31| unerfreuliche Nachrichten
Als wir bei dem Zuhause der Stürmers ankamen, halfen mir alle mein Gepäck in mein Zimmer zu bringen. Sie fragten, ob ich etwas brauchte oder jemanden zum Reden dabehalten wollte, doch ich lehnte ab. Ich wollte mich erstmal nur hinlegen und ausruhen. Mein Körper hatte weder Schlaf bekommen noch Nahrung vertragen und ich spürte nur noch reine Erschöpfung in meinen Knochen. Also zog ich mir meine Sachen nur noch schnell aus und zog mir meine Schlafsachen an, ehe ich mich müde ins Bett fallen ließ. Schnell schlossen sich auch meine trägen Augen und ich driftete in einen unruhigen Schlaf.
Am frühen Abend wurde ich aber dann doch geweckt. Das sanfte Streicheln an meiner Schulter sorgte dafür, dass ich die Augen aufschlug und in Matildas Gesicht sah. Die Hexe hatte ihre Haare hochgesteckt und lächelte mich warm an.
"Wir haben eben Essen gemacht. Willst du vielleicht herunterkommen und mit uns essen?", fragte sie mich und ich nickte etwas verschlafen. Etwas im Bauch würde mir sicherlich guttun. Matilda lächelte breiter und verließ schon mal das Zimmer als ich mich aufrichtete und mir über die Augen rieb. Schnell wechselte ich meine Schlafhose mit einer schwarzen Jogginghose und tapste dann leise die Treppe herunter, um in den ersten Stock zu kommen.
Ich hörte wie Herold und Matilda leise miteinander sprachen, doch ich hörte weder noch sah ich etwas von Mel. Etwas beunruhigt lief ich in die Küche, wo auch Jan auf einem der Esszimmerstühle saß.
"Na gut ausgeruht?", fragte er mich und ich nickte.
"Ja, den Schlaf hab ich wirklich gebraucht.", sagte ich leise und er nickte bloß. Als ich zu den beiden Stürmers lief und sah, dass sie Spaghetti gekocht hatten, knurrte mein Magen.
"Na, da hat aber wohl jemand Hunger.", sagte Herold lachend und ich sah fast schon beschämend zur Seite. Wenn er wüsste, dass ich das Essen bloß nicht in mir behalten konnte, würde er wahrscheinlich nicht so viel lachen.
Ich setzte mich neben Jan, während die anderen beiden das Essen auf den Tisch stellten, damit sich jeder etwas auf den Teller tun konnte. Doch ich wartete mit dem Essen, denn Mel war immer noch nicht da.
"Wieso isst Mel nicht mit uns?", fragte ich dann, als jeder schon etwas auf seinen Teller getan hatte und mit dem Essen beginnen wollte.
Matilda hielt in ihrer Bewegung inne und sah ernst zu Herold, der aber nur tief seufzte.
"Luana, wenn es dich nicht stört würden wir dir das gerne nach dem Essen erklären.", sagte er zu mir und ich sah etwas verwirrt zwischen den Dreien her.
"Ähm, na gut.", gab ich mich dann geschlagen. Wieso sie es mir nicht sofort sagen wollten, verstand ich nicht, aber vielleicht wollten sie mir bloß meinen Appetit nicht nehmen und hofften ich würde gut essen. Ich wusste zwar, dass es Montag war und das Mel vielleicht heute früh in der Schule gewesen war, aber ich kannte sie eigentlich zu gut. Sie würde alles tun um mich abholen zu können und das Jan heute früh mich abgeholt hatte und selbst nicht in der Schule war hieß, dass es wahrscheinlich nicht an der Schule lag. Hatte sie sonst noch irgendwelche Termine von denen ich nichts wusste? Oder war sie krank und ich war vorhin zu blöd gewesen um mich nach ihr zu erkundigen?
Ich aß während des Essens nur einen halben Teller Nudeln, weil ich das Gefühl hatte das Essen nicht herunter schlucken zu können. Die anderen sahen zwar immer wieder besorgt zu mir herüber, aber ich glaubte das es schon ein gutes Zeichen meinerseits war zum Essen zu kommen.
Als ich die anderen beobachtete überlegte ich mir wie ihnen nachher sagen konnte das ich das Blackwood Rudel verlassen wollte. Würden sie sich darüber freuen? Immerhin versuchen Mels Eltern mir schon seit einer Ewigkeit das Internat fern von dem Rudel schmackhaft zu machen. Vielleicht wäre ein Leben unter Menschen doch das Beste für mich. Das ich von der magischen Gemeinschaft wusste hieß ja nicht, dass ich ein wichtiger Teil darin war. Das war ich nie und das habe ich nach dem Wochenende auch endgültig zu spüren bekommen. Dort erwartete mich nämlich nur Leid und auf das wollte ich nun verzichten. Nach dem Fest der Götter müsste ich Lupras davon in Kenntnis setzen, damit er mich auch ganz offiziell aus dem Rudel schmeißt. Ich wäre zwar dann für die Wölfe des Blackwoods Rudel ein Rudelloser und damit Vogelfrei, aber wenn ich mich mit den Stürmers schnell aus dem Staub machen würde, würden sie vielleicht erst später davon Wind kriegen und es auf sich beruhen lassen.
Es tat mir zwar irgendwo weh zu wissen das ich nie auch nur die Chance gehabt hatte meinen Geschwistern nahe zu sein und eine wirkliche Familie haben zu dürfen, aber sie wollten mich nie dahaben und wären sicherlich ohne mich besser dran. Silvana hätte keinen Grund mehr ständig eifersüchtig und sauer zu sein und meine Schwester Luna könnte sich ohne mich zu einer starken Werwölfin entwickeln. Die kleine Luana in Silvanas Bauch und ich waren nie dafür geschaffen gewesen in diesem Rudel zu leben. Und das sollte ich endlich begreifen.
Nachdem alle fertig gegessen hatten, räumten wir schweigend das Geschirr weg. Matilda und Herold wirkten angespannt, während Jan jeden meiner Schritte beobachtete. Wir liefen ins Wohnzimmer und ich setzte mich auf einen Sessel, während Jan sich rechts neben mir auf die Couch setzte und Matilda und Herold sich mir gegenübersetzten.
Matilda strich sich schon nachdenklich übers Gesicht und schien zu hadern wie sie das Gespräch beginnen sollte, aber ich unterdrückte meine Sorgen um Mel und beschloss ihnen meinen Entschluss mitzuteilen. Immerhin waren die Stürmers diejenigen die am meisten von meiner Entscheidung betroffen waren.
"Bevor ihr irgendwas erklärt wollte ich euch nur etwas sagen. Es ist zwar schade das Mel gerade nicht da ist, aber je schneller ich euch meinen Entschluss erzähle desto besser.", sagte ich und ich bekam die ungeteilte Aufmerksamkeit meiner Mitmenschen. Jans Augenbrauen zogen sich verwirrt zusammen aber ich versuchte es zu ignorieren und atmete tief durch.
"Es fällt mir gerade noch schwer, dass Erlebte am Wochenende in Worten zu beschreiben. Und es kann sein das es auch noch dauern wird bis ich mich da euch öffnen werde, aber es hat mich dazu gebracht eine Entscheidung zu treffen die mein Leben verändern wird.", fing ich an. Die Stürmers sahen erwartungsvoll zu mir als ich tief Luft holte und es aussprach.
"Ich möchte aus dem Blackwood Rudel austreten.", sagte ich und die geweiteten Augen und die offenen Münder zeigten ihre Überraschung.
"Hast du dir das gut überlegt Luana? Du weißt das du einige Privilegien dadurch verlierst.", fragte mich Herold nochmal zur Vorsicht und ich nickte ernst.
"Ja das habe ich. Ich würde nämlich gerne euer Angebot annehmen und mein Abitur in einem Internat beenden wollen. Solang das Angebot noch steht. So wäre ich nämlich nicht mehr in der Nähe des Rudels und könnte dort unbesorgt ein menschliches Leben leben."
Ich hatte mir Sorgen gemacht das die Anderen denken könnten das ich egoistisch handelte und unverantwortlich dachte, weil ich dafür sorgte das die Stürmers wegen mir mehr Kosten zu tragen hatten und durch meinen Entschluss eine große Zielscheibe der Blackwoods werden könnten, doch als ich die lächelnden und erleichterten Gesichter der Stürmers sah, fiel diese Angst von mir.
Matilda stand auf und umarmte mich, während ich sie auch an mich drückte.
"Es freut mich so sehr zu hören das du dich dafür entscheiden hast. Schatz", sagte sie lächelnd und mir kamen die Tränen bei ihrer zärtlichen Geste und ich musste ein schluchzen unterdrücken. Immer noch lächelnd streichelte sie meine Wange und sah mich wie eine Mutter an. Es gab keine Familie die ich dieser bevorzugen würde. Die Hexerfamilie hatte sich mit der Zeit nach und nach in mein Herz geschlichen sodass ich nach den ganzen Jahren nun kein Gast, sondern ein Familienmitglied war.
Als sich Matilda von mir abwandte und ich den warmen Ausdruck auf Herolds Gesicht sah beruhigte sich mein schnell schlagendes Herz. Doch als ich zu Jan sah, bemerkte ich das sein Lächeln etwas gezwungen wirkte. Doch nach meinem fragenden Blick lächelte er nur weiter und schüttelte leicht den Kopf um mir zu signalisieren das ich mir keine Sorgen zu machen brauchte.
"Hast du schon eine Ahnung, ab wann du austreten willst.", fragte mich Herold und ich nickte leicht.
"Ich hab mir viele Gedanken gemacht und glaube das ich so schnell wie möglich Lupras davon berichten sollte. Dadurch das das Rudel zur Zeit genug durch das Fest der Götter abgelenkt ist, dachte ich das es sich anbieten würde die Gunst der Stunde zu nutzen und es ihm dort zu sagen."
Matilda nickte nachdenklich und sah zu Herold.
"Sie hat recht. Je früher sie austritt desto besser. Wir müssen dann aber zügig mit den Vorbereitungen beginnen. Ich kann mir nämlich gut vorstellen, dass wenn du offiziell aus dem Rudel raus bist die jüngeren Rudelmitglieder das als Aufforderung betrachten. Es könnte gefährlich für dich werden, wenn du danach noch zur Schule gehst."
Ich atmete tief durch und betrachtete angespannt die beiden, während sie überlegten wie ich am besten aus dieser Situation kam.
"Mach dir keine Sorgen Luana. Wir werden schon einen Weg finden dich unbeschadet da raus zu bekommen. Für dich ist jetzt nur relevant das du Lupras beim letzten Tag des Fests sagst das du das Rudel verlässt.", sagte Herold aufmunternd und ich erwiderte sein Lächeln.
"Ich glaube ich hab auch schon ein paar Ideen wie wir das am besten regeln könnten.", sagte Matilda und wir alle sahen gespannt zu ihr hin.
"Meine Mutter und ich hatten das Wochenende miteinander gesprochen und wir hatten ausgemacht, dass wir zusammen mit ihr dem Fest der Götter beiwohnen wollen. Sie hat einen eigenen Stand und ist damit im Zentrum des Fests, sodass wir nicht jeden Tag extra anreisen müssen. Meine Mutter kennt viele Tricks um seine eigene Identität zu verschleiern. Wenn wir bei ihr sind könnten wir sie nach Tipps fragen. Außerdem lebt sie sehr abgeschieden und gehört keinem Zirkel an. Damit ist sie auch nicht verpflichtet ihren Aufenthaltsort oder ihre Informationen zu teilen. Demnach ist der sicherste Ort den ich kenne die Hütte meiner Mutter. Wenn wir merken das die Situation sich zuspitzt würde sie dich bestimmt für ein paar Wochen aufnehmen bis wir all unsere Sachen zusammengepackt haben und ein neues Haus gefunden haben."
Ich betrachtete die Hexe mit großen Augen, während Herold etwas besorgt dreinschaute. Ich hatte bisher nicht viel über Almonda (Mels Großmutter) erfahren. Doch Mel hatte lustige Geschichten über die verschrobene Hexe erzählt die bei Menschen als alte Kräuterhexe bekannt war. Laut ihren Erzählungen hatte die Hexe ein großes Talent für Runen und Herstellungszauber und war immer für eine Überraschung zu haben. Doch soweit ich wusste, war sie kein Fan von fremden magischen Wesen und hielt sich auch zurecht von den Hexenzirkeln fern. Aber warum oder wieso so eine Abneigung hatte, wusste ich nicht.
"Bevor wir jetzt schon Pläne schmieden müssen wir erstmal gucken in welchem Internat wir Luana beherbergen und was das für uns bedeutet.", sagte Herold um seine Frau aus dem Gedankenkarusell zu stoppen. Und ich musste ihm da recht geben. Ich hatte zwar eben raus gehört das Mathilda mit dem Gedanken spielte von hier weg zu ziehen, aber ob das überhaupt für alle Mitglieder der Hexerfamilie in Frage kam wusste ich natürlich nicht.
Jan hörte sich das Gespräch mit ernstem Ausdruck an, doch erwiderte er nichts oder äußerte seine Sorgen was ich von ihm nicht gewohnt war. Ich müsste mich später unbedingt mit ihm zusammen setzten und fragen was los war.
"Ok, du hast Recht. Ich werde mich morgen mit Luana zusammen setzten und dann suchen wir ein schönes Internat.", sagte Matilda daraufhin und ich sah dankbar zu ihr. Zum Glück würden wir nicht schon heute Abend damit beginnen meine Zukunft zu planen und umzugestalten. Doch der Gedanke daran frei und weit weg von dem Blackwoods mein Leben zu Leben sorgte dafür das die Last auf meinen Schultern etwas nachließ. Ich würde bestimmt oft an dieser Entscheidung zweifeln und mich dafür verurteilen das ich nicht stark genug war, aber ich wollte nicht mehr kämpfen. Ich wollte nicht mehr nach jeder Demütigung aufstehen und für diese Erkenntnis hatte ich Zeit gebraucht.
"Ich danke euch. Dafür das ihr solch ein Verständnis habt und mich immer unterstützt."
Die Stürmers lächelten mich an, doch dann sahen sie sich etwas besorgt an. Auch Jan sah nun beunruhigt zu mir und versuchte anscheinend die Fassung zu wahren.
"Wir müssen dir aber noch vorher etwas erzählen bevor wir mit den Planungen anfangen können.", sagte Matilda und betrachtete ihren Mann. Herold sah mir in die Augen und lehnte sich nach vorne.
"Es geht um Mel."
Als er ihren Namen sagte setzte ich mich unwillkürlich im Sessel auf und die Stimmung sorgte dafür das sich mir beinah der Magen umdrehte.
"Wir dürfen dir eigentlich nicht viel über das Prozedere erzählen, aber wir alle hielten es für das Beste dich so weit wie möglich zu informieren. Du musst nämlich wissen das jede Hexe und jeder Hexer irgendwann eine magische Prüfung absolvieren muss, damit die Kommunen den jeweiligen Hexen ihre Aufgaben zuweisen könne. Es ist eine Art Leistungstest und je nachdem wie man abschneidet hat das bestimmte Konsequenzen zufolge. Dadurch das aber Mathilda und ich uns vor vielen Jahren entschieden haben aus der Kommune auszutreten hat die Kommune das Recht erworben ab einem bestimmten Zeitpunkt unsere zukünftigen Kinder diesem Test zu unterziehen.", fing Herold an und ich zog erstaunt die Brauen hoch bei dieser Information.
"Was bedeutet das jetzt für Mel?", fragte ich verwirrt. Ich hatte noch nie etwas über diesen Test gehört, aber es wunderte mich eigentlich nicht. Dadurch das einige magische Geschöpfe in geschlossenen Kommunen lebte hatten Wesen von außerhalb schlecht Zugriff auf Sitten und Informationen über diese Geschöpfe. Und ich konnte mir gut vorstellen das es niemanden gefiel, wenn irgendwelche Hexen die internen Abläufe an Dritte weiterleiteten.
"Für Mel bedeutet es eigentlich das sie zwischen sechszehn und achtzehn Jahren zum Ministerium für Hexerei muss. Dort wird sie nämlich diesen Tests unterzogen. Wir dachten es wäre ein guter Moment am Freitag sie dorthin zu bringen. Immerhin hatten wir nur noch drei Monate bis sie volljährig wird und wir wollten das du so wenig wie möglich davon mitbekommst."
Ich wusste nicht ob ich ihnen das übel nehmen sollte, doch im Angesicht dessen das ich die letzte Woche wirklich ein nervöses Wrack war, konnte ich Ihnen ihre Verschwiegenheit nicht übelnehmen.
"Und was kam bei dem Test raus?", fragte ich und Herold seufzte.
"Das wissen wir nicht."
Verwirrt sah ich zwischen Jan und den Stürmers hin und her. Wusste Jan von all dem und war er deshalb so angespannt?
"Was heißt das? Wo ist Mel denn überhaupt?", fragte ich weiter nach und wurde langsam immer nervöser.
"Das Problem an diesen Test ist das die Hexen im Ministerium weitere anfordern können, wenn sie einen Grund dafür sehen und damit den Aufenthalt von Mel im Ministerium strecken können.", erklärte mir Mathilda und ich sah zwischen ihnen hin und her.
"Das heißt Mel ist immer noch in diesem Ministerium für Hexerei?"
Die Stürmers nickten und Jan sah angespannt aus.
"Was bedeutet es, wenn sie nun schon drei Tage da ist? Ist das normal? Was sind das überhaupt für Tests?", fragte ich besorgt.
"Wir dürfen dir leider keine Details mitteilen. Das Einzige was wir dir sagen dürfen ist das sie zur Zeit im Ministerium ist, aber noch nicht mal wieso. Die Hexen unterliegen einer strengen Geheimhaltung und wenn Mel zurückkehrt wird sie dir auch nichts verraten dürfen."
Mein Kopf ratterte und ich war mir nicht sicher was ich überhaupt noch fragen durfte. War sie in Gefahr oder war es nur eine blöde bürokratische Kleinigkeit das sie weitere Tests anforderten?
"Warum sollten sie mehr Tests einfordern? Ist sie denn von Gefahr? Oder wisst ihr wann sie wieder kommt?", fragte ich weiter doch die Stürmers sahen besorgt zu mir.
"Ihr geht es bestimmt gut. Das Ministerium sorgt dafür das alle unter ihrer Obhut gesund sind und gut verpflegt sind. Wir gehen davon aus das sie noch diese Woche nach Hause kommt. Nur wir können nicht solange Mel nicht da ist vorausplanen. Wir können dir nur einen Platz im Internat sichern, aber dir nicht sagen wie es danach weiter geht."
Ich nickte. Nun verstand ich auch warum Herold Matilda vorhin bremsen wollte. Sie konnten mir noch keine Versprechungen ohne Mel an ihrer Seite machen. Ich wollte wieder fragen ob sie mir sagen konnte ob es irgendeine Bedeutung hatte wenn die Hexer weitere Tests einforderten, doch Jan stand auf und hinderte mich beim erneuten Nachfragen.
"Ich glaube wir können das Thema hiermit abhacken. Ich kann mir gut vorstellen das ihr noch viel zu tun habt.", sagte Jan an die beiden Stürmers gewandt. Sie nickten bloß und erhoben sich auch. Ich war etwas überrumpelt durch den Abbruch des Gesprächs aber Jan blickte mich an und gab mir mit einer Kopfbewegung nach oben zu verstehen das wir in mein Zimmer sollten. Stumm folgte ich ihm die Treppen hinauf und lief an ihm vorbei in mein Zimmer.
Ich setzte mich auf das Bett und er machte es sich auf dem Stuhl bequem. Neugierig und besorgt betrachtete ich den Vampir. Er sah immer noch blass aus. Und wenn Mel am Freitag zum Ministerium gebracht wurde, hatte sie bestimmt nicht mit Jan über seine Ernährung gesprochen. Das müsste dann wohl doch ich übernehmen.
"Wie geht es dir?", fragte er mich und ich wusste nicht ganz was ich darauf antworten sollte. Wie fühlte ich mich? Erleichtert, besorgt, verwirrt, verarscht oder doch eher verletzt?
"Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.", gestand ich und er nickte nur wissend.
"Magst du drüber reden?", fragte er mich und ich wusste das er es gut meinte und es mir immer geholfen hatte darüber zu sprechen. Aber es wieder aufzurollen, alles Revue passieren zu lassen und darüber nachzudenken erschien mir im Moment noch zu anstrengend. Ich wollte es erstmal verdrängen und lernen damit umzugehen.
"Noch nicht.", sagte ich kurz angebunden und er verstand es zum Glück.
"Hast du das mit Mel gewusst?", fragte ich ihn.
"Ich wusste davon kurz nachdem wir dich bei den Werwölfen abgesetzt hatten. Die Stürmer haben darüber im Auto gesprochen. Sie hatten Mel die Wahl gelassen es diesen Tag zu machen oder doch wann anders. Aber sie hielt es für das Beste, wenn du dir so wenig Sorgen wie möglich machen müsstest.", erzählte er und langsam verstand ich warum Mel meine Nachrichten nicht gelesen hatte.
"Weißt du zufällig was diese ganzen Tests zu bedeuten haben?", fragte ich Jan, da ich wusste das Mels Eltern mir diese Frage nicht beantworten konnten. Er atmete tief durch und sah mir in die Augen.
Offiziell weiß ich nichts und niemand aus dem Ministerium hat mir je etwas über die genauen Abläufe erklärt. Aber ich kann mir einiges denken."
Ich legte den Kopf etwas schief und Jan verstand es als Aufforderung weiter zu sprechen.
„Wie gesagt hab ich das bisher nie bestätigt bekommen und nur diejenigen die außerhalb der Reichweite der Hexen agieren, können darüber sprechen ohne gefährdet zu sein. Es geht nämlich schon seit vielen Jahrzehnten das Gerücht um das die Hexen viele ihresgleichen aus den Kommunen werfen. Nach welchen Kriterien diese Auswahl besteht, weiß man nicht. Es wird viel spekuliert und was sich immer wiederholt ist das sie schwächere Hexen die entweder kein Talent haben oder eine Affinität zu einer Magiequelle besitzen ausweisen. Warum sie diese Auslese machen, weiß keiner und wahrscheinlich ist dies eins der bestgehütesten Geheimnisse der Hexer."
„Und was hat das mit Mel zu tun?", fragte ich. Jan sah mich nochmal an und wartete darauf das ich vielleicht von selbst draufkam. Doch ich war etwas verwirrt und langsam, sodass er sich weiter zu mir vorlehnte.
„Überleg nochmal scharf nach. Sie schmeißen von sich aus Hexer aus den Zirkeln und Kommunen die nicht stark genug sind und wahrscheinlich keinen Nutzen für die Gemeinschaft haben. Aber was ist mit den Hexen die freiwillig außerhalb der Kommunen leben? Herold hat uns gegenüber preisgegeben, dass die Kommunen das Recht haben von ehemaligen Mitgliedern die Nachfahren zu überprüfen. Was glaubst du, wieso sie das machen?", fragte er mich und ich runzelte die Stirn.
„Sie wollen überprüfen ob ihnen vielleicht jemand mit großem Talent durch die Lappen gegangen ist?", vermutete ich und Jan nickte zustimmend.
„Und wenn wir beide ehrlich sind, müssen wir davon ausgehen, dass die Hexer etwas gefunden haben wofür es sich lohnt weitere Tests anzufordern."
„Du meinst also das sie Interesse an Mel haben könnten? Aber sie können sie ja nicht einfach bei sich behalten und zwingen etwas zu tun, wenn sie kein offizielles Mitglied der Kommune ist. Immerhin lebt sie seit Kindesbeinen fern der Gemeinschaft.", erwiderte ich und Jan nickte.
„Das dachte ich mir zunächst auch. Aber ich hab mir versucht in Erinnerung zu rufen wieso sie Interesse an ihr haben könnten."
Als Jan das sagte reif ich mir alle magischen Eigenschaften von Mel in Erinnerung und musste schlucken.
„Du glaubst sie haben wegen ihrer Faszination und ihrem Talent zum Feuer Interesse an ihr?", fragte ich besorgt und Jan nickte ermüdet. Ich musste tief ausatmen und versuchte die Ruhe zu bewahren. „Aber sie würden es doch nicht wagen ihr etwas anzutun?"
Jan schien zu überlegen was er sagen sollte und atmete tief ein.
„Es würde mich wundern, wenn sie ihr etwas antäten. Mel könnte unter der richtigen Führung für sie wahrscheinlich zu einer unersetzbaren Waffe werden. Und sowas wollen die sich sicher nicht verbauen in dem sie ihr etwas antun. Ich kann mir vorstellen, dass sie versuchen werden sie von sich aus zu gewinnen und ihr verlockende Angebote machen. Aber ich bin ehrlich, bei der Gerissenheit und der Habgier der Oberhexen kenn ich keine Grenzen. Wir müssen einfach hoffen das Mel es schafft ihre Talente zu verbergen und sich ohne Komplikationen aus der Sache zu winden."
Mein Kopf brummte und ich strich mir übers Gesicht. Es konnte doch nicht sein, dass nach dem ersten Problem direkt das nächste folgte. Ich wollte mir gar nicht vorstellen was für Tests Hexen durchlaufen mussten und wie man sie Kategorisierte. Langsam verstand ich warum Mel mich aus der ganzen Sache raushalten wollte. Und mir taten vor allem Herold und Matilda leid die um das Talent ihrer Tochter wussten. Hatten sie etwa diese Tests extra so lang hinausgezögert? Oder wussten sie was für Dinge Mel erleben musste und waren deshalb so aufgekratzt? Egal was es war, diese Unwissenheit fühlte sich nicht schön an und ich wollte nur noch das Mel schnell nach Hause kam.
„Das heißt wir müssen warten bis wir etwas von ihr hören?", fragte ich nach.
„Ja das heißt es.", sagte Jan grimmig.
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