26. Der Grund

Harry war noch am selben Abend zu Dumbledore zitiert worden. Mit gesenktem Kopf saß er vor dem Schulleiter, der ihn mit einer Mischung aus Tadel, Enttäuschung, aber auch Güte musterte.

„Was war los, Harry?", fragte Dumbledore und blickte über seine Halbmondbrille.

Harry konnte ihn nicht ansehen. Er schämte sich. Nie hätte er gedacht, aus einem solchen Grund einmal zu Dumbledore geschickt zu werden. Weil er sich geprügelt hatte. „Ich weiß es nicht, Sir", sagte er kleinlaut und sah kurz auf. „Es tut mir leid."

Dumbledore faltete ruhig die Hände ineinander. „Ich habe noch nie mitbekommen, dass du dich überhaupt mit jemandem geprügelt hast, Harry", sagte er, als hätte er seine Gedanken gelesen. „Es geht mir noch nicht einmal darum, dass du dich geprügelt hast, sondern eher, mit was für einer Intensität." Dumbledore sah ihn aufmerksam an. „Es kommt ständig vor, dass Schüler aneinandergeraten, und dass Mr. Malfoy und du nicht die besten Freunde seid, ist auch keine Überraschung", Dumbledore zog die Augenbrauen hoch, „aber dass eine Situation so eskaliert, muss einen triftigen Grund haben."

Als Dracos Name gefallen war, hatten sich Harrys Hände in seinem Schoß verkrampft. „Ja, Sir", sagte er bloß.

„Möchtest du mir erzählen, was los ist?" Er schenkte Harry ein großväterliches Lächeln, und obwohl Harry wusste, dass Dumbledores Fürsorge echt war und dass sich der Schulleiter in diesem Moment wirklich Sorgen um ihn machte, schüttelte er den Kopf. „Nein, Sir", sagte er so leise, dass er sich nicht sicher war, ob Dumbledore es hörte.

Der Professor schwieg einen Moment lang, dann nickte er verständnisvoll. „In Ordnung. Du weißt aber, dass meine Tür immer offensteht, nicht wahr?"

„Ja", sagte Harry und zwang sich ganz kurz zu einem Lächeln. „Danke, Professor."

„Du weißt, dass ich nicht viel von Bestrafungen halte, aber du weißt auch, dass ich es tun muss."

Harry nickte. Er wusste, dass seine satte Strafe auf ihn wartete.

„Die Abschlussprüfungen sind in nicht allzu weiter Ferne, deshalb möchte ich dir keine wertvolle Zeit zum Lernen stehlen, Harry. Aus dem Grund fällt meine Strafe milder aus, als sie eigentlich sein müsste. Du wirst Hagrid in den kommenden Wochen bei der Herbsternte helfen, wann immer er dich braucht", sagte Dumbledore, wohl wissend, dass das keine wirkliche Strafe für Harry war. Er wollte den Jungen nicht bestrafen, denn die Traurigkeit, die von ihm ausging, war so überwältigend, dass der Professor kein Genie sein musste, um zu wissen, dass Harry es bereits schwer genug hatte.

Kurz bevor Harry ging, drehte er sich noch einmal zu seinem Schulleiter um. „Sir? Sie sollten vielleicht noch wissen, dass ich Draco geschlagen habe, nicht andersherum. Er hat sich lediglich gewehrt und somit keine Strafe verdient." Er schluckte.

Dumbledore lächelte und nickte leicht. „Danke, Harry."

Harry nickte und verließ das Büro des Schulleiters. Er machte sich auf den Weg zum Gryffindorturm und stellte erleichtert fest, dass die Kräuter und Medikamente, die Pomfrey ihm gegeben hatte, endlich ihre Wirkung zeigte. Seine Magenschmerzen waren so gut wie verschwunden. Die Wunden im Gesicht waren ohnehin mithilfe von Magie geheilt worden und somit weder spürbar, noch sichtbar.

Im Gemeinschaftsraum angekommen, herrschte aufgeregtes Treiben und Harry kam sich vor wie in einem Ameisennest. Diverse Mitschüler sprachen ihn auf die Prügelaktion an, doch Ron und Hermine schirmten ihren Freund recht schnell von der aufgeregten Masse ab. Dass es Harry mies ging, war unschwer zu erkennen. Hermine flüsterte ihm zu, dass sie dringend mit ihm sprechen müsste, also schnappten sie sich ihre Jacken und verzogen sich nach draußen. Es war recht kühl, doch Harry genoss die frische Luft. Er atmete tief durch. Erst als sie weit genug vom Schloss und somit von etwaigen Zuhörern weg waren, offenbarte Hermine: „Harry, ich habe mit Draco gesprochen."

„Was?" Harry blieb vor Verwunderung kurz stehen. „Warum? Und wann?" Er blickte sie verwirrt an.

„Vorhin, als du bei Dumbledore warst. Es war Zufall, er hat mich im Krankenflügel angesprochen, als ich gerade gehen wollte."

Ron und Hermine hatten Harry zunächst auf die Krankenstation begleitet, von welcher aus erst Ron zu Dumbledore zitiert wurde, um zu erzählen, was geschehen war und dann auch Harry selbst. Auch Draco war im Krankenflügel behandelt worden, doch glücklicherweise in einem anderen Raum, sodass sie sich nicht gesehen hatten. Kurz nachdem Harry gegangen war, musste Draco Hermine abgefangen haben.

„Was hat er gesagt?", fragte Harry und sein Herz schlug etwas schneller.

Hermine seufzte leise. „Nichts Gutes", gab sie zu. „Ich habe die Erlaubnis bekommen, es dir zu erzählen. Ich glaube, er hätte es dir lieber selbst erzählt, aber... naja...", begann sie leise. „Hör zu, es gibt einen Grund, warum er mit dir Schluss gemacht hat."

Harry schluckte und wartete geduldig, bis sie weitersprach.

„Draco erzählte mir, dass er an dem Nachmittag, an dem wir bei Hagrid waren, von seinem Vater abgeholt wurde. Ich muss dazu sagen, dass ich das, was er mir erzählt hat, nicht ganz verstehe, aber ich gebe es einfach mal so weiter. Offenbar hat sein Vater vor Jahren eine Art Pakt mit wirklich mächtigen Zauberern aus Schottland geschlossen. Dieser Pakt griff erst jetzt, wo seine Mutter gestorben ist. Es geht um ein uraltes Versprechen und eine Tradition der Malfoys. Draco ist jetzt der Einzige, der den Stamm der Malfoys fortsetzen kann. Aus Angst, der Stammbaum könnte unrein werden, versprach Lucius Draco an eine reinblütige Hexe. Das ist der Deal", erzählte Hermine.

Harry konnte nicht glauben, was er da hörte. „Wie bitte?"

„Draco meinte, dass sein Vater das alles gar nicht wollte und deshalb die Bedingung gesetzt hatte, dass dieses Abkommen erst nach dem Tod eines Elternteils greift, denn er hatte damit gerechnet, dass Draco bis dahin sowieso verheiratet wäre - und zwar mit jemandem, den er sich selbst ausgesucht hatte. Dass dieser jemand reinblütig wäre, dafür hätte er natürlich selbst gesorgt. Es hat ja niemand damit gerechnet, dass Narzissa so früh stirbt."

„Ich versteh das nicht." Harry war völlig überfordert. „Aus welchem Grund sollte sein Vater einen solchen Deal gemacht haben?!"

„So wie ich verstanden habe, gibt es dieses Abkommen schon seit mehreren Generationen. Narzissa ist selbst eine reinblütige Hexe aus Schottland. Mit Dracos Eltern wurde also dasselbe gemacht."

„Soll das heißen, dass Lucius und Narzissa gar nicht freiwillig zusammen waren, sondern irgendwie 'zwangsverheiratet' wurden, um den Stammbaum der Malfoys reinblütig fortzusetzen?!"

„Kann man so sagen, ja. Wobei ich denke, dass Lucius und Narzissa Glück hatten. Ich denke, sie haben sich wirklich geliebt", gab Hermine zu. „Aber im Grunde genommen ist das genau der Punkt, ja. Die Malfoys hatten einst das Ziel, die mächtigsten Zauberer der Welt zu werden, und um das zu erreichen, mussten sich natürlich mächtige Zauberer und Hexen paaren, deren Kinder dann bereits stärker waren, als beide Eltern zusammen. Dieser Pakt, dass nach dem Tod eines Elternteils, der jeweils andere Elternteil eingreifen kann - oder sogar muss - ist reine Absicherung."

Harry blieb die Luft weg. Dass die Malfoys nach Macht strebten, war weit bekannt und das, was Hermine soeben erzählt hatte, glaubte Harry ihr aufs Wort. Er traute den Malfoys einen solchen Schwachsinn durchaus zu. Der Schwarzhaarige schwieg, er musste das alles erst einmal verarbeiten. Seine Gedanken rasten und eine wichtige Frage blieb: „Wusste Draco von diesem Pakt?", fragte er und sah Hermine an.

„Nein. Es war ein Schock für ihn", sagte Hermine leise und blieb plötzlich stehen. Als Harry sie fragend ansah, sagte sie: „Er hat geweint, Harry." Sie biss kurz die Zähne zusammen. „Er hat auf dem Krankenbett gesessen und geweint - in meiner Gegenwart! Verstehst du, was das bedeutet?" Harry nickte, doch Hermine sprach sofort weiter: „Er leidet so sehr darunter. Dass ihr zwei zusammen wart, entpuppte sich für ihn mit einem Mal als der größte Fehler, den er begehen konnte."

„Was würde passieren, wenn er sich einfach nicht an den Deal hält?", fragte Harry und starrte angestrengt in die Ferne.

„Niemand weiß das, weil es laut Dracos Vater noch nie vorgekommen ist. Es ist für Draco keine Option, sich zu weigern. Das geht ganz einfach nicht." Hermine schluckte. „Und wenn ich dir meine persönliche Meinung geben soll: Würde Draco sich dieser Tradition, dieser Pflicht entziehen, hätte das ganz sicher verheerende Konsequenzen. Ganz abgesehen davon, dass Draco ohnehin großen Respekt vor seinem Vater hat." Hermine senkte kurz den Kopf. „Das hat man gemerkt, als er mir von all dem erzählt hatte. Er hat riesengroße Angst."

„Bei Merlin...", flüsterte Harry. Er war entsetzt und konnte bloß den Kopf schütteln. „Warum hat er mir das nicht erzählt?"

Hermine lachte leise, was Harry dazu brachte, sie irritiert anzusehen. „Harry", begann sie tadelnd, „Draco könnte sich noch so sehr verändern, sein Stolz aber wird für immer bleiben." Sie legte den Kopf schief. „Kannst du dir nicht vorstellen, wie sehr er sich schämt?"

„Ja, das alles muss echt an seinem Ego kratzen", warf Ron ein, der bislang stumm zugehört hatte.

Harry senkte den Kopf. Die beiden hatten Recht; für Draco musste diese Offenbarung seines Vaters kaum zu ertragen sein - und das so kurz nach dem Tod seiner Mutter.

„Ich versteh nicht", warf Ron ein, „dass er sich nicht endlich von seiner Familie abwendet. Mal ehrlich, die haben sein ganzes Leben ruiniert, und jetzt, wo er endlich die Chance hätte, sein eigenes Leben aufzubauen, passiert sowas." Er zuckte mit den Schultern. „Nach der Schule würde ich an seiner Stelle abhauen und nicht mehr wiederkommen."

„Es ist trotzdem immer noch seine Familie", sagte Hermine. „Und jetzt hat er sogar nur noch seinen Vater..."

Harry wusste zwar nicht, wie es war, eine eigene Familie zu haben, doch er konnte sich vorstellen, dass Draco trotzdem an seinem Vater hing. Er war nun schließlich alles, was er noch hatte. Jeder würde sich an das letzte Stück Familie klammern - ähnlich wie Harry es bei Sirius tat.

„Ich muss zu ihm", sagte Harry geistesabwesend. „Ich muss mit ihm reden." Sein Herz begann, schneller zu schlagen. „Du hast gesagt, du hattest seine Erlaubnis, es mir zu erzählen, richtig?", fragte er Hermine und diese nickte. „Sehr gut. Ich... ich muss los." Mit einem Mal war er furchtbar nervös. Er sehnte sich so sehr nach Draco, jetzt wo er wusste, dass er ihn nicht verlassen hatte, weil er ihn nicht mehr wollte, sondern aufgrund dieses verfluchten Deals. Er schluckte. „Seid ihr mir böse, wenn ich...", begann Harry und zeigte in Richtung Schloss, doch Hermine lächelte bloß: „So ein Quatsch, na los, rede mit ihm." Und als Harry seine Freunde dankbar ansah und sofort losrannte, rief Hermine ihm noch „Viel Glück!" hinterher.

Der Schwarzhaarige rannte den kompletten Weg zurück zum Schloss, sodass er schließlich völlig atemlos war, als er ankam. Er hatte keine Ahnung, wo Draco sein könnte und ob er vielleicht sogar noch im Krankenflügel war. Ratlos lief er zum Astronomieturm, doch hier oben war keine Spur von dem Slytherin. Er rief Hedwig mit seiner Eulenpfeife herbei und da er weder Zettel, noch Stift bei sich hatte, schickte er seine treue Eule ohne eine Nachricht zu Draco, in der Hoffnung, dass er das Zeichen verstehen würde.

Hedwig flog los und für Harry begann eine lange, ungeduldige Wartezeit, in der es zunehmend dunkler und kühler wurde. Als er schon fast nicht mehr damit rechnete, dass Draco noch kommen würde, hörte er Schritte auf der Wendeltreppe. Sofort begann sein Herz zu rasen, er schickte ein Stoßgebet gen Himmel und drehte sich dann langsam um.

Da stand er, nur wenige Meter entfernt von Harry.

„Draco", wisperte Harry, ging erst langsam, etwas zögerlich auf ihn zu, doch als Draco ihm ebenfalls langsam entgegenkam, rannte er die letzten paar Meter und stürzte sich in Dracos Arme. Der Blonde taumelte kurz nach hinten, schlang dann seine Arme um Harrys Körper und vergrub sein Gesicht in dessen Halsbeuge. Harry drückte ihn fest an sich, inhalierte den Duft seiner Haare, umfasste dann seinen Kopf, löste sich ein kleines Stück von ihm und küsste ihn. Ihre Lippen pressten sich fest aufeinander, beide keuchten leise, hielten sich ganz fest, küssten sich erneut. Harry war überwältigt von dem Gefühl, Draco nach einer ihm endlos lang erscheinenden Zeit wieder zu küssen. Seine Zunge glitt in Dracos Mund, er schmeckte ihn, krallte sich in seinen Haaren fest und genoss das Gefühl von Dracos starkem Griff um seinen Körper. Sie küssten sich lange, lehnten sich schließlich glücklich gegeneinander, wobei Draco Harry zärtlich über die Wange streichelte, diese dann küsste und den Gryffindor wieder etwas fester in seine Arme zog.

Schweigend standen sie eine Weile lang eng umschlungen beieinander, bis Draco ihn losließ, seine Hand nahm und ihn zur Bank führte, auf der sie sich niederließen. Der Blonde schlang erneut seine Arme um Harry; er konnte ihm nicht nah genug sein. Harry beugte sich vor, küsste Dracos Schläfe und legte seinen Kopf dann auf dessen Schulter ab, beide Arme ebenfalls um Dracos Körper geschlungen. Der Blonde massierte seinen Nacken und löste hin und wieder eine angenehme Gänsehaut bei dem Gryffindor aus. Es dauerte lange, bis einer von ihnen endlich Worte fand.

„Warum hast du mir nichts gesagt?", fragte Harry leise - und als Draco nicht antwortete, hob Harry den Kopf und sah ihn an.

Draco schluckte, schüttelte dann langsam den Kopf. „Ich konnte nicht", sagte er leise und wenn Harry nicht alles täuschte, dann zitterte seine Stimme ein wenig. Abrupt ließ er Harry los, sah ihn an und sagte: „Ich weiß nicht, was Hermine dir alles erzählt hat, aber... wir können nicht zusammen sein. Es geht nicht." Er schluckte abermals und seine Augen glänzten ein wenig. Harry sah ihn lange an, ohne etwas zu sagen, sodass Draco leise weitersprach: „Wenn das Schuljahr vorbei ist, wird eine Frau auf mich warten. Keine Ahnung, wer das sein wird. Irgendeine Hexe aus einer mächtigen Familie aus Schottland." Er senkte den Kopf. „Ich wusste nicht, dass es jemals ein solches Abkommen gab, sonst hätte ich das mit uns nie-" Weiter kam er nicht, denn Harry hatte sein Gesicht sanft umfasst und ihn einfach geküsst, so zärtlich, wie er konnte.

„Was passiert, wenn du dich weigerst?", fragte er leise.

Der Blonde schnaubte kurz tonlos. „Mein Vater hat mir äußerst deutlich gemacht, dass das keine Option ist. Die Zaubererfamilie aus Schottland 'beseitigt gern'." Er imitierte die Stimme seines Vaters. Sein Blick legte sich auf Harrys Hände, die in seinem Schoß lagen. Er unterdrückte den Drang, nach ihnen zu greifen. „Verstehst du?", fragte er dann und sah Harry an. „Wenn herauskommt, dass wir zusammen sind, dann wird man dich... beseitigen." Er zog die Augenbrauen zusammen und schüttelte den Kopf.

Harry hatte keinen Zweifel daran, dass es extrem ungemütlich werden würde, sollte die Wahrheit über Draco und ihn ans Licht kommen. Dennoch sah er Draco entschlossen an und sagte: „Ich bin ein guter Kämpfer, ich würde sicher klarkommen."

„Harry..."

„Du weißt, dass ich schon mit viel Schlimmerem fertig geworden bin", beharrte der Gryffindor. „Und jetzt hab ich sogar noch mehr, für das es sich zu kämpfen lohnt." Er nahm nun Dracos Hand in seine Hand, begann diese zärtlich zu streicheln.

Draco seufzte leise. „Ich habe keine Ahnung, wie mächtig diese Familie ist, aber ich kann mir vorstellen, dass ihre Kampfmethoden nicht ganz korrekt sein würden." Er sah Harry an. „Das Risiko ist viel zu groß, als dass ich es eingehen würde. Wenn das alles bedeutet, dass du vielleicht sterben könntest, dann ist es das nicht wert, verstehst du?"

Sie schwiegen, hielten sich bei den Händen. Harry fühlte sich furchtbar. Sein Herz zog sich schmerzvoll zusammen, als Draco den Kopf hob und flüsterte: „Wir können trotzdem in Kontakt bleiben und uns sehen." Es klang ein wenig hoffnungsvoll.

Harry jedoch sah ihn an und schüttelte den Kopf. „Das reicht mir nicht."

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