I-was?
Selbst als Summit das Handy längst wieder hat verschwinden lassen, starre ich auf die Stelle der Tischplatte, wo es lag.
„Interessant, nicht?", fragt eben seine seidenweiche Stimme.
Easton selbst ist noch immer völlig fassungslos.
„Das ... das ist doch ... unmöglich", stammelt er.
„Wollen Sie das Video noch einmal sehen? Es ist offensichtlich: Er ist nicht von hier. Und der Durchgang ist nicht spurlos an ihm vorbeigegangen."
Ich spanne meine schmerzenden Muskeln an. Nicht spurlos.
Und ich habe mich schon gefreut, dass ich noch lebe. Aber im Anbetracht der Erkenntnis, die über uns hängt wie ein dunkles, schweres Tuch, hätte ich einen richtigen Tod – wie sich das schon anhört – vorgezogen. Oder eine Einzelzelle.
„Bezüglich dieser Situation werden wir ihn wohl mitnehmen müssen."
Mein Kopf ruckt hoch.
„Mitnehmen?", fährt Easton auch schon auf. „Was soll denn das bitteschön heißen?"
„Nun, das bedeutet, dass das Sicherheitsamt dem SEA Vincent Holt überlassen wird, ohne irgendwelche Probleme zu machen."
„Auf keinen Fall! Er ist ein ... "
„Sie wollen doch nicht etwa unsere Forschungen behindern. – Oder etwa doch?"
Easton schnappt nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. „Das ... das ist
doch ... "
„Wunderbar", sagt Summit einfach nur heiter und lächelt den Polizisten an. „Die Einsatzberichte benötigen wir natürlich auch und wenn wir Sie brauchen, melden wir uns. In Ordnung?"
„Was haben Sie vor?", stoße ich mit möglichst fester Stimme hervor. Als mich Summits berechnender Blick trifft, läuft mir ein Schauer über den Rücken.
„Erst einmal werden wir all das", er winkt mit seiner Hand in meine Richtung, „Blut abwaschen."
„Sie wissen, was ich meine."
Seine nächsten Worte werden von einem weichen Lächeln begleitet. „Wir werden Sie untersuchen, Mr. Holt. Vielleicht unterscheidet sich ja Ihr körperlicher Aufbau oder Ihr Immunsystem von dem unseren. Nebenbei werden wir natürlich auch näher auf Ihre Veränderung eingehen."
Ich springe auf.
„Ich bin keine Laborratte", fauche ich ihn an. „Es hat sich doch herausgestellt, dass ich unschuldig bin, ich darf also gar nicht mehr festgehalten werden."
Summit lacht. Selbst der Fakt, dass er zu mir aufsehen muss, lässt ihn nichts von seiner Überlegenheit einbüßen.
„Unschuldig", wiederholt er amüsiert. „Diesen Berichten hier zufolge, haben Sie in Ihrer Welt" Der Mann lacht kurz auf. „mindestens einen Mord begangen. Haben Sie das nicht sogar selbst zugegeben? Bei uns wäre das schon ein Grund für ein Minimum von zwanzig Jahren Kälteschlaf. Und in dieser Welt haben Sie nicht nur keine Identifikation, nein, Sie haben sich auch den Sicherheitsbeamten widersetzt. Sie haben Landesverrat begangen, mein Teurer."
Einer seiner Männer verlässt seinen Platz und tritt vor. Die Hände hat er immer noch hinter seinem Rücken verschränkt und weiterhin starrt er geradeaus. Trotzdem bin es jetzt ich, der lacht.
„Landesverrat. Das hier ist nicht mein Land. Ich wurde hierher verschleppt, gefoltert und soll jetzt mit so einem Irren mitgehen? Vergessen Sie's!"
Summit hat seine Brauen hochgezogen und trommelt in einem gleichmäßigen Takt auf den Tisch. Es macht mich fast wahnsinnig.
„Sind Sie fertig?"
„Ob ich fertig bin? Ob ich..." Ich spüre Hitze in mir aufsteigen und beuge mich nach vorn. „Sie lassen mich gefälligst in Frieden oder helfen mir, zurückzukommen! Aber auf keinen Fall werden Sie..."
Das belustigte Lachen meines Gegenübers unterbricht mich.
„Mr. Holt, im Moment sind Sie einer der wertvollsten Schätze der BUS."
Ich glaube, mich zu verhören. „Der was?"
„Glauben Sie im Ernst, wir schaffen Sie irgendwohin zurück? Sie sind Eigentum der Regierung. Sie können schon von Glück reden, wenn unser ehrwürdiger Vater keinen Verkauf vorschlägt. Mr. Clyde, bitte."
„Das können Sie vergessen!", fahre ich ihn an. „Sie haben doch nicht mehr
alle ... "
Ich keuche auf, als mich der eine von Summits Männern an der Schulter packt und kurz darauf ein glühender Schmerz durch meinen Nacken bis in meine Wirbelsäule schießt. Ich drehe mich weg, reiße an den Ringen, welche meine Handgelenke zusammenhalten, will irgendetwas tun – doch ein dichter Nebel legt sich über den Raum und sämtliche Kraft scheint meinen Körper zu verlassen. Meine Beine knicken ein.
Bevor ich mit dem Gesicht auf der Tischplatte aufschlagen kann, haken sich zwei feste Griffe unter meinen Schultern ein und halten mich auf ziemlich schmerzhafte Weise oben.
„Ich danke Ihnen für Ihre Kooperation, Mr. Easton", höre ich eine gedämpfte Stimme. Man muss mir etwas über die Ohren gelegt haben. „Wir melden uns, wenn wir Fragen haben. Einen schönen Feierabend wünsche ich."
Ich kann mich nicht wehren, als ich von Summits Schlägertypen aus dem Raum geschleift werde. Ja, ich kann nicht einmal auf eigenen Füßen stehen. Dazu ist das Licht auf dem Gang so grell, dass ich meine Augen zusammenkneifen muss, hinter denen ein dumpfes Pochen immer weiter anschwillt.
„Dann machen wir uns mal auf den Weg, hm?" Ich spüre ein Tätscheln an meiner Wange und will diesem Kerl eine bissige Bemerkung an den Kopf werfen, aber es kommt nur ein undeutliches Nuscheln über meine Lippen. Frustriert stöhne ich auf.
Summit lacht. „Ich nehme das mal als ein Ja."
Als wir eine Tiefgarage betreten, ist mir so schwummrig und ich habe solche Kopfschmerzen, dass sich mein ganzer Körper verkrampft. Aus den Augenwinkeln sehe ich mehrere Fahrzeuge, dann öffnet die Frau in Summits Begleitung die Schiebetür eines Wagens und ich werde in dessen Inneres verfrachtet. Wenigstens meine Hände werden jetzt wieder freigegeben. Ein Klicken ertönt und der Druck der Ringe verschwindet.
„Bitte auf direkten Weg ins Institut, Mrs. Sawyer."
Vom Fahrersitz erklingt eine erstaunte Stimme. „Wollten Sie vorher nicht erst noch der Verwaltung einen Besuch abstatten?"
„Das kann warten. Wir müssen erst einmal unseren Besucher sicher verwahren."
Ich hebe meinen Blick und sehe das verschwommene Lächeln Summits, bevor er sich umdreht und der Wagen anspringt.
Wir verlassen die Tiefgarage.
Jetzt hätte ich vielleicht eine Chance gehabt, mich irgendwie zu orientieren, aber jede noch so kleine Bewegung erschöpft mich mehr und lässt meine Muskeln und Gelenke unangenehm ziehen. Ich begrüße diese Entwicklung aber fast schon, denn wenigstens spüre ich wieder etwas mehr und mein Körper ist nicht mehr so taub wie er es in dem Verhörraum war. Das Mittel scheint nur kurzzeitig zu wirken. Mit ein wenig Glück bin ich am Ende der Fahrt wieder so weit, dass ich mich wehren kann.
Ich blinzle gegen das immer noch auftretende Jucken in meinen Augen und zwinge mich, tief und gleichmäßig zu atmen. Was auch immer das für ein Zeug war, lange kann es einfach nicht wirken.
Nach wenigen Augenblicken wird das gemurmelte Gespräch zwischen Summit und der Frau, welcher er Sawyer genannt hatte, lauter und deutlicher und ich bemerke, dass die zwei Männer neben mir ihre Hände wie beiläufig auf meine Arme gelegt haben. An ihren Taillen hängen schwarze Gummiknüppel. Ich lasse meinen Kopf ein wenig weiter auf meine Brust sinken, in der Hoffnung, sie glauben, ich sei noch immer zu hundert Prozent benebelt.
Tatsächlich komme ich während der Fahrt wieder zu mir, sodass ich meine Sinne wieder völlig beisammen habe, als wir halten.
Die Wagentüren öffnen sich und mir wird beim Aussteigen geholfen. Ich stolpere gegen einen der Männer und kralle mich dabei an seinem Arm fest. Sollen sie doch denken, ich wäre hilflos. Hinter halb geschlossenen Lidern hervor sehe ich den augenscheinlichen Seiteneingang eines langen, aber flachen Gebäudes.
„Tragen Sie ihn rein und bereiten Sie ihn für ein MRT vor!", befiehlt Summit mit einem prüfenden Blick und ich werde auf die Beine gezogen.
Sobald ich fest auf meinen Füßen stehe, lasse ich meine Hand vorschnellen, reiße einen der Schlagstöcke an mich und ziehe ihn dem Besitzer über. Der nächste Schlag trifft den Magen des zweiten Mannes und ich reiße mich los. Ich warte nicht erst noch auf Summits oder Sawyers Reaktion, sondern drehe mich um und laufe los. Die Straße ist keine zwanzig Yards entfernt, nur ein Drahtzaun trennt uns und den erst einmal überwunden, wird auch Summit mich nicht ohne Weiteres von der Straße ...
Ein Ploppen ertönt und ein Ruck geht durch meine Kniekehle. Ich schreie auf, als Schmerz in meinem Bein explodiert und ich den Halt verliere. Unsanft komme ich auf dem Asphalt auf und schnappe schockiert nach Luft.
Das Brennen schwillt innerhalb von Sekunden noch weiter an und stöhnend presse ich die Kiefer aufeinander. Meine Hände finden schon schnell mein Knie und mein Herz setzt für eine Sekunde aus. Ich lege den Kopf in den Nacken, als der Schmerz dunkle Flecken vor meinen Augen tanzen lässt. Diese Schweine haben allen Ernstes auf mich geschossen. Ein Geräusch, halb zwischen Stöhnen und wütendem Schnaufen, entkommt mir.
„Sie müssen das nicht unnötig kompliziert machen, Mr. Holt."
Ich sehe auf. Summit steht mit verschränkten Armen hinter mir, die Brauen missbilligend zusammengezogen. Der Kerl, dem ich den Knüppel entrissen habe, richtet sich jetzt erst ächzend auf, die Hand an die Schläfe gepresst, aber sein Partner kommt schon mit gezogener Handfeuerwaffe auf uns zu.
„Sie sind doch wahnsinnig", stoße ich hervor. Der Schmerz lässt sich einfach nicht wegatmen.
„Nun, ich muss zugeben, es erscheint Ihnen moralisch vielleicht ein wenig verwerflich"
„Ein wenig?", unterbreche ich ihn schwer atmend.
„aber der Zweck heiligt ja bekanntlich die Mittel, nicht wahr?"
Summit lässt seine Augen über mich bis zu meinem Knie wandern.
„Das ist natürlich höchst unerfreulich, aber jetzt haben wir die Chance, zu sehen, was passiert, wenn Ihr Herz aufhört zu schlagen." Er lächelt. „Sollten Sie mich enttäuschen, können wir die übrigen Tests trotzdem noch durchführen."
„Das ... das kann nicht Ihr Ernst sein." Meine Stimme hat sich in ein heiseres Krächzen verwandelt. „Sie sprechen hier davon, mich umzubringen."
„Ironisch, nicht wahr?"
„Sie Mistkerl, Sie haben sie doch nicht mehr ... "
„Mr. Clyde, wenn Sie so freundlich wären." Der Mann neben ihm hebt die Waffe und ein zweites Ploppen ertönt.
Als ich meine zusammengepressten Augen wieder öffne, denke ich erst, er hat es nicht durchgezogen. Doch dann sehe ich das Leuchten in Summits Augen und mir fällt das Fehlen des Schmerzes auf, welcher in den letzten Stunden einfach dazugehört hat und nicht wegzudenken war. Mein Kopf ruckt herum und meine Augen weiten sich.
„Was ... "
Ich taste über mein Knie. Nichts. Als wäre nie etwas da gewesen. Nur das zerrissene Hosenbein zeugt von dem Treffer.
Noch dazu sind auch die Auswirkungen des Verhörs völlig abgeklungen. Selbst der lockere Zahn sitzt so fest als wäre nie etwas gewesen.
„Faszinierend."
Mein Blick flackert zu den Männern und ich rutsche zurück. Das ist nicht normal. Das kann einfach nicht wahr sein, es muss sich um einen Traum halten!
„Dann gehen wir mal rein", schlägt Summit heiter vor und sein Schlägertyp, Clyde, zieht mich hoch. Ich keuche.
Diesmal drückt er mir den Lauf der Waffe direkt in die Seite und schiebt mich auf die gläserne Tür zu. Sein Kollege lässt sich nicht erst auffordern, dabei zu helfen.
Es ist zum Verzweifeln. Die beste Chance auf eine gelungene Flucht verwirkt, wegen einer Kugel – welche jetzt sowieso nichts mehr ausrichtet. Abgesehen von der Panik, welche in mir an- und wieder abflaut, bin ich wohlauf. Die Verletzungen sind verheilt, das Betäubungsmittel hat schon längst aufgehört zu wirken und das Gas juckt auch nicht mehr in meinen Augen oder kratzt in der Lunge.
Mrs. Sawyer öffnet die Tür und lässt uns alle hinein, ehe sie sie wieder schließt.
„Willkommen im Hauptgebäude des SEA." Fast euphorisch hebt Summit seinen Arm, um ihn präsentierend von sich zu strecken. Wirklich viel zu sehen gibt es hier aber nicht. Ein langer, weißer Flur erstreckt sich vor uns, welcher erst weiter vorne auf eine gläserne Tür trifft.
Sobald wir vor ihr stehen, schwingen die Flügel auf und wir gelangen in einen weiteren Abschnitt des Ganges. Diesmal sind links sowie rechts lauter Türen in den Wänden eingelassen. Vor einer von diesen bleibt Summit stehen, den Blick hat er auf sein Handy gerichtet. Mrs. Sawyer hat den Türgriff bereits in der Hand.
„Nun gut, Mr. Holt. Diese zwei Herren hier werden Sie jetzt in einen unserer Duschräume bringen und Sie danach mit frischer Kleidung versorgen." Er sieht auf. „In einer halben Stunde ist das MRT vorbereitet. Versuchen Sie bitte, bis dahin nicht wieder Ärger zu verursachen, das ist reine Zeitverschwendung. In Ordnung?"
Wütend presse ich meine Lippen zusammen. Summit nickt, dann betritt er mit seiner Assistentin den Raum.
„Die Kleidung ausziehen und in das Fach legen. Seife steht auf der Ablage, wir stellen in drei Minuten das Wasser an."
Mr. Clyde nickt mir noch einmal zu, dann lässt er die Tür ins Schloss fallen und das metallene Schaben des Schlüssels fährt wie ein Messer durch meine Nerven.
Ich sehe mich um. Der Raum ist kleiner als eine Einzelzelle. An den Wänden und am Boden ist er gefliest und neben der Tür befindet sich tatsächlich eine kleine Luke. In der Decke ist eine Duschbrause eingelassen, dann fällt mir das Shampoo in die Augen.
Ich sehe an mir herab. So gerne ich es auch abstreiten würde, eine Dusche habe ich mehr als nötig. Ich strotze nur so vor Blut, Dreck und Schweiß und die letzten Stunden würde ich mir nur zu gerne von der Haut waschen.
Also gebe ich mich geschlagen und ziehe meine Kleidung aus. Ein wenig zitternd streiche ich über meine Rippen. Noch vor wenigen Minuten tat schon ein tieferes Einatmen weh; jetzt spüre ich nichts mehr. Auch der Rest meines Oberkörpers ist, abgesehen von einigen Narben, unversehrt. Nur die zwei Sterne knapp über meiner rechten Brust haben sich provozierend rot gefärbt.
Man möchte meinen, es wäre gar nicht mein Blut, welches da an meiner Haut klebt. Fast schon zu reflexartig tauchen wieder die Erinnerungen in meinem Kopf auf.
An diesem schicksalhaften Tag waren meine Hände geradezu ausnahmslos rot. Es hatte fast keine Stelle gegeben, an der die Haut durchschien. Ich fröstle, als ich daran denke, wie er mich gepackt und zu sich gezogen hatte. Die frühere Angst, dass er mir das Messer entreißt, ist fast greifbar.
Glücklicherweise wird jetzt das Wasser angestellt. Erst zucke ich zusammen, dann stelle ich mich jedoch schnell in den lauwarmen Regen. Unter dem lauten Prasseln vergesse ich sogar fast meine derzeitige Situation. Ich schrubbe all das Blut und den Dreck von meiner Haut und greife dann zu der Seife.
Als ich den Verschluss öffne und sie auf meinem Körper verteile, rümpfe ich meine Nase aufgrund des bitteren Geruchs. Es ist etwas ganz anderes als die geruchslose Kernseife aus dem Gefängnis. Trotzdem schäume ich mich ordentlich ein und hole das Beste aus der mir gegebenen Zeit. So fühle ich mich – als das Wasser abgestellt wird und nur noch gelegentlich ein Tropfen auf den Fliesen zerplatzt – wie ein neuer Mensch.
Tief atme ich durch und sehe auf, als die Tür geöffnet wird. Clyde steht draußen, winkt mich in den Vorraum und drückt mir dort wortlos ein Handtuch in die Hand. Abwartend bleibt er stehen.
Ich wende mich ein wenig ab und trockne mich schnell ab. Dann, als ich fertig bin, nimmt er es wieder an sich und reicht mir dafür ein weißes Paket.
„Anziehen."
Ich wickel die Sachen auseinander, steige in Unterwäsche und Hose und...
„Das ist ja wohl ein Scherz", zische ich, zitternd vor unterdrückter Wut.
„Anziehen!", wiederholt Clyde ein wenig lauter.
„Eigentum des SEA?" Ich schleudere ihm das Oberteil entgegen. „Das können Sie sich in den Arsch schieben!"
Er fängt es auf und kommt drohend auf mich zu.
„Holt, Sie werden dieses Oberteil sofort anziehen. Sie sind Eigentum der Regierung und somit auch Eigentum dieser Organisation. Wenn Sie keinen Ärger wollen, widersetzen Sie sich lieber nicht. Verstanden?"
„Ich bin Eigentum?" Ich lache, dann spucke ich ihm ins Gesicht. „Fick dich."
Im nächsten Moment landet seine Faust knapp unter meinen Rippen und ich krümme mich zusammen. Der nächste Schlag trifft meinen Nacken und meine Beine geben nach.
„Wir sind also schon beim Du?", knurrt es über mir.
Etwas Hartes trifft meine Seite und ich schnappe nach Luft. Ich hatte nicht einmal genug Zeit, um mich zu wehren.
Das hole ich nach, als Clyde mich an den Haaren schmerzhaft nach oben zieht. Meine Faust trifft auf seinen Kiefer. Er stolpert zurück.
Erst denke ich, er geht gleich wieder auf mich los, aber er richtet sich nur zu seiner vollen Größe auf und funkelt mich an. Das Licht des Raumes scheint auf eine kleine Narbe knapp unter seiner Augenbraue.
„Anziehen! So-fort!"
Ich fange das Hemd nicht auf, sondern lasse es an mir abprallen und zu Boden fallen.
„Ich werde mich hier nicht als Besitz abstempeln lassen. Entweder gibst du mir ein anderes Oberteil oder wir stehen hier, bis wir schwarz werden."
Clyde zieht seine Brauen zusammen und zieht die Waffe aus seinem Holster. Ich schnaube.
„Sag bloß, du willst mich erschießen." Trotz der letzten Male, in denen das nicht funktioniert hat, verkrampft sich mein Kiefer. Auf dem Gesicht des Mannes breitet sich ein Grinsen aus.
„Nicht tödlich. Soll ich dich noch einmal auffordern oder kooperierst du?"
Verächtlich verziehe ich mein Gesicht und trete auf ihn zu. Ein Fehler. Sobald ich den ersten Schritt gesetzt habe, drückt er den Abzug und ein Reißen in meiner Brust lässt mich zuckend zusammenbrechen.
Feuer scheint durch meine Adern zu strömen, sodass ich mich am ganzen Körper verkrampfe. Mir wird schwindelig und entsetzt schnappe ich nach Luft. Gedämpfte Schritte nähern sich und ein Schatten beugt sich langsam über mich. Clyde. Kurz betrachtet der Mann mich.
Als die Krämpfe wieder aufhören, zittere ich so sehr, dass ich nur keuchend liegenbleiben kann. Meine Glieder fühlen sich völlig taub an. Ich hasse mich abgrundtief für diese Schwäche. Yussuf würde mich wahrscheinlich verprügeln lassen.
„Wenn du dich nass machst, wirst du es bereuen. Na los, jetzt steh schon auf!" Clydes Fuß stößt gegen meinen Arm. „So ein Kerl wie du wird doch wohl ein wenig Strom aushalten."
Die Tür öffnet sich und sein Kollege betritt den Raum, aber Clyde winkt ab.
Als ich dieses Mal hochgezogen werde, bleibe ich nur noch schwankend stehen. Tief ziehe ich Luft ein, als er mir ruppig das weiße Oberteil gegen die Rippen stößt. Die Mündung der Waffe landet an meiner Wange. Ich drehe meinen Kopf weg, der Druck verschwindet aber nicht.
„Für jeden weiteren Ungehorsam gibt es so eine Ladung", flüstert Clyde. „Leg es nicht darauf an, unversehrt bist du wertvoller. – Und jetzt zieh dir endlich dieses verdammte Hemd an!"
Ich will in der Tür des Raumes stehen bleiben, aber Clyde stößt mich hinein. Vor Wut schäumend balle ich meine Fäuste, bin aber nicht so dumm, ihm jetzt eine runterzuhauen. Lieber verschaffe ich mir einen ersten Überblick der Situation.
Das pastellfarbene Zimmer ist leer – bis auf die lange Röhre, um welcher sich drei Männer aufgebaut haben. Summit ist einer von ihnen.
„Ah, Mr. Holt, da sind Sie ja endlich", begrüßt er mich überschwänglich.
„Ist das Ihr scheiß Ernst?", erwidere ich zischend und überrascht hebt er seine Augenbrauen.
„Mein Ernst? Was meinen Sie? Mr. Clyde, sagen Sie bloß, unser Gast hat eine Beschwerde."
„Gast!" Ich will auf ihn zugehen, aber mein Oberarm wird sofort eisern umklammert.
Summit scheint endlich zu verstehen oder hat wohl entschlossen, nicht mehr den Dummen zu spielen. Er lächelt.
„Ach, darauf spielen Sie an." Er fährt sich mir dem Zeigefinger über die Brust. „Ich kann verstehen, wenn Ihnen die Bezeichnung nicht gefällt, aber da müssen Sie wohl durch. Nehmen Sie es wie ein Mann."
Wie ein Mann. Wäre da nicht der Irre mit dem Elektrogeschoss hinter mir, würde ich ihm liebend gerne zeigen, wie ein Mann einen Fausthieb auszuhalten hat.
Summit dreht sich zu den zwei Männern, welche hinter ihm stehen. Sie tragen beide weiße Kittel, sind aber deutlich jünger als der, der das Wort nun an sie richtet.
„Sie können gerne anfangen, Dr. Palmer." Lächelnd nickt Summit in meine Richtung und einer der beiden Kittelträger setzt sich in Bewegung. Mich erinnert dieses Kleidungsstück viel zu sehr an Simmons' Leute, die mit dem Portal beschäftigt waren und finster sehe ich ihn an.
„Wenn Sie mich anfassen, breche ich Ihnen die Nase", knurre ich drohend und mir wird ein Elektroschocker ins Kreuz gedrückt. Nicht dieses pistolenartige Ding, das spürt man. Darauf anlegen will ich es aber trotzdem nicht.
„Tattoos, Piercings oder sonstige Gegenstände, welche Metall enthalten?", fragt der Doktor unbeeindruckt und hebt fragend seine Braue.
„Tattoo."
Auffordernd dreht der Schwarzhaarige seinen Zeigefinger in der Luft. „Zeigen!"
Ich schenke ihm einen verächtlichen Blick und ziehe ich mein Oberteil hoch, damit er die Sterne sehen kann. Dann drehe ich mich um und kann nun dem niederträchtigen Grinsen vor mir entgegenlächeln.
Zwei?, formt Clyde lautlos mit seinen Lippen, aber ich achte nur auf Dr. Palmer.
„Materialien?"
„Was glauben Sie, mit was man so ein Tattoo sticht?"
„Beantworten Sie einfach meine Frage. Sie liegen gleich zwischen zwei Magnetfeldern. Sie wollen sicher nicht, dass sich Metalle in der Farbe befinden, das wird ungemütlich."
„Stinknormale Tinte." Ich ziehe das Oberteil wieder runter und drehe mich zu ihm. „Stellen Sie sich vor, so etwas gibt es noch."
Wortlos zieht er einen Kugelschreiber aus seiner Brusttasche, dann deutet er damit auf die riesige Röhre, aus welcher sein Kollege eben eine lange Bahre herausfahren lässt.
„Legen Sie sich darauf, das MRT wird nicht allzu lange brauchen."
Skeptisch betrachte ich das Konstrukt.
„Was, wenn ich ... "
„Tu es einfach!"
Fast schon ungeduldig zerrt mich Clyde durch den Raum, bei der Röhre angekommen, reiße ich mich jedoch los.
„Fass mich nicht an! Meine Warnung gilt auch für dich."
Spöttisch zieht er seine Lippen kraus.
„Schön hinlegen. Auf den Doktor sollte man hören."
Palmer hat sich eines dieser gläsernen Handys aus der Kitteltasche gezogen und wischt darauf herum. Bei Clydes Bemerkung sieht er kurz auf, konzentriert sich dann aber kommentarlos wieder auf seine Arbeit.
Der Schläger scheint dadurch nur noch ermutigt zu werden. Seine Augenbrauen zucken.
„Das geht ganz einfach: Hinsetzen. Das linke Bein nach oben. Das rechte Bein folgt und einfach zurücklehnen."
„Mr. Clyde", wendet Summit wie beiläufig ein. „Ich bin mir sicher, unser werter Freund weiß, wie das vonstatten geht."
Auffordernd sieht er mich an.
„Bitte", schnaube ich. „Dann wünsche ich viel Spaß bei den außerordentlich interessanten Studien meines Körpers. Sie können mich ja auch gleich mit E.T. vergleichen." Ich hebe meinen Finger. „Wenn ich dann wenigstens meinen Anruf bekomme, ist es mir das auch wert."
Verständnislos sehen die Anwesenden mich an.
„I-was?"
Nicht zu fassen. Ich beschließe, nicht mit dem Kopf zu schütteln, sondern es einfach dabei zu belassen und mich hinzulegen.
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