Am nächsten Morgen

Als hätte ihn jemand ins Gesicht geschlagen, fuhr Felix hoch und sah sich, nach Atem ringend, um.
Gott sei Dank. Er befand sich wieder im Schlafsaal. Doch dann realisierte er, dass dieser hell erleuchtet war und dass sich drei besorgte Gryffindorschüler vor ihm aufgebaut hatten.

„Bei Merlin, Fe, was war denn los?", fragte Fred mit großen Augen.
In Felix' Ohren hallte immer noch das Gelächter des Mannes und mit zittrigen Fingern strich er sich über die Augen.

„Nichts", sagte er mit einem müden Lächeln, „Einfach nur schlecht geträumt."
Die drei Jungs wechselten einen schnellen Blick.
„Du hast geschrien, wie am Spieß. Schlimmer als eine Alraune."

Felix verdrehte die Augen über diese maßlos dämliche Übertreibung und erwiderte:
„Es war wirklich nur ein schlechter Traum. Nichts Bewegendes."
„Wovon?"
„Wie?"
„Wovon hast du geträumt?"
„Als ob das jetzt...", begann er lachend, aber Fred sprach weiter.
„Du hast nach ihr gefragt. Hast irgendjemanden aufgefordert, dir zu antworten. Wo sie ist und was er getan hat. Wer ist er?"

Fred schwieg.
„War es der, den du auch gesehen hast, als...als der Dementor dich angegriffen hat?"
„Wir könnten Professor..."
„Es war wirklich nichts", fuhr Felix auf, „Jeder träumt mal schlecht. Und wehe, ihr rennt wegen so einer Lappalie zu McGonagall oder Dumbledore! Verstanden?"
Die Jungs nickten stumm, was ihn aber noch nicht zufrieden stellte.

"Es war nichts. Schwört es mir einfach!"
„Ist ja gut", sagte Lee seufzend.
„Versprochen"
„Wir gehen nicht zu ihnen."

Zögernd gingen die drei zurück zu ihren Betten und legten sich, nach einigen letzten besorgten Blicken zu Felix, wieder hin.
Lee schaltete mit einem Gähnen das Licht aus und Felix starrte in die Dunkelheit.
Diesmal hatte er den Fremden sogar noch besser sehen können, dachte er bei sich.
Und wie beim ersten Mal kam er ihm so bekannt vor. Und schon da hatte er nur die Augen gesehen.
Felix fröstelte es bei dem Gedanken daran. Sie erinnerten an einen grau-blauen Ozean. Nicht an die Schönheit darin, sondern an die Gefahr, unterzugehen und auf den Meeresgrund gezogen zu werden. Ohne Hoffnung je wieder zurück an die Oberfläche zu kommen.

Und, was ihn noch mehr beschäftige, was machte er in seinen Erinnerungen? Wenn Lupin denn überhaupt damit Recht hatte...
Aber warum jetzt? Und warum überhaupt?
Hatte der Dementor wirklich irgendetwas in ihm wieder wachgerufen?
Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Er wusste keine Antwort auf diese Fragen. 

Erst in den frühen Morgenstunden schaffte er es, zur Ruhe zu kommen, woraufhin ihm natürlich viel zu wenig Zeit blieb, sich richtig auszuschlafen.

~

Als Felix sich im Bad fertig machte und in den Spiegel schaute, erkannte er, dass er zwar grauenvoll aussah mit dem blassen Gesicht, den tiefen Augenringen und wirren, strähnigen Haaren, aber er fühlte sich, im Moment, ziemlich gut ausgeschlafen. Und die Augenringe konnte ein Metamorphmagus auch ohne weitere Probleme verschwinden lassen.
Also klatschte er sich schnell etwas Wasser ins Gesicht und einige Minuten später kam er mit einem Lächeln in den Schlafsaal.

„Können wir?", fragte Lee, welcher schon vor der Tür stand.
Felix winkte lässig ab.
„Geht schon mal vor", sagte er, „Ich muss noch meinen Zauberstab suchen. Hab ihn verlegt."
Von den Jungs kam ein leises Lachen, dann war Felix alleine und schnell ging er zu seinem Nachttisch.

Er zog die Schublade vorsichtig heraus und beobachtete den Bowtruckle, der argwöhnisch auf die Kante des Faches kletterte.
Prüfend reichte Felix ihm Florfliege, die er am vorherigen Abend gefangen hatte, welche er diesmal schon etwas schneller annahm. Felix ließ er dabei nicht aus den Augen.
Dann streckte der Junge vorsichtig seine offene Hand aus und wartete mit gespanntem Blick, ob der Bowtruckle ihm schon jetzt so weit vertrauen würde.
Weit gefehlt.
Mit einem Prusten streckte er ihm die Zunge heraus und verschwand dann, mit einem Sprung nach hinten, wieder in der Schublade, die Felix vorsichtig wieder schloss.
Es sollte wohl noch nicht so weit sein.
„Also gut", murmelte er, wenn auch mit einem leichten Schmunzeln, aufgrund des drolligen Verhalten des Wesens, und schnappte sich seine Sachen.

Dann rannte er aus dem Gemeinschaftsraum, er war schon ziemlich spät und er wollte unbedingt noch frühstücken, und sprang schnell auf die oberste Treppenstufe, ehe die ganze Treppe genau vor seinen Füßen verschwand. Aufs Warten konnte er jetzt definitiv verzichten.
Dann lief er über den hellerleuchteten Gang, als er auf Snape stieß.

Der Professor kam eben mit wehendem Umhang auf ihn zu und Felix lief etwas langsamer, da es der Zaubertrankmeister überhaupt nicht leiden konnte, wenn man auf den Gängen rannte.
„Ein wenig spät, finden Sie nicht, Mr Lewis?", ertönte da schon die gehässige Stimme von Snape und er blieb stehen.

„Ich konnte meinen Zauberstab nicht finden, Sir", erwiderte Felix und sah ihm fest in die Augen.
Snape nickte knapp und musterte ihn misstrauisch von Kopf bis Fuß, als würde er dadurch etwas sehen, was ihm zuvor verborgen geblieben war.
„Lange Nacht, hm?", hakte er lauernd nach und Felix lächelte belustigt, was seine Augen auflodern ließ.

„Nein, Sir. Morgens sehe ich immer so aus. Als wäre ich ein Vampir - ich bin keiner."
Snape brummte etwas, was verdächtig nach „Das ist mir durchaus bewusst" und „Unverschämter Bengel" klang. Dann ging er ohne ein weiteres Wort an Felix vorbei und verschwand am Ende des Ganges.

Felix blies seine Wangen auf und ging schnell weiter.
In der Großen Halle angekommen, fiel sein Blick sofort auf George und Fred, die gegenüber von Angelina saßen, welche herzhaft über einen ihrer Witze zu lachen schien.
Grinsend setzte er sich zu Lee und gedämpft unterhielten sie sich über den kommenden Tag. Dabei verlor er, zu Felix' Erleichterung, kein Wort über die letzte Nacht. Er schien einzusehen, dass jeder mal schlecht schlief und beließ es daher dabei. Wie auch später die Zwillinge.

„Also...", murmelte Felix mit einem Blick auf den Stundenplan und biss von seinem Toast ab, „Verwandlung. Muggelkunde. Verteidigung gegen die dunklen Künste und..."
Er stöhnte auf.
„Wahrsagen."
Lee kicherte leise.
„Du bist aber auch blöd, es nicht abgewählt zu haben."
„Nach den Prüfungen definitiv", erwiderte er und rollte das Pergament wieder zusammen, um es zurück in die Tasche zu legen.

Dann griff er nach seinem Becher und trank einen Schluck von dem schwarzen Tee. Angewidert verzog er sein Gesicht.
„Das hat auch schon mal besser...", begann er, stockte dann aber, als er Lees unbeteiligtes Gesicht bemerkte.
Dann sah er zur Seite, wo die Zwillinge auch ein plötzliches Interesse an den Holzmusterungen des Tisches zeigten, ihn dabei aber verstohlen aus den Augenwinkeln beobachteten.

Trocken sah er sie an, dann trank er, ohne mit der Wimper zu zucken, den Rest des Tees. Starr erwiderten die beiden seinen Blick und auch Fred brachte zum ersten Mal in seinem Leben kein Wort raus.
Als wäre nichts gewesen, stellte Felix den Becher zurück und aß weiter.
Er hatte auch seinen Stolz. Und um das, um was auch immer es sich da handelte, was man ihm da reingemischt hatte, würde er sich später kümmern.

Ein leichtes Ziehen in der Magengegend machte sich bemerkbar bei der Vorstellung, Snape anzuflehen, damit dieser sein Leben rettete.
Belustigt grinste er.
So weit würde es nicht kommen.

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