5. Briefe
Harry hatte lange darüber nachgedacht, wie verrückt das neue Schuljahr bereits begonnen hatte. Nicht nur, dass er Draco nackt beim Baden beobachtet hatte, da war auch noch Ginny, die ihn geküsst hatte und seither ganz offensichtlich seine Nähe suchte. Remus, der ihm riet, das Thema so schnell wie möglich anzusprechen, und sein Herz ihm - feige, wie er nun mal war - genau das Gegenteil befahl und ihn dazu brachte, der Rothaarigen so gut es ging aus dem Weg zu gehen. Dann war da noch die Projektarbeit in Zaubertränke, die wohl erst einmal beibehalten wurde und den Gryffindor völlig durcheinander machte.
Was Harry von alledem jedoch am meisten Sorgen bereitete, war, dass Draco sich in seinen Gedanken eingenistet hatte. Ganz still und heimlich. Er erwischte sich dabei, wie er abends im Bett lag und noch lange über den Slytherin nachdachte. Über seinen angenehmen Geruch und sein leises Lachen, welches man nur so selten zu hören bekam. Sein ganz leichtes Schmunzeln und der offenbare Drang des Blonden, es zu unterdrücken, um nicht zu viele Gefühlsregungen darzubieten. Seine kühle Hand an Harrys Handgelenk, als er den Trank zu voreilig umrühren wollte. All das schwirrte pausenlos in seinem Kopf herum und verleitete ihn trotzdem immer nur dazu, ungläubig den Kopf zu schütteln und sich über sich selbst zu wundern.
Beim Essen in der Großen Halle war es inzwischen schon fast normal, dass sein Blick automatisch zum Tisch der Slytherins glitt. Manchmal war Draco nicht da, meistens aber schon. Harry musste jedes Mal aufpassen, dass sich ihre Blicke nicht trafen, denn der Blonde schien bemerkt zu haben, dass Harry ab und zu herübersah und war dementsprechend wachsam. Harry schämte sich dafür, doch er konnte es nicht lassen. Aus irgendeinem Grund hatte der Slytherin sein Interesse geweckt. Dass das überhaupt nicht gut war, wusste er selber. Draco war ein ehemaliger Todesser und somit einer seiner Feinde gewesen. Das alles war nicht allzu lange her, und obgleich Harry wusste, dass sich Draco während der ganzen Zeit nichts sehnlicher gewünscht hatte, als kein Todesser zu sein, hatte der Slytherin sich doch erstaunlich gut in seine Rolle gefügt. Seit sie sich kannten, wurde Harry das Gefühl nicht los, dass Draco die dunkle Magie förmlich anzog, während Harry bereits sein Leben lang dagegen ankämpfte.
Nach dem Tod von Voldemort waren die Todesser, die noch übrig geblieben waren, und somit auch Draco Malfoy, frei. Die meisten waren in der Schlacht getötet, oder aber anschließend gefangen genommen und nach Askaban gebracht worden. Gegen die Malfoys war lange Zeit ein Prozess gelaufen, doch man hatte sich dafür entschieden, ihn und seine Familie freizulassen. Nichts von dem, was Draco getan hatte, hatte er aus freien Stücken getan. Manchmal dachte Harry darüber nach, wie furchtbar das alles für ihn gewesen sein musste, doch dann wandte er sich von diesen Gedanken auch ebenso schnell wieder ab. Es war eine Sache, Draco Malfoy in seinen Kopf zu lassen, doch Gefühle für einen ehemaligen Todesser zu entwickeln, ging zu weit. Sie waren keine Freunde, und obwohl sie auch keine Feinde mehr waren, wollte er sich auf gar keinen Fall in etwas verrennen. Er wünschte sich nur ein ganz normales Schuljahr, ohne jedwede Katastrophen. Im Grunde genommen wünschte er sich nichts mehr, als ein normales Leben. Und manchmal, wenn ihn alles, was in seinem Leben bislang geschehen war, traurig stimmte, dachte er sogar darüber nach, nur deshalb wieder mit Ginny zusammenzukommen. Sie würden vielleicht einmal heiraten und sicher zwei oder drei Kinder bekommen. Sie würden in ein gemütliches Haus ziehen, würden ihre Kinder nach Hogwarts schicken und vielleicht sogar gemeinsam in den Urlaub fahren, wie Muggel es taten. Es würde ein gewöhnliches Leben sein.
Harry hätte wissen sollen, dass ein „gewöhnliches Leben" und er nicht zusammenpassten. Dazu würde es nie kommen. Er war dafür bestimmt, Dinge zu erleben, denen sich sonst niemand stellen musste. Er war „der Auserwählte" - und er hasste sich dafür. Nach der Schlacht von Hogwarts war er mehr in die Öffentlichkeit gezogen worden, als je zuvor. Er hatte es noch nie leiden können, sein Gesicht auf der Titelseite des Tagespropheten zu sehen, und plötzlich war er auf jedem noch so kleinen Mitteilungsblatt erschienen. Das war nun ein paar Monate her und so langsam legte sich der Hype um seine Person wieder. Harry war dankbar dafür, dass schon fast alles wieder beim Alten war und er endlich wieder vor die Tür gehen konnte, ohne dass sich eine Menschenmenge um ihn bildete. Während der ersten Zeit nach der Schlacht war er deshalb kaum noch aus dem Haus gegangen, und wenn, dann nur mit Hermine und Ron gemeinsam, niemals alleine.
Der Gryffindor war so in Gedanken versunken, dass er gar nicht merkte, dass er die ganze Zeit zum Tisch der Slytherins geschaut hatte. Umso mehr erschreckte er sich, als ihn plötzlich jemand an der Schulter antippte. Er fuhr herum und blickte in Lunas Gesicht, die sanft lächelte. „Hallo Harry."
„Luna." Harry legte sich kurz eine Hand übers Herz und atmete tief durch. „Du hast mich erschrocken." Er sah sich kurz um und sein Blick streifte Ron und Hermine, die sich einen kurzen, aber sanften Kuss gaben und dann weiterturtelten. Er hatte also nichts verpasst.
„Warst du in Gedanken?"
„Ja." Er kratzte sich grinsend am Hals und vermied es, erneut zu Draco zu schauen, doch Luna konnte er nichts vormachen.
„Hast du dich mit Draco gestritten?"
Zwar war ihre Stimme ohnehin schon sehr leise, doch Harry kam nicht umhin, sofort zu erröten und sich rasch umzusehen, doch niemand schien sie gehört zu haben. „Nein, wie kommst du denn darauf?" Er lachte nervös.
„Oh, nur so." Luna schenkte sich eine Tasse Tee ein, drehte sich dann zu Neville um und begann völlig unvermittelt ein Gespräch mit ihm. Harry schluckte. Er hätte Luna gerne weiter ausgefragt, doch die Große Halle war wohl kaum der richtige Ort dafür, also ließ er es gut sein.
„Harry?"
Der Angesprochene drehte sich zu Hermine um. „Ja?"
„Wir wollen nachher nach Hogsmeade, kommst du mit?"
Harry sah, dass Ron und Hermine ihre Hände ineinandergeflochten hatten und sich einander sanft streichelten, was ihn zum Lächeln brachte. Er beschloss, die Einladung abzulehnen. Die drei hatten in der letzten Zeit fast pausenlos aufeinandergehockt und der Schwarzhaarige war sich sicher, dass die beiden auch mal etwas Zeit für sich brauchten, ohne Harry.
„Okay, aber falls du es dir anders überlegst, kommst du nach, in Ordnung?" Hermine war inzwischen aufgestanden und als Harry nickte, lächelte sie, nahm Ron erneut bei der Hand und zog ihn mit sich. Ron grinste, winkte Harry noch einmal zu und ließ sich bereitwillig von Hermine „entführen".
Es war Samstag und die wenigsten Schüler verbrachten ihren freien Tag in Hogwarts. Die meisten gingen nach Hogsmeade, trieben sich irgendwo außerhalb der Schule herum, oder fuhren übers Wochenende nach Hause. Dementsprechend leer war die Schule an diesem Vormittag, und nachdem Harry bereits Hagrid in seiner Hütte besucht und sie gemeinsam Tee getrunken und lange geplaudert hatten, langweilte sich der Schwarzhaarige. Er bereute es ein bisschen, seine Freunde nicht begleitet zu haben, doch er hatte sich geschworen, ihnen wirklich etwas mehr Freiraum zu geben. Das brauchten sie. Sie brauchten ihre Zeit als Paar, nachdem sie so unglaublich lange aufeinander hatten warten müssen.
Langsam ging Harry die eiserne Wendeltreppe zur Aussichtsplattform des Astronomieturms hinauf. Als er nach der Schlacht hier heraufgekommen war, um sich einen Überblick über die Trümmern von Hogwarts zu verschaffen, hatte ihn ein unglaubliches Glücksgefühl durchflutet, als er erleichtert feststellen durfte, dass es nicht ganz so schlimm war, wie er gedacht hatte. Seitdem hatte er beschlossen, während seines letzten Schuljahres noch so oft wie möglich hierher zu kommen, um sich Hogwarts - sein Zuhause - so gut wie möglich einzuprägen. Er setzte sich auf eine der Bänke dort oben und genoss die Sonnenstrahlen, die seine Haut erwärmten. Mit geschlossenen Augen lauschte er dem Wind und den weit entfernten Geräuschen der Schüler viele Meter unter ihm. Selbst das Gelächter und Gekreische der Schüler - die übliche Geräuschkulisse einer Schule - machte Harry glücklich, so vertraut war es für ihn. In weniger als einem Jahr würde das alles vorbei sein.
Harry wurde ein wenig melancholisch. Er öffnete die Augen, blinzelte in die Sonne und seufzte lautlos.
Auf der Wendeltreppe waren Schritte zu hören. Harry drehte sich um - und von allen Schülern, die in diesem Augenblick hätten zu ihm hinaufgehen können, war es ausgerechnet der blonde Schopf von Draco Malfoy, auf den er nun irritiert blickte. Seine grauen Augen legten sich für wenige Sekunden auf Harry, dann zog er die Stirn in Falten. „Potter." Er bemühte sich um einen gelangweilten Ton, doch es war nicht zu übersehen, dass er genauso überrascht war, wie Harry selbst. Er hielt ein zusammengerolltes und mit einem roten Band versehenes Stück Pergament in der Hand. Offenbar ein Brief.
„Malfoy." Auch Harry bemühte sich um einen unauffälligen Tonfall, während sein Herz in seiner Brust kräftig zu pumpen begann.
Der Slytherin sah kurz zum Geländer des Turms, dann auf den Brief in seiner Hand, und schien abzuwägen, ob er sein Vorhaben trotz Harrys Anwesenheit durchziehen sollte, oder nicht. Schließlich entschied er sich dazu, eine knappe Entschuldigung zu murmeln, sich umzudrehen und wieder zu gehen, was Harry jedoch lediglich dazu verleitete, genervt zu stöhnen und zu sagen: „Du musst nicht gehen, nur weil ich hier bin."
Das brachte Draco dazu, sich noch einmal umzudrehen und erneut kurz nachzudenken. Nach wenigen Sekunden entschloss er sich dazu, wieder auf die Plattform zurückzukehren. Wortlos trat er an das Geländer und stieß mithilfe seiner Finger einen lauten, schrillen Pfiff aus, der Harry zusammenzucken ließ. Er beobachtete Draco, der ungeduldig wartete, das Pergament in seinen Händen hin und her rollte und angestrengt in die Ferne spähte. Das Sonnenlicht fiel auf seine blonden Haare und ließen sie beinahe weiß wirken. Dracos blasse Haut in der grellen Sonne und die Assoziation eines Engels, die sofort in Harrys Kopf aufblitzte, brachten ihn kurz aus dem Konzept und er schüttelte diesen Gedanken schnell wieder ab. Ein Windstoß ergriff den Turm. Dracos Hand schloss sich fester um den Brief. Harry, der noch immer reglos auf der Bank saß, konnte den angenehmen Körpergeruch des Slytherin wahrnehmen. Durch den Wind war der sanfte Duft zu ihm geweht worden. Er atmete unauffällig tief ein - in dem Moment flatterte eine bräunliche Adlereule auf den Turm zu, ließ sich geradewegs vor Draco nieder und krallte sich am Geländer fest. Es war die Eule der Familie Malfoy. Draco streichelte ihr kurz über das Gefieder, band ihr den Brief um den Fuß und murmelte den Ort, an den sie das Schreiben bringen sollte. Ein lautes Krächzen signalisierte Draco, dass die Eule ihn nicht verstanden hatte. Er stöhnte genervt und sagte nunmehr klar und deutlich: „St.-Mungo-Hospital, Narzissa Malfoy." Zwei Sekunden später hatte sich die Eule auch schon in die Lüfte erhoben, um den Auftrag aufzuführen.
Harry stockte. Dracos Mutter war im Krankenhaus? Er sah den Slytherin an, doch dieser hatte sich umgedreht, nur kurz zu Harry geschaut und war dann ebenso schnell wieder verschwunden, wie er zuvor gekommen war. Der Schwarzhaarige konnte ihm bloß verdutzt hinterherschauen.
Er saß noch bis zum Sonnenuntergang oben und dachte nach.
-
Harry hatte Draco auch in der nächsten Zaubertränke-Stunde nicht darauf angesprochen, dass er einen Brief ins Krankenhaus an seine Mutter geschickt hatte. Er hatte überhaupt niemandem davon erzählt, denn ihm war klar, dass er an diesem Nachmittag eine sehr private Szene hatte beobachten können. Draco wirkte seitdem ziemlich in sich gekehrt, aber vielleicht bildete Harry sich das auch nur ein, weil er vermehrt darauf achtete, wie der Slytherin sich gab. Sie arbeiteten nebeneinander, ohne zu sprechen. Nur hin und wieder gab Draco knappe Anweisungen und Harry erwischte sich mehrmals dabei, wie er ihn für sein umfangreiches Wissen in diesem Fach wirklich bewunderte. Es gab kaum etwas, was er nicht wusste und selbst nachlesen musste. Man könnte fast meinen, Snape hatte ihm Privatunterricht gegeben.
Es vergingen ein paar langweilige Tage, bis sich die Ereignisse urplötzlich zu überschlagen schienen. Beim Mittagessen in der großen Halle dröhnte plötzlich Dracos Stimme durch den Saal. Obwohl ohnehin ein sehr lauter Geräuschpegel herrschte, da sich jeder unterhielt, das Geschirr klirrte und hier und dort auch mal etwas zu Bruch ging, war Dracos Gebrüll nicht zu überhören. Die Schüler verstummten nach und nach. Alle Köpfe drehten sich zu dem Tisch der Slytherins um. Der Blonde war aufgesprungen, hatte seinen Zeigefinger drohend auf Zabini gerichtet und knurrte: „Dass du es dich nicht noch einmal wagst, so etwas zu sagen!" Erst dann bemerkte er die vielen Blicke, sah sich um und rief: „Was gibt's zu glotzen? Los, fresst weiter und kümmert euch um euren eigenen Kram!" Mit diesen Worten wirbelte er herum und verließ die Große Halle mit schnellen Schritten.
Harry blickte ihm schockiert hinterher und auch Ron bekam den Mund nicht mehr zu. „Heilige Scheiße, was war das denn?"
„Er hat sicher die Nerven wegen seiner Mom verloren", flüsterte Ginny zu Hermine und diese nickte seufzend.
„Wegen seiner Mom? Hä?" Ron sah seine Schwester verdutzt an.
Auch Harry war hellhörig geworden, ob Ginny mehr wusste, jedoch wollte er sie nicht direkt ansprechen, da er immer noch versuchte, ihr so gut es ging aus dem Weg zu gehen. Er hatte Angst, dass sie ihn bei der ersten Gelegenheit auf den Kuss ansprechen und fragen würde, ob er schon 'darüber nachgedacht hatte'. Hatte er nämlich nicht; ganz und gar nicht.
„Sie ist im Krankenhaus, seit zwei Wochen schon", flüsterte Ginny. Harry musste sich anstrengend, sie zu verstehen.
„Wieso denn das?"
Nun zuckte die Rothaarige mit den Schultern. „Ich weiß es nicht."
„Woher weißt du das überhaupt?" Ron zog eine Augenbraue hoch.
„Ich habe Draco mit Pansy darüber sprechen hören, aber nur ganz kurz, sonst hätten sie mich entdeckt und das wäre sicher nicht schön ausgegangen. Aber pssst!", machte Ginny. „Behaltet das für euch, klar?"
Alle am Tisch nickten und Harry driftete schon wieder in seine eigene Gedankenwelt ab. Wenn Dracos Mutter bereits seit zwei Wochen im Krankenhaus war, und er ihr sogar eine Eule dorthin schickte, musste es etwas Ernstes sein. Nun überlegte er doch, den Slytherin darauf anzusprechen. Vielleicht wollte er ja darüber reden? Gedanklich schüttelte Harry den Kopf. Das war völlig absurd. So jemand wie Draco Malfoy redete nicht über Probleme. Oder?
All seine Gedankengänge erübrigten sich auf einen Schlag, als Harry im Flur auf dem Weg zum Gryffindorturm grob zur Seite gerissen wurde, und sich in einem schmalen Nebengang wiederfand. Er hatte blitzschnell seinen Zauberstab gezückt - wenn er im Krieg eins gelernt hatte, dann war es schnelle Reaktion - und starrte nun in die wütenden, grauen Augen von Draco Malfoy. Kaum hatte Harry ihn erkannt, ließ er seinen Zauberstab sinken. Draco drückte seine Schultern so fest gegen die Steinmauer, dass es schmerzte.
„Was soll das?" Harry versuchte, Dracos Griff zu lockern.
„Hast du's den anderen erzählt?", zischte Draco. Sein Blick strotzte nur so vor Abscheu.
„Was? Wovon redest du?"
„Stell dich nicht dümmer als du bist", knurrte der Slytherin. „Ich rede von der Sache mit meiner Mutter. Hast du den anderen davon erzählt?"
„Nein!" Harry schüttelte rasch den Kopf. „Warum sollte ich es jemandem erzählt haben?" Er runzelte verärgert die Stirn, als Draco ihn noch immer in eisernem Griff festhielt. Unter allen anderen Umständen hätte er den Blonden spätestens jetzt gefragt, ob er noch alle Tassen im Schrank hatte, aber just in diesem Moment wurde sein Blick etwas weicher und der Griff lockerer.
„Wer sollte es sonst gewesen sein? Alle wissen plötzlich davon!"
„Wen meinst du?"
„Na alle!" Seine Finger bohrten sich in Harrys Schultern und dieser verzog kurz das Gesicht. „Niemand sollte es wissen!" Sein Kiefer mahlte unruhig. Er blickte Harry fest in die Augen.
„Jetzt mach mal halblang", Harry packte an seinen Arm, um diesen wegzuziehen, „und lass mich endlich los." Kaum war Draco einen Schritt von ihm weggetreten, klopfte Harry sich den imaginären Schmutz von seinem Umhang. „Also jetzt noch mal zum Mitschreiben: Ich hab das mit deiner Mutter keiner Menschenseele erzählt."
„Hast du es auch nicht Weasley erzählt, oder diesem Schlamm-", er stockte, „ich meine, Granger?"
Harry schnaubte. Es kostete ihn viel Kraft, Dracos übliche, abfällige Bemerkung über Hermine zu ignorieren. „Nein, habe ich nicht."
Nun trat der Slytherin etwas unsicher von einem Fuß auf den anderen. „Wirklich nicht?"
„Nein. Ich weiß ja nicht einmal selbst, was los ist?"
„Das tut nichts zur Sache." Draco zögerte kurz. „Ich muss erst einmal herausfinden, wer diese Gerüchte verbreitet hat." Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Ist eine Sache der Ehre, davon verstehst du nichts."
Harry verdrehte die Augen. Er wusste ja, dass Ginny Pansy und ihn belauscht hatte, daher war er sich ziemlich sicher, dass Pansy diejenige war, die sämtliche Informationen ausgeplaudert hatte. Ginny hatte es nur ihnen erzählt, ganz im Vertrauen. „Hast du denn mit irgendjemandem darüber geredet?", fragte Harry daher beiläufig.
„Nur mit..." Er stockte, seine Augen wurden größer und er biss die Zähne fest zusammen. „Pansy, dieses Miststück!" Er ließ seine Fingerknöchel kurz knacken, murmelte ein knappes „Ich muss los" und verschwand. Harry blieb verwirrt zurück. Er hatte keine Ahnung, was für Gerüchte im Umlauf waren, und es hätte ihn außerdem interessiert, was Zabini zu ihm gesagt hatte, bevor Draco ausgeflippt war. In jedem Fall schien das ganze Thema ein sehr wunder Punkt für den Slytherin zu sein. Dass Draco seine Eltern geradezu verehrte war allgemein bekannt, doch Harry hatte sich immer gefragt, was davon echt war, und was nur gespielt. Die Malfoys waren immerhin sehr erpicht darauf, ihren Ruf zu wahren und dementsprechend traten sie auch in die Öffentlichkeit. Da saß jeder Handgriff, jeder Blick, jedes Wort war genau durchdacht. Harry hatte immer gedacht, dass nichts an den Malfoys echt war und selbst jetzt fragte er sich noch, ob es nur um die Verteidigung der Ehre ging, oder ob Draco wirklich litt.
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