Auf der Jagd

Asura

„... und The National Mall wird dazu aufgefordert, augenblicklich Schutz zu suchen!"
Ich werfe einen Blick zu Fellar, vielleicht hat der ja einen Plan, was hier abgeht. Aber abgesehen davon, dass er eigentlich auch nichts weiter erwähnt hat, als er heute von seiner Arbeit wiederkam – ich wende mich augenrollend ab –, sieht er auch jetzt ziemlich ratlos auf den blondhaarigen Typen mit diesen echt ... schrägen Augen. Im ersten Moment dachte ich noch, sie funkeln wie Glühbirnen, aber jetzt sind sie fast dumpf. Ich lehne mich ein wenig weiter nach vorn. Und sie bewegen sich komisch, blinzeln nicht einmal.

„Aufgrund eines Zwischenfalls auf unserem priorisierten Standort des SEA bestehen bis auf Weiteres Vorsichtsmaßnahmen, die Sie noch in diesem Augenblick empfangen. Damit wurden Sie offiziel über ihr Vorgehen informiert und haben im Interesse Ihrer eigenen Sicherheit unbedingt danach zu handeln!"
Er legt eine kurze Pause ein. Als ich ein zweites Mal zu Fellar lunse, zieht der eben sein Handy aus der Hosentasche. Und erblasst auf einen Schlag. Seine Unterlippe zittert tatsächlich sogar für einen kurzen Augenblick.
„Hier sehen Sie die Viatoren, auf die Sie in den nächsten Stunden ein besonderes Augenmerk zu halten haben, sollten sie sich noch an einem öffentlichen Zufluchtsort befinden. Sollte sich eines dieser Zielobjekte bei Ihnen befinden, ist dieser Ort nicht – ich wiederhole – nicht sicher!"

Der Typ hat gerade den Satz beendet, da werden auch schon die ersten Bilder eingeblendet. Bei vielen weiß man direkt, dass sie von uns sind. Den meisten aber, sieht man das nicht an.
Ich selbst erschrecke nur, als nebenbei auch noch aufgelistet wird, was diese Leute alles getan haben. Gegen einen Ausbruch bei dieser Organisation habe ich ja nichts und auch nicht, dass sie sich dabei gewehrt haben. Aber Mord? Die Zerstörung einer ganzen Gebäudehälfte und, wenn man dem denn auch wirklich alles glauben darf, der Angriff auf Passanten?
Ich schlucke. Jetzt habe ich ja kaum noch eine Chance, irgendwie ein normale Leben zu bekommen. Und einem Rundumblick nach zu schließen, bin ich auch nicht die Einzige von uns, der das gerade durch den Kopf geht.

Als das Bild einer Frau mit lockigen Strähnen und bronzener Haut auf dem Bildschirm auftaucht, erhebt sich Fellar ruckartig und verlässt stechenden Schrittes den Raum. Von den anderen Bewohnern des Gebäudes merkt das niemand so wirklich, weshalb ich möglichst leise bin, als ich ebenfalls aufstehe und ihm folge. Was hat der Kerl vor?
Bis in sein eigenes Zimmer geht er, vor welchem ich aber stehenbleibe und erst einmal lausche. Erst passiert nichts, nur seine hektischen Schritte dringen durch das Holz, dann ertönt seine Stimme.

„Alice, Gott sei Dank. Wo bist du gerade, Schatz? – Nein! Nein, nein! Du hast die Ankündigung doch sicher ebenfalls erhalten. Bleib, wo du bist, hörst du? Öffne niemandem die Tür ... – Ja, ich ... – Du hast recht, Schatz. Aber du musst aufpassen, hast du mich verstanden? Diese Fra-"
Ich stolpere, als sich die Tür zum Treppenhaus öffnet. Ich rechne schon mit Marcos oder irgendeinem anderen Idioten, aber der abgehetzte Jugendliche, welcher jetzt auf mich zustapft, ist mir völlig unbekannt. Mit großen Augen starre ich auf die Kleidung, welche ich vor gar nicht allzu langer Zeit ebenfalls getragen habe. Entschlossen nähert er sich. Bei mir angekommen, nickt er nur knapp, dann klopft er fest gegen die Tür und verschwindet, ohne auf die Antwort zu warten, im Raum. Sofort verstummt Fellars Stimme.

„Asura!"
Ich drehe meinen Kopf und hätte fast geächzt. Da ist nun doch Marcos.
„Ist er da drinnen?", fährt er mich fast schon an, wartet aber gar nicht ab, sondern betritt einfach den Raum. Die Tür lässt er geöffnet. Ich trete einen Schritt vor und sehe hinein.
Fellar scheint das Gespräch mit dieser Alice – oder diesem Ellis, ich weiß es nicht – unterbrochen zu haben und hält nun auch in dem Gespräch mit dem Neuankömmling inne.
„Wendell, wir ..."
Fellar hebt seine Hände.
„Entschuldigen Sie mich bitte für eine Sekunde, Marcos – Takeshi,  mein Guter, möchtest du dich vielleicht erst einmal frisch machen? Asura sagt deiner Schwester sicher gerne Bescheid." Seine hellen Augen treffen auf mich und fixieren mich fast ein wenig tadeln. Was soll denn das jetzt wieder?
Der Neue nickt nur, dann dreht er sich um, kommt auf mich zu und zieht an mir vorbei. Der ist ja echt mehr als seltsam.

Fellar wendet sich dagegen wieder an Marcos.
„Entschuldigen Sie bitte, Sie haben das ja mitbekommen. Demnach ist es für mich auch gerade ein wenig stressig. Aber erläutern Sie mir ruhig Ihr Anliegen."
Der suhlt sich ja geradezu in Selbstmitleid. Pah! Ich setze mich kopfschüttelnd in Bewegung.
„Ihr Mann ist hier, Wendell! In der Hauptstadt. Eine der Kameras für uns hat ihn in einem der Randbezirke erwischt und den Standort gleich an die App weitergeleitet."
Ich beschließe, meine Schritte zu beschleunigen. Ich will gar nicht wissen, was sie mit was für einem armen Kerl auch immer vorhaben.
„Das tut mir sehr leid, Marcos, aber im Moment habe ich eine gänzlich andere Priorität. Sie ist ... nein! Einen Augenblick! – Er könnte uns sicher helfen, wenn es darum geht ..."

Kurz herrscht Schweigen, dann:
„Asura!"
Ich bleibe stehen und drehe mich langsam um. Fellar ist auf den Gang getreten, das gläserne Smartphone immer noch in der Hand.
„Könnten du und Ayame bitte gleich auf direktem Wege nach unten kommen? Wir treffen uns direkt am Eingang, in Ordnung? Gehen Sie bitte mit, Marcos, ich beeile mich. Ich muss nur noch einmal in den Kühlraum."
Es gibt einen Kühlraum?
„Was denn. Sie gehen auch mit?", höre ich Marcos laut einwenden.
Ich ziehe meine Stirn in Falten. „Was glauben Sie eigentlich, wo wir hingehen?"

Fellar kommt mir fast ein wenig überfordert vor – es kann doch gar nicht nur der Ausbruch gewesen sein, der ihn so aufregt –, aber dann nickt er Marcos erst zu, dann sieht er wieder zu mir.
„Wir holen einen Flüchtigen zu uns. Natürlich liegt die Wahl, das Angebot anzunehmen, ganz bei ihm. Ich hätte aber sehr gerne deine Hilfe, gerade nach den letzten Informationen, die man über ihn erhalten hat."
„Was denn für Informationen?"
„Nun, nach ihnen hat er es geschafft, eine für ihn nicht zu unterschätzende Bedrohung innerhalb weniger Augenblicke auszuschalten. Ich erhoffe mir von dir ein wenig ... Sicherheit. Natürlich nur, wenn du dazu bereit bist."

Terrence

Vorsichtig schiele ich zu meinem  Begleiter hoch. Mit grimmiger Miene beißt der von seinem Hotdog ab. Die Dinger sind hier einfach am billigsten, deshalb bestehen die Mahlzeiten immer aus den gleichen Inhalten. Knapp bei Kasse sind wir irgendwie trotzdem.
„Du weißt aber schon, dass wir besser dran wären, wenn du mir sagen würdest, wie du an Geld kommst", merke ich an.
Jasper hält inne und wirft mir einen finsteren Seitenblick zu.
„Ja, ist klar. Und riskiere nebenbei, dass du es total verbockst? Vergiss es!"
„Aber ..."
„Ich hab gesagt, vergiss es! Dich kann man ja nicht einmal allein Essen besorgen gehen, was du zwei verdammte Male bewiesen hast. Wenn ich dich jetzt noch auf die Leute loslasse, sterben wir."

Schnaubend senke ich meinen Blick auf mein heutiges Mittagessen.
„Wenn es wenigstens mal was anderes wäre", murmel ich. „So langsam verliere ich den Geschmack daran, dabei hab ich die doch früher geliebt. Bei uns in der Nähe gab es ..."
„Alter, ich würde jetzt gern essen. Weißt du, was dazu schmecken würde? Schweigen."
„... einen Kerl, der echt geniale gemacht hat. Die haben sogar mit Sauerkraut geschmeckt." Ich grinse. „Mein Onkel hat immer eine ganze Ladung mitgebracht, wenn er zu uns gekommen ist und ein Spiel von den Brooklyn Nets stattfand. Scheiße, der Typ hat die Kerle mehr geliebt als meine Tante. Einmal hat er sogar ..."
„Weißt du, Schweigen passt zu vielen Sachen. Solltest du mal ausprobieren", unterbricht mich Jasper erneut.

Ich schließe meinen Mund und schaue blinzelnd zu ihm. „Was?"
Er verdreht seine Augen.
„Halt die Klappe!"
„Hm – Weißt du, dein Blutdruck scheint irgendwie mit jeder weiteren Unterhaltung zwischen uns zu steigen, nur so eine Vermutung. Die Oma meines besten Freundes hatte das ganz oft. Immer, wenn ich ihn besucht habe, hat sie solche Pillen genommen, die brauchte sie nämlich. Ich fand nur immer komisch, dass es so viele auf einmal waren und ..."
„Sag mal, kannst du nur atmen, wenn du redest? Sei endlich still!"
„Pff, jetzt übertreib mal nicht, ich ..."
Bei seinem Blick verschlucke ich mich fast. „Ist ja gut, komm runter."

Ich beiße von meinem Hotdog ab und betrachte die Passanten, die uns entgegenkommen. Viele von ihnen sehen echt gestresst aus. Ich will gerade noch einen Bissen nehmen, als ausnahmslos jeder Fußgänger abrupt zum Stehen kommt. Ich stolpere fast über meine eigenen Füße, dann höre ich das leise Rumpeln auch. Ich bin mir sicher, es nicht wirklich zu spüren, aber es scheint in meinem Blut zu vibrieren.
Ratlos schaue ich zu Jasper – der genau in diesem Augenblick alarmiert an den Himmel deutet. Ich folge seinem Fingerzeig und nun entdecken auch andere den rötlichen Schimmer am Himmel.
Dieser setzt sich gerade aufgrund des dumpfen Flackerns so sehr von all der Reklame und den anderen Lichtern der Stadt ab. Und weil eine dunkle Rauchwolke das Licht verlässt und im Abendhimmel verschwindet.

„Da ist was in die Luft geflogen", stellt Jasper fassungslos fest, dann packt er mich schon am Arm und zieht mich mit sich mit.
„Alter, was soll denn das? Wenn da wirklich was explodiert ist, dann sind wir doch nicht einmal in der Nähe."
„Bist du wirklich so hohl?", will Jasper von mir wissen. „Erstens kann sich das, was auch immer da passiert ist, ruckzuck in unsere Nähe bewegen und wenn es nur die Panik der Leute ist. Zweitens werden diese einer Hirnwäsche unterzogenen Bürger jetzt noch vorsichtiger, ganz besonders bei Portalreisenden. Gib denen zwei Minuten, dann ist ausnahmslos jeder in dieser App."

Da hat Jasper allerdings recht. So wie ich das verstanden habe, scannt diese beim Gebrauch fast automatisch die Umgebung oder verbindet sich mit irgendwelchen Kameras, um solche wie uns zu ausfindig zu machen. Bilder haben die von uns sowieso, woher auch immer.
Mit einer noch grimmiger verzogenen Miene zieht Jasper mich die Straße hinunter und wechselt sogar mehrere Male die Straßenseite. Einmal rennt er sogar fast einem Taxi in die Seite.
„Pass auf!", warne ich ihn. „Tot nützt du mir nichts."
„Ja, und du nutzt mir weder tot noch lebend", grollt er, „und ich beschwere mich auch nicht. Komm jetzt!"
Die Augen verdrehend entziehe ich ihm meine Hand und folge ihm so. Jetzt kommen wir auch schneller voran.

„So. Hier bleiben wir für ein paar Stunden."
„Stunden?", wiederhole ich und sehe mich stirnrunzelnd in der Ruine um. Na gut, es ist eher ein Büro eines stillgelegten Betriebsgeländes, aber das ändert nichts daran.
„Ja!", antwortet Jasper mit Nachdruck und drückt mich auf einen verstaubten Bürostuhl. „Kann auch sein, dass wir hier übernachten, mach's dir also gemütlich. Oder auch nicht, ist mir scheißegal!"
Zweifelnd starre ich auf den Schreibtisch – auf dem sich irgendwelche verschmierten Kabel, Tassen und verklebten Papierblöcken befinden – und dann durch die Scheibe dahinter. Sie bietet den Ausblick auf die riesige Produktionshalle, wie ich annehme, welche widerum mit allen möglichen Kartons, Stahlträgern und anderen Sachen vollgestellt ist. Hat sich der Schemen da drüben bewegt?
Nein, das ist eine Plane, welche man auch über andere der Sachen gezogen hat. Echt gruselig.

„Sicher? Du willst hier schla-"
Jasper dreht sich wortlos zur Tür.
„Hey, wo gehst du denn hin?"
Ich springe auf, aber er verpasst mir einen Stoß gegen die Brust, sodass ich zurückfalle.
„Ich verschaffe mir nur einen Überblick über die Lage da draußen, Idiot. Die brauche ich nämlich, um zu wissen, wie ich darauf reagieren muss."
Ich krampfe meine Finger um die Armstützen des Stuhles.
„Du lässt mich nicht allein?"
Jaspers sieht mich verwirrt an.
„Warum soll ... Hergott, nein!" Ächzend greift er sich an die Nasenwurzel. „Bleib einfach hier und warte. Ich bin in spätestens zwei ..."

Ruckartig reißt er seine Hand hoch. Erst bin ich verwirrt, was das soll, dann klirrt jedoch plötzlich Glas und ich werde in den Bürostuhl gedrückt, der nach hinten kippt und zu Boden kracht. Im nächsten Moment landet Jasper neben mir. Keuchend sehe ich ihn an.
„Wa-" Seine Hand landet auf meinem Mund und erstickt mir die Worte in der Kehle. Der Zeigefinger seiner anderen wandert an seine Lippen.
Ich erstarre. Jetzt höre ich sie auch: Schritte.
Ganz langsam nähern sie sich und nur ein leises Klicken mischt sich unter sie.
„Na? Wen habe ich erwischt?", ertönt da eine mir sehr gut bekannte Stimme.
Meine Augen weiten sich.
„Oh bitte, dachtet ihr ernsthaft, ihr könnt mich einfach so abhängen?" Hunter lacht. „Ihr hättet mir schon das Display nehmen müssen und selbst das hätte euch nur ein paar Stunden Vorsprung verschafft. Höchstens zwei. Und bei so einer kleinen Quasselstrippe ist die Jagd sowieso keine wirkliche Herausforderung."
Jasper scheint mich mit seinen Blicken regelrecht aufzuspießen.
„Also? Wer ist noch wach?"

Jasper nimmt vorsichtig seine Hand von meinem Mund, dann deutet er auf mich.
Wie bitte? Nein! Das ist eine ganz blöde Idee. Ich schüttel hektisch mit dem Kopf und rucke ein Stückchen von ihm weg, woraufhin er sofort seine Augenbrauen zusammenzieht. Ich schlucke. Vielleicht doch keine so blöde Idee?
„Verschwinden Sie einfach!", rufe ich heiser und die Schritte stocken für einen Augenblick.
„Ah, das kleine Irrlicht. Du klingst ja ganz munter, haben wir die Befreiungsaktion gut überstanden?", fragt der Mann gehässig und seine Schritte setzen sich wieder in Bewegung. Das Herz klopft mir bis zum Hals.

Jasper selbst bedeutet mir jedoch weiterzusprechen. Ist das sein Ernst? Fragend sehe ich ihn an.
„Sprich einfach", zischt er so leise, dass ich es selbst kaum hören kann.
„Wie ... wie haben Sie uns gefunden?"
„Hast du mir nicht zugehört? Abgesehen davon, dass man dir einen Knebel höchstens verweigern sollte, wenn du isst, gibt es eine App, die euch kleinen Monster dokumentiert und den Leuten ermöglicht, euch leichter zu erkennen. Es werden sogar neue Kameras ausgetestet, die extra auf euch ausgerichtet sind."
Ach, was. Als ob wir das noch nicht wussten.
„Warum werden dann nicht mehr von uns gefunden?", frage ich mit möglichst viel Verwirrung in der Stimme und betrachte Jasper, der sich vorsichtig auf die Tür zubewegt. „Und warum schaffen das nicht andere Leute oder ..."
„Nun, das liegt wohl einfach an fehlender Zivilcourage. Schade, nicht? Aber na ja, für Leute in meinem Metier ist das wohl ein positiver Aspekt. Mehr Cash, wenn du verstehst."

Jetzt hat Jasper die Tür des Büros erreicht und schiebt diese vorsichtig ein Stück auf. Nur ein ganz kleines.
Wieder ertönt das Lachen von der anderen Seite der kaputten Scheibe. Es ist jetzt ganz nah.
„Ich muss sagen, ich hätte erwartet, du suchst das Weite, Kleiner. Ich bin nicht an dich interessiert. Verschwinde und ich verspreche dir, dass ich mich gut um deinen Freund kümmere."
Jasper spannt die Kiefer an, seine Augen funkeln so angriffslustig, dass ich erst nicht weiß, was und ob ich antworten soll.
Da höre ich leises Knirschen, als wäre Hunter auf Glasscherben getreten. Im nächsten Augenblick ist Jasper schon aus dem Raum geschlüpft und ich bin allein. Sofort verwandelt sich die Mischung aus Angst und Ratlosigkeit in meinem Inneren in Panik. Ich blicke auf meine Hände. Was mache ich jetzt? Das hier ist meine Schuld, ich muss etwas tun! Aber was? Ich balle meine Fäuste und denke nach. Ich muss einfach nur nachdenken, dann wird das schon! Hauptsache, ich lenke ihn erst einmal von Jasper ab, damit der vielleicht doch noch ...

Ich erstarre. Nachdenken. Zeit ... schinden. Tief atme ich durch und versuche, mich soweit zu sammeln. Dann, als ein Schatten in das Büro fällt, stoße ich mich von dem Schreibtisch ab, werfe mich nach hinten und richte meine Hände auf die Gestalt im Fenster. Dann gebe ich alles, was ich habe und lasse die Funken auf ihn zufliegen.
„Der Tag soll dich holen!"
Ohne auf das Ergebnis zu warten, springe ich auf und stürme aus dem Büro, lautes Brüllen in den Ohren.
„Das war gerade nicht dein Ernst!", zischt es neben meinem Ohr und Jasper zieht mich mit sich mit. „Komm jetzt!"
„Was hast du gemacht? Wolltest du ihn nicht irgendwie ausschalten oder so?"
Jasper grinst doch tatsächlich.
„Ich hab eines der Kabel vor dem Eingang dieser Produktionshalle gespannt. Wenn er jetzt losrennt, dann ..."

Ein Fluchen unterbricht ihn und das Funkeln in Jaspers Augen sprüht fast Funken.
„Jetzt hängen wir ihn zwischen all den Gebäuden auf dem Betriebsgelände ab und mit ein bisschen Glück werden wir ihn bei dieser Gelegenheit auch gleich noch ..."
Wieder stockt er und diesmal bleibt er sogar stehen, die Arme ruckartig nach vorne stoßend. Nichts passiert.
Verwirrt komme ich ebenfalls zum Stillstand. Wir haben gerade einmal den Ausgang des Gebäudes und damit den Vorhof erreicht. Was hat er denn?
„Jasper? Ist alles in Ordnung?", frage ich leise. Wir müssen doch weiter!
Dann folge ich seinem Blick und mir stockt der Atem. Am anderen Ende des Hofes, vielleicht fünfzig, sechzig Yards entfernt, stehen zwei Leute. Regungslos beobachten sie uns – und ich merke, wie sich ein Druck um meine Brust legt. Was ... als ich ein Keuchen von mir gebe, läuft Jasper los.

Asura

Das ist wirklich unglaublich. Der kleine Kerl ist kein Problem, aber der andere – immer noch ein wenig zittrig folge ich Fellar – der hat es echt drauf.
„Ist alles in Ordnung?"
Ich schaue auf. „Ja."
Er nickt. „Das ist gut. Ich bedanke mich noch einmal bei dir für deine Mithilfe. Jetzt müssen wir uns nur beeilen, die Zeit spielt gegen uns."
Ich runzle meine Stirn. „Was meinen Sie denn damit?"
„Ich spreche von dem Huntsman, wie diese Leute sich nennen. Er wird nicht gerne zulassen, dass man ihm seine sogenannte Beute wegschnappt. Und um das zu garantieren hat er sicher auch gleich den Service informiert, wir könnten es also mit einigen Einheiten zu tun bekommen und die Befreiung des jungen Mannes wird sehr viel komplizierter."

Ich bleibe stehen, bevor ich mir einen Ruck gebe und schnell weiterlaufe. Der SEA. In Gedanken schwöre ich mir, zu verschwinden, sobald es einen Mucks von diesen Typen gibt. Ich habe keine Lust auf eine erneute Festnahme.
„Keine Sorge, bei mir bist du in Sicherheit", fährt Fellar fort, der mein Zögern bemerkt haben muss. „Wir müssen nur erst unseren Schützling finden."
„Ja, ja, das sagt sich so leicht", erwidere ich spöttisch und mustere die Gebäude des alten Betriebsgeländes argwöhnisch. Links und rechts von uns türmen sie sich auf, fallen aber gleichzeitig auch wieder in sich zusammen. Die zwei Kerle vor diesem Huntsman zu finden, wird schwer.
Ich richte meinen Blick wieder auf Fellar, der seinen Weg wie selbstverständlich wählt und nicht für eine Sekunde zögert. Allerdings sieht auch er sich immer wieder bedenklich um, wobei er besonders die Dächer im Blick behält.
Dabei streicht er sich wohl eher unterbewusst über die Innenseite seines Ellenbogens. Vielleicht liegt das ja an dem, was er in diesem Kühlraum getrieben hat.

Ich kneife meine Augen zusammen – als ich etwas höre.
Auch Fellar bleibt stehen, wirbelt dabei ein wenig Staub auf, und horcht in die Dämmerung, deren Schatten von Minute zu Minute immer länger und dunkler werden.
„Das ist Marcos", stellt er schließlich fest. Ich selbst kann mich aber nicht darüber freuen, denn Marcos klingt ganz und gar nicht glücklich.
„Da ist aber irgendetwas passiert."
Diesmal ist Fellar schneller unterwegs. Unglaublich, dass das in dem Alter noch geht.

Dem haben wir es aber zu verdanken, dass die Stimmen schnell lauter werden. Dass wir uns mehrere Portalreisenden nähern, hätte ich aber auch so sagen können. Es kribbelt in meinem ganzen Körper.
Als wir um die nächste Häuserecke treten, rutscht mir aber das Herz in die Hose. Marcos, der unseren eventuellen Rekruten eigentlich hier erwarten und in Sicherheit bringen sollte, liegt unter einem seltsam dickmaschigen Netz am Boden und zuckt unheilverkündend. Von seiner Mutation spüre ich nichts mehr. Das kommt mir so bekannt vor, dass mir automatisch schlecht wird. Jetzt auch noch solche Netze? Wie konnte es denn noch schlimmer werden?
Allerdings sind noch zwei weitere Personen auf der Bildfläche zu sehen. Der Jugendliche, auf den Fellar aus ist und der in eine Ecke gedrängt wurde und ein weiterer Mann.

Dieser trägt schwarze Funktionskleidung hat einen kurzen Irokesenschnitt und seine dunkle Haut glänzt im schwachen, aber flackernden Licht der Stadt.
Er hält eine Waffe auf den Jüngeren gerichtet, welcher dasselbe bei ihm mit seinen Händen tut, und fixiert ihn fest. Wie zwei Raubtiere, welche nur auf den kleinsten Fehler des Gegners warten.
Der Mann, der mir aber in der nächsten Sekunde einen Schauer über den Rücken jagt, ist keiner mit einer Waffe oder einer Mutation – das wäre noch am leichtesten zu bewältigen –, aber Fellar erweckt gerade einen echt wütenden Eindruck. Er rastet nicht aus, erhebt nicht seine Stimme oder ballt auch nur die Fäuste. Nur sein Rücken wirkt plötzlich verspannt und er setzt sich in Bewegung.

„Guten Abend, der Herr. Ich möchte Sie zwar nicht verunsichern, aber ich habe den Eindruck, dass Sie gerade eine außergewöhnlich große Dummheit begehen."
Beide Gestalten zucken zusammen und mit einem vorsichtigen Blick zu den Fremden nähere ich mich Marcos. Was hat er denn? Er zuckt immer noch so sehr, als würde er unter Strom stehen.
„Was bist du denn für einer?", grollt es da und ich sehe, wie sich der breit gebaute Huntsman Fellar zuwendet. Der Portalreisende scheint jedoch seine Chance zu wittern und schnell richte ich mich wieder auf.
Diese Kraft, die in der Luft flimmert, ist beängstigend. Ich schaffe es nicht einmal, sie richtig abzuwehren. Irgendwie erreicht sie den Kerl, der daraufhin wankt. Nur ein Stückchen.

Knurrend hebt er seine Waffe und schnell tritt Fellar mit erhobenen Händen zwischen die beiden.
„Wie wäre es, wenn Sie sich erst einmal beruhigen und mir vielleicht sogar erklären, weshalb Sie so mit meinem Freund umgehen?"
Schnell wende ich meine Aufmerksamkeit wieder diesem zu.
„Warte, ich helfe dir", flüstere ich und knie mich nieder.
„Feund?" Fassungslos starrt der Fremde den Alten an. „Was bist du denn für ein Clown? Sag bloß, du bist auch einer von denen!" Jetzt grinst er und richtet den Lauf seiner Waffe doch tatsächlich direkt auf sein Gesicht. „Der Tag wird ja immer besser."

Schnell mache ich mich an den Maschen zu schaffen, um Marcos endlich zu befreien. Wie konnten die sich nur so fest um ihn ziehen? Und dann noch seine Unruhe ...
„Kannst du nicht einmal still halten!", zische ich.
Ich sehe, wie er seinen Mund öffnet.
„Ka- kann ... ni-"
Die Farbe weicht ihm aus dem Gesicht und er verkrampft sich. Scheiße, was hat er denn?
Ich beschleunige mein Tun mit einem nervösen Blick auf das Dreiergespann wenige Meter vor mir. Wie kann denn der erste Einsatz so beschissen verlaufen?

Da legt sich ein Vibrieren in die Luft und ich halte inne. Erst ist es nicht mehr, nur das leise Schwingen. Die anderen bemerken es gar nicht. Nicht einmal der Jugendliche, welcher seinen Blick immer wieder ruhelos herumschweifen lässt, aber für ihn sieht es wirklich schlecht aus. Vor ihm Fellar und dieser Schrank von Kerl, neben ihm eines der kleineren Gebäude – allerdings fast völlig intakt, sodass er nicht einmal durch eine kleine Lücke in der Mauer schlüpfen könnte – und rechts von ihm ein dunkler Drahtzaun. Seine einzige Chance ist eigentlich nur noch sein Freund, der sich aber wahrscheinlich selbst in Sicherheit gebracht hat.

Schluckend konzentriere ich mich wieder auf meine Arbeit, ohne auf Marcos' Winden und das nun stärker werdende Vibrieren einzugehen. Letzteres wird nun auch von den männlichen Individuen hier bemerkt. Von denen, die nicht völlig den Verstand verloren haben.
„Was ist denn jetzt hier los? Machst du das, du kleiner Spinner?"
„Jetzt halt schon endlich still, verdammt!", zische ich zum wiederholten Male. Endlich tut Marcos es auch, dafür drehen sich aber seine Augen in den Hinterkopf. So eine Scheiße! Irgendetwas an diesem Netz ist ganz und gar falsch, solche Reaktionen gab es bei mir noch nie.
„So, ihr macht jetzt alle die Fliege oder ihr werdet e-"

Ich erfahre nicht, was wir werden, denn im nächsten Moment geht ein solches Beben durch den Boden, dass der Huntsman und die zwei von ihm Bedrohten zu Boden gehen. Sogar die Risse in dem sowieso schon trockenen Asphalt, reißen noch weiter auf.
Ich wusste ja so ungefähr, was Ayame draufhat, aber das ist echt klasse. Sie verschafft uns Zeit und setzt dieses Arschloch vorzeitig außer Gefecht.
Und endlich kann ich das Netz endgültig entwirren und von Marcos runterziehen. Wie ein Ertrinkender nach Luft schnappend dreht er sich auf die Seite. Der Boden vibriert immer noch, aber ich bezweifle, dass er das überhaupt wahrnimmt.

Ich beuge mich zu ihm und lege meine Hand auf seine Schulter.
„Geht's wieder? Was war denn das?"
Wie kann ihm das so wehgetan haben?
Als ein leises Zischen ertönt, schaue ich auf. Der Huntsman hat sich wieder aufgerichtet und funkelt Fellar wütend an.
„Was auch immer das für eine kleine Show war, sie ist vorbei. Jämmerlich, wenn ihr dachtet, das würde mich aufhalten, mir meine rechtmäßige Belohnung einzuholen."
Das Gesicht des Jugendlichen verzieht sich zu einer wütenden Grimasse und ich bemerke das leise Zucken seiner Finger. Aber Marcos ist schneller. Schwankend kommt er auf die Beine – und lässt seine Faust in einer solchen Geschwindigkeit auf den Bewaffneten niedersausen, dass der ohne jede Reaktion zusammensackt.

Dann stützt er sich keuchend auf seine Knie, während Fellar vorsichtig aufsteht. Seine Hände zittern stärker als sonst.
„Was für ein unangenehmer Mensch", meint er jedoch nur und beugt sich zu Marcos. „Ist alles in Ordnung, mein Guter? Kommen Sie, setzen Sie sich, das haben Sie sehr gut gemacht."
Während Fellar ihm hilft, sich wieder auf dem Boden niederzulassen und dabei beruhigend seinen Rücken tätschelt, verschränke ich meine Arme. Er ist ja so toll, was habe ich nur für ein Glück. Und die Sicherheit, die ich durch ihn erlange, wie konnte ich nur ...
Durch eine schnelle Bewegung werde ich wieder auf unser eigentliches Ziel gelenkt. Was hat er vor? Will er uns angreifen oder ...

„Bist du verletzt, mein Freund? Hoffentlich hat er dich nicht allzu grob behandelt."
Der junge Mann hält inne und mustert Fellar mit zusammengezogenen Brauen.
„Das kann Ihnen ja wohl egal sein, oder?" Seine funkelnden Augen treffen mich. „Und du hörst sofort mit dem Scheiß auf, ich kann auch ohne!"
Zögernd lasse ich die Verteidigung sinken und sichtlich entspannt er sich. Okay, für mich sichtlich, denn Fellar hebt beruhigend seine Hände.
„Ich kann mir vorstellen, dass es für dich nicht leicht ist, mit mir zu sprechen. Ich möchte dich jedoch lediglich darauf hinweisen, dass wir dich gerne aufnehmen und unterstützen würden. Wie klingt das für dich? Ein Dach über dem Kopf, tägliche Mahlzeiten, ein warmes Bett ... und Schutz vor meiner Regierung."
Lächelnd breitet Fellar seine Arme aus. „Was hältst du davon?"
Der Jugendliche tut das wohl einzig nachvollziehbare: Er schnaubt.
„Halten Sie mich für so bescheuert? Gab es überhaupt schon einmal jemanden, der Ihnen das abgekauft hat?"

Jetzt sieht Marcos auf. „Ich habe es und bis jetzt bereue ich nichts", sagt er über seinen schweren Atem hinweg.
Ich drehe meinen Kopf, als Ayame neben mir auftaucht. Sie sieht doch recht zufrieden aus. Wahrscheinlich denkt sie im Moment aber sowieso nur an ihren erst zurückgekehrten Bruder.
Spöttisch sieht der Fremde auf Marcos herab.
„Ja? Wirklich gar nichts? Nicht einmal die Aktion mit dem Netz gerade eben? Das sah für mich ganz anders aus – aber das kann mir ja auch egal sein, lasst mich jetzt sofort durch, ich wüsste nicht, weshalb ich eure Hilfe benötigen sollte."

„Nun, vielleicht weil", Fellar sieht auf seine antiquate Armbanduhr, „dieser gute Mann hier zu meinen Füßen mit Sicherheit die Behörden gerufen hat und diese in nicht einmal mehr drei Minuten hier ankommen werden. Der durchschnittlichen Geschwindigkeit einer Einheit nach."
Herausfordernd hebt sein Gegenüber den Kopf.
„Diesen Affen bin ich schon vorher entkommen."
„Im Moment ist nur leider jeder – Affe unterwegs, um alle entkommenen Portalreisenden einzufangen. Glaube mir, du wirst sie gar nicht kommen sehen, so viel Zeit, um jeden Einzelnen vorschriftsmäßig zu stellen, haben sie nicht."

Jetzt macht sich doch ein zweifelnder Ausdruck auf seinem Gesicht breit.
„Entkommene Portalreisende? – Wer sagt mir überhaupt, dass nicht Sie diesen Service gerufen haben?"
„Würde ich das alles wirklich erst aufklären oder all die Fragen beantworten wollen? In der momentanen Situation und zu dieser Stunde? Warum kommst du nicht erst einmal mit und ich erkläre dir alles in aller Ruhe? Danach kannst du noch immer frei entscheiden, ob du mein Gebot annehmen möchtest oder nicht."
„Und was ist mit meinem Begleiter? Wenn Sie mich hier gefunden haben, wissen Sie sicher auch von ihm. Was ist mit ihm?"
Fellar legt seinen Kopf schief. „Ich sehe ihn gar nicht. Bis jetzt habt ihr nicht wirklich einen kameradschaftlichen Eindruck erweckt und ich kenne nur kleine Ausschnitte, die ich von der ein oder anderen Kamera erhalten habe. Selbstverständlich kann ich mich auch irren."
Ich spanne mich an. Das Zucken der Mundwinkel kann ich regelrecht vor mir sehen.

Der folgende Gesichtsausdruck zeigt, dass Fellar ins Schwarze getroffen hat.
„Ich kann mir vorstellen, wie schwer es gewesen sein muss, jeden einzelnen Tag auf sein Überleben zu achten und sich niemals wirklich zur Ruhe legen zu können. Sollte er dir geholfen haben, dies ein wenig leichter zu vertragen, dann kann ich sein Mitkommen sicher irgendwie einrichten, aber wenn nicht ..." Fellar lässt den Satz ausklingen, aber er braucht gar nicht sagen, was mit dem anderen passieren würde.
Ich balle meine Fäuste. Nur weil er nicht so toll ist, soll er denen in die Hände fallen?

Als der junge Kerl entschieden mit dem Kopf schüttelt, legt sich meine Wut etwas.
„Sorry, alter Mann."
Autsch, ganz dünnes Eis.
„Aber entweder nehmen Sie uns oder keinen."
Fellar lächelt. Als ich ein Stück nach vorne trete, sehe ich seine Augen sogar belustigt funkeln. Wer hätte das gedacht?
„Das ist völlig in Ordnung, ich ..."
Er unterbricht sich und ich zucke zusammen, als ein Junge, der Junge von vorhin, zwischen uns durchflitzt und sich neben seinem Freund aufstellt. Wie konnte ich ihn nicht bemerken? Verwundert mustere ich ihn. Auch jetzt ist alles an ihm so schwach, dass ich kaum seine Mutation wahrnehmen kann. Wie traurig ist das denn?

Trotzdem strahlt er irgendwie. „Das ist eine gute Entscheidung, Sir. Wissen Sie, Sie sehen ziemlich verspannt aus, wenn ich mich also mal revanchieren soll, dann massiere ich Sie einfach. Oder ich helfe Ihnen, ein Senfglas zu öffnen. Einmal habe ich das für eine alte Frau mit Arthrose ge-"
Die Hand seines Freundes landet auf seinem Hinterkopf. „Das hier ist Terrence."
„Terry! Das klingt ..."
„Er bekommt nächste Woche einen Filter zwischen Hirn und Mund installiert."
Mit einem dünnen Lächeln dreht sich Fellar zu mir, Ayame und Marcos.
„Herrje, das klingt in der Tat sehr vielversprechend."
Ich unterdrücke ein Lachen und beschränke mich auf ein schadenfrohes Grinsen. So hat sich das der große Held nicht vorgestellt.

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