Kapitel 17 - Hoffnungslos
Als ich mir das Pergament ansah, stoppte mein Herz. Wie ist das nur möglich, wie kann das sein? Aiden sieht mich nur gebannt an meinen Lippen an. Er wartet sehnsüchtig auf eine Antwort, er hat so viel Hoffnung.
,,Aiden... hier auf dem Pergament... da steht... irgendwie nichts... wie kann das sein... warum ist dieser Zettel versteckt? Vor allem strahlt er noch eine pure Dunkelheit aus..."
Wie verrückt drehe ich den Zettel in alle Richtungen, ich finde nichts. Aiden sein Blick wird auch immer enttäuschter, man sieht es ihm richtig an. Kurz darauf, als ich nichts finde, werfe ich vor Wut den Zettel zu Boden. Ein lauter Schrei entkommt mir, daraufhin gehe ich auf die Knie. Ich spüre ein Brennen in meiner Brust und einen Kloß in meinem Hals. Meine Augen füllen sich mit Tränen, und ich kann es nicht verhindern, dass sie mir über die Wangen laufen. Ich atme tief ein und aus, aber mein Atem ist kurz und flach. Vor lauter Tränen sehe ich schon gar nichts mehr.
,,Aiden... es tut mir leid... ich habe alles versucht, aber... wir haben gar nichts, ich wollte unbedingt mit dir ein langes Leben führen... ich wollte dich glücklich machen... und jetzt stehen wir hier und nichts... wirklich nichts... nichts, was uns helfen könnte... ich habe einfach nur versagt und dir Hoffnung gegeben für nichts... ich bin echt für nichts zu gebrauchen...", stottere ich verzweifelt vor mich hin.
Meine Gedanken drehen sich um all die Dinge, die falsch laufen, die ich falsch mache und um all die Dinge, die ich nicht ändern kann. Die Tränen, die meine Augen überfluten, sind wie ein reißender Strom, der unaufhaltsam seinen Weg bahnt. Jede Träne, die meine Wange hinunterläuft, fühlt sich wie ein Stück meiner Seele an, welche aus mir herausfließt. Mein Körper ist von Schmerz und Trauer erfüllt, ich fühle mich wie in einem endlosen Meer von Emotionen gefangen. Doch wie aus dem Nichts kommt in mir ein Gefühl hoch, als hätte mich jemand fest gepackt. Ich kann eine Hand auf meinem Arm spüren, welche meinen Arm sanft streichelt. Ich neige meinen Kopf langsam hoch und erblicke Aiden sein Gesicht.
,,Hey komm, mach dich bitte nicht so fertig, ich weiß, du hattest viel Hoffnung in dieser, sagen wir mal, Mission, und klar, etwas enttäuscht war ich eben auch, aber weißt du was?", fragt er mich mit einer sanften Stimme, während er mir die Tränen von der Wange wischt. Ich zucke nur ahnungslos mit den Schultern und sehe ihn weiter an.
,,Wir gehen zwar mit leeren Händen zurück, aber das ist egal, wir haben uns und werden die nächsten zwei Tage in vollen Zügen genießen. Denn Noah, ich liebe dich, ich liebe dich mehr, als ich jemals jemanden geliebt habe und erst du hast mir wirklich den Sinn im Leben gezeigt und somit auch die schönen Seiten, dafür danke ich dir. Und jetzt komm, ich halte diesen Ort echt nicht mehr aus, lass uns gehen, lass uns nach Hause gehen."
Seine Worte sind wie Musik in meinen Ohren und ich spüre, wie sich die Dunkelheit in meinem Herzen langsam wieder auflöst. Ich nehme Aiden nur noch in den Arm und spüre, wie ich langsam zu mir selbst zurückkehre. Wie ein Wunder stoppt er meine Tränen und als wir uns wieder lösen und ich in seine Augen sehe, kommt mir selbst ein kleines Lächeln auf.
,,Du hast recht, zwar ist Aufgeben keine Lösung, aber ich finde, das tun wir nicht. Wir genießen einfach die nächsten Tage. Und danke fürs Aufmuntern. Du machst mich auch so unfassbar glücklich, ich liebe dich auch über alles."
Zusammen stehen wir auf, ich nehme das Pergament vom Boden und stecke es in meine Tasche. Daraufhin nehme ich Aiden seine Hand und verlasse mit ihm den Raum. Selbst diesen modrigen Geruch nehmen wir schon gar nicht mehr wahr, wir haben uns wohl bereits daran gewöhnt. Zwar frage ich mich immer noch, was hier passiert ist in diesem Restaurant. Ich meine, das Restaurant hat komplett dicht gemacht. Aber das ist jetzt egal, ich muss es auch gar nicht wissen, ich will nur Aiden bei mir wissen. Als wir nun das Restaurant verlassen haben, machen wir einen entspannten Spaziergang zurück zum Spielplatz. Wir beobachten dabei den Sternenhimmel, der wunderschön erstrahlt. Wir beide wechseln tatsächlich kein Wort, wir genießen die Stille, die Ruhe, alles. Nachdem wir dann beim Spielplatz angekommen sind, ziehen wir unsere Kleidung aus und kuscheln uns auf die Decke im Häuschen.
Als ich mich dann in die Arme meines Partners gekuschelt habe, fühle ich mich sofort wohl und geborgen. Sein warmer Körper und sein vertrauter Geruch umhüllen mich wie eine sanfte Decke. Daraufhin schließe ich meine Augen, um das Gefühl noch intensiver zu spüren. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut und höre das rhythmische Schlagen seines Herzens. Es ist ein Gefühl der Einheit und des Zusammenhalts, als ob wir in diesem Moment zu einer untrennbaren Einheit verschmolzen wären. Auch sein Atem, der sich rhythmisch mit meinem vermischte, wiegt mich dann schließlich in einen tiefen, friedlichen Schlaf.
Ein heller, wärmender Lichtstrahl durchdringt meine Augenlider. Ich öffne meine Augen und blinzele immer wieder, um mich an das Licht zu gewöhnen. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und sehe das friedliche Gesicht meines Partners. Heute ist sein fünfter Tag. Ich möchte ihm heute und morgen wirklich wundervolle Momente bescheren, er soll sich so geliebt fühlen wie noch nie zuvor, bevor er übermorgen... an Tag sieben... nicht aus seinem Schlaf erwachen wird...
Ich kann fühlen, wie eine Träne sich in mein Auge schleicht, das kann doch nicht wirklich vorbei sein. Ich weiß, dass ich es akzeptieren muss, aber das kann es doch noch nicht gewesen sein, es muss doch irgendwas geben. Ich will ihn einfach nicht verlieren, wie soll ich das nur verkraften, vor allem an meinem letzten Tag. Ich bin so tief in meinen Gedanken versunken, dass ich gar nicht bemerke, wie Aiden seine Augen öffnet. Sie sind mit so viel Leben und Freude erfüllt. Vor allem seine Augen, sie sind einfach so einzigartig, alleine das er zwei verschiedene Augenfarben hat, einfach unglaublich. Ein kleines Lächeln schleicht sich in sein Gesicht, daraufhin hebt er seine Hand und streicht mir über die Wange.
,,Guten Morgen mein Süßer, was ist denn los, warum bist du so traurig?", fragt Aiden in einer sanften und verschlafenen Stimme.
,,Bei mir ist alles gut... ich habe gerade in dein wundervolles Gesicht gesehen und... ich kann einfach nicht anders... du machst mich so unglaublich glücklich", antworte ich ihm in einem sanften, aber glücklichen Ton. Sein Lächeln wird immer größer. Auch wenn er es sich nicht anmerken lässt, glaube ich nicht, dass er mit der Sache abgeschlossen hat. Ich glaube auch nicht, dass es ihm wirklich gut geht oder täusche ich mich? Auf jeden Fall streichle ich auch seine Wange und grinse dabei.
,,Noah, wusstest du eigentlich, dass deine Augen immer zucken, wenn du nachdenkst? Das ist mir von Anfang an aufgefallen und das finde ich echt süß."
Warte, was, kann man mir das echt ansehen? Oh Mann, das wusste ich gar nicht. Wie oft hat er mich wohl dabei schon erwischt? Haha, aber warte, warum werden auf einmal meine Wangen so warm?
,,Oh Noah, du brauchst doch nicht rot werden. Deine süßen Gedanken kann ich noch nicht lesen, keine Sorge. Aber weißt du, ich habe gestern noch darüber nachgedacht. Ich möchte eigentlich nicht damit abschließen und dachte mir, vielleicht sollten wir noch einmal im Internet nachforschen. Mein Handy hat nämlich noch Akku. Ich habe es die letzten Tage kaum benutzt, deshalb ist noch einiges an Akku übrig. Na, was sagst du? Wollen wir es noch ein letztes Mal versuchen?"
Ich überlege nicht lange und nicke ihm mit einem immer größer werdenden Lächeln zu. Die Idee ist tatsächlich echt schlau, selbst ich hatte da noch nicht dran gedacht. Aber es ist auch schön zu sehen, dass er genauso denkt wie ich. Das kann gestern echt nicht alles gewesen sein. Irgendwas müssen wir tun können und da kommen mir schon die ersten Ideen.
Zusammen richten wir uns auf, Aiden legt seine Beine über meine und lehnt seinen Kopf an meine Schulter. Dabei lege ich meinen Arm um ihn. Daraufhin nimmt er sein Handy in die Hand und öffnet Google. Ich weiß nicht warum, aber ich bin richtig aufgeregt. Ich habe zwar Hoffnung, aber auch Angst davor, was wir finden könnten, und ob wir überhaupt etwas finden würden.
Stundenlang sitzen wir nun hier und durchsuchen das Internet, dabei legen wir immer wieder die schönsten Kuschelpausen ein, die es gibt. Nach einiger Zeit finden wir wirklich die merkwürdigsten Seiten, von Katzen-Kellnern in New York bis zu Gulasch mit Kellner-Geschmack und tödlichen Keksen erschaffen aus der Finsternis. Als ich nach einer langen Zeit wieder auf die Uhr sehe, bemerke ich, dass es schon spät am Nachmittag ist und auch Aiden sein Akku sich langsam dem Ende nähert. Wir durchsuchen wirklich fast den ganzen Tag das Internet. Aber wenigstens können wir uns beide etwas ablenken und den ganzen Tag zusammen genießen. Doch dann kommt mir ein Geistesblitz.
,,Aiden, ich habe eine Idee. Nimm das Bild von den Wänden im Restaurant und suche es im Internet. Vielleicht finden wir etwas."
,,Stimmt, warum sind wir da nicht früher draufgekommen? Warte kurz", antwortet er ganz entschlossen.
Die Aufregung steigt in uns langsam an. Ich sehe, wie hektisch Aiden das Bild in die Suchleiste packt. Ich kann spüren, wie sich mein Puls erhöht und das Adrenalin durch meine Adern schießt. Und tatsächlich spuckt sein Handy etwas aus. Wir klicken auf ein genauso ähnliches Bild und landen auf einer Website. Aiden sein Handy wird auf einmal pechschwarz. Es passiert nichts. Wir starren auf das Handy und setzen uns immer enger zusammen. Ein roter Ladekreis taucht plötzlich auf und verschwindet schnell wieder und dann sehen wir die Website. Die Seite ist dunkel und mysteriös gehalten.
Wir scrollen auf der Website und finden kaum Informationen, aber es taucht immer wieder eine Wortfolge auf, die wie ein Name wirkt. Es ist Latein. Da steht Facies sanguissucking ludio und das überall und immer wieder. Aber dann meldet sich Aiden mit einer zittrigen Stimme zu Wort.
,,Noah, ich kann tatsächlich etwas Latein, und was da steht... ist krass. Da steht so etwas wie... Blutsaugender Gesichtsspieler..."
Mir stockt direkt der Atem. Das klingt echt krank, aber Aiden wirkt bereits wie erstarrt. Er starrt nur noch ins Leere. Vorsichtig nehme ich das Handy aus seiner Hand. Ich kann sehen, wie diese Webseite Aiden verstört. Dieser Name beschreibt leider zu gut, was mit seinem Ex-Freund passiert ist. In dem Moment, als ich sein Handy nehme, erschreckt er sich.
,,Entschuldige, ich wollte dich nur vom Handy befreien. Ich kann mir gut vorstellen, was in deinem Kopf vorgehen muss. Auch auf mich wirkt diese Seite wirklich verstörend. Aber ruhe dich erstmal aus. Ich mache weiter, okay?"
Er sagt nichts, aber nickt. Seine glasigen Augen sagen alles. Zitternd legt er sich mit seinem Gesicht auf meinen Schoß. Ich nehme meine linke Hand und kraule ihm beruhigend durch die Haare. Oh Mann, der Arme. Das geht echt zu weit. Das ist doch nur noch krank. Langsam hebe ich das Handy mit meiner rechten Hand und beginne weiter die Seite zu lesen. Nach etwas Scrollen taucht auch schon der Name auf.
,,Der Kellner", murmel ich erschrocken.
Laut einer Legende war der Kellner ein Mann, der im siebzehnten Jahrhundert als Schlachter tätig war. Er machte eines Tages sein eigenes Restaurant auf, in dem er Fleisch briet und den Leuten servierte. Doch nach einiger Zeit tauchten immer mehr merkwürdigere Gerüchte auf, dass er Menschen in blutrünstige Wesen verwandeln soll und begann, ihnen die Gesichter zu stehlen. Er war unheimlich und seltsam. Oft sprach er über die Kontrolle von Blut. Er trug auch immer einen verfilzten Hut, der mit merkwürdigen Schriftzeichen versehen war. Nach einiger Zeit waren sich die Menschen sicher, dass er Kräfte aus der Dunkelheit zog. Bevor jedoch etwas noch Schlimmeres passieren konnte, schlossen sich die Leute zusammen und überwältigten den Kellner. Daraufhin erhängten sie den Mann. Seine letzten Worte sollen gewesen sein, dass er sich rächen wird, was aber zunächst nicht geschah. Jedoch nach einiger Zeit tauchten immer mehr Menschen auf, die vom Kellner sprachen und sagten, dass sie heimgesucht werden. Er versprach ihnen ewiges Leben und verwandelte sie in blutrünstige Monster. Es waren wenige, aber sie töteten Menschen und stahlen ihre Gesichter, damit sie ewig am Leben sein könnten. Und wer sich wehrte und keinen Menschen tötete, würde nach sieben Tagen sterben. Aber es gab von diesen Menschen nicht viele, welche sich auch so sehr gegen den Drang wehren konnten. Das ging dann über die Jahrhunderte immer so weiter. Es war, als würde der Kellner wie ein Dämon noch auf diesem Planeten wandern. Diese Geschichte ist zwar eine Legende, aber wenn du ihm begegnet bist, dann wirst du verstehen, dass es Mächte gibt, die unerklärlich sind. Bis heute gab es keine Heilung für diese Veränderung. Es gab keine Menschen, die die sieben Tage überlebt hatten. Und wenn du das liest, wirst auch du in Kürze sterben. Willkommen in der Hölle, der Teufel erwartet dich... ,,NOAH", höre ich plötzlich etwas in meinen Kopf mit einer tiefen Stimme schreien, worauf ich panisch das Handy wegwerfe. Verdammte Scheiße, was ist das für ein kranker Scheiß.
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