Rettung?
„Was tust du da?", rief Harry. „Hör sofort damit auf!"
„Potter, Potter. Das bin ich nicht", flüsterte Voldemort und sah mit glitzernden Augen zu, wie Felix auf die Knie fiel und Harry versuchte, ihm wieder aufzuhelfen.
Felix hatte seine Augen geschlossen und presste seine Kiefer fest aufeinander. Tief durchatmen. Er musste sich beruhigen! Der Schmerz würde nicht verschwinden, wenn er sich von seinen Gedanken weiterhin so sehr beeinflussen ließ.
„Felix, alles gut, hörst du? Hey! Felix, komm schon!"
Harry schüttelte ihn.
„Na los, Potter, weg da!", zischte Voldemort und hob seinen Zauberstab.
Harry hob schnell seinen eigenen, doch im nächsten Moment wurde er von den Füßen gerissen.
Felix nahm durch das Rauschen hindurch nur noch das dumpfe Geräusch eines Aufpralls und ein leises Stöhnen wahr. Hinter sich? Oder war es rechts von ihm?
Er wusste nicht mehr, wo oben und unten war. Bellatrix gackerte auf.
„Nein, nicht!", keuchte er, bevor er nach vorne fiel und, die Arme um den Körper geschlungen, zuckend liegenblieb.
Eine ungeheure Kälte ergriff ihn und auf seinem Brustkorb lastete ein solcher Druck, dass Atmen ein Ding der Unmöglichkeit war.
Gemächlich setzte sich Voldemort in Bewegung und beugte sich zu ihm. Felix kniff seine Augen noch weiter zusammen und als der schwarze Magier den Zauberstab an seine Schläfe setzte, glaubte er, sich gleich übergeben zu müssen.
Doch...bevor er überhaupt einen weiteren Gedanken fassen konnte, hörte alles auf. Es war einfach verschwunden. Der Schwindel, die Schmerzen, die Atemnot...einfach alles.
Irritiert riss er seine Augen auf.
„Was..."
Er wollte sich aufrichten, doch jetzt setzte Voldemort die Spitze seines Zauberstabes auf seine Brust und drückte ihn zurück auf den kalten Boden. Ein flüchtiger Blick zu Harry, welcher sich eben auf die Unterarme stützte, dann:
„Es einfach wegzuzaubern ist keine dauerhafte Lösung."
Seine Stimme war noch weniger, als ein Flüstern. Er raunte es ihm kaum hörbar ins Ohr. Felix erschauderte, was ihm ein Lächeln bescherte.
„Ich hoffe doch sehr, dass du zur Vernunft kommst. Es wäre doch sehr schade um dich. Denn solltest du es nicht tun...nun, meine Geduld ist schon lange am Ende. Mache dich darauf gefasst, dass unsere nächste Konversation nicht so angenehm wird. Entscheide dich jetzt oder ich kann für nichts mehr garantieren. Hast du mich verstanden?"
Als Felix schwieg, ließ der dunkle Lord seinen Zauberstab zu seiner Kehle wandern und drückte zu. Ein Wimmern entwich dem Jugendlichen.
„Ve...verstanden", stammelte er.
„Braver Junge", flüsterte Voldemort.
Damit erhob er sich.
„Na los, Bella, worauf wartest du noch? - So, Potter. Ein paar letzte Worte?"
„Nein - nicht Harry...bitte..."
Felix hatte sich auf die Seite gedreht und richtete sich auf. Sofort kippte der ganze Raum und ihm entfuhr ein Ächzen.
Und dann stieß Voldemort ein scharfes „Avada Kedavra!" hervor.
Felix keuchte, riss Mund sowie Augen auf. Harry stand wie erstarrt da, unfähig, sich irgendwie zu wehren oder dem Fluch auszuweichen.
Doch noch bevor ihn der grüne Lichtstrahl erreichte, regte sich die nun kopflose Gestalt des Zauberers auf dem Brunnen. Er sprang von seinem Sockel vor Harry und breitete schützend seine Arme aus. Der Todesfluch prallte einfach daran ab. Felix' Kopf fuhr zur Seite.
„Was?", fuhr Voldemort auch schon auf und wirbelte herum.
Er verengte seine Augen.
„Dumbledore", flüsterte er.
Der Professor stand vor den goldenen Portalen und augenblicklich jagte ein zweiter, grüner Lichtblitz durch den Raum.
Dumbledore drehte sich, wirbelte seinen Umhang auf und mit einer weiteren Drehung war er verschwunden.
Hinter Voldemort tauchte er wieder auf und richtete seinen Zauberstab auf die letzten Überbleibsel des Brunnens.
Die Hexe rannte auf die schreiende Bellatrix zu, deren Flüche jedoch nutzlos an ihrer Brust abprallten und drückte sie, bei ihr angekommen, zu Boden.
Der Hauself hastete auf einen der Kamine zu, der Kobold selbst sprang auf Felix zu.
Schnell rutschte der junge Mann zurück, seinen Zauberstab konnte er sich noch schnappen, dann beugte sich der Kobold schon über ihn. Harry selbst wurde von dem Zauberer an die Wand gedrängt.
Der einarmige Zentaur galoppierte brüllend auf Voldemort zu. Der behielt seine Nerven, verschwand, wie zuvor Dumbledore, und tauchte neben dem Wasserbecken wieder auf. Der Pferdemensch zog einen trabenden Kreis um die zwei Männer.
„Es war töricht, heute Nacht herzukommen, Tom. Die Auroren sind unterwegs", sagte Dumbledore ruhig.
Seine Haltung war völlig lässig, obwohl er seinen Zauberstab hochhielt. Felix versuchte, weiter von dem Kobold wegzurutschen.
„Bis dahin bin ich verschwunden und du bist tot", fauchte Voldemort nur und schleuderte ihm einen weiteren Todesfluch entgegen.
Er verfehlte ihn und traf das Pult des Sicherheitsschalters, welches sofort in Flammen aufging.
Dumbledore schickte einen Zauber zurück, der so gewaltig war, dass Voldemort ein Schild heraufbeschwören musste, an dem er abprallte. Ein tiefes Brummen erfüllte für einen Moment den Raum.
„Du hast nicht die Absicht, mich zu töten?", rief Voldemort ihm zu und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Über solch eine Brutalität erhaben, nicht wahr?"
Ruhig schritt Dumbledore auf ihn zu.
„Wir wissen beide, dass es andere Wege gibt, um einen Mann zu zerstören, Tom."
„Es gibt nichts Schlimmeres, als den Tod, Dumbledore!"
„Du irrst", widersprach Dumbledore ruhig und ging weiter auf ihn zu, ohne sich in irgendeiner Weise zu schützen. „Deine größte Schwäche war schon immer, nicht zu begreifen, dass es schlimmere Dinge gibt als den Tod."
Felix rutschte unauffällig noch ein Stück weiter nach hinten. Der Kobold folgte ihm mit den toten Augen und setzte einen Schritt nach vorn.
Klonk.
Was konnte es schon Schlimmeres geben als den Tod?
Dass Dumbledore keine Schmerzen meinte, war ihm klar. Aber die Arroganz, wie er mit der Endgültigkeit des Todes umging, machte ihm fast Angst. Fast genauso viel wie die Leichtigkeit, mit der Voldemort und seine Todesser den Tod zu den Menschen brachten.
Er musste hier weg. Jetzt. Sofort.
„Aber sicher", höhnte Voldemort. „Meinst du etwa Hoffnung? Oh ja, das ist wahrlich grausam. Gib einem Mann Hoffnung und zerstöre sie Tag für Tag."
Den nächsten grünen Lichtblitz, welcher hinter dem Schild hervorbrach, wehrte der einarmige Zentaur ab. Er zerbarst in hunderte Stücke. Noch bevor alle auf dem Boden aufgekommen waren, peitschte Dumbledore mit dem Zauberstab durch die Luft und ein brennendes Seil zurrte sich um Voldemort und sein Schutzschild.
Keuchend hielt Felix inne und starrte auf die Szene. War es das? Hatte der Professor gewonnen?
Bereits in der nächsten Sekunde beantwortete sich diese Frage. Das Seil verwandelte sich in eine zischende Schlange und wandte sich nun gegen ihn. Voldemort löste sich in Luft auf und tauchte auf dem höchsten Sockel des Brunnens wieder auf.
„Vorsicht!", schrie Harry, während sich Dumbledore immer noch um die Schlange kümmerte.
Jetzt stürzte ein riesiger, goldener Schatten zwischen Dumbledore und den Todesfluch. Fawkes schluckte den grünen Strahl, ging in Flammen auf und fiel klein und zerknittert zu Boden.
Die Schlange, welche fast ihre Zähne in Dumbledore versenkt hätte, löste sich in feine Rauchschwaden auf und das Wasser erhob sich aus dem Brunnen und umschloss Voldemort wie einen Kokon.
Da fiel Felix' Blick auf die Pergamentseiten, welche zwischen ihm und der festgehaltenen Bellatrix lagen. Die ersten Seiten Reióas. Er richtete seinen Zauberstab langsam auf den Kobold.
Concretione Ilicio!
Der Kobold erstarrte und langsam kroch er auf das Pergament zu. Voldemort war nur als dunkle, gesichtslose Gestalt inmitten des Wassers zu sehen.
Dann stürzte es zurück in den Brunnen und schwappte über den Rand. Felix kroch schneller über den Boden. Die Seiten durften nicht beschädigt werden!
„HERR!", schrie Bellatrix, bevor ihr Blick auf Felix fiel.
Er sah in ihre dunklen, funkelnden Augen. Dann, als sie sich angestrengt nach etwas ausstreckte, was durch die Statue verborgen wurde, setzte er seinen Weg schnell fort.
„Bleib, wo du bist, Harry!"
Doch dann hielt er inne.
„Töte mich", hallte Harrys Stimme durch das Atrium. „Wenn der Tod nichts bedeutet, dann töte den Jungen."
Felix sah voller Grauen auf den zusammengesunkenen, am ganzen Körper schlotternden Harry. Seine Brille lag neben ihm auf dem Boden.
Albus Dumbledore hastete schnell durch den Raum und kniete sich zu ihm.
Und jetzt hatte Felix die Seiten erreicht. Als er die Hand darum schloss, passierte rein gar nichts. Keine Schmerzen, keine Bewusstlosigkeit - nichts. Sie waren ungefährlich.
Dann erfolgte ein lautes Krachen und er sah wieder zu Bellatrix. Sie hatte ihren Zauberstab erreichen können.
Die Statue selbst lag am Boden. Ihr Kopf sowie der rechte Arm waren abgebrochen. Von ihrer Hüfte abwärts lag alles in Schutt auf dem Boden.
Schnell drückte Felix das Pergament gegen seinen Oberschenkel.
Sinvitigio!, dachte er mit größter Konzentration und gerade in dem Moment, in dem die Seiten in dem Stoff seiner Hose verschwanden und er vor der Todesserin fliehen wollte, bekam er einen Stoß in den Magen. Er keuchte und hob seinen Zauberstab.
Doch Bellatrix packte ihn am Handgelenk und drückte ihn wieder nach unten. Ihr Knie rammte sie weiter in seinen Magen, den eigenen Zauberstab bohrte sie fest gegen seinen Hals. Er röchelte.
Sie beugte sich zu seinem Ohr. Ihre Lippen waren nur wenige Millimeter davon entfernt.
„Na? Wo wollten wir denn so schnell hin?", hauchte sie.
Ein dunkles Kichern folgte.
Felix gab keine Antwort. Er versuchte nur, sich aus ihrem Griff zu befreien. Doch sie drückte mit ihrem Zauberstab nur noch fester zu. Ihm wurde schwindelig.
„Also? Wo sind die Seiten?", fragte sie scharf.
Jetzt berührten ihre Lippen seine Wange und er wollte seinen Kopf wegdrehen.
„Aber, aber. Warum denn so schüchtern? Sag mir sofort, wo du sie versteckt hast!"
Er öffnete seinen Mund. Alles, was er zustande brachte, war ein weiterer rasselnder Atemzug.
„Zu fest, Kleiner? Warum gibst du mir die Seiten nicht einfach? Sie gehören dir nicht. Wenn ich sie in meiner Hand halte, kann ich aufhören. Willst du das?"
Seine Augen brannten, aber er machte keine Anstalten, ihrer Aufforderung zu folgen.
Sie zischte und öffnete wieder ihren Mund, als sie von ihm weggerissen wurde.
Felix starrte direkt einem glühend roten Augenpaar und der ausgestreckten bleichen Hand entgegen. Entsetzt stieß er sich von der Frau ab. Hart schlug er mit seinem Kopf auf dem Boden auf, dann waren sie beide verschwunden. Voldemort und Bellatrix Lestrange.
Immer noch auf dem Rücken liegend, vergrub er die Finger in seinen Haaren und schloss schwer atmend die Augen.
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