Revelation...
Zufrieden lehnte Felix sich auf den weichen Sitzen des Abteils zurück. Die Ferien waren einfach unglaublich entspannend gewesen, soweit man bei den Zwillingen von Erholung sprechen konnte, jetzt waren sie wieder auf dem Weg nach Hogwarts und, was noch viel besser war, er hatte eine Idee für einen neuen Fluch.
Sie kam ihm bereits, als er noch an seinem ersten gefeilt hatte.
Was wäre, wenn man einen Fluch nicht nur abwehren, sondern auch aufnehmen und anschließend zurückwerfen könnte?
Von seinem Erstarrungszauber natürlich abgesehen, sonst würde ja dessen ganze Wirkung völlig aufgehoben werden.
Aber was wäre, wenn man es wirklich schaffte, den gegnerischen Fluch zu fesseln und dann beliebig wieder freizugeben?
Während er in seinem Buch der Nationalmannschaft las, schweiften seine Gedanken immer wieder dorthin zurück. Selbst als er sich einen Kesselkuchen und seine Freunde sich Kürbispasteten, Lakritzzauberstäbe und mit Sahne gefühlte Schokoriegel bestellten.
Aber der Gedanke gefiel ihm. Der Fluch wäre ziemlich nützlich und würde auch definitiv eine kleine, oder sogar große, Herausforderung darstellen.
Da fing er Lees fragenden Blick auf und stirnrunzelnd legte er seinen Kopf schief. Lee zog seine Augenbrauen nach oben und deutete in die Richtung der Zwillinge.
Was, formte Felix mit seinen Lippen und Lee deutete noch heftiger auf die Zwillinge, welche eben zwei Schokofroschkarten tauschten.
Er verstand immer noch nichts und Lee verdrehte seine Augen.
„Irgendwelche erwähnenswerte Vorfälle in den Ferien, Fe?", fragte er laut und bei ihm fiel der Sickel.
„Achso, ja!"
Die Zwillinge sahen auf und er erzählte ihnen alles, was er in den Ferien erfahren und gefunden hatte. Dabei zeigte er ihnen ebenfalls die Briefe und das Foto.
Sie sagten, wie auch vorher Lee, eine ganze Weile kein Wort und Felix sah ihn mit zuckenden Schultern an. Dann bemerkte Fred:
„Und du willst jetzt herausfinden, wer diese...wer diese Victoria Rose Smith ist?"
Er tippte auf die lachende Frau.
Felix nickte. Dass es die Frau war, die der Mann aus seinen Träumen ihm gezeigt hatte, verschwieg er.
„Ja, ich will wissen, wie das Kind von ihr heißt."
„Warum?", fragte George stirnrunzelnd.
Felix sah zu Lee.
„Sie war die beste Freundin meiner Mutter und trotzdem habe ich noch nie etwas von ihr gehört? Und warum versteckt man das Foto?"
„Ja, okay. Das sind..."
„...sehr gute Fragen."
Lee drehte sich zur Seite und sagte entschieden:
„Wir sind uns aber alle einig, dass wir ihm dabei helfen! Richtig?"
Die Zwillinge sahen sich an, dann nickten sie zustimmend.
~
In der Eingangshalle Hogwarts', mittlerweile war es schon früh am Abend und die Sonne verschwand allmählich hinter den Bäumen des Verbotenen Waldes, trafen sie auf Ron und seine Freunde. Harry und Hermine.
Schwatzend standen sie vor der Tür der Großen Halle und als Ron sie sah, hob er grüßend seine Hand.
„Hey, Jungs!", rief er, „Wie waren eure Ferien?"
Während George, dem wahrscheinlich alle möglichen Wege durch den Kopf flogen, wie sie Snape am Besten auf den Geist gehen konnten, grinsend antwortete, fiel Felix' Blick auf Harry.
Der Junge machte einen gutgelaunten Eindruck. Wie immer. Aber in seinen Augen lag etwas Unnatürliches. Eine Spur von Verbitterung.
„Oh, guten Tag, Professor", wurden die Jungs von Hermine unterbrochen und sie sahen zur Seite.
Professor Lupin kam auf sie zu, wobei er sein linkes Bein kaum merklich hinter sich herzog. Seine abgeblassten Lippen hatte er zu einem freundlichen Lächeln verzogen.
„Wie geht es euch?", fragte er fröhlich und dankend nickten die Weasleys und Hermine.
Harry und Felix taten es schnell auch, als er prüfend zu ihnen sah.
„Das ist doch wunderbar. Ich hoffe, ihr habt für die kommenden Stunden gelernt. Aber...entschuldigt mich bitte, ich muss ein Wort mit eurer Hauslehrerin wechseln."
Er zwinkerte vergnügt und war schon in der nächsten Sekunde verschwunden.
„Der Professor ist wirklich klasse", meinte Hermine.
Zu siebt betraten sie die große Halle. Oder wollten es. Denn eben als Felix durch den großen Eingang trat, stieß er mit einem Mädchen aus Hufflepuff zusammen.
„Oh, entschuldige, Felix", sagte sie vollkommen überrumpelt und hielt sich schnell an ihm fest.
„Alles gut. Nicht der Rede wert", erwiderte er und trat einen Schritt zurück.
Für eine Sekunde sah er genau in ihre dunklen Augen, dann nickte sie aber schon knapp und ging zielstrebig weiter.
Sie setzten ihren Weg ebenfalls fort und ließen sich auf die harten Holzbänke nieder.
„Kann mir jemand sagen, woher sie meinen Namen kannte?", fragte er und sah noch einmal zu dem Tisch der Hufflepuffs.
„Ist das..."
„...dein Ernst?"
Er nickte und Lee sagte:
„Das ist Olivia Hall. Sie ist mit bei uns in Kräuterkunde. Und in Geschichte."
„Ist mir noch nie aufgefallen."
„Oh, mit Sicherheit. Im ersten Jahr konnte sie sich..."
„...besser auf dem Besen halten, als wir vier zusammen."
„Naja, Lee zieht uns da ein bisschen runter, meint ihr nicht?"
Fassungslos sah sein Freund ihn an und er grinste.
„Auch wieder wahr", stimmte Fred ihm aber zu.
„Auf jeden Fall ist sie aber eine der besten Schüler in Snapes Unterricht. Da ist sie fast so gut, wie du."
Nur, dass sie da wahrscheinlich kein aufgeputschtes Buch hat, dachte Felix bei sich.
„Hey, Lewis!", zischte jemand in dem Moment und er drehte sich um.
Adrian Pucey bedachte ihn mit einem dreckigen Grinsen.
„Wie waren die Ferien? Mit deinem Vater so weit alles beim Alten?"
„Halt einfach dein breites Schandmaul!", zischte Fred zurück, bevor er etwas sagen konnte.
„Schlimmer, als ein Fünfjähriger!", fügte George wütend hinzu und drehte Felix einfach wieder herum.
Wie viel Langeweile musste Adrian haben, um andere ständig zu sticheln?
George wollte noch etwas sagen, wurde aber von dem auftauchenden Essen in den Schüsseln und auf den Platten und Tellern unterbrochen. Er schenkte sich etwas Kürbissaft ein und meinte dann:
„Wie schon gesagt. Einfach ignorieren."
Felix nickte und griff nach der Schüssel mit den Bratkartoffeln.
„Ich bin mir nur nicht sicher, ob das immer so funktionieren wird."
„Notfalls lässt du einfach deinen Spruch raushängen", meinte Lee, der eben Fred den Wurstteller aus der Hand nahm und Felix konnte nicht umhin, schelmisch zu grinsen.
Nach dem Essen saßen er, Lee, Fred, George und Angelina, die sich immer wieder Blicke zuwerfen, in den großen Ohrensesseln und auf der Couch des Gemeinschaftsraumes.
Felix hatte sein Bein über die Armbeuge des Sessels gelegt, sodass er fast darin lag und er und Fred warfen sich gegenseitig seinen neuen Quaffel zu, während sie sich über die Weihnachtsferien unterhielten.
„Wir waren ja in den Bergen. Ihr ahnt ja nicht, wie kalt das war. Schlimmer, als in London."
„Schlimmer, als hier?"
„Noch viel schlimmer, als hier!"
Felix sah grinsend auf das dunkle Blau hinter den verschwommenen Fenstern. Auf den Schlossgründen war der Schnee beinahe hüfthoch und so klebrig, dass es sogar mit dem Zauberstab seine Zeit dauerte, bis man einen freien Weg hatte.
Gerade noch so sah er zu Fred zurück und fing den Quaffel auf.
„Das ist der Wahnsinn! Wir sind in London geblieben. Bei meiner Großmutter."
„Wir waren bei dem Dinner. Du hattest übrigens recht, Fe", scherzte Lee, „Es war grauenvoll."
Sie lachten und Angelina fragte belustigt:
„Achso, gab es irgendwelche Todesfälle?"
Felix schüttelte seinen Kopf und fing den Quaffel, der diesmal ungewohnt straff kam, erneut auf. Er drehte den ledernen Ball in den Händen und antwortete:
„Meine Mum hat nur eine Spinne in der Besenkammer entdeckt. Das war ihr Ende."
Er warf den Quaffel zurück zu Fred.
„Also das der Spinne, selbstredend."
„Eine Frau, die keine Angst vor Spinnen hat", sagte George lachend und die Gruppe fiel mit ein.
Fred meinte schmunzelnd:
„Das wäre auch das Wunder des Jahrhunderts, wenn Trelawneys Vorhersage eintreffen würde."
„Erstens war das meine Vorhersage und zweitens...Felix' Vorhersage ist eingetroffen!", erinnerte Lee ihn und seine Mundwinkel zuckten nach oben.
„Seid ihr nicht schon seit mehr, als vier Jahren befreundet?"
„Das zählt nicht!"
„Pff."
„Ich bin nur gespannt, wie er das bei den Kristallkugeln macht."
„Moment, Moment. Warum reden wir jetzt über mich?"
„Über dich und die nächste Stunde Wahrsagen."
Felix und George ächzten zeitgleich und der Quaffel flog haarscharf an Felix' Kopf vorbei.
Vor einem Schüler aus dem zweiten Jahrgang blieb er liegen, welcher ihn vorsichtig aufhob und den Jungs wiedergab.
„Danke", sagte Felix, als er ihn entgegennahm, und wandte sich dann wieder mit leidendem Gesichtsausdruck seinen Freunden zu.
„Stimmt. Die nächste Stunde Wahrsagen."
Er blies seine Wangen auf, bei dem Gedanken an die folgenden Wochen.
„Gleich die erste Stunde, richtig?"
George nickte und legte seinen Kopf nach hinten, sodass seine Nackenwirbel knackten. Grinsend warf sein Bruder ihn mit dem Lederball ab.
~
Die erste Stunde in Trelawneys Klassenzimmer wurde tatsächlich so schlimm, wie befürchtet. Wie in ihrem dritten Schuljahr sahen die Jungs nichts als weißen Nebel.
„Düstere Aussichten", murmelte Lee und Felix nickte gelangweilt, den Kopf auf seinen Arm gestützt.
Er dachte nach. Er hatte sich auf Hogwarts gefreut, klar. Aber die Lehrer scheinbar auch (Snape ausgeschlossen), da sie sie schon in der ersten Woche voller Euphorie in den Wahnsinn trieben (Snape eingeschlossen).
Er würde sich nach dem Unterricht gleich an die Hausaufgaben setzten müssen, um alles zu schaffen.
„Wann willst du eigentlich nach den Jahrbüchern schauen?", holte ihn Lees gedämpfte Stimme aus seinen Überlegungen.
Er zuckte mit den Schultern.
„Vielleicht heute. Muss nur erst Zaubertränke fertig machen."
„Sollen wir dir helfen?"
„Heute noch nicht. Ich schau erst einmal alleine. Weiß ja, in welchem Jahr ich ungefähr suchen muss."
Lee nickte.
„Sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst."
„Immer."
Noch während er über die Freundin seiner Mutter nachdachte, setzte sich der Nebel der Kugel plötzlich in Bewegung und verwundert hob er seinen Kopf ein Stück an.
Ja. Er hatte sich nicht geirrt. Die weißen Wolken wallten munter auf und gaben der Kugel ein mysteriöses Aussehen. Er erhaschte einen Blick auf Lee, der jedoch rein gar nichts zu bemerken schien und sah stirnrunzelnd zurück.
Ein Schatten war in dem Nebel aufgetaucht und langsam ging er mit seinem Gesicht immer näher an die Kugel, bis seine Nase fast gegen das Glas stieß.
Was, bei Merlins pinkfarbener Unterhose, ging da vor sich?
Er kniff seine Augen zusammen. Der Schatten verdeutlichte sich langsam und verwandelte sich in eine schemenhaft Gestalt.
Wer war das?
Konzentriert hielt er seine Augen offen, um ja nichts zu verpassen.
Dann jedoch blinzelte er ungläubig, als er die blau-grauen Seen erkannte, die ihn aus der Dunkelheit heraus musterten. Er rieb sich über die Augen. Er wurde langsam paranoid. Das konnte nicht mehr normal sein.
Gespannt, was jetzt passieren würde, sah er weiter zu. Lange, blasse Finger griffen nach der Kapuze. Bebend hielt er den Atem an. Er wollte doch nicht etwa...
Jetzt.
Jetzt würde er herausfinden, wer der Mann war.
Das Blut rauschte in seinen Ohren und seine Schläfe begann heftig zu pochen. Ganz langsam, als wolle er ihn in den Wahnsinn treiben, zog die Gestalt des Mannes die Kapuze nach hinten. Felix konnte die ersten Schemen des Gesichtes erkennen.
Die kantigen Wangenknochen, leicht ergraute Bartstoppeln, ein...er sog scharf Luft ein...seltsamer Schatten an seiner Schläfe. Aber gleich würde er es genauer erkennen können...
„Was seht ihr, meine Kinder?", erklang die schrille Stimme direkt neben ihm und heftig zuckte er zusammen.
Nein!
Der Mann hielt inne, wie als befürchtete er, Trelawney könnte ihn sehen und langsam, aber sicher wurde der Nebel wieder dichter.
Felix setzte sich ruckartig auf, fassungslos auf die Kugel starrend. Das konnte...das durfte nicht wahr sein!
Doch nur wenige Sekunden später war die Kugel wieder, wie zuvor, mit dem weißen, undurchdringlichen Nebel gefüllt.
Ärgerlich sah er zu Trelawney, die aber nicht einmal das mitbekam.
Fast hätte er es gewusst. Fast hätte er gewusst, wer der Mann war, der ihm seit Monaten das Leben zur Hölle machte. Erst durch die Aufdringlichkeit und den Alpträumen, danach dadurch, dass er ihn in den Wahnsinn trieb und seine Neugierde schamlos ausnutzte.
„Was hast du denn?", fragte Lee mit gedämpfter Stimme.
Aber er schüttelte nur mit zusammengepresstem Kiefer den Kopf.
„Nichts. Alles gut."
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