Katze von links
„Alter, was war denn das?"
Felix zuckte nur mit den Schultern und ging stur weiter. Das Nasenbluten hatte aufgehört und das Kribbeln war auch fast vollständig abgeflaut. Nur manchmal wallte es wieder etwas auf, er konnte nur nicht wirklich sagen, woran das lag.
Seine Freunde warfen sich einige vielsagende Blicke zu, dann sagte Lee:
„Lass dich von diesem Idioten doch nicht provozieren. Du weißt doch, dass er genau darauf aus ist."
„Es funktioniert", knurrte Felix und umklammerte den Griff seiner Tasche noch fester.
Fred legte seinen Arm um seinen Nacken.
„Komm schon, Fe! Erstens hast du es diesem Widerling dafür so richtig gezeigt und zweitens sind deine Eltern richtig klasse, das wissen wir alle."
Felix lächelte.
„Das ist echt nett, Fred. Aber du würdest doch auch so ausrasten, wenn man so über deine Eltern spricht."
„Alter, ich würde ihn in die Luft jagen."
„Ich würde ihn so lange tanzen lassen, bis er tot umfällt."
„Ich würde ihn zwingen, eine Nacht mit Myrte zu verbringen."
Felix lachte schallend auf.
„Merlin, wie kommt man denn auf so was?"
Lee grinste.
„Ich werd gleich noch kreativer. Will ja Trelawney nicht enttäuschen."
Die Jungs ächzten.
~
„Herzlich willkommen zu einer weiteren Stunde, liebe Schüler. Wie einige wenige Begabte unter euch sicherlich bereits wissen, werden in der Prüfung dieses Jahr vor allem das Handlesen und das Sehen aus Kristallkugeln behandelt. Deswegen werden wir heute gleich mit dem Lesen aus euren Handflächen beginnen", begann Trelawney euphorisch den Unterricht.
Felix stöhnte leise. Da waren es nur noch wenige Wochen bis zu den Ferien und dann fing sie damit an. Er fuhr sich durch seinen Haarschopf. Die Strähnen fielen ihm schon wieder über die Augen, also verkürzte er sie etwas. In letzter Zeit wuchsen sie irgendwie immer schneller.
„Das wird ja heiter", murmelte Fred George zu, der seine Augen weit aufgerissen hatte, was wohl von seinem Unbehagen zeugen sollte.
„Also", fuhr die Hexe mit lauter Stimme fort, „Jeweils einer von den Paaren nimmt jetzt die Hand seines Gegenübers und liest dessen Schicksal aus der Handfläche."
Mit einem erwartungsvollen Lächeln sah sie die Schüler an.
Felix sah zu zwei Ravenclaws, Aurelia Bennett und Kyra Buchanan, welche schon begeistert mit dem Handlesen anfingen. Zögerlich machte es ein Ravenclaw und ein Mädchen aus ihrem Haus es ihnen nach. Dabei errötete sie kaum merklich, als er ihre Hand nahm.
„Sieht so aus, als hätten sich da zwei gefunden", murmelte Lee, der Felix gegenüber saß und Norman Chas Shacklebolt und Myra Lennon ebenfalls beobachtete.
„Na, dann wollen wir mal", stieß er schließlich hervor, als sich nun immer mehr Schülerpaare geschlagen gaben, und hielt Felix seine Hand hin.
„Was denn? Ich?"
Lee zog seine Augenbrauen nach oben.
„Du fängst an oder das nächste Quidditchspiel wird grauenvoll für dich."
„Ich bitte dich, Lee. Das kannst du doch gar nicht...", erwiderte Felix lachend, verstummte dann aber bei seinem ernsten Blick und der Erinnerung an Stuart Moore, der sich, indirekt wegen Lee, nach einem Spiel im Krankenflügel wiederfand. Der Hufflepuff hatte sich kurz davor wegen irgendetwas Belangslosem lustig gemacht.
Felix verdrehte seine Augen und griff nach seiner Hand.
„Dann fangen wir mal an", murmelte er, während er seinen Blick zwischen Lees Handfläche und dem aufgeschlagenen Lehrbuch hin und herwandern ließ.
„Sagen wir es mal so, mein Lieber", fing er dann dramatisch an, „Steht ziemlich schlecht um dich."
Fred und George, die das mitbekommen hatten, prusteten leise und Felix konnte nicht umhin, dass ein leises Grinsen seine Lippen umspielte.
„Nein, jetzt mal im Ernst. Wie, zum Teufel, stellt die sich das denn vor? Handlesen.
Wahrsagen ist wirklich grauenvoll."
Lee lachte.
„Noch ein Versuch, dann ich."
„Na schön", brummte Felix und sah wieder in das Buch.
„Also...dieser Linie hier zu urteilen, die Lebenslinie..."
Er sprach das Wort höhnisch aus.
„...hast du noch ein langes, erfülltes Leben vor dir liegen. Und die hier...sieht nach einigen Unannehmlichkeiten in den nächsten Wochen aus."
Lee stöhnte auf.
„Natürlich. Das Dinner. Der Chef meines Vaters veranstaltet an Neujahr immer ein Abendessen, an dem wirklich jeder samt Familie auftauchen muss", erklärte er und eine laute, schrille Stimme ertönte neben ihnen, sodass sie zusammenzuckten.
„Wunderbar. Ganz wunderbar, Mr Lewis."
Begeistert klatschte Trelawney in ihre Hände, wobei die zahlreichen Ketten um ihrem Hals munter vor sich hinschwankten.
„Nun du, mein Junge."
Lee seufzte kurz, nahm dann aber Felix' Hand und starrte mit kläglichem Gesicht darauf. Felix bekam eine für einen Moment eine Gänsehaut und konzentrierte sich schnell wieder auf Lees Vorhersage.
„Also...das hier...", murmelte er, während die Hexe ihn unverhohlen ansah und starrte schnell auf die Abbildungen in seinem Buch, „...das hier sieht aus, wie...wie eine Katze."
„Eine Katze? Was für eine?"
„Keine Ahnung. Ein...eine Britisch Kurzhaar?"
„Nicht doch, mein Junge. Was für eine Fellfarbe?"
„Keine Ahnung...schwarz?"
Trelawney sog scharf Luft ein und Felix formte Lees Angabe tonlos mit seinen Lippen. Er sah ihn an, als wäre er nicht mehr ganz dicht.
„Von welcher Seite kommt sie? Schnell, schnell!", drängte Trelawney Lee.
„Ähm...ich...von der linken Seite?"
Trelawney schlug ihre Hände über den Kopf.
„Merlin bewahre. Kreuzt eine schwarze Katze von links den Weg, droht Ungemach. Links gilt als schlecht und schwach. Schnell! Was siehst du noch?"
Lee blies seine Wangen auf, während Felix ihn warnend ansah. Es war ja allgemein bekannt, dass die Professorin jemanden brauchte, dem sie den Tod voraussagen konnte, aber...warum er?
Lee schwitzte, während seine Nase fast in dem Buch verschwand.
„Und das da...ziemlich kurz...eine Kerze? Ja. Sieht so aus."
„Alter!", zischte Felix leise, aber Trelawney warf bereits einen zitternden Blick auf Felix' Handfläche und stolperte dann erschrocken ein paar Schritte zurück. Mit blassem Gesicht sah sie Felix an.
„Oh, mein Junge. Es tut mir so unfassbar leid. So leid", flüsterte sie, ohne auf das leise Lachen einiger Schüler zu achten.
„Was hat sie denn?", fragte George murmelnd und Shackelbolt erklärte, mit einem Blick in sein Buch:
„Die Kerze steht für Trauer."
Er sah auf.
„Meist für die Trauer um einen verstorbenen Verwandten."
Felix zischte verächtlich.
„Was für ein Schwachsinn!"
Aber Trelawney sah ihn noch einmal mitleidig an und ging dann, laute Seufzer ausstoßend, weiter.
„Schwachsinn!", sagte er noch einmal laut, „Uns geht es blendend! Alter, Lee, was sollte das?"
Entschuldigend grinste Lee.
„Sorry, Kumpel. Sah so aus."
Er schüttelte seinen Kopf.
~
Felix war sauer. Ach was. Er war fuchsteufelswild. Sollte sie ihre Späße treiben, aber nicht, wenn es dann in solchen Themen ausartete. Mit Harry trieb sie es, Erzählungen zufolge, genauso.
Brummend packte er seine Sachen zusammen, die anderen hatten den stickigen Raum bereits verlassen, um einen Platz an dem definitiv überfüllten Tisch in der Halle freizuhalten, und ging dann die wenigen Stufen nach unten.
Dabei kam er an Trelawney vorbei, die eben ihre Teetasse auf den kleinen Tisch vor ihrem Sessel stellte.
Er ging mit einem gemurmelten „Schönen Tag noch" an ihr vorbei, als sie ihn plötzlich fest am Oberarm packte.
Ein Schlag fuhr durch seinen Körper und erschrocken stolperte er ein paar Schritte zur Seite, wurde aber weiterhin mit einer eisernen Kraft festgehalten, die er der Frau gar nicht zugetraut hatte.
„Professor? Kann ich Ihnen helfen?", fragte er verwirrt, aber sie antwortete nicht
Sie sah ihn nur mit großen Augen an.
„Professor. Was ist denn..."
Dann öffnete sie plötzlich ihren Mund, riss ihre Augen noch weiter auf und sprach in einer seltsam tiefen Stimme:
„Das Zeichen...wenn er seine volle Stärke erreicht hat....wenn die Zeit reif ist, wird er das Erbe antreten...er, der Erbe des...Prinzen der Zauberer...er wird wieder aufleben...er wird den...Orden in das Leben zurück rufen...Sed cavete a ligatoribus et tentationibus! Sed...cavete a ligatoribus et tentationibus!"
Da machte sie ein Geräusch, als würde sie nach endlosem Anhalten des Atems endlich wieder Luft in ihre Lungen lassen und sah verwirrt zu Felix.
„Oh. Willst du noch etwas wissen? Frag ruhig, wenn etwas unklar ist! Hat sich dir die Bedeutung des gekreuzten Astes nicht erschlossen?"
„Ähm...Professor. Was war das gerade eben? Was...was haben Sie da gesagt?", fragte Felix und befreite sich schnell aus ihrem Griff.
„Hm? Was meinst du, mein Junge?"
Jetzt war er sich völlig sicher, dass sie den Verstand verloren hatte.
„Ach..."
Er lächelte, was aber eher nach einer verzogenen Grimasse aussah.
„Nichts. Alles gut."
Er machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Klassenzimmer so schnell, wie nur möglich. Auf der Treppe des Turms rannte er dann und hielt auch nicht an, als er bereits unten angekommen war.
„Ah, Mr Lewis. So schnell unterwegs?"
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