Schokolade
Dumbledore griff sich an die Nasenwurzel.
„Du hast was gesagt?"
Tief atmete Felix durch.
„Ich weiß nicht, wie oft ich es noch sagen soll..."
„Felix!"
Der Schulleiter hatte seine Hand wieder rungergenommen und bedachte ihn mit einem Blick, der ihn verstummen ließ.
„Das war ein Fehler. Wir hätten das nicht tun sollen."
„Sir! Ich habe ihm nichts weiter gesagt. Er besitzt keine Informationen über den Orden oder sonst was. Ich habe ihm nichts weiter gesagt!"
Hilflos sah er zu Remus. Wenigstens er musste das doch einsehen.
„Ich glaube, wir sollten das Ganze abbrechen."
„Was?"
Fassungslos sah er Dumbledore an.
„Wir hören auf, bevor es völlig außer Kontrolle gerät. Es war schon Glück, dass du da wieder rausgekommen bist und wir jetzt nicht alle völlig..."
„Wie stellen Sie sich das denn vor? Ich kann jetzt keinen Rückzieher machen. Wenn, dann wird er wieder hinter mir her sein. Aber diesmal, um mich zu töten!"
„Und genau deswegen belassen wir alles beim Alten. Du bleibst einfach hier, bis wir Vo..."
„Nein! Nein!"
Felix sprang auf und starrte ihn wütend, fast hasserfüllt, an. Was brachte diesen Mann nur auf den Gedanken, ihn so zu behandeln?
„Ich lasse mich nicht weiterhin einsperren! Es hat sich nichts geändert, Voldemort ist bereit mich aufzunehmen, ich gehe nächste Woche zu ihm und ich werde dem Orden die Informationen liefern, die Severus Snape ihm nicht beschaffen kann!"
„Felix, beruhige dich! Du..."
„Ich will mich aber nicht beruhigen! Sie belügen mich, misstrauen mir aber trotzdem. Ich wäre es, der jeden Grund dafür hätte. Sie behandeln mich als wäre ich noch ein Kind und Sie mein Vormund..."
„Hat er dir das eingeflüstert?"
Mit offenem Mund starrte Felix Dumbledore an.
„Scheiße, wie können Sie es wagen?", flüsterte er.
Entsetzt sahen Remus und Sirius zu ihm, setzten an zu sprechen, aber er fuhr schon fort:
„Eigentlich hätte ich wirklich einfach abhauen sollen. Irgendwohin, wo mich all das nicht mehr zu interessieren braucht. Aber ich bleibe, weil ich Ihnen helfen will. Obwohl Sie nun einmal das sind was Sie sind. Ein verdammter Lügner. Ich bleibe und tue das, was in meiner Macht steht, um Sie zu unterstützen. Und da werfen Sie mir so etwas vor?"
„Ich werfe dir gar nichts..."
„Doch, das tun Sie! Ich habe letzten Sommer noch nicht vergessen, okay? Den Schmerz spüre ich heute manchmal noch, wenn ich kein Metamorphmagus wäre, könnte ich heute nicht mehr richtig laufen und Sie ahnen ja nicht, wie viele schlaflose Nächte ich schon verbracht habe. Ich habe das nicht zu ihm gesagt, weil ich Ihnen schaden wollte!"
Schwer atmend sah er ihn an. Dann ließ er sich zurück auf den Stuhl fallen und rieb sich über die Augen.
Eine Weile herrschte Schweigen, dann sagte Snapes gehässige Stimme:
„Erwarten Sie jetzt, dass wir Sie alle bemitleiden? Der Dunkle Lord hat von uns allen seinen Tribut abverlangt. Sie haben ja keine Ahnung, Sie haben noch keinen richtigen Krieg erlebt."
„Severus, ist das dein Ernst?", murmelte Remus, dem das alles offensichtlich zu viel war.
Er sah müde und abgehetzt aus. Seine Kleidung war noch schäbiger als sonst. Ächzend fuhr er sich über das Gesicht.
Mit funkelnden Augen sah Felix auf.
„Auf Ihr Mitleid kann ich ganz gut verzichten. Alles, was ich will, ist, dass man endlich mal aufhört mit mir zu machen, was man will. Ich bin keine Marionette!"
„Ich finde es ihm gegenüber auch...unfair."
Snape schnaubte.
„Hört, hört. Black spricht von Fairness."
„Und meint es damit ernst. Er konnte nicht anders und ich finde, dass wir das jetzt nicht beenden sollten. Wir waren nicht dort. Am Ende hätte jeder andere auch so entschieden."
Schwach lächelte Felix. „Danke, Sirius."
Grimmig nickte er.
Dumbledore sah erst ihn prüfend an, dann Felix. Remus räusperte sich.
„Ich stimme Sirius zu. Ich glaube nicht, dass Felix aus bösem Willen oder Ähnlichem gehandelt hat. Und so..."
„Schon einmal überlegt, dass der Dunkle Lord ihm absichtlich falsche Informationen zukommen lassen könnte?", unterbrach Snape ihn säuerlich.
„Wie gesagt, er muss sich sein Vertrauen erarbeiten. Und glaub mir, Severus, Felix ist klug genug, um eine Falschinformationen von einer wahren Tatsache zu unterscheiden."
„Und der Dunkle Lord ist gerissen genug, um deinen Liebling zu täuschen."
Ärgerlich zog Remus seine Augenbrauen in die Höhe.
„Mit bissigen Kommentaren kommen wir hier nicht weiter."
„Ach, du willst weiterkommen? Ich dachte, für dich hätte es sich schon erledigt."
„Hat es auch. Ich bin der Auffassung, dass wir jetzt nicht aufhören sollten, sondern einfach mal Vertrauen in ihn setzen."
Dankbar sah Felix ihn an. Snape verzog nur spöttisch seine Lippen.
„Aber natürlich. Der Arme bekommt ja so wenig davon. Mitleidsbe..."
„Beende diesen Satz und es wird dir gewaltig leid tun!", knurrte Sirius drohend und Felix sah, wie er zu seinem Zauberstab griff.
Snape ließ das völlig kalt. Er sah ihn herablassend an und öffnete seinen Mund.
„Remus hat recht, mit bissigen Kommentaren kommen wir nicht weiter", unterbrach Dumbledore den Streit.
Er nickte Felix zu.
„Also gut, wir bleiben dabei. Du wirst nächste Woche wieder hingehen und kein Wort über den Orden verlauten lassen. Du weißt nichts von seinem Standort oder seinem aktuellen Vorhaben! Die Mitglieder bringt er auch selbst zusammen, abgesehen von Severus natürlich, aber sonst weißt du nichts!"
„Ziemlich unwahrscheinlich, wenn ich doch hier wohne oder nicht?"
„Ich würde annehmen, jetzt steht es dir frei, eine Karriere anzufangen und eine eigene Wohnung zu beziehen."
Fragend sah er ihn an.
„Und dass wir seine Pläne vereiteln und Harry um jeden Preis vor ihn schützen wollen, weiß er selbst."
Langsam nickte Felix. Er konnte sein Glück kaum fassen. Er würde sich einen Beruf suchen können. Er würde sich irgendwo bewerben und endlich sein magisches Wissen anwenden und fortbilden können.
„Na, dann..."
Die Tür flog auf und ein völlig - noch nie hatte er ihn so gesehen - aufgelöster Kingsley Shacklebolt betrat den Raum.
„Emmeline...", stieß er keuchend hervor. „Sie...sie wurde gefunden. Tot."
Albus Dumbledore fuhr zusammen.
„Wie bitte?"
Vor ihnen blieb der Zauberer stehen. Seine dunklen Augen huschten nervös über die Anwesenden.
„Sie...es war bei ihr. Nachbarn haben drei Männer vor ihrem Haus gesehen, welche dann aber abends wieder verschwunden sind. Heute...vor zwei Stunden wurde sie dann..."
Der Mann ließ den Satz unbeendet. Remus und Sirius sahen ihn ungläubig an, Dumbledore stand immer noch wie erstarrt da und Snape hatte seine Lippen fest aufeinandergepresst.
Tot. Noch ein Ordensmitglied war tot. Innerhalb so kurzer Zeit.
~
„Geht es dir gut?"
Felix sah auf. Er hatte sich in sein Zimmer zurückgezogen und sich mit einem Buch in sein Bett gelegt, welches er aber schnell wieder geschlossen hatte. Er hatte erst einmal alleine sein müssen.
Jetzt setzte er sich auf und sah zu Remus, welcher die Tür zuzog und sich gleich neben ihr auf den Stuhl setzte. Die Sachen hatte Felix schon heute morgen weggeräumt.
Er nickte.
„Ich...ich musste nur erst einmal alleine sein - und ich hätte bei der Besprechung unten wahrscheinlich nur gestört."
Remus sah ihn verwundert an.
„Was veranlasst dich denn zu diesem Gedanken? Du störst doch nicht."
Schwach lächelte Felix. Die Diskussion hatte aus ihm unerklärlichen Gründen an seinen Nerven gezerrt. Vielleicht hatte ja auch noch der Aufenthalt im Malfoy-Manor dazu beigetragen. Aber im Moment wollte er das Thema nicht wieder durchkauen.
„Ach, ich hätte sowieso nichts beitragen können. Und vielleicht sollte ich es erst einmal etwas ruhiger angehen, ich bin schon froh, dass Dumbledore bei der jetzigen Entscheidung geblieben ist."
Remus nickte knapp.
„Verstehe. Er hat sich nun einmal Sorgen gemacht und wollte kein Risiko eingehen, welches deine Gesundheit gefährdet. Dass du das Gefühl hattest, dass er dir misstraut und dich herumkommentiert..." Er seufzte. „Ich kann dir sagen, dass er sein Bestes geben wird, um das wieder gutzumachen."
Felix lächelte.
„Danke, Remus."
„Für was denn das?"
„Einfach, dass du so bist wie immer."
Remus hob seinen Zeigefinger. „Nicht ganz."
Damit kramte er in seiner maroden Jackentasche, zog eine angebrochene Tafel Schokolade heraus und warf ihm die Hälfte zu.
„Jetzt bin ich so wie immer."
Felix lachte leise auf und biss dann eine Ecke der kalten Tafel ab.
„Hast du dir schon überlegt, wo du dich bewerben möchtest?"
„Oh, das...nein, noch nicht wirklich."
Er zuckte mit den Schultern.
„Sollte ich ihn fragen? Vielleicht will er mich ja irgendwo einsetzen und wenn ich so eine Entscheidung ihm überlasse, dann...vertraut er mir vielleicht eher und ich beseitigte eventuelle Verdächtigungen."
Langsam nickte Remus.
„Wenn du ihn fragst, dann wird er dich höchstwahrscheinlich irgendwo im Ministerium positionieren wollen. Ich weiß nicht, wie ich es tun würde, wahrscheinlich würde er mich gar nicht als vollwertiges Mitglied ansehen, aber ganz schlecht ist es vielleicht nicht."
Felix sah auf die Schokolade in seiner Hand.
„Dann frage ich ihn. Ich könnte mich wahrscheinlich sowieso nicht allzu schnell entscheiden."
„Wann...wann gehst du..."
Er räusperte sich.
„Wann findet dieses Treffen statt? Wo du dein..."
„Wo ich dieses Mal bekomme? Nächsten Donnerstag. Als Snape sich verabschiedet hat, hat er gesagt, dass Cleitus auch dabei sein wird. Draco...Draco Malfoy hat es schon."
Glatt wurde Remus etwas blasser.
„Hat er das?"
Felix schwieg. Das war Bestätigung genug. Und obwohl Cleitus wahrscheinlich von seinem Vater dazu aufgefordert wurde, so war er volljährig und hatte es wahrscheinlich nicht ganz so schwer wie Draco, welcher immer noch in die Schule ging.
Diese Erkenntnis schien auch Remus schwer zu schaffen machen. Gerade er, der er die Jungen ein Jahr lang unterrichtet hatte. Felix wollte sich gar nicht vorstellen, wie es Snape ging, der ja auch noch der Hauslehrer von ihnen war. Er kannte sie wahrscheinlich sogar besser als ihre eigenen Eltern.
Aber...im Moment sollte er sich wahrscheinlich nur auf seine eigene Aufnahme konzentrieren. Snape hatte ihn vorgewarnt. Hatte ihm geraten, bei dem Erhalten des Dunklen Mals keinen Anflug von Schwäche zu zeigen. Gelindert hatte er seine Nervosität damit nicht.
„Keine Sorge."
Er sah auf in Remus' zuversichtlich lächelndes Gesicht.
„Es wird alles gut."
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