Tabula Rasa
Es war, als wäre ein Blitz eingeschlagen. Hasapis und Rowle stockten und auch die langen, weißen Finger, welche über einen der Buchrücken strichen, hielten inne. Langsam drehte Voldemort sich um.
„Wie war das?", fragte er zischend. „Wer?"
Die zwei Todesser zwangen Felix auf die Knie. Es wäre gar nicht nötig gewesen, er hätte es auch so getan.
„Ihr habt recht, Herr. Niemand ändert so schnell seine Meinung. Aber wenn einem ein Jahr lang..."
Wut leuchtete in den roten Augen auf und, so schnell konnte Felix gar nicht schauen, hatte der Magier seinen Zauberstab in der Hand und presste ihn ihm fest in die Wange.
„Wer?"
Die zwei beistehenden Männer wichen zurück und er verkrampfte seinen Kiefer.
„Ich, Herr."
Jetzt senkte er tatsächlich den Blick.
„Bitte erlaubt mir, mein Herkommen zu rechtfertigen. Ich musste es einfach tun."
Mit schlagendem Herzen starrte Felix auf den Parkettboden. Wenn er es nicht schaffte, wenn dieser Mann seine Entscheidung beibehielt...
„Erkläre dich!"
Er atmete auf. Jetzt durfte er es nicht vermasseln!
„Ich...mein Herr, Ihr ahnt nicht, wie grauenvoll die Angst vor dem Tod ist. Und wenn mir der Mann, der mir helfen kann, diese Hilfe verweigert, dann sucht man nach einem anderen Weg. Vor allem...vor allem, wenn man Tag für Tag angelogen wird. Selbst nach all der Zeit hat sich nichts geändert."
Voldemort lachte.
„Du hast es gelesen."
Es war eine Feststellung, keine Frage. Trotzdem nickte Felix und tippte sich kurz an die Schläfe, an der jetzt wieder das Mal auftauchte. Verlangen funkelte in Voldemorts Augen.
„Ja, Herr. Aber das ist natürlich nicht der einzige Grund für mein Auftauchen. Aber Albus Dumbledores Vorgehensweise ist nicht wirklich vielversprechend, um die Zauberergesellschaft dahin zu führen, wo sie am Ende stehen sollte."
„Und du glaubst wirklich, du kannst Lord Voldemort damit überzeugen?"
Felix sah auf.
„Soviel ich weiß wurde jemand getötet, welcher dir nahestand", flüsterte der dunkle Magier gedehnt. „Du wirst doch nicht etwa dem Mann dienen wollen, der das zu verantworten hat?"
„Natürlich nicht. Aber Ihr seid nicht dieser Mann", erwiderte Felix.
Mit Mühe schluckte er den aufwallenden Schmerz runter. Jetzt musste er sich zusammenreißen. Voldemort legte seinen Kopf schief.
„So? Bin ich nicht?"
Felix schüttelte mit dem Kopf.
„Nein, Herr. In diesem Raum...ich bin mir sicher, dass es ein Mitglied des Ordens war, welches den Fluch aussprach: Alastor Moody. Er zielte auf einen Eurer Anhänger hinter meinem Paten, traf aber diesen selbst. Und wieder hattet Ihr recht, als Ihr sagtet, dass ich nicht dem Mann helfen kann, der dafür verantwortlich ist. Aber Albus Dumbledore hat mir auch meine leiblichen Eltern genommen und selbst nach all der Zeit vertraut er mir nicht. Nach allem, was ich für ihn getan habe. Warum sollte ich mich überhaupt bemühen?"
„So ist das also, hm?"
„Ich bitte Euch nur um eine Chance, Herr. Eine Gelegenheit, mich zu beweisen und eine Gelegenheit, meinen Tod zu verhindern. Mehr verlange ich gar nicht. Aber Albus Dumbledore hat nach einem Spion verlangt, also habe ich die Gelegenheit ergriffen. Ich..."
Wieder senkte er seinen Blick. Hoffte, dass er es damit nicht übertrieb.
„Ja?"
„Darf ich ehrlich sein?"
Ein Lachen. Kalt. Bar jeder Emotion.
„Aber selbstverständlich."
„Ich halte Eure Methoden für grausam. Unnötig grausam."
Die bedrohliche Aura des Dunklen Lordes schwoll wieder an, erfüllte den Raum. Wie eine eiserne Faust schloss sie sich um Felix' Brustkorb, sodass sein Atem nur noch stoßweise ging und schnell sprach er weiter.
„Aber Albus Dumbledore ist nicht besser und im Gegensatz zu Euch ist er nicht vertrauensvoll. Versteht Ihr, Herr, ich will von euch überzeugt werden. Weil ich keine andere Wahl habe und weil man sich gleich am Anfang auf die richtige Seite schlagen muss. Das...das habe ich verstanden. Wenn Albus Dumbledore nicht der Gute in diesem Krieg ist, dann...dann könnt das nur Ihr sein", fügte Felix kaum hörbar hinzu.
Wenn er damit nicht durchkam, dann war auch jedes weitere, noch so schlagkräftige Argument nutzlos.
Voldemort schwieg und schlug den Zauberstab in seine linke Handfläche. Kleine, rote Funken stoben aus der Spitze, während er auf ihn hinabsah.
Dann:
„Wie steht es denn um deine - nun, du weißt schon - um deine Magie?"
Felix schloss seine Augen und beugte sich noch ein wenig weiter nach vorn.
Wie es ihm Snape gezeigt hatte.
„Es tut mit unendlich leid, Euch gleich am Anfang enttäuschen zu müssen, aber ich glaube nicht, dass dieser Mann wirklich viel auf mich abgefärbt hat. Das bisherige Erfolgserlebnis mit dem Buch, Reióa, bestand nur darin, dass ich...ich kann es nicht erklären, es war, als wäre ich eine zentnerschwere Last losgeworden, welche..."
Ein Klopfen unterbrach ihn und Voldemort sah auf.
„Was ist?"
Die Tür öffnete sich.
„Ihr habt nach mir verlangt, mein Lord. Halb sieben."
„Ah, Severus. Sieh doch zuerst einmal, wen wir hier haben. Was hältst du davon?"
Und tatsächlich trat jetzt Severus Snape in Felix' Sichtfeld. Der Gryffindor richtete sich wieder ein wenig auf.
„Ihr verlangt nach meiner Meinung, Herr?"
„Nun, ich würde sagen, du kennst ihn. Immerhin war er dein Schüler, nicht?"
„In der Tat, mein Lord."
Fast prüfend musterte Snape ihn und Voldemort fuhr fort:
„Stell dir vor, Severus, er kam doch tatsächlich, weil Dumbledore einen Spion in meinen Reihen wollte."
„Tatsächlich?"
Überrascht sah Snape auf und ein gefährliches Funkeln erhellte seine Augen.
„Das ist ihm scheinbar nicht gelungen. Erlaubt mir die Frage, weshalb er noch hier ist, mein Lord."
„Er hat es zugegeben, Severus", sagte Voldemort grausam lächelnd.
Snapes Gesicht verhärtete sich und Felix schluckte.
„Nun, das scheint für seine Aufrichtigkeit zu sprechen."
„Nicht?" Bedächtig begann er vor ihnen auf und abzuschreiten. „Ist er ein guter Zauberer, Severus?"
„Ich würde nicht abstreiten, dass er ein gewisses Talent besitzt, Herr, hat er es doch tatsächlich geschafft, den ein oder anderen Fluch zu entwickeln. Aber - urteilt selbst."
„In der Tat kam ich schon in den Genuss seiner...Fantasie. Dieser Ehrgeiz ist beeindruckend. Nützlich."
Er blieb wieder stehen, Felix fest fixiert.
„Doch eine Sache hat er nicht ganz verstanden. Er will von mir überzeugt werden, Severus. Ist das nicht amüsant?"
Felix spannte seinen Körper an. Snape verzog seine Lippen nur zu einem spöttischem Lächeln.
„Er muss ziemlich einfältig gewesen sein, hierherzukommen, wenn er so offen seine Missgunst Euch gegenüber äußert, mein Lord."
Wieder lachte Voldemort.
„Es ist seine Ehrlichkeit, die meine Neugier weckt."
Jetzt glich er noch mehr einem Raubtier. Er fixierte Felix. Dieser fühlte sich so als wäre er ein Hase, der von einer Schlange angestarrt wurde. Er war völlig unfähig, sich zu rühren.
„Herr", brachte er schließlich krächzend hervor. „Bitte sagt mir, was ich nicht verstanden habe."
„Ich werde meine Zeit keinesfalls damit vergeuden, dich von meinen Ansichten zu überzeugen."
~
Die Tür war noch gar nicht richtig ins Schloss gefallen, da zerrte Snape Felix schon in das Wohnzimmer. Ersterer fackelte gar nicht lange, packte ihn mit festem Griff an seinem Oberteil und rammte ihn gegen die nächste Wand.
Dabei drückte seine Faust so fest gegen Felix' Kehlkopf, dass er kaum atmen konnte. Erschrocken schnappte der junge Mann nach Luft.
„Du! Was fällt dir eigentlich ein, du Wahnsinniger?", brüllte sein ehemaliger Lehrer. „Ist dir bewusst, was du da angerichtet hast?"
Weiterhin hilflos Luft einziehend versuchte Felix sich aus seinem Griff zu befreien. Doch Snape dachte gar nicht daran, loszulassen. Im Gegenteil. Er drückte sogar noch fester zu und zischte mit wütend funkelnden Augen:
„Warum habe ich das Gefühl, dass du nicht einmal gelogen hast?"
Hektisch schüttelte Felix den Kopf, bevor er das aber unterlassen musste, da er damit das Atmen nur noch schwieriger machte.
„Warum habe ich das Gefühl, dass du tatsächlich nach einer Gelegenheit gesucht hast, um..."
„Was ist denn hier los?"
„Was zum...sofort weg von ihm, elender..."
Ein Gerangel entstand, dann hatten Remus und Sirius ihn von Felix gerissen und drängten ihn zurück. Tief atmete er ein, während Snape mit seinem Zeigefinger krampfhaft auf ihn zeigte.
„Dieser kleine Mistkerl hat ALLE Karten offen auf den Tisch gelegt!"
Seine Stimme überschlug sich fast.
„Ich musste es tun, ich..."
Irritiert sahen die zwei Freunde zwischen ihnen hin und her.
„Was meinst du, Severus?", fragte Remus leise.
„Er hat dem Dunklen Lord gesagt, dass er als Spion kommt. Er hat es ihm gesagt!"
Felix hatte ihn noch nie so wütend gesehen und als Sirius' und Remus' Köpfe nun auch entsetzt zu ihm flogen, trat er schnell einen Schritt vor.
„Ich musste es tun", wiederholte er. „Er hätte mich nicht einmal zu Wort kommen lassen, ich war mit einem Fuß schon wieder aus der Tür. Ich hatte keine Chance, ihm mein schlagkräftiges Argument zu liefern. Er musste doch zuhören, verflucht noch einmal!"
Remus ging zu ihm.
„Ganz ruhig. Du...erzähl von Anfang an."
„Genau! Erzähl von Anfang an!", rief Snape und Sirius zischte:
„Jetzt halte doch mal kurz deine Klappe! Und wenn es das erste Mal sein sollte."
Tief atmete Felix durch.
„Wie gesagt. Ich war dort, ich habe ihn gesehen, aber...er hat mich abgewiesen, da habe ich gerade einmal meine Bitte geäußert. Er befahl den zwei Todessern mich irgendwo hinzubringen, er hätte mich unter den Imperius setzen lassen. Oder Schlimmeres, ich weiß es nicht. Ich hatte doch keine andere Wahl und jetzt vertraut er mir. Er glaubt mir, es hat doch funktioniert."
„Du...", wiederholte Snape wutentbrannt.
Es war, als hätte er es nicht einmal verstehen wollen und mit aller Mühe hielt Sirius ihn davon ab, sich wieder auf ihn zu stürzen.
„Professor Snape, ich habe doch schon gesagt, dass...verdammt, Severus!"
Starr sah der Meister der Zaubertränke ihn an. „Du wagst es!"
„Du dutzt mich immerhin auch schon die ganze Zeit. Warum sollte ich es da nicht auch tun?"
„Verfluchter Bastard..."
„Remus, hilf mir!"
Zu zweit drängten sie ihn wieder zurück und schnell riss Remus den Arm des Tränkemeisters nach unten, um Felix vor einem Fluch zu bewahren.
„Was ist hier los?", hallte eine tiefe Stimme durch den Raum.
Prompt hielten sie alle inne und sahen zur Tür. Ein berechnender Blick aus gletscherblauen Augen begegnete ihnen. Die Ruhe, die jetzt die Anwesenden ergriff, war fast beängstigend.
„Wie ich sehe, bist du zurück", sagte Albus Dumbledore und seine Augen sahen von Felix zu Snape.
„Ist alles nach Plan verlaufen?"
Snape schnaubte.
„Nach Plan? Oh, es lief wunderbar, nicht wahr, Lewis?"
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