Bryander
Die Helligkeit des Tages oder die Dunkelheit der Nacht machten keinen Unterschied für Prinz Bryander. Das wussten auch seine Diener. Selbst wenn er längst zu Bett gegangen war und alle anderen Menschen hohen oder niederen Standes in den Mauern der Burg schliefen, konnte es geschehen, dass der Königssohn erwachte und nach irgendeiner Nichtigkeit verlangte. Die Dienerschaft wusste darum und niemand wollte freiwillig die besondere Stellung seines Leibdieners einnehmen, den er jederzeit wecken und herumscheuchen würde. Keiner von ihnen ahnte jedoch auch nur im Geringsten, welche Gründe es für diese Ruhelosigkeit gab, nicht einmal der Prinz selbst.
Er war nicht blind zur Welt gekommen. In den frühen Jahren seiner Kindheit kannte er Licht und Farben, aber sie verblassten und in manchen Nächten empfand Bryander eine tiefe Traurigkeit über ihren Verlust. Er lag dann da, in absoluter und nicht enden wollender Dunkelheit, wälzte sich schlaflos hin und her und wünschte, er müsse diese Nacht nicht allein durchstehen. Angst überkam ihn, dass er sich in der Schwärze, die ihn umgab, auflösen würde. Mit seinen Händen fuhr er sich dann über den Körper, ertastete sich selbst, seinen jugendlich-männlichen Leib. Wärme begann dann, ihn zu durchfluten, eine Hitze sogar, die ihn zuweilen erbeben ließ, nur um danach eine noch größere Kälte in ihm zurückzulassen.
Dies begann sich unmerklich zu verändern, mit dem Tag als Dareiis die Aufgaben seines Leibdieners übernahm. Der junge Mann war ein Nichts, ein Niemand, gewiss der Bastard eines mit dem König befreundeten Fürsten, dem er einen Gefallen tat. Er hatte keine Ahnung, worauf er sich einließ und noch weniger von den Ansprüchen des blinden Prinzen, aber er war ... anders. Seine Stimme, tief und etwas rau, wie die eines Schneeleoparden, ließ Bryander in seinem Inneren sanft erzittern. Er entdeckte sogar eine gewisse Freude daran, zu versuchen, ob man den Diener nicht dazu bringen könnte mehr zu sagen als immer wieder „Ja, mein Prinz, sehr wohl mein Prinz", was auch gelang. Schon nach wenigen Tagen - und Nächten – sagte Dareiis Dinge zu seinem Herrn wie „wenn Ihr nochmal tretet, dann könnt Ihr Euch Eure Schuhe selber zubinden" oder „haltet gefälligst still, dann ziept der Kamm auch nicht so, Eure Gnaden". Ob er ahnte, wie sehr er seinen Prinzen damit in Verzückung brachte?
In den endlosen Nächten bemerkte Bryander die Veränderung immer deutlicher. Wenn er nun wach lag, sich hin und her warf und sich selbst berührte, stellte er sich Dareiis' Stimme vor, aber nicht ihren rauen Klang, nicht ungehobelt und widerspenstig, sondern ihren tiefen, warmen Kern, dicht an seinem Ohr. Sie säuselte, flüsterte süße Nichtigkeiten und ließ die Hitze in des Prinzen Körper aufwallen bis er sich aufbäumte, woraufhin er sich ergoss, nur um dann zurückzufallen in den leeren Raum der Kälte zwischen Nacht und Tag. Ob Dareiis es auch tat? Sich selbst berühren und dabei an jemanden denken? Eine ferne Geliebte vielleicht oder auch eine Küchenmagd ganz in seiner Nähe? Diese Gedanken waren es, die den blinden jungen Mann in Ungewissheit und Eifersucht nach dem Diener rufen ließen. Er musste sicher sein, dass Dareiis nicht in jemandes Bett lag, nicht nachts, wenn er ihn ... brauchte.
„Was wollt Ihr zu dieser gottverlassenen Stunde, mein Prinz?"
Bryander gab darauf keine ehrliche Antwort, er horchte nur auf den Klang der Stimme und sie besänftigte ihn, denn egal wie ungebührend die Worte seines Dieners waren, es schwang noch etwas mit, von dem der Prinz nur zu gern wüsste, was es war.
„Bring mir etwas warme Milch, mich dürstet."
Tagsüber, wenn er sich nicht so verwundbar sah, begann der Königssohn, die Dienste des jungen Mannes, egal wie gering sie waren, bei sich zu bedenken. Er kam, wenn er gerufen wurde, er brachte kleine Mahlzeiten, verjagte die Mäuse, hob ihn aufs Pferd, er sorgte für heißes Badewasser und wenn er seinem Prinzen half, sich zu kleiden, dann kam es dem so vor, als verweilten Dareiis Finger zuweilen für den Bruchteil eines Wimpernschlags länger an seinem Bund, an seinem Revers, an seinen Schenkeln. Ein gut angelernter Leibdiener würde es niemals wagen, den Herrn zu berühren, aber Dareiis beachtete dies kaum. Immer wieder kam es vor, dass sein Handrücken oder ein Finger ganz leise und federleicht die Haut Bryanders streiften, was diesen schauern ließ. Er prägte sich jeden dieser Streiche ein, ihre Reihenfolge, die Stelle seines Körpers, wo sie ihn trafen und die süßen Schauer, das wohlige Kitzeln, das sie verursachten. Des Nachts würde er diese Erinnerung wachrufen, die Spur von Dareiis Berührungen mit der einen Hand nachfahren, wenn er sich mit der anderen lustvoll selbst liebkoste.
Schließlich kam die Nacht, in der er alles wagen wollte, in der er all seinen Mut in der Dunkelheit zusammennahm. „Dareiis! Wo steckst du? Ich bin hungrig! Dareiis!!"
Wie oftmals zuvor, hörte er die festen Schritte des Dieners vor der Tür, dann öffnete sie sich und der junge Mann kam herein.
„Ich schwöre bei den Göttern, Eure Gnaden, wenn es diesmal nicht wichtig ist, war ich die längste Zeit ..."
„Es ist wichtig!", unterbrach Bryander. „Die Dunkelheit dieses Gemachs macht mir Angst."
Es war das Beste, was ihm gerade einfiel und er erschrak über sich, weil es die Wahrheit war. Jetzt horchte er auf die Antwort seines Dieners, die mit unvorhergesehener Sanftmut erklang.
„Habt keine Angst, mein Prinz, so dunkel ist es nicht. Ich habe eine Kerze und Euer Gemach ist wie immer."
Nun schien es, als warte Dareiis auf weitere Worte. Bryander hörte dessen leisen Atem und begriff, dass der andere Mann direkt neben seinem Bett stand. Ganz nah, zum Greifen nah, er müsste nur die Hand ausstrecken ...
„Ich rufe dich jede Nacht zu mir", begann der blinde Prinz, „dabei kenne ich nicht mal dein Gesicht. Bitte erlaube mir, dass ich es berühre und ertaste."
Er vernahm, wie Dareiis überrascht den Atem einzog, aber noch tat sich nichts. Bryander setzte sich daher auf, wandte sich seinem Diener zu und ließ seine Beine über die Bettkante herab. Er war unbekleidet und es kümmerte ihn nicht.
„Komm", forderte er in sanftem Ton, da trat Dareiis endlich noch dichter heran, ergriff zaghaft eine Hand des Prinzen und ging vor ihm auf die Knie. Sodann legte er des Prinzen Hand an seine Wange. Sie war etwas stoppelig. Gleich legte der Blinde ihm seine zweite Hand ins Haar. Es war üppig, lang genug, um hinein zu greifen und lockig. Er ließ seine Finger hindurchfahren.
„Du kommst unrasiert zu deinem Herrn?"
„Mein Herr ist blind und gönnt mir kaum Ruhe."
Die Worte des Mannes vor ihm auf Knien jagten dem Königssohn einen warmen Schauer über den Rücken. Wenn es möglich war, war Dareiis' Stimme noch tiefer als sonst. Und nicht genug damit, er neigte seinen Kopf, sodass er sich an die Hand des Prinzen schmiegte. Dies ermutigte Bryander, sodass er das Gesicht des jungen Dieners nun zärtlich in beide Hände nahm. Dann setzte er seine Finger am Haaransatz an und ertastete damit Stirn und Brauen.
„Welche Farbe hat dein Haar?", erbat er sich Auskunft. Als Dareiis zu zögern schien, fuhr er fort: „An manche Farben erinnere ich mich. Ich war nicht immer blind."
„Rot, mein Prinz, warmes Rot", flüsterte der Diener nun.
„Warm, ja. Das bist du", antwortete Bryander und ließ seine Fingerspitzen weiterwandern. Über die Augen, ihre langen Wimpern, hohe Wangenknochen, die glühenden Wangen selbst, eine schmale Nase, deren Flügel leicht bebten. Das Gesicht des jungen Mannes verriet, dass es ihn erregte, was sein Herr mit ihm tat. Bryander erging es nicht anders.
„Du bist schön, Dareiis", hauchte er und seine Finger fuhren die Konturen der Lippen entlang, spürten den beschleunigten, heißen Atem, zuckten, als Dareiis seine Lippen öffnete und dem Prinzen erlaubte, mit ihnen zu spielen. Wie weit konnte Bryander gehen? Was könnten sie überhaupt tun? Zwei Männer? Herr und Diener? Wie ihm diese Gedanken kamen, da wurde sich der Prinz seiner kaum bedeckten Erektion bewusst. Natürlich hatte sein Leibdiener ihn immer wieder nackt gesehen, aber nicht in solchem Zustand. Auch Bryanders Wangen glühten jetzt in einer Mischung aus Scham und Erregung, aber nichts davon schien den anderen Mann zu beunruhigen.
„Ihr gefallt mir nicht weniger, mein Prinz", raunte dessen tiefe Stimme und sorgte so für weitere Wonneschauer über den Körper des Königssohnes. Seine Hände waren inzwischen an Kinnlinie und Hals angelangt, verweilten zögerlich am Hemd des Dieners. Da zog der seinen Kopf zurück, bewegte sich und als er Bryanders Hände wiederergriff und sich auf die Schultern legte, da waren diese nackt. Der Prinz seufzte vor Überraschung und weil sich die bloße Haut unter seinen Händen so lebendig anfühlte. In einsamen Nächten hatte er es sich so vorgestellt. Warm, weich und echt. Er ging nun über die Schultern und die Arme entlang, fühlte ihre Muskeln, die ein wenig unter der zärtlichen Berührung zuckten. Dareiis stöhnte leise und sein Atem ging schneller, dann hielt er ihn plötzlich an, als Bryander über sie weiche Haut an der Innenseite seiner Unterarme strich, die links völlig vernarbt war.
„Oh!", brachte der Prinz erstaunt hervor. Nie hätte er das erwartet. „Warum wolltest du nicht mehr leben?", fragte er leise.
Dareiis zog seine Arme aus Bryanders sanften Griff, dann nahm er dessen Hände und legte sie sich auf die Brust, dort wo sein Herz schlug. Es pochte gegen die Handflächen des Prinzen.
„Ich habe jemanden verloren", antwortete der junge Mann.
„Deine Liebste?"
„Nein, ... meinen Liebsten."
„Oh!"
„Was ist mit euch?", flüsterte Dareiis und hielt noch immer Bryanders Hände.
„Ich glaube, ich habe meinen Liebsten gefunden."
„Das glaube ich auch."
Mit diesen Worten entließ er die Hände des Prinzen, rückte dichter zu ihm vor und bevor der sich versah, nahm er dessen Gesicht in seine Hände und zog ihn zu sich hinunter. Bryander stockte der Atem für einen Augenblick, dann legten sich Dareiis' Lippen auf die seinen. Ein Gefühl von prickelnder Wärme durchfuhr seinen Körper, sogleich begriff er, was gerade geschah. Der junge Diener küsste ihn. Es war zuerst nur federleicht und zaghaft, aber es erfüllte den blinden Königssohn wie von innen heraus mit Licht. Er öffnete seine Lippen, um mehr von dem Kuss, mehr von dem Licht zu spüren und so geschah es. Dareiis und des Prinzen heißer Atem mischten sich, dann berührten sich ihre Zungenspitzen und begannen, sich spielerisch zu ertasten. Bryander schien es, als hätten sich seine Lippen, sein ganzer Leib in all den Nächten so sehr nach dem, was hier geschah gesehnt, dass er mit einem Mal seine ganze Scheu verlor. Er packte nach dem Haarschopf des anderen jungen Mannes und sein Kuss wurde verlangender. Beide begannen zu stöhnen und ihre Körper drängten sich aneinander. So wie Dareiis sich noch immer kniend zwischen den Beinen des Prinzen befand, entging ihm dessen Erektion nicht, die sich ganz unmissverständlich gegen seine Brust rieb. Bryander empfand gleichzeitig ein Ziehen und Prickeln, das ihn veranlasste, mit einer Hand danach zu greifen, denn er wusste, dass er sich so Erleichterung verschaffen konnte. In dem Moment hielt ihn Dareiis davon ab.
„Nichts da, mein Prinz", raunte er bestimmend und packte nach Bryanders Hand. „Das ist für mich."
Damit schob er den Prinzen genau so viel zurück, dass er sich ihm voll und ganz widmen konnte. Der Königssohn ließ es geschehen und stützte sich nach hinten mit den Armen auf, während er spürte, wie sich Dareiis mit Hand und Mund an ihm zu schaffen machte. Er ergriff seine Erektion und strich ihr mit dem Daumen über die Spitze, während er mit seiner Zunge an den Hoden leckte. Bryander durchfuhr es wie Blitz und Donner in einem. Was sein Diener mit ihm tat, hatte er sich so nicht vorstellen können. Er begann, sich seufzend zu winden und warf den Kopf genießend zurück, sein Blut rauschte laut in seinen Ohren, während Dareiis lustvolle Schmatzer und tiefes Stöhnen hervorbrachte. Und wieder tat er etwas vollkommen Unerwartetes. Er ließ mit seinem Mund da ab, wo er war, um als nächstes Bryanders gesamte Länge damit zu verwöhnen. Hitze, Feuchtigkeit und das Werk seiner Lippen und Zunge brachten dem Prinzen abermals ein völlig neues Lusterleben. Es kam ihm vor, als müsse er gleich zerbersten, wenn der schöne Diener so weitermachte. Seine Haut stand in Flammen, sein Puls raste, seine Muskeln, sein ganzer Leib bebten und zerrten an ihm. Er ließ sich hilflos nach hinten fallen, schnellte mit beiden Händen vor und suchte Halt in Dareiis' Locken. Der stöhnte voller Lust auf, obwohl er eigentlich Schmerz verspüren müsste. Aber vielleicht genoss er auch das. Dann, plötzlich, konnte der Prinz sich nicht mehr zügeln, er bäumte sich mit Macht auf, worauf sich alle Anspannung in einem pulsierenden Höhepunkt entlud. Er schrie, vor Wonne, Erleichterung und Glück. Er ächzte, hörte den anderen jungen Mann ächzen und glucksen, da, im nächsten Moment, spürte er dessen innigen Kuss auf seinen Lippen. Der war zu schnell vorbei und Bryander hielt Dareiis am Arm, bevor der wusste was geschah.
„Bleib!", brachte er, noch immer atemlos, heraus.
„Hier, bei Euch?"
„Ja."
So legte sich der junge Diener endlich zu seinem Prinzen. Sie umarmten sich und der Königssohn bettete wie selbstverständlich sein Haupt auf dessen starke Brust. Er horchte auf den Herzschlag darin, während Dareiis ihm sanft über die Arme strich und ihm süße Nichtigkeiten ins Ohr flüsterte. Und zum ersten Mal seit so vielen Jahren, träumte der blinde Prinz von Farben und Licht.
>>> Das superschöne (sexy) Cover hat mir der schreibende Vampirfürst Riley Escanor-Mcforest erstellt. Danke dir, Riley:)
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