Kapitel 6

Nachdem Hanna den restlichen Tag gegrübelt hatte, worum es sich in dem Briefumschlag, welchen Elijah dieser Frau gegeben hatte handelte, fuhr sie am nächsten Morgen zur Arbeit und ging geradewegs in ihr Büro.
Gerade wollte sie Gale einen Guten Morgen wünschen, als sie auf einen leeren Platz schaute, auf dem nur ein kleiner Notizzettel hing: Bei mir bahnt sich eine Erkältung an. Die nächste Woche müssen sie leider ohne mich auskommen. -Gale
Sie ließ den Zettel einfach dort liegen und setzte sich an ihren eigenen Schreibtisch.

Na schön. Denk nach, denk nach, denk nach., sagte Hanna immer wieder zu sich selbst und ging die Notizen der Befragungen durch.
Im Laufe des Tages hatte sie all ihre Informationen auf kleine Klebezettel geschrieben und an eine große Tafel geheftet. Nun stand sie davor und hielt sich nachdenklich das Kinn.
Sie hatte eine große Stadtkarte an der Tafel befestig und die Morde mit Pinnnadeln markiert. Auf grünen Zetteln standen die jeweiligen Mordopfer und die dazugehörigen Befragten. Die gelben Zettel hatte Hanna mit den Beweisen beschrieben und auf den roten waren die Fragen aufgelistet, die sich Hanna noch nicht beantworten konnte.

Jeder Ort an dem sie Befragungen durchgeführt hatte, wurde von ihr auch mit andersfarbigen Pinnnadeln markiert. Für die Bar, in der sie Elijah und die Frau sitzen sehen hat, benutzte sie eine auffällige Farbe, damit sie wusste, dass sie dort auch noch eine Baustelle offen hatte.
Zufrieden begutachtete Hanna ihr Werk und suchte zwischen allen Orten und Opfern eine Verbindung, die ihr bis jetzt aber noch verborgen blieb. Auch die Personenakten schaute sie sich nochmal genauer an aber keine Hinweise. Sie hatte auch schon versucht die Orte miteinander zu verbinden, doch auch das blieb ergebnislos.
Na, da hat wohl einer den richtigen Job fürs Leben erwischt., neckte sie eine Stimme hinter ihr. Hanna hatte sofort einen Geistesblitz, drehte sich um und sah Kai mit großen Augen an.

Das ist es. Das habe ich übersehen., erwiderte sie nur auf Kais Stichelei, der sie nun verwundert ansah und in das Zimmer trat.
Was hast du übersehen?, fragte Kai sie mit Händen in den Taschen und schaute sie verwirrt an.
Na denkt doch mal nach. Peter Coleman, er war Student, laut seiner Akte und seinen Zeugnissen einer der Begabtesten und noch dazu Nachhilfelehrer in Mathe. Zoe Montgomery eine begnadete Professorin für Kunstgeschichte und dann noch John, welcher der besste Historiker auf seinem Gebiet war., erläuterte Hanna und schrieb die Berufe jeweils auf einen orangenen Zettel.
Und was haben sie alle gemeinsam?, stelle sie noch zusätzlich die Frage an Kai.
Der zuckte nur mit den Schultern und wartete darauf, dass Hanna es weiter ausführte.

Sie sind alle helle Köpfe. Waren alle intelligent und haben anderen Leuten etwas beigebracht., schaltete sich nun eine andere Stimme ein. Überrascht drehten sich Kai und Hanna zu der Stimme um und stellten sich sofort aufrecht hin.
Kaptain Frazer. Was verschafft uns die Ehre?, begrüßte Hanna ihn und machte ihm Platz um sich die Tafel ansehen zu können.
Sie haben bis jetzt wirklich gute Arbeit geleistet Detektiv Wilson. Sie sind sogar einen Schritt weiter gekommen., stellte der Kaptain fest und schaute sich die Tafel weiter an.
Danke Sir., erwiderte Hanna leise und schaute triumphierend zu Kai.
Schade das ich sie von dem Fall abziehen muss., fuhr Frazer fort und Hannas Gemütszustand wechselte schlagartig.
WAS!, platzte es aus ihr heraus und sie schaute ihren Vorgesetzten fragend an.
Ich ziehe sie von diesem Fall ab., wiederholte er sich.
Aber wieso?, fragte Hanna nun etwas ruhiger aber immer noch wütend.
Das letzte Opfer war der Mann von Mona Smith und da sie ihre beste Freundin ist und sie den Tod IHRES Mannes untersuchen müsse, habe ich beschlossen, dass sie eine zu tiefgehende persönliche Beziehung zu diesem Fall haben und ich sie davon abziehen werde., erläuterte Kaptain Frazer ausführlicher und blickte dabei immer noch auf die Tafel.

Aber Sir. Ich verspreche ihnen, dass ich meine persönlichen Zusammenhänge bei diesem Fall komplett außenvor lassen werde. Sie brauchen sich diesbezüglich keine Sorgen zu machen., versuchte Hanna ihn umzustimmen. Doch der Kaptain schüttelte nur mit dem Kopf.
Leider können sie mir so viel versprechen wie sie wollen. Ich werde es nicht riskieren, dass mein bester Detektiv einen Fehler macht nur weil sie persönlich zu sehr involviert ist., argumentierte er.
Aber-, fing Hanna an.
Nein. Sie können an einem anderen Fall arbeiten. Aber dieser hier ist für sie jetzt vorbei., unterbrach Frazer sie und schaute nun endlich von der Tafel auf.
Sir ich bestehe darauf an diesem Fall weiterarbeiten zu dürfen. Ich habe es schon so weit geschafft., protestierte Hanna vehement.
NEIN! Und damit Basta. Kai Parker, sie werden den Fall übernehmen und ich will keine Widerworte hören, sonst sind sie suspendiert., befahl Frazer mit lauter Stimme und wendete sich dem Ausgang zu.
Kaptain-, rief Hanna ihm hinterher.
Wilson sie sind so lange suspendiert, bis der Fall abgeschlossen wurde. Legen sie ihre Waffe und die Marke auf ihren Tisch. Parker sie wissen was zu tun ist!, rief er zurück in den Raum und schaute Hanna böse an, welche nur perplex dastand und die Worte des Kaptains immer noch verarbeitete.
Jawohl Kaptain., antwortete Kai seinem Vorgesetzten und drückte dabei die Brust raus. Hanna drehte sich bei Kais Worten zu ihm und schaute ihn verwirrt an.

Willst du mich verarschen. Du krallst dir jetzt einfach meinen Job unter den Nagel?!, konfrontierte Hanna ihn.
Naja irgendwer muss den Fall doch bearbeiten und die Chance lass ich mir nicht entgehen nur weil du diejenige bist die suspendiert wurde., warf Kai zurück und Hanna zuckte bei seinen Worten zusammen. Wut kochte in ihr hoch und kaum konnte sie es sich anders überlegen schnellte ihre Hand nach vorn und traf mit voller Wucht das Gesicht von Kai. Während Kai noch verarbeitete was gerade passiert war, zog Hanna die Waffe aus dem Holster und legte sie mit ihrer Marke auf den Schreibtisch. Mit hochrotem Kopf und ihrer Tasche unter dem Arm marschierte sie aus ihrem Büro, vor dem sich neugierige Blicke versammelt hatten und sie entweder bemitleidenswert oder schockiert ansahen. Die Augen, welche auf sie gerichtet waren ignorierend, lief sie aus dem Gebäude, über die Straße zu ihrem Wagen und fuhr zum einzigen Ort an dem sie jetzt sein wollte.

Mona?! Mach die Tür auf! Bitte., klopfte Hanna an die Tür ihrer besten Freundin. Sekunden später öffnete sich die Tür und sie fiel Mona um den Hals.
Hey, ganz ruhig was ist passiert?, fragte Mona mitfühlend und streichelte ihrer Freundin sanft über den Rücken.
Frazer hat mich von meinem Fall abgezogen und dann habe ich protestiert undundund, und dann hat er mich suspendiert., schluchzte Hanna in den Armen ihrer besten Freundin.
Beruhige dich erst einmal., tröstete Mona sie und hielt sie so lang in den Armen, bis Hanna aufgehört hatte zu weinen.
Geht es dir besser?, fragte sie und schaute ihre Freundin fragend an. Hanna nickte nur und die beiden lösten sich aus der Umarmung.
Ich hole dir mal ein Glas Wasser. Bin gleich wieder da.
Hanna saß derweilen allein auf dem Sofa und schaute gedankenverloren aus dem Fenster. Kurz darauf kam Mona wieder zurück und hielt Hanna das Glas mit Wasser hin. Sie nahm es dankend entgegen und hatte es in fast einem Zug ausgetrunken. In der Zwischenzeit hatte sich Mona schon neben sie aufs Sofa gesetzt und wartete darauf, dass Hanna das Glas auf dem Tisch abstellte.
So und jetzt nochmal ganz von vorn. Was ist passiert?, wollte sie wissen und Hanna atmete einmal tief durch bevor sie anfing zu erzählen.

Am Ende der Geschichte hatte Hanna wieder Tränen in den Augen, welche sie aber ganz schnell wieder runterschluckte und wegwischte.
Lass dich davon nicht unterkriegen Süße. Der nächste Fall kommt bestimmt und da zeigst du deinem Kaptain mal wie das Profis machen., munterte Mona sie wieder auf und schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln.
Danke., meinte Hanna wertschätzend und die Freundinnen umarmten sich noch einmal.
Hast du wenigstens Fotos von deiner Tafel gemacht?, fragte Mona nach einer Weile der Ruhe.
Kennst mich doch. Ich bin auf alles vorbereitet., erwiderte Hanna grinsend und zog ihr Telefon aus der Tasche. Gemeinsam schauten sie sich die Bilder an, doch auch Mona hatte keine wirkliche Idee.
Warte mal. Geh mal ein Bild zurück., forderte Mona sie auf und zoomte das Bild etwas näher.
Du hattest doch mal was von einer Frau mit weißen Haaren und Sonnenbrille erzählt, oder?, fragte sie nochmal nach und Hanna nickte bestätigend.
Ich glaube ich hab da was., kam Mona zu dem Schluss und stand auf.
Nachdem sie mehrere Minuten in ihrem Schrank gekramt hatte, holte sie eine Kiste heraus, welche genauso aussah wie die Beweismittelkisten bei der Beweismittelabteilung auf dem Revier.

Du hast doch nicht?, fragte Hanna, mit dem Finger auf die Kiste zeigend.
Nein. Ich klaue doch keine Beweise, Süße. Was denkst du denn bloß von mir?, stritt Mona es ab und stellte die Schachtel auf den Wohnzimmertisch. Hanna gesellte sich zu ihr und gemeinsam legten sie alle Gegenstände in der Box ausgebreitet auf den Tisch.
Als ich meinen Job gekündigt habe musste ich all meine Sachen zusammenpacken und habe mir von den ein oder anderen ungelösten Fällen eine Kopie gemacht., gab Mona zu und sah zu einer erschrockenen Hanna.
Die wird eh keiner vermissen., rechtfertigte sie sich und konzentrierte sich auf die Akten.
Lange Rede, kurzer Sinn. Bei der einen Akte ist mir was aufgefallen., fing Mona an zu erkläre und reichte ihrer Freundin eine Akte.
Als Hanna diese aufschlug konnte sie ihren Augen nicht trauen und schaute überrascht zu Mona. Die wiederum nickte nur und zeigte ihr die Notiz an der Seite: Fall abgeschlossen, tot? (Leiche wurde nie gefunden)
Wieder schaute Hanna ihre beste Freundin an und wieder nickte diese.

Du glaubst doch nicht?, fing Hanna an.
Doch. Ich glaube, warf Mona zurück.
Hanna nahm sich die Fotos, welche lose in der Akte lagen und schaute sie sich nochmal genauer an. Das erste Foto zeigte deutlich die Frau, welche sie beim Essen mit Mona, als auch in der Bar mit Elijah, gesehen hatte. Das nächste zeigte sie nur von hinten und auf dem dritten konnte man sehen wie sie sich die weißen Haare vom Kopf riss und rot-braune Ansätze zum Vorschein kamen.
Laut Akte hat sie diverse Aliase: Pearl Foster, Penelope Johnson und Peggy Ross. Aber ihr richtiger Name lautet, Chloe Davis., las Mona aus der Akte heraus und setzte sich an ihren Computer. In der Zeit schaute Hanna sich die Fotos immer und immer wieder an, um auch keine Hinweise zu übersehen.
Ich hab hier was., sagte ihre Freundin nach einer Weile und drehte den Monitor zu Hanna.
Sie wurde schon des Öfteren wegen Diebstahl und Drogenverkauf verhaftet., las Hanna laut vor.
Nein. Nicht das.
Hannas Augen glitten über den Bericht doch bei einem Namen blieb sie stehen.
Kontakt im Notfall: Zac Thomson., las sie wieder laut vor und Mona zeigte ihr einen Daumen nach oben.
Lass uns diesem Zac doch nochmal einen Besuch abstatten. Was hältst du davon?, schlug sie vor und erhob sich aus ihrem Stuhl. Hanna nickte nur energisch und gemeinsam fuhren sie zu seiner Adresse.

Angekommen klingelten und klopften sie an seine Tür, doch keinerlei Reaktion. Mona und Hanna schauten sich vielsagend an und warfen sich mit ihrer ganzen Kraft gehen die Tür und sie brach auf.
Zac? Zac Thomson sind sie zu Hause?!, rief Hanna vorsichtig in den Raum. Keine Antwort.
Zac? Wir würden nur gern mit ihnen reden., fügte Mona noch hinzu und setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen.
Die Wohnung selbst, sah noch genauso aus wie Hanna sie sie das letzte Mal verlassen hatte und der Gestank war ebenfalls der Gleiche geblieben. Mona hielt sich vor Ekel die Nase zu und blickte ihre Freundin angeekelt an. Die nickte nur verständnisvoll und entspannte sich.
Er ist wohl nicht hier., meinte Mona, die sich auch langsam aus ihrer Anspannung löste. Währenddessen ging Hanna in die verschiedenen Räume und schaute sich ein wenig um.

So wie es aussieht wird er gar nicht mehr wiederkommen. Klamotten aus seinem Schrank und Koffer sind weg. Er musste wohl sehr schnell los, sonst hätte er die Hälfte seiner Sachen nicht hiergelassen., schlussfolgerte Hanna und trat zurück in den Hauptraum.
Also, wenn das nicht verdächtig ist., sagte Mona und zog dabei eine Augenbraue in die Höhe.
Vielleicht hat er aber auch jetzt erst erfahren, dass seine Freundin oder was sie auch immer für ihn ist, noch lebt und wollte so schnelle es geht zu ihr. Das muss noch lange nicht heißen, dass er dabei eine Rolle spielt., widersprach Hanna. Mona wollte sich nicht weiter damit befassen und zuckte einfach nur mit ihren Schultern.
Komm lass uns wieder von hier verschwinden., schlug Mona vor und ging auf die Wohnungstür zu. Hanna war bereits drauf und dran ihr zu folgen, als sie etwas Weiches unter ihren Füßen spürte und nach unten guckte.

Äh. Mona. Ich denke du könntest doch Recht haben!, rief sie ihrer Freundin zu, deren Kopf sich wieder im Türrahmen zeigte.
Wieso?
Hanna antwortete nicht, sondern zeigte ihr nur auf was sie draufgetreten war. Monas Augen weiteten sich und sie schaute von der Perücke in Hannas Hand zu Hanna selber.
Trommel dein Team zusammen. Wir brauchen Hilfe., war das Letzte, was sie von sich gab, bevor sie wieder hinter der Tür verschwand.
Als die beiden Frauen wieder im Auto saßen machte Hanna einen Anruf.
Jenna? Ja ich bins. Kannst du das Team zusammentrommeln? Wir treffen uns bei Connolly's Danke.
Mona wusste was Hanna vorhatte und nahm die schnellste Route zur Bar. Auf der Fahrt dahin kamen gerade die Nachrichten im Radio.
Heute ereilte uns erneut eine schreckliche Nachricht. Der vierte Tod in drei Wochen. Bei dem Opfer handelt es sich diesmal um den CEO und Bruder von Peter Coleman. Mark Coleman. Auch er wurde wie sein Bruder und alle anderen Opfer ohne Leber in einem verlassenen Gebäude aufgefunden. Die Frage die sich nun jeder stellt: Wann wird die Polizei den Täter endlich finden?
Hanna und Mona schauten sich erschrocken an und Mona trat das Gaspedal voll durch.

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