"Familie"

Ich gehe einfach nur einen Schritt zur Seite, sodass hinter mir Luke und Liz zu sehen sind. Mein Vater betrachtet zuerst Luke und anschließend Liz. "Und das ist?" will er wissen und sieht mich fragend an.

"Ist Mum auch da?" mische ich mich ein, bevor Liz etwas erwidern kann. Ich weiß, es ist nicht die höflichste Art und Weise m, aber mein Vater - und ich kann es nicht anders formulieren - kotzt mich momentan einfach nur an. "Sie ist im Wohnzimmer. Kommt doch rein" geht mein Vater überraschenderweise auf meine Worte ein. Ich betrete nach Luke und Liz unser Haus. Nachdem wir uns Jacke und Schuhe ausgezogen haben, folgen Luke und seine Mutter mir ins Wohnzimmer. Dort sitzt meine Mutter auf der Couch und sieht mich überrascht an.

"Hallo Luke. Melanie" begrüßt sie uns mit einem kleinen Lächeln. Daraufhin erblickt sie Liz und fragt "Wen habt ihr mitgebracht?". Wieder gehe ich dazwischen, bevor Liz etwas sagen kann. Wenn ich sie schon in die ganze Sache hineinziehe, sollte ich sie wenigstens vorstellen. "Liz, das sind meine Eltern Anne und John. Mum, das ist Liz. Liz ist Lukes wundervolle Mutter" stelle ich die drei einander vor. Das habe ich mir wirklich nicht als erstes Familientreffen vorgestellt.

"Freut mich Sie beide kennenzulernen. Sie haben eine bezaubernde Tochter" sagt Liz freundlich und lächelt meine Eltern liebevoll an. "Ganz unsererseits. Wir können kein schlechtes Wort über ihren Sohn verlieren" entgegnet meine Mutter ebenso freundlich. Es kann sein, dass sie ihre Worte ernst meint, jedoch kann ich nur daran denken, was für eine Heuchlerin sie ist. "Abgesehen von der Tatsache, dass ihr Sohn unsere Tochter gestern Abend ohne ein Wort mitgenommen hat" bemerkt mein Vater. Ist das jetzt wirklich sein Ernst?

"Erstens: Ich kann selbst entscheiden, wo ich hingehe. Luke hat mich nirgends hin "mitgenommen". Zweitens: Ich hatte meine Gründe von hier wegzugehen. Drittens: Wir haben auch Namen. Luke und Melanie, falls ihr diese vergessen haben solltet" mische ich mich vollkommen ernst ein. Ich bin ehrlich nicht in der Stimmung einen Kaffeeklatsch zu halten und so zu tun, als wäre die Welt Friede, Freude, Eierkuchen.

"Hör auf in diesem Ton mit uns zu reden!" warnt mich mein Vater. Ich seufze genervt und lasse mich nach hinten fallen. Keine Sekunde später sitzt Luke neben mir auf der Couch und legt seinen Arm um mich.

Nachdem keiner etwas sagt, beginnt Liz zu sprechen. "Ich weiß, dass es mich eigentlich nichts an geht und ich werde mich auch nicht in Ihre Erziehung einmischen. Dennoch würde ich Sie bitten Ihre Entscheidung, was den Umzug nach London betrifft, noch einmal zu überdenken" sind ihre sorgfältig gewählten Worte. Ich frage mich, ob sie sich im Voraus Gedanken gemacht hat, was sie sagen will.

"Den Grund dafür können Sie mir bestimmt auch noch nennen?" hackt meine Mutter nach. "Die junge Liebe?" entgegnet Liz und sieht meine Eltern fragend an. "Sie wollen mir nicht sagen, dass Sie nicht sehen können, wie glücklich die beiden sind. Man kann sie doch nicht nach so kurzer Zeit wieder trennen. Die beiden lernen sich doch gerade erst richtig kennen" erklärt sie, nachdem keiner meiner Eltern etwas dazu gesagt hat. "Natürlich sehen wir, dass die beiden glücklich sind. Aber seien wir ehrlich, Luke ist der erste Freund unserer Tochter. Die ganze Geschichte wird nicht ewig halten. Es ist doch ein guter Versuch um zu sehen, ob die beiden in einem halben Jahr immer noch zusammen sein wollen oder schon längst jemand anderen gefunden haben" meint mein Vater.

"Entschuldigung?" mische ich mich ein und sehe meinen Vater verständnislos an. "Wir beide sitzten auch noch hier? Wir bekommen auch mit was für einen Mist du da erzählst!" verteidige ich Luke und mich. Ich glaube, dass mein Vater so langsam seine Gehirnzellen verliert. "die ganze Geschichte", "nicht ewig" und "jemand anderen gefunden haben". Geht es ihm eigentlich noch gut?

"Ich habe nicht vor ein anderes Mädchen zu lieben" meldet sich Luke zu Wort. "Und ich werde mir keinen anderen Jungen suchen, was denkt ihr eigentlich von mir?" will ich von meinem Vater wissen. "Melanie, du sollst es einfach nur realistisch sehen. Es ist wirklich schön, dass du hier einen netten Jungen gefunden hast. Luke ist wirklich ein toller Kerl, aber seien wir ehrlich, bei einer Jugendliebe geht meist etwas schief. Man bleibt fast nie zusammen und den Herzschmerz will ich dir einfach ersparen. Außerdem können wir dich nicht einfach hier lassen. Du hast hier niemanden, der auf dich aufpassen kann" sagt mein Vater.

In meinem Kopf schwirren zahlreiche Flüche und Ausdrücke umher, die ich meinem Vater an den Kopf werfen will. Jedoch bekomme ich nicht die Möglichkeit diese auszusprechen, da Liz das Wort an sich nimmt. "Mr. Summer, ich glaube Sie können kein Urteil darüber fällen, ob die Kinder zusammen bleiben werden oder nicht. Das liegt wirklich nicht in unseren Händen. Aber es ist einfach nur falsch zu behaupten, dass Melanie hier niemanden hat. Sie hat nämlich uns. Natürlich kenne ich ihre Tochter noch nicht allzu lange, aber ich habe bisher nur Gutes von ihr gehört. Emily hat in ihr die beste Freundin gefunden und mein Sohn ist so glücklich, wie nie zuvor. Für mich ist Melanie schon jetzt ein Teil der Familie" sagt Liz.

Ich weiß wirklich nicht woher sie ihre Ruhe nimmt, obwohl alle in diesem Raum angespannt sind. Auch ihre positive Ausstrahlung lässt einfach nicht nach, diese Frau ist wirklich der Wahnsinn. Und dann noch dazu ihre Worte, ich könnte Liz um den Hals fallen. Sie sieht mich bereits als einen Teil ihrer Familie. Durch ihren Einsatz ist auch sie für mich bereits wie eine zweite Mutter. Im Moment ist sie sogar die bessere.

"Melanie könnte doch bei uns wohnen" schlägt Luke meinen Eltern und seiner Mutter vor. Jetzt bin ich wirklich gespannt auf die Reaktionen. "Melanie ist immer noch unsere Tochter und deswegen kommt sie mit uns nach London. In unser altes Zuhause. Darüber wird nicht diskutiert" sagt mein Vater ernst. Das war natürlich sowas von klar, wieso habe ich auch nur eine einzige Sekunde geglaubt, dass er es sich noch einmal anders überlegen könnte? Meine Mutter sitzt auch einfach nur da und hört zu, anstatt sich für mich einzusetzen, so wie Liz es tut.

"Mr. Summer, keiner will Ihnen Ihre Tochter wegnehmen. Sie wird immer Ihre Tochter bleiben, aber ich verstehe nicht, warum Sie sie nicht hier lassen wollen. Es ist doch nicht so, dass Melanie nicht auch auf sich selbst aufpassen kann. Sie ist doch ein eigenständiges, vernünftiges Mädchen" verteidigt mich Liz erneut. "Sie sagen es doch selbst, Mrs. Hemmings. Sie ist ein Mädchen und noch lange nicht erwachsen. Sie kann nicht alleine tausende Kilometer von ihren Eltern entfernt wohnen" entgegnet mein Vater.

"Ich glaube es wäre besser, wenn Sie jetzt gehen und Ihren Sohn mitnehmen. Melanie muss ihre Sachen packen, wir fliegen in ein paar Stunden" meldet sich meine Mutter nach einer halben Ewigkeit zu Wort. Dann ist sie auch noch so unverschämt und schmeißt Luke und seine Mutter indirekt raus. Ich kann und will einfach nicht glauben, das meine Eltern sich gerade so verhalten.

"Ich glaube auch, das ist die beste Lösung. Ich hoffe nur, dass Sie es ertragen können, wenn Sie Ihre Tochter später leiden sehen. Und ich hoffe auch, dass Sie wenigstens so viel Anstand besitzen den Kindern zu erlauben, sich weiterhin zu sehen" sagt Liz und steht auf. Sie sieht Luke an, in der Hoffnung er würde aufstehen und mit ihr mitgehen, doch ich halte ihn am Arm fest. "Luke bleibt hier!" sage ich ernst. Darüber lasse ich jetzt wirklich nicht mit mir diskutieren.

"Wir werden sehen, was passieren wird" sagt mein Vater und steht ebenfalls auf. Gefolgt von meiner Mutter, gehen sie Richtung Haustüre. Luke und ich gehen den dreien sofort hinterher. "Ich komm später nach Hause. Ich helfe Mel noch ein bisschen" sagt Luke zu seiner Mum. "Alles klar, mein Großer" erwidert Liz lächelnd und umarmt ihren Sohn. Das Bild ist wirklich zuckersüß.

"Es tut mir wirklich leid. Ich habe wirklich gedacht, dass ich dir helfen kann" entschuldigt sich Liz bei mir. "Hör dich auf, du hast viel mehr getan, als du müsstest. Ich bin dir wirklich dankbar. Ich weiß jetzt schon, dass ich dich echt vermissen werde, aber ich verspreche euch ganz bald besuchen zu kommen. Und bitte schick Emily zu mir, ich muss mich noch von ihr verabschieden" sage ich traurig zu Liz. Sie ist mir in so kurzer Zeit wirklich ans Herz gewachsen. Sie zieht mich in eine enge Umarmung, die ich nur allzu gern erwidere. "Tschüss Kleine" sagt sie, bevor sie sich umdreht und das Haus verlässt.

"Auf Widersehen, Mrs. & Mr. Summer" verabschiedet sie sich sogar noch höflich von meinen Eltern. Diese sollten sich wirklich eine Scheibe von Liz abschneiden.

Als die Türe hinter Liz zugeht, weiß ich, dass es kein zurück mehr gibt. Ich muss zurück nach London gehen. In ein paar Stunden werde ich im Flieger sitzen und mein Leben in Sydney hinter mir lassen. Egal ob ich will oder nicht.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top