„Ich kümmere mich bereits darum."
„Mr Lewis, das ist ja einmal eine Überraschung. Was..."
„Ist er da?", unterbrach Felix keuchend seine ehemalige Hauslehrerin. „Ist...ist Professor Dumbledore da, ich muss zu ihm!"
Professor McGonagall hielt inne und rückte prüfend ihre Brille zurecht.
„Da muss ich Sie enttäuschen, noch ist er im Ministerium zugegen. Er wird erst gegen Mittag zurück sein."
„Scheiße!"
Die Hände in den Haaren vergraben wandte Felix sich ab. Warum musste er nur ein solches Pech haben?
Da war er extra nach Hogwarts appariert und dann das. Jetzt noch war ihm kotzübel, die Strecke war einfach viel zu lang gewesen und es graute ihn schon jetzt, wieder nach London apparieren zu müssen. Aber etwas anderes blieb ihm doch auch gar nicht übrig.
Eine Hand an seiner Schulter ließ ihn zusammenfahren.
„Felix. Was haben Sie?"
Er ließ die Hände sinken.
„Ach, ich...ich muss einfach dringend mit ihm sprechen, er..."
Er sollte nicht noch mehr Zeit verlieren.
„Ich danke Ihnen aber für die Auskunft, Professor. Ich..."
„Nein, nein, bleiben Sie!"
McGonagall hatte ihn noch nicht losgelassen, und zog ihn nun auf die große Treppe zu.
„Sie werden mit Albus auch nicht im Ministerium sprechen können, man wird Sie nicht zu ihm lassen. Warten Sie doch mit mir in meinem Büro, bis er wieder zurückkehrt."
„Aber..."
Frustriert ließ er sich mitziehen. Er hatte nicht einmal einen Blick für das warme Gemäuer übrig. Selbst den Geist, dem sie begegneten, bemerkte er erst, als der sie grüßte. Die heutige Begegnung mit Voldemort ließ immer noch Übelkeit in ihm aufsteigen. Was...was war das überhaupt gewesen?
Was hatte der Magier damit bezwecken wollen? Wollte er wirklich ein gegenseitiges Vertrauen oder war pure Einschüchterung das Ziel?
Vielleicht ja sogar beides?
Er sah auf, als er fast in Professor McGonagall gestolpert wäre. Die Hexe war stehengeblieben und musterte ihn. Jetzt bemerkte er auch, dass sie bereits vor ihrem Büro standen.
„Es ist etwas wegen dem Orden?", vermutete sie ziemlich treffend.
Stumm nickte er. Wieder fühlte er sich wie ein kleiner Junge. Völlig verängstigt, hoffnungslos und...allein. Das war das Schlimmste. Bevor er aber endgültig in diesem Gefühl versunken konnte, legte sie schon ihre Hand auf seinen Rücken und führte ihn sanft durch die schwere Tür ihres Büros.
„Kommen Sie erst einmal herein, Felix. Ich mache einen Tee und Sie bedienen sich an meinen Ingwerkeksen."
„Dann kotze ich", murmelte er.
„Dann kommt ein Schuss Beruhigungstrank in den Tee. In diesem Zustand lasse ich Sie nämlich nicht in meinem Büro sitzen, ohne dass Sie etwas zu sich nehmen!"
Und genauso hielt sie es auch. Sobald die Tür ins Schloss gefallen war, beschwor sie einen Sessel herbei und drückte Felix in das weiche Polster.
„Möchten Sie mir vielleicht erzählen, was geschehen ist?"
Felix sah auf und wischte sich einmal über die schweißnasse Stirn.
„Ich...ich weiß nicht, ob ich das darf. Oder überhaupt kann."
Sie warf ihm einen Blick über ihre Schulter zu. „Von wem aus?"
Von wem...
„Sie wissen, dass ich...dass ich für Professor Dumbledore bei..."
Er ließ den Satz ausklingen, als sie nickte und sich wieder ihrer Tätigkeit des Teezubereitens zuwandte.
„Albus und ich sind älteste Freunde. Vielleicht weiß ich nicht von allen Dingen so sehr Bescheid wie er es tut, aber er hält mich auf dem Laufenden. Immerhin bin ich auch eine Verfechterin des Guten."
Lächelnd trat sie auf ihn zu, ein Tablett in der Hand, auf welchem das Teegeschirr leises Klappern von sich gab. Ein Teller mit Keksen befand sich auch darauf und sie stellte es auf einem kleinen Tisch neben ihm ab, bevor sie sich in einem zweiten Sessel niederließ.
Schwach erwiderte Felix das Lächeln.
„Ich weiß schon. Wer, wenn nicht Sie?"
Sie schnaubte ein wenig belustigt, dann deutete sie auf das Tablett zu seiner Rechten.
„Jetzt nehmen Sie schon, wehe ich habe umsonst den Zauberstab geschwungen."
„Muss ich sonst Angst haben, dass Sie mich in eine Schnecke verwandeln?"
„In einen Knarl", gab sie trocken zurück. „Dann können Sie am Montag in meinem Unterricht bei den Viertklässlern herhalten."
„So schlecht wäre das gar nicht", brummte Felix nur und griff dann halbherzig nach der geblümten Teekanne, um sich etwas von dem Inhalt einzuschenken.
Professor McGonagall schwieg und für eine winzig kleinen Augenblick war nur das Plätschern des Tees zu hören. Dann stellte Felix die Kanne ab, nahm einen Schluck des aromatischen Gebräus und hüllte sich dann in Schweigen. Frustriert hakte er seine Finger ineinander. Er konnte doch jetzt unmöglich ruhig sitzen bleiben, warten und Tee trinken!
Schon zitterten seine Hände wieder und er ballte sie zu Fäusten. Warum konnte er sich nicht einmal zusammenreißen?
„Sie wissen, dass Sie nicht so stumm dasitzen müssen?"
Er sah auf. Die Professorin hatte ihn eingehend gemustert.
„Vielleicht können Sie ja Ihre Gedanken ordnen, wenn Sie davon erzählen", schlug sie vor. „Natürlich müssen Sie nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass es Sie für das Gespräch mit Albus wappnet."
Felix ächzte. „Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Es...es ist nur..."
Seine Schultern sackten herab.
„Das...das ist doch völlig sinnlos. Alles. Egal, was wir gegen ihn unternehmen, es wird nichts bringen. Rein gar nichts."
„Aber Felix, was sagen Sie denn da!"
„Es ist wahr", stieß er hervor und richtete sich etwas weiter auf.
„Man...man kann ihn nicht besiegen, wir haben doch gar keine Chance. Der Orden nicht, Harry nicht und Professor Dumbledore..."
Auch nicht.
„Scheiße", fluchte er heiser.
Aber es würde sich nicht ändern lassen. Sie würden niemals gegen diesen Schwarzmagier ankommen.
„Felix."
McGonagall beugte sich vor und sah ihn eindringlich an.
„Was auch immer vorgefallen ist, lassen Sie sich davon nicht entmutigen, hören Sie? Ich war lange genug in der Strafverfolgung tätig, um zu wissen, dass man immer etwas gegen das Böse unternehmen kann. Das hat uns auch der erste Zaubererkrieg gelehrt."
Mit großen Augen starrte Felix sie an. Was hatte sie da gesagt?
„Einen Moment. Sie waren...Sie waren in der Strafverfolgung? Ein...ein Auror?"
Grimmig nickte sie.
„Oh ja. Vor meiner Zeit als Professor habe ich mich dem Kampf für das Gute gewidmet und soll ich Ihnen etwas sagen? Die wichtigste Regel war immer, niemals aufzugeben."
Felix starrte sie noch immer an. Er konnte es nicht ganz glauben. Professor McGonagall ein Auror?
Dann drangen jedoch ihre anderen Worte zu ihm durch und blinzelnd schüttelte er seinen Kopf.
„Nein, ich..."
Irgendetwas drückte ihm die Luft ab.
„Diesmal...diesmal schaffen wir das wirklich nicht", brachte er gerade noch so heraus.
Seine ehemalige Hauslehrerin seufzte.
„Wollen Sie mir davon erzählen? Vom Anfang an?"
Felix wischte sich über das Gesicht. Wollte er das wirklich?
„Na ja, es...ich habe letzte Woche einen Auftrag bekommen", begann er dann doch leise. Der Hexe sah er dabei nicht ins Gesicht. „Ich sollte ins Ministerium und...und ich habe das neue Reformgesetz gestohlen. Also...also die Kopie davon", fügte er schnell noch hinzu. „Aber das wissen Sie wahrscheinlich schon."
McGonagall nickte.
„Und heute wurde es verabschiedet und die Täuschung wurde aufgedeckt?", schloss sie vorsichtig.
„Das ist doch nicht einmal das Schlimmste", stieß Felix hervor. „Ja, ich wurde zu ihm gerufen und ja, er war drauf und dran...er war dabei, mich zu bestrafen, aber ich konnte..."
Zittrig atmete er ein.
„Ich konnte mich rausreden. Und dann...und dann hat er..."
Hilflos krallte der junge Mann sich in den Sessellehnen fest. Er wollte das nicht aussprechen. Er wollte einfach nicht. Das Atmen wurde noch schwieriger und so langsam...er lockerte seinen Kragen.
„Felix, es ist alles in Ordnung." Professor McGonagall nickte ihm ermutigend zu. „Atmen Sie tief durch. Fahren Sie fort, wenn Sie bereit sind."
Knapp nickte Felix. „Ja, ich...oh, scheiße."
Tief atmete er durch. Er musste sich zusammenreißen!
Sie hatte recht, er sollte es loswerden. Sie würde es doch eh erfahren, wenn er damit zu Dumbledore ging. Da konnte er es auch gleich jetzt hinter sich bringen, da war es beim zweiten Mal nicht ganz so schwer.
Er sah auf.
~
„Professor! Merlin sei Dank, endlich!"
Albus Dumbledore war gerade erst aus dem Kamin getreten, als Felix in sein Büro stürzte, Minerva McGonagall auf seinen Fersen.
Stirnrunzelnd legte der Mann eine lederne Tasche auf einem kleinen Tischchen ab und machte sich daran, seinen Reiseumhang abzulegen.
„Felix, was gibt es? Ist alles in..."
„Er kann nicht sterben!", stieß Felix entschlossen hervor. Bevor de Mut ihn wieder verließ, wollte er wenigstens das noch sagen.
Dumbledore stockte. „Was meinst du bitteschön? Von wem sprichst du da?"
„Voldemort. Er...er hat es mir gezeigt, er stirbt nicht. Wir...wir können ihn nicht..."
Besiegen. Jetzt, da er in diese funkelnden Augen sah, konnte er es nicht mehr aussprechen. Aber Dumbledore würde auch so wissen, was er meinte. Vielleicht...
Felix stand der Mund offen, als sich der Professor abwandte, den Umhang über seinem Arm, und auf seinen Schreibtisch zuging.
„Darum kümmere ich mich bereits, Felix. Ich weiß, was du meinst und ich versichere dir, ich habe das unter Kontrolle."
Fassungslos starrte Felix ihn an.
„Was soll das heißen?", fragte er mit brüchiger Stimme. „Er...ich sagte doch, er..."
Dumbledore drehte sich ein wenig zu ihm und lächelte ermutigend.
„Wie ich schon sagte, darum kümmere ich mich bereits. Wir können ihn sehr wohl besiegen und er kann sehr wohl..."
„Er kann nicht sterben!"
Dumbledore stockte und sah zu dem Zauberer, der seine Fäuste geballt hatte und ihn verzweifelt ansah.
„Er hat es mir doch gezeigt, er kann nicht sterben! Diese Wunde, er...er hat nicht einmal geblutet. Wir können ihn einfach nicht besiegen!"
Jetzt legte sich die Stirn des Alten in tiefe Furchen.
„Was soll das heißen? Er hat es dir gezeigt?"
Felix trat näher an ihn heran.
„Ja, doch. Er...ich sollte...er hat mich gezwungen, ihn anzugreifen. Er wollte es mir demonstrieren und...und...ich habe den Sectumsempra angewandt und...er konnte ihm nichts anhaben", fügte er flüsternd hinzu.
Die gletscherblauen Augen suchten für eine Sekunde Professor McGonagalls, dann schossen sie zu ihm zurück.
„Warum sollte Tom das tun?", fragte Dumbledore skeptisch und legte seinen Umhang zur Seite. Selbst Fawkes, sein Phönix, musterte Felix mit schiefgelegtem Kopf. Der schluckte.
„Ich...ich weiß es nicht. Ich bin doch schon froh, dass ich ihn überhaupt besänftigen konnte, nachdem er von der Kopie der Reform erfahren hat. Ich glaube...ich glaube, er wollte einfach nur auf andere Art und Weise seine Macht demonstrieren und..."
Hilflos hob Felix seine unverletzte Schulter an.
„Und irgendwie wollte er mich wohl auch einschüchtern."
„Durchschaut er dich?" Dumbledore senkte seinen Kopf, wandte den scharfen Blick jedoch nicht ab. „Wenn er Verdacht schöpft, können wir das nicht weiterführen."
Felix hob sein Kinn an. Er würde auf keinen Fall aufhören.
„Tut er nicht, sonst hätte er mir das doch nicht gezeigt. Aber wir...wir müssen etwas unternehmen. Sie müssen etwas unternehmen. Er kann nicht sterben, das ist..."
„Wie ich schon sagte, ich kümmere mich darum", unterbrach Dumbledore ihn. „Ich danke dir für deine Auskunft. Du solltest dich jetzt wirklich ausruhen."
Mitleidig lächelte er Felix an.
„Du bist sehr blass, mein Lieber."
Und damit wandte er sich erneut ab. Felix wusste gar nicht, wohin mit sich, dann rief er ihm hinterher:
„Und was tun Sie dagegen?"
„Tut mir leid, das werde ich für mich behalten. Tom darf von diesem Gegenschlag nicht einmal etwas ahnen."
~
Felix konnte nicht mehr. Es war gerade einmal drei Uhr und trotzdem war er absolut fertig. Erst der Schock am Vormittag und dann noch Dumbledores Aktion. Er konnte nicht fassen, dass der Mann ihm noch immer misstraute. Und dann noch in einer solchen Situation.
Schnaubend entledigte sich Felix von seinen Schuhen und verzog prompt das Gesicht, als er sich aufrichtete. Die Schmerzen in seiner Schulter waren wieder schlimmer geworden.
Er ging durch den Flur bis ins Bad, stellte sich dort vor den Spiegel und zog erst langsam sein Oberteil aus und wickelte dann den sowieso schon gelockerten Verband ab. Das Gelenk war gerötet und angeschwollen und mit einem leisen Seufzen nahm Felix seinen Zauberstab zur Hand, um es erneut zu verbinden. Dabei erhöhte sich das Stechen, sodass er fest seine Zähne zusammenbeißen musste.
Es war unglaublich. Drei Uhr und er wollte nichts sehnlicher als sich ins Bett fallen zu lassen. Der junge Gryffindor fuhr sich durch die Haare.
Allerdings würde er dann, das wusste er, erst wieder aufwachen, wenn Lee nach Hause kam und dann würde er das ganze Chaos sehen. Nein, er sollte nicht noch aufräumen müssen.
Also verließ Felix das Bad und hob seinen Zauberstab. Das Geschirr von heute morgen stapelte sich neben dem Waschbecken auf, welches sich langsam füllte, und tauchte sich dann in das Wasser. Eins nach dem anderen.
So kümmerte sich Felix erst um die Küche, dann um das Wohnzimmer. Die dünne Decke auf der Couch wurde gefaltet, die Bücher kehrten in das kleine Regal zurück und die Sessel und der Couchtisch rückten gerade.
Dann betrat Felix das Schlafzimmer. Die Bettdecken des Doppelbettes falteten sich ordentlich zusammen, der Kleiderschrank räumte sich ein und ... Felix hielt inne und starrte auf die in der Luft schwebenden Brüchstücke seines alten Zauberstabes. Sie mussten aus seinem Koffer gefallen sein.
„Scheiße!", murmelte er leise, schnappte sie sich und räumte sie zurück. Ganz unten, gleich neben seinem Buch legte er sie. Versteckt unter weiteren Kleidungsstücken, Zeitungen, den Käfig für Claudius, zwei Fotoalben und ein weiteres kleines Bücherregal, in welchem Felix die Werke untergebracht hatte, die er in den letzten Jahren geschenkt bekommen oder gekauft hatte.
Statt sich aber auch nur eines davon näher anzusehen, verschloss er gedankenverloren den Koffer. Der zerbrochene Zauberstab hatte ihn wieder an ihn errinert. Natürlich. Und damit auch an seinen Auftrag, den er mit Draco erfüllen musste. Hoffentlich würde die Zeit bis zu ihrem ersten Treffen schnell vergehen. Felix brauchte sowohl einen weiteren Teil des Buches, immerhin wollte er nicht allzu schnell sterben, als auch ein wenig mehr Vertrauen des Schulleiters. Er hasste es, so behandelt zu werden. Wie ein kleines Kind und immer mit diesem misstrauischen Funkeln in den Augen bedacht.
Felix fuhr sich über die müden Augen. Er gab doch sein Bestes, warum konnte Dumbledore sich dafür nicht einmal dankbar zeigen und ihm weniger Skepsis entgegenbringen?
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