Schlammblüter und Blutsverräter
„Die Bücher aufschlagen! Seite 105!", befahl die schnarrende Stimme des Tränkemeisters und die Schüler kramten ihre Bücher aus den Schultaschen.
Snape ging durch die Tischreihen und musterte sie, dann stellte er sich hinter sein Pult.
Felix schlug die Seite auf und las zuallerst die Beschreibung des Halbblutprinzen durch. Es erforderte etwas Mühe, nicht durcheinanderzukommen, da alles über der ursprünglichen Schrift geschrieben oder an den Rand gequetscht war, aber es lohnte sich. Seine Tränke waren seit diesem Jahr tadellos, was nicht nur Snape aufregte. Die Zwillinge und Lee fragten auch immer wieder, woher das plötzliche Talent in diesem Fach kam.
Da entdeckte er an der Seite einen Zauberspruch: Levicorpus
Und direkt daneben stand: Liberacorpus
Felix musste kaum merklich grinsen. So gut, wie der Kerl, wer auch immer er war, im Gebiet der Zaubertränke war, die Zaubersprüche schien er ziemlich leicht vergessen zu haben.
„Lewis, vorlesen!"
Er sah auf in Snapes erwartungsvolles Gesicht und beugte sich dann über das Buch.
„Der Erumpent-Trank. Dieser Trank, aus Erumpent-Teilen hergestellt, ist hochexplosiv und daher..."
Als er zu Ende gelesen hatte, sah er wieder auf. Snape nickte knapp.
„Fangen wir also damit an. Ich warne Sie. Jede Nachlässigkeit könnte zu schweren Verletzungen führen. Ich dulde hier also keine Dummheiten."
Er deutete zu den Regalen.
„Die Zutaten finden sie ebenfalls in der Anleitung, Ihre Arbeiten werden Sie am Ende der Stunde abgeben. Wenn Ihr Trank auch nur eine violette Färbung annimmt, können Sie meinen Kurs umgehend verlassen! Rötlich, nichts anderes!"
Er ließ einen vielsagenden Blick über die Klasse schweifen und ging dann zu seinem Pult, um dort einige Pergamentstücke hervorzuholen.
„Psst."
Felix sah von seinem Buch auf zu George, der auf den Lehrer deutete, welcher sich eine Flasche und ein kleines Glas auf den Tisch stellte. Kurz schrieb er noch mit gerunzelter Stirn weiter, dann schenkte er sich den Elfenwein ein.
Felix biss sich auf die Unterlippe und sah wieder nach unten, um ihn unauffällig unter seinem Haarschopf hinweg zu beobachten.
Snape warf einen prüfenden Blick zu den arbeitenden Schülern, legte dann das eben beschriebene Pergament zur Seite und trank den ersten Schluck.
Die Zwillinge waren schon jetzt nahe dran, zu platzen, bei dem Versuch, sich nichts anmerken zu lassen und Lee war wahrscheinlich noch nie so froh gewesen, dass man es ihm kaum ansehen konnte, wenn er errötete.
Snape trank einen zweiten Schluck und hielt dann stirnrunzelnd das Glas ins Licht. Danach roch er mit seiner riesigen Hakennase daran, zuckte jedoch mit seinen Schultern und leerte den Rest des Glases in einem Zug.
Gespannt hielten Felix, Lee und die Zwillinge ihren Atem an.
George hielt den Spiegel so, dass Harry, Oliver und wer auch immer sonst noch zusah, Snape gut sehen konnte.
Der Hauslehrer der Slytherins presste sich für einen Moment die Faust auf den Mund, dann schrieb er weiter.
Und dann...er schüttelte sich und ein leiser Hickser ertönte. Fred war kurz davor, tot umzufallen. Er hielt sich zitternd die Seite, die Augen starr auf den Trank gerichtet, dessen Farbe langsam, aber stetig einer Pflaume immer ähnlicher wurde.
Snape schüttelte kurz seinen Kopf, doch dann zuckte er erneut zusammen und diesmal war der Hickser schon deutlich lauter.
Einige Schüler sahen auf. Bei seinem warnenden Blick senkten sie ihre Köpfe jedoch wieder.
Und dann ging es los.
Ein Hickser nach dem anderen und so sehr der Zauberer sich auch bemühte, er schaffte es nicht, den Schluckauf zu unterdrücken.
Einige Schüler fingen an leise zu kichern und aus dem Spiegel in Georges Hand drang ein gedämpftes Glucksen.
Dann, als der Schluckauf nicht aufhören wollte und es niemand mehr aushielt, brach jeder in schallendes Gelächter aus, ob er nun wollte oder nicht.
„GENUG!", schrie Snape wutentbrannt, „ICH WARNE...EUCH, WENN...ICH HERAUSFINDE, WER...ES SICH GE...WAGT HAT, MIR..."
Seine Stimme versagte für einen Moment, dann fuhr er brüllend fort:
„DANN WERDE ICH...IHN EIGEN...HÄNDIG AUSEI...NANDERNEHMEN. DAS...SCHWÖRE ICH BEI...MERLINS BART!"
Mit geröteten Gesicht und lodernden Augen stapfte er durch den verstummten Klassenraum und musterte dabei jeden einzelnen Schüler.
Die leisen Hickser machten es nicht einfacher, ernst zu bleiben.
Schließlich blieb er mit verschränkten Armen vor den Zwillingen stehen.
„Mr Weasley. Wo...waren Sie heute...früh? Ich habe...Sie beim Früh...stück gar nicht...gesehen."
Lauernd sah er George an, der kaum merklich errötete und den Spiegel schnell in seiner Hosentasche verschwinden ließ.
„Ich war noch in der Bibliothek, etwas für Verwandlung holen, Sir. Hatte heute keinen Hunger."
„Ach...nein?"
„Ja, Sir. Angelina kann das bestätigen", sagte er mit einem Blick in ihre Richtung.
Das Mädchen, das heute tatsächlich schon in der Bibliothek gewesen war, nickte hastig, dann fragte Snape mit einem höhnischen Lächeln:
„Kann das...Madam P...Prince auch?"
George nickte.
„Aber sicher doch, Sir. Sie können Sie jederzeit fragen."
„Das...tue ich, ver...lassen Sie sich darauf!", zischte Snape, dann wandte er sich zu Felix.
„Und...Sie? Sie sind so...plötzlich verschwunden."
„Ich war bei Harry, Professor. Harry Potter. Ich habe ein Kleidungsstück von ihm gefunden."
„So? Was...war es...denn?"
Felix lächelte, in dem Wissen, dass Harry ja alles mitbekam, auch wenn er nichts mehr sah.
„Sein Umhang, Professor. Fragen Sie ihn."
Brummend zog Snape seine Augenbrauen nach oben.
„Ich weiß...nicht, wie Sie...es gemacht haben, aber...ich werde es...definitiv heraus...finden. Und dann..gnade Ihnen...Gott", drohte er leise und wandte sich dann mit wehendem Umhang ab.
Lee und Fred sahen zu den beiden.
„Wann warst du denn in der Bibliothek?"
George vertröstete Lee mit einem Zwinkern auf die Pause.
~
„Also?",fragte Lee eifrig, während sie der Treppe hochgingen.
„Ich habe Madam Prince einfach nach einem Buch gefragt und als sie dann auf der Toilette, oder wo auch immer, war, bin ich schnell unter den Umhang und zu den Kerkern. War ganz einfach."
Fred kicherte leise.
„Das war genial."
„Ich weiß", erwiderte er lachend und schulterte seine Tasche.
Als sie jedoch oben ankamen, wurden sie schon von Adrian, Cleitus und einem Dritten erwartet.
„Was sollte das?", knurrte Adrian und kam einen drohenden Schritt näher.
„Wir wissen gar nicht..."
„...was du meinst", erwiderten die Zwillinge verwundert und er tippte fest gegen Georges Brust.
„Das wisst ihr sehr wohl. Was-sollte-das?"
Felix lächelte.
„Jetzt beruhig dich! Wir haben wirklich nichts gemacht. Wann hätten wir das denn tun sollen?"
Adrian funkelte ihn an.
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr schon eine schöne Gelegenheit gefunden habt. Aber ich warne euch. Wenn ich herausfinde, wer dahintersteckt, kann er sich auf etwas gefasst machen."
Fred prustete los.
„Liebst du den Professor so sehr?"
Adrian zischte und nestelte an seinem Hosenbund, da hatte er aber schon Felix' Zauberstab unter seinem Kinn.
„Denk nicht mal dran! Geh einfach zur Seite!"
Er knurrte noch wütender und drehte sich jetzt zu Felix.
„Du kleines Schlammblut mit deiner Schlammblüterin von Mutter wirst dich auch irgendwann noch umsehen. Verlass dich drauf", drohte er mit tiefer, grollender Stimme.
„Hey! Halt gefälligst..."
„...deine Klappe!"
„Für euch Verräter gilt das Gleiche", fauchte er in die Richtung der Zwillinge, die jetzt leise kicherten.
„Liebster Pucey, wenn alle so denken würden, wie du..."
„...hätte die Welt ein paar Probleme mehr."
„Lasst nur. Das beeindruckt mich nicht", erwiderte Felix mit knirschenden Zähnen, „Und du gehst jetzt einfach zur Seite!"
Höhnisch sah Adrian ihn an
„Das beeindruckt dich nicht? Sieh dir mal deine Haare an, du Dramatiker. Ich wette mit dir, du rast vor Wut."
Den letzten Satz hatte er an seine Freunde gerichtet.
Er sah grinsend zu Cleitus, welcher hinzufügte:
„Wahrscheinlich weiß seine Mutter nicht mal, wie man einen langweiligen Alltagszauber ausführt. Was kann sie eigentlich genau?"
„Wahrscheinlich steht sie den ganzen Tag in der Küche und kocht für den feinen Herrn vom Ministerium."
„Felix, nicht!"
Doch Felix hatte bereits einen wütenden Schrei ausgestoßen und Adrian wurde mit voller Wucht nach hinten geschleudert.
Seine Freunde riss er mit sich zu Boden.
Einige Zweitklässler, welche eben vorbeikamen, sahen erschrocken zu den Jungs und gingen schnell weiter.
„Felix!", zischte Fred und umklammerte seine Schulter, „Was, wenn du erwischt wirst?"
„Das ist mir scheißegal!", erwiderte Felix knurrend, in dessen Körper sich ein Kribbeln aufbaute, welches ihm am ganzen Körper eine Gänsehaut bereitete.
Adrian hatte sich wieder unter Cleitus vorgearbeitet und zog seinen Zauberstab.
„Bastard! Von wem hast du es gelernt, jemanden anzugreifen, der keinen Zauberstab in der Hand hält?"
„Definitiv von seinem Vater!", zischte Cleitus überzeugt, „Der Kerl hat mit Muggeln zu tun und die tragen sicher keine. Da hat er es nicht gerade schwer, seinen Willen durchzusetzen."
Die Fackeln an den Wänden flackerten, als Felix seinen Zauberstab schwang.
Adrian blockte den Fluch ab, der stattdessen gegen die Wand fiel und kleinen Staub auf den Boden rieseln ließ.
Jetzt griff Adrian ihn an und Felix trat einen schnellen Schritt zur Seite.
Seine Augen loderten und in seinem Kopf rauschte das Blut mittlerweile so laut, dass Adrians höhnisches Gerede kaum noch zu hören war.
„Was ist hier los?", holte ihn da eine hohe, strenge Stimme zurück und er blinzelte.
Als sie zur Seite sahen, stand dort Professor Flitwick, welcher sie mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte. Sofort steckte Adrian seinen Zauberstab weg.
„Wir haben geübt, Professor", antwortete er und verschwand dann eiligst mit seinen Freunden, bevor er noch etwas sagen konnte.
Flitwick sah wieder zu Felix und runzelte seine Stirn.
„Ach ja?", hakte er nach, „Sieht aber nicht so aus. Sie sehen etwas..."
Er legte seinen Kopf schief und verschränkte seine Arme.
„...angegriffen aus."
Felix stockte.
„Wie bitte?"
„Felix."
Er sah zur Seite. George deutete auf sein Gesicht.
„Du blutest."
Sofort hob Felix seine Hand und tatsächlich. Er hatte Nasenbluten. Verwirrt sah er auf das Rot, welches seinen Finger gefärbt hatte.
„Du wurdest doch gar nicht getroffen", stellte Lee verwundert fest.
Felix erwiderte nichts, sondern versuchte stattdessen lieber sich zu beruhigen.
Sein Körper fühlte sich immer noch so an, als stünde er unter Strom und jetzt spürte er auch wieder, dass ihm übel wurde.
„Komm mit!", forderte George und zog ihn ohne Weiteres mit sich fort.
Sein Bruder nickte dem Professor noch einmal entschuldigend zu, dann verschwanden die vier Jungs auch schon um die nächste Ecke.
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