Die Botschaft
Im Norden herrschte Eiseskälte. Der Schnee fiel in dicken, schweren Flocken und die Eiszapfen wuchsen Tag um Tag. Doch der Drachenkönig spürte die Kälte nicht. In ihm brannte ein Feuer, wie es nur in den Herzen der Drachen brennt. Eine alles verzehrende Hitze, für die die Drachen weithin bekannt sind. Die Flammen dieses Feuers brannten schon lange in ihm, doch er hatte aufgehört die Jahre, Jahrzehnte und Jahrhunderte zu zählen.
Eine Unruhe hatte vom Drachenkönig Besitz ergriffen, sie verließ ihn nicht, sooft er auch durch die endlos langen Gänge seines Schlosses wanderte. Er kannte diese Unruhe. Sie bedeutete Gefahr. Etwas Dunkles bahnte sich an, eine Finsternis ohnegleichen, die er nur allzu gut kannte. Diese Dunkelheit bedeutete ihm die Ankunft eines Ritters. Seit hunderten von Jahren hatte er keinen mehr gespürt, keinen mehr gesehen und keinen mehr getötet.
Der Drachenkönig hatte es sich vor Jahrhunderten zur Aufgabe gemacht, die Ritter, die sich auf die Suche nach Drachen begaben, zu vernichten, um seinem Volk eines Tages eine friedliche Rückkehr zu ermöglichen. Doch nun war erneut ein dunkler Ritter im Königreich erschienen. Tief in Gedanken versunken ging der Drachenkönig die langen, von hohen Fenstern gesäumten, Gänge entlang, bis ihn ein Geräusch aufhorchen ließ. Das Krächzen von Krähen drang durch die Fenster ins Innere des Schlosses und hallte von den Wänden wieder. Von Neugier getrieben betrat er einen kleinen Balkon und sah himmelwärts. Über dem Schloss flogen hunderte von Krähen, krächzend zogen sie ihre Kreise und verdeckten mit ihren schwarzen Leibern den wolkenverhangenen Himmel. Eine Krähe löste sich aus dem Schwarm und flog auf den Balkon zu. Sie landete zu seinen Füßen und ließ einen mit einem roten Seidenband verschnürten Papierbogen fallen. "Sei gegrüßt König der Drachen ", krächzte sie," Diese Nachricht ist von größter Wichtigkeit. Lies sie aufmerksam und entscheide weise.".
Kaum das diese Worte ihren Schnabel verlassen hatten, schwang sie sich auch schon wieder in die Lüfte und gesellte sich zu ihren Artgenossen, die immer noch ihre Kreise über dem Schloss zogen.
Der Drachenkönig brachte die verschnürte Botschaft zu seinem Schreiber. Er konnte lesen, doch es gelang im nicht ein Siegel zu brechen oder ein Band zu lösen. Dies tat sein Schreiber für ihn, wobei dieser dem Drachenkönig die Botschaft auch vortrug. Die Botschaft die der Schreiber diesmal verlas lautete:
König der Drachen,
Ich ersuche um Eure Hilfe.
Ein Ritter verschaffte sich mit schmeichelnden Worten Zutritt zu unserer Feste. Sein Anliegen mich zu ehelichen, stellte sich als trügerisch heraus. Nun will er mich unter Zwang zum Altar führen. Dieser Ritter hegt wahrlich keine tugenhaften Absichten, zudem umgibt ihn eine stetige Düsternis, die mich schaudern lässt.
Ihr seid meine einzige Hoffnung dieser nahenden Finsternis zu entkommen.
Ich bitte euch, bitte folgt meinem Ruf und helft mir den dunklen Ritter zu besiegen.
Ich habe Angst.
Die Krähenprinzessin
Stille kehrte ein. Nachdenklich betrachtete der Drachenkönig die schimmernden schwarzen Federn, die in dem Briefbogen eingerollt waren. Der Ritter befand sich also im Süden, in der selben Burg wie die Krähenprinzessin. Er wendete seinen Blick dem Fenster zu, betrachtete den ausgelassenen Tanz der Schneeflocken und lauschte dem Heulen des Windes. Das Feuer in ihm brannte heller denn je. Die Worte der Prinzessin hatten es erneut entfacht, lodernde Flammen ergriffen sein Herz und brachten ein nie gekanntes Gefühl zu Tage.
Der Drachenkönig traf eine Entscheidung.
So, diesmal ein wenig länger. Welche Entscheidung er wohl getroffen hat? Ihr werdet es bald erfahren.
Erdsee
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