Drachenkunde
Mit einem zufriedenen Lächeln setzte er sich in das Gras und sah auf das dunkle Wasser. Die Oberfläche des Sees kräuselte sich, von einem Windhauch angetrieben, und ließ kleine Wellen über das Ufer schwappen. Noch schöner waren die Sonnenstrahlen, die sich auf der Wasseroberfläche brachen und ein goldenes Glitzern erzeugten.
In ihnen war es heute schon relativ warm, auch wenn man sich besser einen Umhang mitnahm, wenn man nach draußen ging.
Ein genervtes Seufzen, welches die Idylle durchbrach, ließ ihn aufschauen. Er sah niemanden, aber hinter ein paar Büschen, blitzte etwas Braunes hervor.
Er erhob sich etwas schwerfällig und ging darauf zu. Als er die Zweige auseinanderschob, entdeckte er Olivia Hall, welche sich über ein Buch beugte.
„Ist alles in Ordnung?", fragte er und erschrocken sah sie auf.
Sie war wahrscheinlich so vertieft gewesen, dass sie gar nichts mehr aus ihrer Umgebung wahrgenommen hatte.
„Wo sind denn deine Freunde?"
Ein zaghaftes Lächeln bildete sich auf dem Gesicht der Hufflepuff.
„In Hogsmeade. Aber da ich ein hoffnungsloser Fall bin, was dieses Fach angeht, bleibt mir nichts anderes übrig, als dafür zu lernen."
Felix lachte und ging zu ihr, um sich neben sie zu setzen.
Er sah auf ihr Buch und fragte:
„Pflege magischer Geschöpfe? Welches Thema?"
„Drachen", gab sie seufzend zurück und hob drehte es herum.
Auf der Seite war ein Bild abgedruckt, welches einen weißen Drachen mit gelben Augen und einer seltsamen, länglichen Schnauze zeigte, der eben dabei war um einen riesigen Felsen zu klettern.
„Leider habe ich keine Ahnung, was das für eine Art ist. Ich hätte ja auf ein Antipodisches Opalauge getippt, aber...das widerspricht sich eben. Diese Augen sind bei dieser Art unmöglich und auch ihre Schnauze ist viel runder, als diese hier."
Felix lächelte.
„Ich gebe dir einen Tipp, Olivia: Die verschiedenen Arten können sich untereinander fortpflanzen."
Überrascht sah die Hufflepuff auf.
„Du meinst, das hier ist ein Mischling?"
Felix nickte und erklärte:
„Ja. Viele Hexen und Zauberer halten das zwar nicht für möglich und und in der Schule wird es eigentlich auch kaum gelehrt, in den Arbeiten wird dir auch niemals jemand einen Mischling darstellen, aber es kann durchaus passieren. In den letzten Jahren haben sich einige Verhaltensforscher in Rumänien, Albanien und Neuseeland dazu durchgedrungen, einzelne Arten zu vermischen. Einigen ist es gelungen."
„Das ist ja fantastisch."
Olivia war ehrlich begeistert.
„Ist es. Also, was denkst du? Mit dem Antipodischen Opalauge hattest du schon einmal recht. Was ist die andere Art?"
Sie drehte das Buch wieder zu sich.
„Also, wenn es ein Mischling ist und wir nur auf die Augen und die Form der Schnauze achten, dann würde ich sagen...ist der andere ein Gemeiner Walisischer Grünling gewesen."
Erwartungsvoll sah sie auf in Felix' grinsendes Gesicht.
„Das war gut. Was ist damit?"
Er hob seinen Zauberstab und zeichnete mit ihm dünne, leuchtende Fäden in die Luft. Sie nahmen die Gestalt eines Drachen an. Seine Körperform war lang und schmal und seine Flügel wurden bis zum Ende hin immer spitzer. Dazu bildeten sich an seinem Körper lange Dornen, welche vom Kopf bis zur Schwanzspitze an Dicke und Länge abnahmen.
„Auf jeden Fall ein Ungarischer Hornschwanz", stellte sie fest und kniff ihre Augen zusammen, „Und der andere...die Kopfform und die Flügel sprechen für einen Chinesischen Feuerball."
Zufrieden nickte er und ließ den Zauberstab wieder sinken. Der Drache verpuffte fauchend in der Luft.
Er sah auf das Buch und sagte dann langsam:
„Du kannst es doch. Wieso machst du dich mit dem Lernen so verrückt? Verbringe doch lieber Zeit mit deinen Freunden und genieße Hogwarts, bevor du es nicht mehr genießen kannst."
Sie lächelte.
„Ich will nur auf die Prüfungen vorbereitet sein."
„Und deine Freunde? Bonnie und, wie hieß sie noch gleich, Mary?"
„Mit denen verbringe ich immer noch die meiste Zeit. Was ist mit dir? Wo sind deine Freunde?", entgegnete sie etwas schnippisch.
Verlegen fuhr er sich durch die Haare.
„Tut mir leid, das ist vielleicht ein bisschen falsch rübergekommen."
Sie legte ihren Kopf schief.
„Aber du erinnerst dich doch sicher an den Typen in unserem Jahrgang, der in jeder einzelnen Minute gelernt hat. Der Kerl ist verrückt geworden."
„Meinst du Howard Long?", fragte sie lachend und als er nickte, kamen ihr die Tränen.
„Weißt du, worauf ich hinaus will?", fragte er grinsend und entschlossen klappte sie das Buch zu.
„Na gut, du hast recht. Mach einen Vorschlag."
„Ich?"
„Du."
Etwas unbeholfen fuhr Felix sich ein zweites Mal durch die Haare. Sie waren etwas zu lang für seinen Geschmack. Und ein wenig zu hell. Aber darum würde er sich später kümmern.
„Also heute können wir nicht mehr viel machen", sagte er dann, „Aber..."
„Dann eben nächste Woche."
„Wie bitte?"
„Nächste Woche. Vier Uhr, die Drei Besen?"
Er nickte.
„Klar, warum nicht?"
Sie lächelte und erhob sich, das Buch unter ihrem Arm.
„Perfekt. Dann kannst du mir gleich erzählen, warum du so viel über Drachen weißt."
Er stand auf und lachte amüsiert.
„Das klingt nach einer guten Idee, Olivia."
„Einfach Liv. Und sie kommt ja auch von mir."
„Ach", gab er nur zurück und seine Mundwinkel zuckten leicht nach oben.
Aber sie hatte sich schon umgedreht und ging auf einen kleinen Trampelpfad zurück ins Schloss.
Kurz sah er ihr hinterher, dann setzte er sich wieder ans Ufer.
Jetzt, da er seinen Gedanken wieder nachhängen konnte, schwenkten sie wieder zu all den Ereignissen der letzten Tage.
Fast automatisch zog er die Fotos aus seiner Hosentasche. Er hatte sie immer dabei. Aber nie konnte er sich irgendeinen Reim darauf machen. Seine Mutter hatte ihm auch immer noch nicht geantwortet. Jeden Morgen hielt er nach Claudius Ausschau, aber er war nie dabei.
Vielleicht sollte er ihnen noch einmal schreiben.
Er schüttelte seinen Kopf. Er sollte sie nicht noch damit nerven. Er musterte stumm die Leute auf den Fotos.
Seine Eltern hatte er schon gefragt und sonst war jede andere Person auf diesem Bild tot oder ein entflohener Mörder, welcher wahnsinnig war.
Der Wind brachte seine Haare durcheinander.
Nur Professor Lupin könnte ihm wahrscheinlich eine Antwort geben. Andererseits hatte er diese Idee erst verworfen. Am Ende wusste er gar nichts.
Er faltete die Bilder wieder zusammen und sah auf den See.
Zuallererst würde er sich erst einmal um das Buch kümmern.
Er musste Harry nur noch nach seinem Tarnumhang fragen.
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