Little Hangleton
Triggerwarnung: Dieses Kapitel beinhaltet [magische] Folter.
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„Enervate!", ertönte eine heisere, neblige Stimme und die Dunkelheit löste sich allmählich in Luft auf.
Er spürte wieder den leisen Wind, der über den Friedhof strich, nahm den modrigen Geruch wahr und hörte leises Rascheln, welches allerdings von Sekunde zu Sekunde von einem anderen Ort zu kommen schien. Aber was wirklich seltsam war, war der Druck in seinem Kopf. Seine ganze Lage fühlte sich falsch an.
Er riss seine Augen auf und erstarrte sofort am ganzen Körper. An dieser Situation war definitiv etwas falsch. Er brauchte ein Weile, um es zu realisieren, aber er hing kopfüber in der Luft.
Ruckartig drehte er seinen Kopf, um sich zu orientieren, doch bevor er dazu kam, näherte sich plötzlich der Boden und unsanft landete er vor einem der Grabsteine.
Er rappelte sich auf und kam etwas schwankend auf die Beine. Dann drehte er sich um und...ihm stockte der Atem.
Er blickte in zwei glühend rote Augen.
Sie lagen in tiefen Augenhöhlen. Die bleiche Haut war straff über die scharfen Wangenknochen gezogen und an der Stelle, wo eine Nase hätte sein sollen, befanden sich lediglich zwei Nüstern. Die blutleeren Lippen hatten sich zu einer Art Lächeln verzogen.
Sein Herz machte einen Satz, sein Magen schien sich umzudrehen und automatisch stolperte er einige Schritte zurück.
„Verzeih, dass ich dich hier habe hängen lassen", ertönte die hohe Stimme seines Gegenübers und er erschauderte. „Wurmschwanz ist nur ein wenig dramatisch. Nicht wahr, Wurmschwanz?"
Als Felix erkannte, wer da vor ihm stand (was wohl auch an dem Dunklen Mal am Himmel lag), presste er seine Kiefer aufeinander und konzentrierte sich lieber auf seinen dröhnenden Kopf, um seine aufsteigende Panik nicht offen zu zeigen. Denn am liebsten würde er sich jetzt umdrehen und Hals über Kopf fliehen - wenn er vor Angst nicht wie erstarrt wäre und wenn da nicht...
...Harry wäre!
Sein Blick flackerte über den Friedhof. An dem großen Grabstein, der in Harry ein solches Entsetzen ausgelöst hatte, hing er. Gefesselt und geknebelt, unfähig, auch nur einen Finger zu rühren.
Als seine Augen weiterwanderten, sah er eine Gruppe von dunklen Gestalten. Sie hatten starre Masken in den Händen und beobachteten ihn stumm. Todesser.
Er schluckte, als er zwei der Männer erkannte. Lucius Malfoy, den er bei der Quidditch-Weltmeisterschaft getroffen hatte und Astaroth Hasapis, der Vater von Cleitus. Und dann sah er bei ihnen tatsächlich, er konnte es nicht fassen, Peter Pettigrew. Das Gesicht des Mannes war verschmiert und seine Augen huschten nervös umher.
Zu den Füßen der Todesser glitt eine riesige Schlange durch das Gras. Sie mochte gut und gerne drei Meter messen, wenn nicht sogar mehr. Er wandte seinen Blick schnell wieder ab.
Er flog zurück zu Voldemort. Der Zauberer, dessen Name jeder kannte, aber von niemandem jemals ausgesprochen wurde. Der dunkle Zauberer der eigentlich tot war, der einfach tot sein musste.
Der dunkle Zauberer, der für so viel Leid verantwortlich war und den sich Felix niemals auch nur in seinen Albträumen hatte vorstellen wollen. Genau der Mann (wenn man ihn überhaupt als menschlich betrachten konnte) stand nun vor ihm.
„Zeige mir doch für den Anfang deine Schläfe, Dalius", forderte dieser lächelnd.
Felix krampfte seine Hände in den Stoff seiner Kleidung. Er öffnete seinen Mund.
„Ich...", begann er, doch seine Stimme war so heiser, dass er erst einmal den Kloß in seinem Hals hininterschluckte, „Ich weiß nicht, was...was Sie meinen."
Mit einem Satz war Voldemort bei ihm. Felix wollte zurückweichen, aber er hatte ihn bereits ohne Vorwarnung direkt an der Kehle gepackt und drückte fest zu.
Röchelnd schnappte Felix nach Luft und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. Erfolglos. Ohne jegliche Regung beobachtete Voldemort den panischen Jungen, dann hob er langsam seinen Zauberstab und drückte ihn gegen seine Schläfe.
Felix' Herz hämmerte wie wild gegen seine Brust, aber Voldemort flüsterte nur ein paar undeutliche Worte.
An der Genugtuung, die in seinen Augen aufblitzte, konnte man erkennen, dass er wohl genau das sah, was er sehen wollte. Und auch Harry, der das Mal erstmalig zu Gesicht bekam, war so überrascht, wie man es in diesem Moment nur sein konnte.
„Das...das ist nichts...Besonderes", keuchte Felix mit kreideweißem Gesicht.
Langsam aber sicher wurde ihm sämtliche Luftzufuhr abgedrückt.
„Das...habe ich schon seit...meiner Geburt."
„Na, umso besser", rief Voldemort erfreut aus und kam dann mit einem prüfenden Blick so nahe, dass Felix, flach atmend, seine Augen schloss.
„So", kam es von Voldemort, „Da hat Albus Dumbledore dir ja ein paar schöne Jahre verschafft."
Dumbledores Namen spuckte er verächtlich aus. Felix blinzelte. Was meinte er damit?
Voldemort lächelte. Ihm wurde schwindelig und ein seltsames Gefühl breitete sich in seinem Kopf aus. Es tat nicht weh, aber...es veranlasste, dass alle möglichen Erinnerungen vor Felix' geistigem Auge vorbeigezogen. Er keuchte.
„Die Weihnachtsessen bei den Eltern des werten Mr Lewis, die Quidditchspiele, oh, das ist ja interessant", fuhr Voldemort mit schiefgelegtem Kopf fort, „Naja, nur die letzten zwei Jahre schienen etwas...anders gewesen sein. Verschlechterung des Gesundheitszustandes, hm?"
Spöttisch sah er ihn an. Felix wunderte sich keine Sekunde mehr, warum er das alles wusste.
Urplötzlich ließ Voldemort ihn los, umrundete ihn schnell und wandte sich dann seinen Anhängern zu. Einige Schritte von ihnen entfernt, drehte er sich wieder zu Felix, der zittrig einatmete.
„Keine Sorge. Der Grund deiner Anwesenheit ist ein ganz einfacher. Tatsächlich hast du, wenn du vernünftig bist, rein gar nichts zu befürchten", sagte er lächelnd, während Felix tief Luft holte, und strich bedächtig über seinen Zauberstab.
Sein Zauberstab!
Unauffällig ließ Felix seinen Blick über den Boden schweifen, doch die nächsten Worte des dunklen Zauberers ließen ihn erstarren.
„Und zwar biete ich dir, Dalius, einen Platz im Kreise meiner Gemeinschaft an. Unterwerfe dich und diene mir!"
Felix' Kopf fuhr zu Voldemort. Tief sog er Luft ein, dann sah er für einen Moment irritiert zu Harry, der genauso schockiert seine Augen aufgerissen hatte. Darum ging es die ganze Zeit? Er sollte einer von Voldemorts Anhängern werden?
Zu diesen Mördern gehören?
„Ich soll bei Ihnen...nein! Ich meine...was versprechen Sie sich davon? Ich...ich bin nur ein normaler...siebzehnjähriger Schüler", stammelte er.
„Nur ein siebzehnjähriger Schüler", wiederholte Voldemort grausam lächelnd, „Ich glaube, Lord Voldemort sollte dir deutlich machen, dass er es nicht duldet, wenn man ihm derart unverfroren ins Gesicht lügt."
„Was? Aber...ich verstehe nicht. Ich..."
Voldemort hatte seinen Zauberstab erhoben, hielt jetzt aber inne und sah ihn ungläubig an.
„Du hältst mich zum Narren!?"
Auf Felix' ratlosen Blick hin, brach er jedoch in schallendes Gelächter aus, welches dem Jungen durch Mark und Bein fuhr. Die Gruppe der Todesser fiel ebenfalls mit ein, verstummte aber sofort wieder, als Voldemort seine Hand hob.
Mit einem amüsiertem Handwink sagte er:
„Was glaubst du, weshalb du die erste Aufgabe dieses Turniers so meisterhaft bewältigen konntest? Warum du den Drachen bändigen konntest? Oh ja, das war alles kein Zufall. Vielleicht hat sich ja sogar ein Talent für die Alte Magie offenbart?"
Listig blinzelte er ihn an, aber mit jedem weiteren Wort verwirrte er Felix noch mehr.
„Nein...der...der Drache, das war Ihr Todesser und...alte Magie? Ist...ist das ein Scherz?", stotterte der Junge nur.
Seine Unsicherheit amüsierte Voldemort prächtig. Doch trotzdem - fast bedauernd sah er ihn an.
„Sag bloß. Niemand hat es dir erzählt? Albus Dumbledore? Das werte Ehepaar Lewis? Irgendjemand?"
„Wovon sprechen Sie?"
Voldemorts Blick nahm einen ernsten Ausdruck an und wie, als könnte er es nicht fassen, murmelte er:
„Nicht zu glauben. Wer hätte das gedacht? Was für eine Schande, dir das..."
„Wovon sprechen Sie?", wiederholte Felix mit Nachdruck.
Sein Herz hämmerte, wie wild gegen seine Brust. Er hatte Angst. Das gab er zu. Angst vor seinem Gegenüber. Angst vor dem, was kommen könnte. Voldemorts Mundwinkel zuckten.
„Wo fange ich da nur an?", flüsterte er leise.
Er tippte gegen seine Schläfe.
„Weißt du, was das ist? Das ist ein Zeichen. Ein Zeichen, welches bereits einer der größten Magier aller Zeiten trug. Du hast ihn schon gesehen, soweit ich feststellen konnte."
,,Sie...Sie meinen den Mann in meinen Träumen?"
,,Das waren keine Träume! Du hast ihn allein durch das gesehen, was euch verbindet. Sieh es als Echo seiner Existenz. Der Widerhall von einem der mächtigsten Magier, den die Welt je gesehen hat. Errätst du, wer das war? Nein?"
Er legte seinen Kopf schief.
„Der Prinz der Zauberer. Ich weiß nicht, ist dir das ein Begriff? Ich gebe zu, er wurde nur unter seinesgleichen so genannt, aber vielleicht..."
Das war nicht wahr. Nur ganz langsam sickerte das Gesagte durch, doch trotzdem konnte Felix sich keinen Reim darauf machen. Was hatte Professor Snape mit der ganzen Sache zu tun?
Und...weder hatte er das Mal, welches auch er trug, noch galt er als einer der größten Magier dieser Zeit. Nicht seines Wissens nach.
„Sie...Sie meinen den...Halbblutpr..."
Angewidert winkte Voldemort ab.
„Halbblut. Was für ein Unsinn. Aber von dieser Person berichtest du mir später. Nein, nein. Dieses Blut ist reiner. Viel reiner. Und diese Linie geht viel weiter zurück."
Er lächelte.
„Und du. Du bist der Erbe dieses Zauberers. Der Erbe dieser Magie. Was sagst du dazu?"
Felix sah ihn starr an. Was sagte er denn da?
Doch dann fiel ihm wieder ein, wer es war, der ihm das gerade erzählte und er hob sein Kinn ein Stück an.
„Sie sind ein Lügner! Das ist nicht wahr!"
Er rechnete damit, dass der schwarze Magier nun wieder den Zauberstab auf ihn richten würde, aber er blieb erstaunlich ruhig. Zu ruhig.
Fast hätte er es lieber, dass dieser Mann nicht seine Wut in sich anstaute und sie dann geballt abgab.
„Warum, glaubst du wohl, bist du noch am Leben? Dir ist Unrecht widerfahren. Ich sage die Wahrheit, Junge. Aber der große Albus Dumbledore. Nun, der weiß, wann es besser ist, gewisse Details zu verschweigen."
Felix schwieg.
Aber hüte dich vor Täuschern und Versuchungen.
Dieser Satz hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Voldemort nickte.
„Es stimmt. Der Prinz der Zauberer. Du bist sein Erbe."
„Und sagen Sie mir auch irgendwann noch, wer das ist?", erwiderte Felix.
„Aber natürlich. Du musst nur zu mir kommen."
Voldemort streckte seine Hand aus. Felix kniff seine Lippen zusammen und sah sich wieder um. Und da sah er ihn. Dort lag, halb verborgen im Schatten, sein Zauberstab. Keine zehn Schritte und er wäre bei ihm.
Felix ging einen zögerlichen Schritt auf Voldemort zu. Auf dessen Gesicht breitete sich ein triumphierendes Grinsen aus. Harry dagegen wurde von einer starken Unruhe erfasst, brachte aber kein deutliches Wort über die Lippen. Er riss zwar an den Fesseln und schrie gegen den Knebel an, erreichte jedoch rein gar nichts.
Ein zweiter Schritt, dann ein dritter.
Und mit einem Satz stürzte Felix zur Seite und auf seinen Zauberstab zu. Doch...entsetzt sprang er zurück, als sich die riesige Schlange fauchend zwischen ihm und seinem Stab aufrichtete. Ein missbilligendes Schnalzen erklang aus Voldemorts Richtung.
„Na, na. Du glaubst doch nicht immer noch, dass ich dir nicht die Wahrheit sage."
Felix hielt seinen Blick weiterhin auf die bedrohlich näherkommende Schlange gerichtet, doch da gab ihr Herr ein zischendes Geräusch von sich und sie entfernte sich wieder. Felix sah wieder zu ihm.
„Vielleicht sollte ich noch einer der dreckigen Lügen aufdecken, mit der man dich in den letzten siebzehn Jahren abgespeist hat", fuhr Voldemort fort.
Ein Muskel in seinem bleichen Gesicht zuckte, dann sagte er:
„Der gute Tavis Lewis und seine liebe Ehefrau sind nicht deine leibhaftigen Eltern gewesen, mein Junge."
Es war so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören.
„Sie...Sie spinnen. Sie sind völlig verrückt", flüsterte Felix schockiert.
Voldemort zischte.
„Wage es nicht noch einmal, so mit deinem Lord zu sprechen!"
Felix biss sich auf die Zunge. Mit aller Kraft zwang er sich dazu, seine Angst nicht zu zeigen. Das würde ihn noch schwächer dastehen lassen.
Doch...wenn auch nur die Hälfte von dem stimmte, was Voldemort ihm erzählte, war er ihm sowieso völlig ausgeliefert.
„Deine leibhaftige Mutter war eine reinblütige und, ich nehme an, talentierte Hexe. Wie war noch gleich ihr Name, Astaroth?", fragte Voldemort mit erhobener Stimme.
„Clarice Brooks, mein Herr", antwortete Cleitus' Vater, was Felix nahezu verzweifeln ließ. Aber Voldemort fügte hinzu:
„Und dein Vater...tja, das weiß wohl nur Merlin."
Für einen kurzen Moment glitzerten seine Augen, aber Felix schüttelte seinen Kopf.
„Nein! Das ist nicht wahr! Das ist...Niemals hätten Sie mir so etwas vorenthalten! Nie!"
„Tja, ich wünschte, es wäre so, in deinem eigenen Interesse, aber ich kann nichts daran ändern. Albus Dumbledore selbst hat dich zu ihnen gegeben, da warst du keine vier Wochen alt. Und er hat dir das alles siebzehn lange Jahre verschwiegen. Willst du so einem Mann wirklich treu bleiben? Lord Voldemort ist geneigt, dir diesen kleinen Ausrutscher von gerade eben zu verzeihen. Du wirst die ganze Wahrheit erfahren. Du musst nur hier herkommen. Das ist alles."
Felix antwortete nicht. Sollte dieser Traum im letzten Jahr doch wahr gewesen sein?
War er doch keine Illusion gewesen?
Sollte er tatsächlich seine Mutter gesehen haben?
Ihren Tod?
Er sah zu der Gruppe der Todesser.
„Du wirst wissen, wer deine Mutter war. Die Person, die ein Kind am Meisten braucht und die dir all die Jahre verschwiegen wurde."
Zu diesen Mördern. Die Zauberer, die nicht einmal mit der Wimper zuckten, wenn sie ganze Leben zerstörten. Die Familien und Freundschaften auseinanderrissen.
„Du wirst wissen, wer du bist, Dalius."
Felix sah wieder zurück zu dem schwarzen Magier.
„Mein Name ist Felix Dalius Lewis."
„Wie bitte?"
„Meine Antwort lautet nein!", sagte Felix etwas lauter, „Ich werde nicht zu Ihnen kommen!"
„Und ich kann dich nicht überzeugen?"
Felix schüttelte seinen Kopf. Er schluckte. Es war sehr unwahrscheinlich, jetzt noch lebend diesen Ort zu verlassen. Das war es von Anfang an. Es grauste ihn bei dem Gedanken daran, seine Freunde nie wiederzusehen. Fred und George. Lee. Aber er konnte und durfte doch diesem Wahnsinnigen nicht in irgendeiner Art und Weise nachgeben...
Ein grausames Lächeln bildete sich auf Voldemorts Lippen.
„Sicher?"
Er hob seinen Zauberstab, hielt ihn fast wie einen Taktstock zwischen seinen dürren Fingern. Felix riss seine Augen auf. Doch noch ehe er reagieren konnte, verließ ein genüssliches „Crucio!" Voldemorts Lippen.
Fast explosionsartig breiteten sich die Schmerzen in seinem Körper aus, er warf seinen Kopf in den Nacken und sackte in sich zusammen. Die Sicht vernebelte sich und wie aus weiter Ferne klangen gellende Schreie an sein Ohr. Sein ganzer Körper krampfte sich unter dem Gefühl des Verbrennens zusammen und er glaubte, sich jeden Moment übergeben zu müssen. Es war unglaublich, wie allumfassend dieser Schmerz war. So allumfassend, wie kein anderer je zuvor.
Und dann, von einem Moment auf den anderen, ließ er nach. Es hatte nur wenige Sekunden gedauert, war nur eine kleine Demonstration gewesen und doch...
Felix sprang auf und strauchelte glatt zur Seite. Es schüttelte ihn am ganzen Körper und krampfhaft hielt er sich an einem der bröckeligen Grabsteine fest.
„Sie...", stieß er keuchend hervor, „Sie sind doch krank! Völlig..."
Voldemort machte einen Satz auf ihn zu und er stolperte zurück.
„Noch einmal: Schließt du dich mir an oder bleibst du bei der Option Uneinsichtigkeit?", fragte er scharf, während er jeden einzelnen Schritt, den Felix zurückwich, mit zwei weiteren wieder aufhob, „Ich biete dir die Wahrheit, Junge. Macht. Wissen. Einen Platz bei mir, wenn ich endlich meine Bestimmung erfülle."
Felix beschleunigte etwas seine Schritte, um den Abstand zu wahren, doch noch ehe er sich versah, blieb er mit seinem Fuß hängen und stürzte nach hinten.
„Ihre Bestimmung?", murmelte er, „Sie reden hier von dem Mord an unschuldigen Menschen."
„Korrigiere. Menschen, welche uns niemals akzeptieren würden..."
„Kinder!"
Er fuhr unbeirrt fort.
„...und uns sofort bekriegen würden, wenn wir ihnen nicht zuvorkommen und für ein friedliches Zusammenleben der Zaubererwelt sorgen. Einer Welt, in der es nicht zu solch riskanten Vereinigungen zwischen Muggel und magisch Begabten kommt. Ich schütze unsere Gemeinschaft vor allem Nichtmagischen und dessen Zerstörungswille."
Felix schluckte.
„Ja, Sie meinen das wahrscheinlich genauso, wie tausende Schwarzmagier vor Ihnen. Wie war das bei dem Letzten? Für das größere Wohl? Kein einziger dieser Hexen und Zauberer hat je irgendetwas von diesen Ansichten durchgesetzt."
Voldemorts Gesicht verhärtete sich und er blieb stehen. Felix' Herz raste. Er realisierte noch im selben Moment, dass er einen Fehler begangen hatte.
Er hob noch schützend seinen Arm und dann war es mit dem Denken vorbei. Denn das Einzige, was noch existierte, war dieser höllische Schmerz, der ihm beinahe den Verstand raubte. Schreiend wand er sich auf dem Boden. In seinen Adern schien ein solcher Druck aufgebaut zu werden, dass sie jeden Augenblick zu platzen drohten. Seine Sehnen und Muskeln waren kurz davor, zu reisen und seine Knochen fühlten sich so an, als würden sie gleich splittern. Er konnte kaum noch atmen und er war so von Schmerz erfüllt, dass er seinen Kopf krampfartig hin- und herwarf.
Und dann hörte es wieder auf. Grelle Lichter blitzten in seinem Sichtfeld auf und fast blind kämpfte er sich auf die Seite. Voldemort, die Todesser, die ganze Umgebung...alles war, als würde es durch einen Schleier verdeckt werden. Hilflos tastete er über den Boden und versuchte, wieder zu Atem zu kommen.
Voldemort machte nur eine ausladende Handbewegung und lief dem auf dem Boden kriechenden Jungen gemächlich hinterher.
„Glaubst du wirklich, ich mache die gleichen Fehler, wie diese fanatischen Versager vor mir?", schnaubte er verächtlich und trat zu.
Felix, der sich eben hatte wieder aufrichten wollte, krümmte sich hustend zusammen und hielt seinen Arm schützend vor seinen Magen. Die Todesser ließen ihr schallendes
Lachen durch die Nacht dröhnen.
„Glaubst du wirklich, meine Wiederkehr bezeugt nicht meine Macht und die Fähigkeit, meine Ansichten durchzusetzen?"
Er trat ein zweites Mal zu. Felix zuckte zurück. Es gab ein trockenes Knacken und er presste seine Hand auf seine blutende Nase. Als Voldemort wutentbrannt seinen Zauberstab durch die Luft peitschen ließ stöhnte Felix auf und spuckte das Blut aus, welches sich in seinem Mund ansammelte. Nach einem zweiten Schwung des Stabes und einem Gefühl, als hätte man ein glühendes Messer über sein Gesicht gezogen floss auch etwas Nasses über seine Wangen.
Er stützte sich, nach Luft schnappend, auf seinen Unterarm. Bei jedem Atemzug
zog sich sein Brustkorb schmerzhaft zusammen und sein Kopf dröhnte so sehr, dass er für einen Moment seine Augen schließen musste.
Ganz kurz, dachte er, nur ganz kurz sollte Voldemort ihn in Ruhe lassen.
Doch dieser zischte wütend:
„Unangenehm, nicht? Vernunft angenommen?"
„Sie...Sie glauben doch nicht...wirklich, dass...man bedingungslose Treue durch...Folter erlangen kann", erwiderte Felix schwer atmend.
Er spuckte einen weiteren Schwall von Blut aus. Trotzdem konnte er nicht verhindern, dass einiges davon seinen Hals hinunterfloss, wodurch ihm noch übler wurde. Er wusste nicht, weshalb der dunkle Magier ihn mit diesem Zauber verflucht hatte, aber er war froh, dass er zum Abendessen nichts hinunterbekommen hatte, sonst hätte er sich jetzt übergeben.
Voldemort hockte sich nieder und musterte ihn.
„Oh. Das kann manchmal wahrhaftige Wunder wirken. Crucio!"
Felix bäumte sich auf, fiel dann aber wieder in sich zusammen. Er schrie. Er schrie und schrie und schrie. Sein Körper verkrampfte sich zuckend. Er wollte alles tun, damit es aufhörte. Wollte den Zauberer anflehen. Doch er bekam kein verständliches Wort über die Lippen. Er konnte nur hoffen, dass es aufhörte. Dass er bewusstlos wurde - starb.
„Wir haben hier ein paar Stunden für uns, Junge", sprach Voldemort, als er den Zauberstab hob und der Fluch aufgehoben wurde, „Niemand hört dich hier schreien und notfalls setzen wir das einfach anderweitig fort. Überlege es dir noch mal!"
„Ich...sagte es schon und...tue es auch noch einmal", keuchte Felix bebend, „Ich werde..."
Er schrie vor Schmerz auf und grub seine Finger in den harten Boden. Voldemort hatte, noch bevor er zu Ende gesprochen hatte, erneut seinen Zauberstab gehoben und unbeeindruckt auf seinen Kopf gerichtet.
Felix vergaß völlig, wo er war. Er vergaß alles um sich herum.
„Es ist ganz einfach. Ein kleines Wort, mehr nicht, und es hört auf."
Ruckartig schüttelte Felix seinen Kopf.
„N...nein", stieß er hervor.
„Bedaure, das ist falsch", sagte Voldemort, als wäre er der Professor und würde Felix bei dem falschen Ausführen eines Zaubers korrigieren, „Crucio!"
Wieder schrie er auf, als ihn das tobende Brennen völlig überwältigte und seinen ganzen Verstand einnahm. Es war, als würde flüssiges Quecksilber durch seine Adern fließen.
Als der Schmerz wieder nachließ, stöhnte er kurz auf und blieb dann zusammengekrümmt liegen. Dickes Blut floss über seine Mundwinkel.
„Eine kleine Pause sei dir gegönnt", flüsterte der schwarze Magier mit erregt geweiteten Nüstern, „Wir wollen doch nicht, dass du vergisst, was Erlösung ist."
Felix drehte sich auf die Seite und gab sich alle Mühe, tief und gleichmäßig zu atmen. Er musste einfach nur atmen. Immer und immer wieder. Dann würde der Schmerz wieder weggehen.
„Weißt du, nach einigen Monaten Recherche in meiner Bibliothek bin ich auf einen äußerst interessanten Text gestoßen. Er besagte, dass im Jahre deiner Geburt der Erbe dieses beeindruckenden Zauberers ausgetragen werden soll, welcher so viel erreicht hat. Trotzdem war ich erst ein wenig zurückhaltend. So viele potenzielle Kinder, die Ungewissheit, ob dieses eine Kind überhaupt die Magie dieses Mannes übernommen hatte, die Ungewissheit, ob mir dieses Kind wirklich helfen würde...genau an diesem Punkt stehen wir jetzt. Nachdem ich herausgefunden hatte, dass du dieses Kind bist, wollte ich dich zu mir nehmen. Nur leider war deine Mutter nicht der Ansicht und tat alles Mögliche, dich mir zu verweigern."
Er schnaubte.
„Eine Schande. Albus Dumbledores Entscheidung, dich völlig aus meiner Reichweite zu bringen, beruhte auf einer Anzahl von Plänen, welche nicht alle gänzlich...nach deinem Wohlwollen gerichtet waren. Die Hauptsache war, dass ich deiner nicht mächtig werde. Letztendlich entschied er sich aber doch für eine weniger grauenvolle Methode und verursachte damit den Tod deiner Mutter."
Felix antwortete nicht. Das, was Voldemort da sagte, war barbarisch, konnte unmöglich wahr sein. Dumbledore mochte vieles sein, ein Mörder war er nicht!
„Also?", tönte die kalte Stimme durch die Nacht, „Ich bin mir sicher, diese Pause war lange genug. Ich hoffe doch sehr, dass du deine Entscheidung noch einmal überdacht hast."
Verzweifelt biss Felix sich auf die Zunge. Nicht jetzt! Nicht noch einmal! Er war definitiv nicht in der Lage, diese Tortur weiterhin auszuhalten. Er wollte diese Tortur nicht weiterhin aushalten.
„Lord Voldemort wartet!"
Am ganzen Körper zitternd wandte er seinen Blick ab, hoffend, das sein Peiniger von ihm ablassen würde. Doch es ertönte einfach nur ein kurzes Schnauben und der folgende Schmerz raubte ihm wieder fast die Sinne.
Felix schrie. Er schrie und schrie, als gäbe es keinen Morgen. Es musste einfach aufhören. Egal wie, aber es musste sofort aufhören.
Da hielt der Zauberer inne.
„Wie war das eben? War das etwa ein..."
Er lächelte.
„...bitte?"
Felix lag krampfhaft Luft einziehend zu Voldemorts Füßen. Jede einzelne Zelle seines Körpers schien zu brennen. Es war unglaublich, was der Fluch mit einem Menschen anstellte. Niemals hätte er die Auswirkung für so derartig grausam gehalten. Sich den Tod zu wünschen.
Er hatte nie gedacht, nie glauben wollen, dass solche Schmerzen möglich waren, die jemanden dazu verleiteten.
Er gab ein Geräusch zwischen Würgen und Stöhnen von sich. Sein Gesicht hatte er dem Boden zugewandt und in seinem Inneren trug er einen solchen Kampf aus, wie nie zuvor. Er ertrug es kaum.
Einfach nachgeben?
Auf diese irrsinnigen und unverständlichen Forderungen eingehen?
Am Ende hatte er sogar wirklich die Wahrheit gesagt und all die anderen hatten ihn angelogen. Aber warum hatte er dann dieses ganze Jahr überstanden?
Sicher nicht, um jetzt so etwas zu tun und dabei zuzusehen wie jeder, den er liebte, verletzt wurde.
Langsam schüttelte er seinen Kopf.
„Nein", flüsterte er kaum hörbar „Ich...ich..."
Seine Stimme versagte.
Voldemort sah auf.
„Sieh gut hin, Harry Potter", sagte er.
Zum ersten Mal, seit Felix bei Bewusstsein war, richtete er das Wort an den Jungen. Er ließ ein kaltes, hohes Lachen ertönen.
„Dieser junge Mann hier befindet sich soeben auf der Schwelle zwischen Naivität
und Vernunft. Er braucht nur noch ein oder zwei Mal den Cruciatus-Fluch zu spüren und er überschreitet sie."
Ein Wimmern ließ ihn wieder nach unten schauen.
„Vielleicht ist das ja auch gar nicht mehr nötig", fügte er lächelnd hinzu.
Aber Felix blieb am ganzen Körper zitternd liegen, konnte er doch kaum einen Arm vor Schmerz anheben.
„Wir können das hier sofort beenden", versicherte Voldemort ihm, „Du gesellst dich zu uns, bekommst, was auch immer du willst und wir setzen uns noch heute Nacht hin und ich erzähle dir alles, was du wissen willst. Sei es nun etwas über dich oder nicht. Wie klingt das?"
„Ich...", begann Felix bebend, „...ich kann...nicht."
Wie konnte er auch nur annähernd das glauben, was ihm da versprochen wurde?
„Natürlich kannst du", erwiderte Voldemort und drehte lässig seinen Zauberstab in der Hand, „Niemand würde dir einen Vorwurf machen, wenn du nachgibst. Wenn du wissen willst, wer du wirklich bist. Bist du es nicht leid, angelogen zu werden? Keine Antworten zu erhalten? Wie ein kleines Kind behandelt zu werden, dem man nichts sagt, weil es die Tragweite der Information nicht zu fassen vermag? Du bist niemand, den man einfach so in eine Schublade steckt. Glaube mir, du bist so weit, für dich selbst zu entscheiden, was das Beste wäre. Deine Entscheidung. Nicht die, der Anderen. Nicht die, von Albus Dumbledore. Deine. Du musst nur wollen."
Lauernd sah er auf Felix hinab. Der Junge spannte seinen Körper an. Man konnte sehen, wie es in ihm arbeitete.
Doch dann sagte er leise:
„Ich...ich will...aber nicht."
Ein leiser Schluchzer fuhr ihm über die Lippen. Voldemorts Augen blitzen auf.
„So. Du willst nicht", zischte er so gefährlich ruhig, dass ein Schauer durch die Reihen der Todesser fuhr.
„Dann versuchen wir es doch gleich noch einmal, nicht?"
„Nein...nicht...bitte nicht..."
„Ich soll aufhören?"
„Bi...bitte...", flehte Felix verzweifelt.
Tränen rannen über seine Wangen. Aber Voldemort lachte nur.
„Aber so funktioniert das nicht, Dalius. Wenn ich mir dich so ansehe, glaube ich, dass du ein weiteres Mal ganz gut vertragen könntest. Da stimmst du mir doch zu, nicht wahr?"
Felix keuchte und öffnete seinen Mund, setzte an, um etwas zu sagen. Aber sein Foltermeister hatte erneut den Cruciatus-Fluch ausgesprochen und hielt seinen Zauberstab nun so lange auf ihn gerichtet, bis er kaum noch in der Lage war, ihn anzuflehen oder sich zu bewegen.
Er lag einfach nur noch zuckend auf dem Boden - und spürte, wie etwas in ihm zerbrach.
Voldemort streckte seine Hand aus und beinahe behutsam drehte er ihn auf den Rücken. Der Junge hatte seine Augen geschlossen und konzentrierte sich einzig und allein darauf, genug Luft zu bekommen und nicht an Ort und Stelle zu ersticken.
„Du scheinst nicht zu verstehen, dass es ein wahrer Gnadenakt meinerseits ist, dir die Gelegenheit zu geben, dich mir freiwillig anzuschließen", begann Voldemort leise, „Ich gebe dir diese Chance, weil du meinen Diener über ein Jahr lang gedeckt hast. Ich frage dich ein letztes Mal, sonst finden wir eine andere Lösung für dieses kleine...Problem. Ich habe leider nicht den ganzen Abend Zeit. Ich brauche deine Zustimmung nicht und kann das hier einfach nach unserer kleinen Zusammenkunft fortführen, wir finden dafür sicher einen netten Ort."
Er machte eine kurze Pause.
„Nun. Zum letzten Mal: Wie lautet deine Antwort?"
Felix schwieg. Eine weitere einzelne Träne rann aus seinem Augenwinkel, aber er schwieg.
„Ts. Mit dem Imperius-Fluch wirst du deine Treue halten."
Ruckartig erhob Voldemort sich.
„Macnair!", bellte er und der Gerufene zuckte zusammen.
„Mein Herr", sagte er dann aber mit fester Stimme und trat einen Schritt vor.
Voldemort deutete mit einem desinteressierten Wink auf Felix, dann setzte er sich in Bewegung.
„Dann wenden wir uns doch unserem wirklich wichtigen Gast des heutigen Abends zu. Beschämt muss ich zugeben, dass ich ihm nicht wirklich die Aufmerksamkeit gewährt habe, welche er verdient. Aber ich bin mir sicher, er verzeiht mir diese kleine Unhöflichkeit. Nicht wahr, Harry Potter? Hör gut zu, Lucius, ich erzähle das hier nur einmal!"
Sofort riss Felix seine Augen auf. Er wollte Voldemort anflehen, wenigstens Harry zu verschonen. Er würde ihm etwas Schreckliches antun. Ohne Zweifel.
Doch dann strömte zum neunten Mal an diesem Abend der unerträgliche Schmerz des Fluches durch seinen Körper und noch ehe er es überhaupt realisieren konnte, versank er in einer Welt, einzig und allein bestehend aus Dunkelheit und erlösender Taubheit.
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