schritte von mir zurückwich und ergeben die Hände hob. Ich blickte in seine Augen, dir mir golden entgegen blitzten. Ich sah die Sehnsucht und das Verlangen in ihnen. Ein angenehmer Schauer jagte mir über den Rücken.
>>Wir müssen sofort damit aufhören, oder ich kann für nichts mehr garantieren<<, sagte er mit rauer Stimme und beschleunigtem Atem. Ich bemerkte wie das Gold in seinen Augen immer wieder kurzzeitig von Bernstein verdrängt wurde. Er schien mit sich zu kämpfen. Erst verstand ich sein Verhalten nicht, doch dann sah ich die deutliche Beule in seiner Hose. Er war erregt.
>>Verzeih, ich wollte dich nicht bedrängen<<, erwiderte ich schnell.
>>Schon gut...ich...ich denke ich bauche mal kurz frische Luft. << Eilig wandte er sich von mir ab. Bekümmert folgte ich ihm. Es war nicht meine Absicht gewesen, ihn in Verlegenheit zu bringen.
Als der kalte Wind mir ins Gesicht blies, schien mein Denken gleich viel klarer. Ich atmete ein paar Mal tief ein und aus und ging dann zu Remus hinüber, der tiefatmend an der Wand lehnte. Besorgt musterte ich ihn. Jetzt waren seine Augen wieder beständig bernsteinfarben.
>>Tut mir wirklich leid. Ich hab mich einfach mitreißen lassen und hab gar nicht bemerkt, wie nah ich dir dabei gekommen bin<<, entschuldigte ich mich nochmals, doch Remus schüttelte nur den Kopf.
>>Es ist nicht deine Schuld. Ich bin dein Lehrer und sollte dich nicht zum Trinken und Tanzen verführen<<, sagte er ernst, den Blick zu Boden gerichtet.
>>Hier, zum jetzigen Zeitpunkt, bist du nicht mein Lehrer! Und überhaupt, was spielt das für eine Rolle? Ich bin volljährig und kann außerhalb von Hogwarts tun und lassen was ich will. Genauso wie du... Es war ein wunderbarer Abend gewesen... Ich konnte für wenige Stunden meine Probleme vergessen<<, erklärte ich lächelnd. Zögerlich hob er den Blick.
>>Geht es dir besser? <<, fragte ich, als er nichts erwiderte. Ich deute an ihm herab und er verstand sofort. Schlagartig schoss ihm Röte ins Gesicht. Verlegen wandte er sich ab.
>>Du hast mich ganz schön an die Grenzen meiner Selbstbeherrschung gebracht<<, nuschelte er. Grinsend sah ich zu ihm auf.
>>Das war nicht mit Absicht<<, erwiderte ich aufrichtig.
>>Ich sollte jetzt besser gehen. Es ist spät. Wir sehen uns dann morgen<<, verabschiedete er sich, stieß sich lässig von der Wand ab und ging dann die dunkle Straße hinunter. Nachdenklich sah ich ihm hinterher.
>>Remus! <<, rief ich ihm nach. Verwundert blieb er stehen und drehte sich fragend zu mir um.
>>Du bist der erste Mann, der mich nach so einem Abend einfach stehen lässt...Respekt! << Ich deutete eine Verbeugung an, was ihn dann doch noch zum Schmunzeln brachte. Dann winkte er kurz, verschwand in eine dunkle Gasse und apparierte.
Ich spürte förmlich wie das Feuer in mir erwachte. Ich hatte Remus an seine Grenzen gebracht und das er sich trotzdem zurückhielt, erweckte in mir ein unbändiges Verlangen. Die Neugier packte mich bei dem bloßen Gedanken, was passieren würde, wenn ich seine Grenzen überschreiten würde. Wie lange würde seine Selbstbeherrschung wohl standhalten, wenn ich es wirklich darauf anlegen würde? Was steckte wohl hinter seiner perfekten Gentleman Fassade?
Aber sollte ich wirklich mit ihm spielen, nur um das heraus zu finden? Nur um meine Neugierde zu befriedigen? Aber vielleicht war da ja auch mehr, als nur bloße Neugier.
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