Kapitel 62 - Generis
Generis saß auf dem Boden in dem kleinen Schuppen, Kosiris und Tessina neben ihm. Noch immer fühlte er sich vollkommen durcheinander, denn der Plan war absolut verrückt.
Wie sollten sie es nur schaffen, die gesamte bevölkerte Region zu untergraben? Das Gebiet war riesig und es würde mit Sicherheit Ewigkeiten dauern, wenn sie alles mit der Hand ausheben mussten. Das war unmöglich zu schaffen.
Ein Seufzen entfuhr ihm, doch auf einmal spürte er eine Erschütterung. Panisch sah er sich um und bemerkte die erschrockenen Gesichter der beiden Schlangen, die offenbar auch etwas gespürt hatten. Da war es schon wieder! Eine kleine Erschütterung des Bodens, vergleichbar mit einem sehr schwachen Erdbeben.
„Was war das?", fragte Tessina erschrocken und glitt näher an Kosiris heran.
„Ich weiß es nicht", sagte dieser, schlängelte zu Tür und verließ den kleinen Schuppen. Auch Generis sprang auf, spürte aber weiterhin eine Erschütterung unter den Fußsohlen. Doch nun fühlte es sich anders an. Nicht mehr wie eine durchgehende Bewegung, sondern kleine, abgehackte Bewegungen.
Auf einmal spürte er direkt unter sich ein Klopfen, das ihm durch Mark und Bein ging. Erschrocken machte er einen Satz zur Seite, doch wieder ertönte das klopfende Geräusch unter dem Boden des Schuppens. Es klang beinahe so, als würde jemand von unten mit einem harten Gegenstand gegen das Holz des Boden hämmern.
„Es ist direkt unter dem Schuppen", rief er, woraufhin Kosiris wieder hereinkam.
„Gut möglich, draußen ist nichts zu hören", verkündete er und blieb dicht bei der Stelle stehen, von der das Geräusch ausging. Auf einmal hörte es auf und stattdessen erklang eine Stimme.
„Tessina? Wir sind es", rief eine weibliche, gedämpfte Stimme, die direkt aus dem Boden des Schuppens zu kommen schien. Erschrocken riss Generis die Augen auf, ebenso Kosiris.
„Das sind Rilsa und Atimis", rief er aus und beugte sich dicht über den Dielenboden.
„Rilsa? Wir sind hier! Seid ihr unter der Erde?", fragte er durch die Schlitze des Holzbodens und beinahe augenblicklich kam eine Antwort. Rilsa lachte.
„Ja, allerdings. Könnt ihr die Dielen lösen, dann kommen wir zu euch hoch", rief sie und eilig trat Generis noch ein Stück beiseite und bückte sich. Er schob die Finger zwischen die Schlitze zwischen den Dielen und brach sie auseinander, sodass ein kleines Loch entstand. Sofort spähte er hindurch und erkannte direkt darunter, berieselt von ein wenig Erde Atimis und Rilsa, die freudestrahlend zu ihnen hinauf sahen.
„Was macht ihr denn da unten?", rief Tessina aus, eindeutig geschockt. Wieder kicherten die beiden.
„Wir haben etwas mitgebracht", verkündete Atimis, warf Rilsa einen verschwörerischen Blick zu und grinste. Kosiris drängte sich näher an das Loch und spähte hinein.
„Es gibt unter diesem Grundstück einen Tunnel?", fragte Kosiris mit gedämpfter Stimme.
„Wir haben von den Androiden eine Grabungsmaschine bekommen. Sie ist der Wahnsinn, das müsst ihr euch ansehen", rief Rilsa und ohne zu zögern ließ Kosiris sich gänzlich in das Loch hineingleiten.
Auch Generis beugte sich neugierig über das Loch, doch von hier oben konnte er nichts erkennen, es war viel zu dunkel. Er löste noch ein paar Dielen, sodass das Loch größer war und glitt schließlich ebenfalls hindurch, gefolgt von Tessina.
Nur langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit, doch als er erkannte, was Atimis und Rilsa mit Grabungsmaschine meinten, blieb ihm die Luft weg. In wenigen Metern Entfernung stand ein riesiges, metallenes Ungetüm, das eindeutig für die Aushebung dieses Tunnels verantwortlich war. Unwillkürlich riss er den Kopf herum und versuchte, das andere Ende des Tunnels zu erreichen, aber es war unmöglich.
„Was...", stammelte er, woraufhin Rilsa die Stimme erhob.
„Wir haben mit einer Androidin, die ich von früher kenne, verhandelt. Es war Kelsa, Loris Verbundene", setzte sie an, woraufhin Tessina scharf die Luft einsog.
„Sie hat uns Waffen besorgt und diese Grabungsmaschine. Sie hebt Tunnel aus und man kann in einem Hologramm den Zielort eingeben, dann gräbt sie von ganz allein den Weg dorthin. Wir sind vor knapp drei Stunden an der Siedlung der Androiden gestartet und nun schon hier", berichtete sie, was Generis langsam den Kopf schütteln ließ.
„Das heißt... diese Maschine kann Tunnel ausheben und das auch noch relativ schnell?", fragte er nach, woraufhin Atimis nickte.
„Aber ja, damit haben wir wirklich eine Chance, in kurzer Zeit so viele Tunnel zu graben, dass unser Plan funktioniert", sagte er und klang dabei aufgeregt wie ein kleines Kind, das ein Spielzeug geschenkt bekommt.
Kosiris glitt näher an die Grabungsmaschine und nahm sie skeptisch in Augenschein.
„Was hat die Androidin für eine Gegenleistung verlangt? Habt ihr neue Verbündete gewinnen können?", fragte Kosiris und sah abwechselnd von Rilsa zu Atimis, die auf einmal betreten die Blicke auf den Boden richteten.
„Nun ja, Verbündete haben wir nicht gefunden, aber Kelsa hat und geholfen, weil ich ihr von Loris Tod erzählt habe. Und für die Maschine wollte sie... nun ja, sie wollte eine Probe von Tessinas Gift", sagte Rilsa kleinlaut und sofort reagierte Tessina darauf.
„Bitte? Das ist alles?", rief sie aus, was Atimis lachen ließ.
„Ja, sie benötigt es für ihre Forschungen", setzte Rilsa nach und wirkte noch immer merkwürdig unsicher, so als wüsste sie nicht so recht, ob das alles ein guter Tausch gewesen war.
Tessina schlängelte auf Rilsa zu und glitt über ihr Bein nach oben und kam schließlich auf ihren Schultern zum Ruhen.
„Ihr seid vollkommen verrückt! Es ist unbeschreiblich, dass ihr diese Maschine beschafft habt", sagte Tessina und schmiegte ihren Kopf an Rilsas Wange.
„Aber wir waren auch nicht ganz untätig. Wir haben Waffen, Medizin und einen neuen Verbündeten", verkündete sie und nun richteten sich alle Blicke auf Generis. Etwas verlegen trat er von einem Bein auf das andere.
„Tatsächlich?", fragte Atimis skeptisch. Selbst in dem schwachen Licht erkannte Generis, dass er die Augenbrauen misstrauisch hochgezogen hatte.
„Ja, ich habe mich euch angeschlossen", sagte er und klang dabei ganz und gar nicht so selbstsicher, wie er es sich gewünscht hätte. Einen Moment lang herrschte Schweigen, bis Rilsa das Wort ergriff.
„Freut mich, dass wir dich überzeugen konnten. Aber was ist mit Ethonis und deiner Loyalität ihm gegenüber?", fragte sie, doch Generis schüttelte den Kopf.
„Diese Sache hier ist wichtiger", kommentierte er, woraufhin Rilsa nickte und für einen Moment lang ehrfürchtig den Kopf senkte. Generis wiederholte diese Geste und lächelte.
„Gut, wir sollten keine Zeit verlieren. Rilsa, bevor du uns erklärst, wie diese Maschine funktioniert, muss ich euch von Poseidon berichten", sagte Kosiris und begab sich in die Mitte zwischen ihnen. Alle Blicke richteten sich auf ihn und Generis spürte, dass Kosiris gleich etwas Wichtiges sagen würde. Ein wenig nervös beobachtete er Kosiris, bis er schließlich anfing zu sprechen.
„Poseidon hat tatsächlich Meereslebewesen erreichen können, darunter auch einen Orca. Dieser wollte die Nachricht verbreiten und sich morgen noch einmal mit Poseidon in Verbindung setzen. Aber schon jetzt haben einige der Meereslebewesen begonnen, die Wasser-Tunnel auszuheben", berichtete er und sofort spürte Generis eine nervöse Aufgeregtheit in sich aufsteigen.
Noch vorhin hatte er gezweifelt, ob das alles funktionieren würde, aber nun mit dieser Maschine und Kosiris Bericht über die Meereslebewesen fühlte er sich merkwürdig zuversichtlich. Auch wenn sie nur sechs Lebewesen waren, schienen sie etwas bewirken zu können.
„Gut, worauf warten wir? Schmeiß diese Höllenmaschine an!", lachte Tessina und Generis fand, dass in ihrer Stimme ein klein wenig Wahnsinn mitschwang. Alle lachten, aber nur kurz.
„Mindestens einer muss auf der Maschine bleiben, damit wir sie nicht verlieren und einer sollte hierbleiben, damit Poseidon uns erreichen kann", schlug Atimis vor, warf aber einen kaum merklichen Blick zu Rilsa, als sei er unsicher.
„Ja, du hast recht. Aber niemand sollte allein unterwegs sein, falls wir überrascht werden. Zwar sind die Elstern ruhig geworden, aber das muss ja nichts heißen. Kosiris und Tessina, wollt ihr hierbleiben?", war Rilsas Vorschlag und sofort nickten die beiden Schlangen.
„Gut, Atimis und ich werden weiterhin bei der Maschine bleiben", fuhr sie fort und augenblicklich fühlte Generis sich wie das fünfte Rad am Wagen.
„Was kann ich tun?", rutschte es ihm heraus und sofort richteten sich alle Blick auf ihn, so als würden sie gar nicht wollen, dass er ihnen half. Als Kosiris ihn anlächelte, verschwand diese Befürchtung jedoch.
„Wenn es für dich in Ordnung ist, könntest du hier bleiben und uns mit Nahrung von den Feldern versorgen. Du kannst dich gefahrlos auf dem Grundstück bewegen. Sobald Ethonis zurück ist, kannst du ihn ablenken und gleichzeitig die Ohren offenhalten, was sich bei der Regierung tut", sagte er und auch wenn Generis diese Aufgabe auf den ersten Blick nicht wirklich wichtig vorkam, nickte er.
„Du bist unser Spion", zischte Tessina und erst da wurde ihm bewusst, dass er derjenige sein würde, der wichtige Informationen bekommen würde. Er hatte Zugang zu Ethonis Hologramm, auf dem er Nachrichten der Regierung sehen konnte. Somit würde er Bescheid wissen, wenn die Regierung von ihrem Plan Wind bekam.
„Ihr könnt euch auf mich verlassen", versprach er und straffte die Schultern.
„Wunderbar! Aber nun sollten wir noch ein wenig schlafen, es liegt jede Menge Arbeit vor uns", sagte Kosiris und streckte sich, um wieder aus dem Loch hinaus in den Schuppen zu kriechen.
„Wir könnten... ich meine, die Grabungsmaschine fährt von allein und wenn Rilsa und ich uns abwechseln, können wir die Nacht nutzen", warf Atimis auf einmal ein, was Korsiris innehalten ließ. Einen Moment lang überlegte er, aber schließlich nickte er.
„Gute Idee. Aber nehmt euch Proviant mit. Wir sollten uns in spätestens drei Tagen noch einmal treffen, um alles weitere zu besprechen. Vermutlich hat Poseidon da schon neue Ergebnisse bei den Meereslebewesen", sagte er und sofort nickte Atimis.
„Kein Problem, wir können an jeden Ort kommen", sagte er und es war eindeutig, dass er sich auf das Graben mit der Maschine freute.
„Sagen wir, in drei Tagen treffen wir uns an dem See, an dem wir Poseidon das erste Mal getroffen haben", schlug Kosiris vor und als alle nickten, schien es abgemacht zu sein.
„Essen wir noch einen Happen und machen uns dann auf den Weg", sagte Rilsa und sah zu Atimis, der ein zustimmendes Geräusch machte.
„Gut. Möge die Rebellion nun endlich beginnen", sagte er triumphierend und Generis zweifelte in diesem Moment kein bisschen, dass diese Gruppe bereit war, alles für die Rebellion zu geben.
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