22|Vertrauen

Fluchend bewegte ich mich auf den Fluren hin und her, um am schnellsten zur Küche zu gelangen. Ich war eigentlich auf der Suche nach Luana, da ich sie abholen sollte, doch ich fand sie einfach nicht.

Eben hatte mich Luis angerufen und ich hatte die ersten beiden Anrufe von ihm wissentlich ignoriert, doch beim dritten hatte mich die Wut gepackt, sodass ich abgehoben hatte. Doch statt einen lachenden und über mich spottenden Luis zu hören, klang er eher besorgt und befahl mir sofort zur Küche zu kommen.

Ich hatte weder die Chance noch die Laune mich gegen ihn und seinen Befehl zu wehren, also eilte ich nun zur Küche in der Hoffnung auf den Weg Luanas weißhaarigen Schopf zu finden. In ihrem Zimmer hatte ich sie nicht gefunden und ich wusste das sie beim Einmarsch in der Nähe ihrer Familie sein sollte, doch würde diese sie nicht dort auffinden konnte ich mir schlimme Konsequenzen für die Arme vorstellen.

Als ich am Empfang vorbeilief sah ich die Massen an Werwölfen. Viele waren in wunderschöner Abendgarderobe erschienen und einige bloß im lockeren Hemd und Jeans. Aber das musste mich nicht kümmern. Hauptsache war, dass die Repräsentanten ordentlich aussahen und ihre Autorität verkörperten. Aus keinem anderen Grund würde ich ansonsten in diesem elend langen dunkelblauen Kleid stecken.

Als ich durch den Boteneingang huschte und bald auf Luis treffen würde, atmete ich tief ein. Ich wusste, ich müsste mich eigentlich um Luana kümmern, doch wenn Luis anfing mich zu reizen sah ich oftmals rot. Ich hoffte bloß er hatte einen wirklich guten Grund, warum ich meine Pflichten mal wieder für ihn vernachlässigte.

Es war eh ein einziger und großer Fehler gewesen, mich vor Jahren auf ihn einzulassen und ihm noch Hoffnungen am Ende gemacht zu haben. Dass er mich nun reizte, damit ich wieder mehr Zeit mit ihm verbrachte war meine eigene Schuld gewesen. Ich musste ihm unbedingt klarmachen, dass er sich diese Beziehung aus dem Kopf schlagen muss, um endlich offen für einen neuen Partner zu werden. Aber wie üblich meinten die Männer es besser zu wissen.

Tief durchatmend lief ich in den letzten Gang Richtung Küche und erschrak bei der mir sich bietenden Szene. Luana saß weinend und total aufgelöst in einer Lache aus Saft, während Luis mich flehend aus seinen braunen Augen ansah. Er trug die Kleidung der Kellner und würde heute hier aushelfen. Zum Glück hatte er zudem Luana gefunden.

"Gott sei Dank bist du da", sagte Luis, ehe er aufstand um zu mir zu eilen. Luana ließ er auf dem Boden hinter sich zurück als ich ihm entgegenkam.

"Was ist passiert?", fragte ich besorgt, während Luana sich vor und zurück wiegte.

"Sie lief aus irgendeinem Grund hier in den Boteneingängen entlang und ist mit mir zusammen gestoßen. Danach ist sie weinend auf dem Boden zusammen geklappt. Sie ist nicht ansprechbar und wirkt total panisch."

Ich schluckte hart bei ihrem Anblick und nickte dankend Luis zu. Es wäre nicht seine Aufgabe gewesen hier bei ihr zu bleiben, aber sowas lässt selbst ihn nicht kalt.

"Danke das du mir Bescheid gegeben hast. Du kannst jetzt wieder gehen. Ich kümmere mich um sie", sagte ich, doch er sah mich zweifelnd und besorgt an, ehe ich ihn anwies wirklich zu gehen.

"Wenn du Hilfe brauchst, ruf mich an. Ich bin erreichbar."

Dankbar lächelte ich ihn an, ehe ich mich zu Luana hinab beugte. Zum Glück liefen nur wenige Rudelmitglieder vorbei, sodass ich mein Kleid unbesorgt bis zu meinem Oberschenkel hochziehen konnte, damit es am Saum nicht dreckig wurde. Luanas Kleid stattdessen war voll von diesem Saft. Kein Wunder, das die Arme fertig war.

"Luana? Hey, hörst du mich? Ich bins Bella."

Ich berührte sie sanft an der Schulter, doch ihr Schluchzen hörte nicht auf. Nachdem ich sie mehrfach versuchte anzusprechen, rüttelte ich leicht an ihr bis ich ihre Worte besser verstand.

"Geh weg! Sie werden mich eh alle köpfen!", sagte sie bloß leise und kaum hörbar. Sie war wohl in kompletten Selbstmitleid ertrunken.

"Luana, niemand wird dich köpfen. Das ist nur halb so schlimm. Komm schon ich bring dich wenigstens in dein Zimmer und dann gucken wir was wir retten können.", versuchte ich es überzeugend doch sie schüttelte ihren Kopf so stark das sich Haare aus ihrer Frisur lösten.

"Komm schon, wir können dich hier nicht so sitzen lassen. Der Ball hat noch nicht angefangen. Wenn du jetzt mit mir kommst, hast du noch eine Chance alles wieder geradezubiegen."

Ich sah wie Luana mir ihr Tränen überströmtes Gesicht offenbarte. Sie schniefte ein paar Mal, ehe sie tief aufatmend die Augen schloss.

"Glaubst du wirklich?", fragte sie mit leiser und brüchiger Stimme, aber bevor sie wieder mit Weinen anfing, lächelte ich sofort ihr ermutigend zu.

"Natürlich. Ich verspreche dir, dass wir das zusammen durchstehen."

Ich wusste nicht genau was in Luana vorging, aber jeder konnte erkennen das sie bloß Angst hatte und dieser Fleck auf dem Kleid wohl nur das Fass zum überlaufen gebracht hatte. Wie ich das Kleid retten konnte, wusste ich noch nicht, aber es war erstmal ein gutes Zeichen das Luana nach meiner Hand griff und sich langsam vom Boden erhob.

Sie atmete immer noch unregelmäßig und ein kleiner Schluchzer entkam ab und an ihren Lippen als ich sie sanft aber bestimmt mit mir mit zog. Wir liefen einen großen Umweg, um zu ihrem Zimmer zu gelangen und ich schirmte alle vorbeilaufenden Gäste von Luana ab, damit sie niemand erkennen konnte. Auf dem Weg schnappte ich einen vorbeilaufenden Diener zwei Sektgläser aus der Hand und trank, dass eine in einem Zug aus ehe ich Luana das andere gab und ihr anwies zu trinken. Gestern hatte ihr Alkohol geholfen, vielleicht würde der es heute auch tun.

Sie trank zwar zunächst zögerlich, aber auch sie schien einzusehen das sich weiterhin Gedanken zu machen nichts brachte, weshalb sie es kurz danach wie ich mit einem Zug leerte. Zufrieden wies ich einer vorbeilaufender Freundin, die heute kellnerte, an uns bitte eine Sektflasche auf Luanas Zimmer zu bringen, was sie mit einem Blick auf Luana nickend tat.

Als wir an Luanas Zimmertür ankamen, öffnete Luana mit zitternden Händen die Tür und ich schob sie daraufhin bestimmend in das Zimmer und ließ die Tür offen.

"Zieh erstmal das Kleid aus und setzt dich dann hin. Ich gucke was ich machen kann.", sagte ich ohne groß nachzudenken. Das wichtige war zunächst dafür zu sorgen das Luana was zu tun hatte, damit sie nicht wieder in Panik verfiel. In der Zeit konnte ich nachsehen, ob das Kleid komplett ruiniert war oder ich eine Alternative in ihrer Garderobe fand. Ansonsten müsste ich jemanden beauftragen, in Saras oder meinen Kleiderschrank ein passendes Ballkleid zu holen. Immerhin war alles besser als Luana nicht als Repräsentantin vor Ort zu haben. Ihre Familie verlangte etwas von ihr und sie musste es mit Zufriedenheit bewältigen. Andernfalls konnte ich nur die Konsequenzen anhand ihres panischen  Verhaltens interpretieren.

Als Luana das Kleid in die Badewanne legte und sie daraufhin aus dem Bad, mit einem Handtuch umwickelt zu mir kam, sah ich mir da Kleid genauer an. Zischend holte ich Luft. Der Fleck war wirklich zu groß, um ihn jetzt irgendwie schnell auszuwaschen und dann mit einem Föhn zu trocknen. Das würde zu lange dauern.

Ich sah auf die Uhr und bemerkte, dass es kurz nach acht war. Die Gäste würden jetzt in den Saal gebracht werden.

"Setzt dich aufs Bett und beruhige dich etwas. Ich regel das schon.", sagte ich zu Luana als sie mich hart schluckend ansah. Sie nickte und lief zurück ins Schlafzimmer.

Fieberhaft überlegte ich, als ich es klopfen hörte und meiner Freundin Stella die Tür öffnete. Sie hob die Sektflasche.

"Ich habe fünf Minuten ehe ich zurück muss.", sagte sie und ich dankte ihr nickend, während ich sie in den Raum einließ.

"Denkst du, du schaffst es ihr Make-up aufzufrischen, während ich nach einer passenden Garderobe suche?", fragte ich als ich die Sektflasche öffnete und Luana anwies daraus zu trinken. Sie sah etwas verschreckt aus, doch nahm sie mir die Flasche aus der Hand und trank einige große Schlucke.

"Ich versuche was ich kann.", antwortete Stella und suchte sich im Bad was sie brauchte, während ich zu Luanas Koffer eilte. Ich wusste es gehörte sich zwar nicht in fremden Sachen herumzuwühlen, aber wenn sie auch nur ein Sommerkleid mitgenommen hatte könnte ich mein Kleid ausziehen und gucken, ob es ihr passte. Es könnte ihr nur wahrscheinlich zu klein sein, weil ich weniger Busen hatte als sie.

Als ich einen langen dunklen Jumpsuit sah, der seinen Zweck auch für meine Stellung erledigen würde, zog ich mein Kleid mit einigen Verrenkungen aus und brachte es ins Bad zu Stella und Luana. Stella hatte schon die Spuren der verwischten Wimperntusche und Foundation weggemacht, doch Luanas Augen waren angeschwollen und ihr Gesicht rot. Ganz zu schweigen von den Haaren.

"Ich mach dir jetzt deine Frisur neu, während Stella noch dein Make-Up rettet. Danach probierst du mein Kleid an.", erklärte ich Luana, die schon ein wenig gefasster wirkte. Sie nickte kaum merklich und presste tapfer die Lippen zusammen als Stella etwas hektisch und vielleicht auch grob die Foundation und Puder auftrug. Ich gab Luana erneut die Sektflasche als ich das Glätteisen warm werden ließ und Stella nach neuen Schminkutensilien suchte.

Ich löste Luanas Frisur und versuchte ihre Haare erstmal flach auf den Rücken zu drapieren. Eine Hochsteckfrisur wie zuvor würde ich jetzt nicht mehr im zeitlichen Rahmen schaffen, aber ich könnte die Haare leicht locken und die vorderen Haare mit einer kleinen Spange hinten zusammenhalten, damit sie ihr nicht zu sehr im Gesicht hängen.

Mit nichts als der Unterwäsche stand ich nun hinter Luana und sah wie ihre traurige Gestalt immer mehr ordentlicher aussah. Nachdem ich die Hälfte der Haare gelockt hatte, musste sich Stella hastig verabschieden und wies Luana an den Lippenstift aufzutragen und erst am Ende die Wimperntusche, wenn ihre Augen nicht mehr allzu verklebt aussahen. Sie nickte ihr zu und ich bedankte mich bei Stella, ehe sie fast rennend den Raum verließ.

Als ich fast fertig war verlangte ich die Spange von Luana und sah sie auffordernd an noch den letzten Schluck der Sektflasche zu trinken, was sie dann auch tat. Ich hoffte, ich hatte ihr damit einen Gefallen getan.

Als ich mit den Haaren fertig war und stolz mein Werk betrachtete, machte sich Luana die Wimperntusche drauf, während ich anfing den dunklen Jumpsuit anzuziehen. Als ich sah wie Luana sich langsam und gefasst erhob, lächelte sie mir kurz dankend zu ehe sie nach meinem Kleid griff und hineinschlüpfte.

Doch nur eine Minute später sah ich wie nah sie an den Tränen war als sie das Kleid oben nicht schließen konnte. Ich eilte zu ihr und versuchte es zu schließen, doch wie schon angenommen war ihr das Kleid oben zu eng.

"Keine Panik Luana. Ich habe immer noch ein paar Ideen", sagte ich, um sie zu beruhigen und sie nickte bloß stumm mit dem Blick zu Uhr. Es war nun viertel nach acht. Fieberhaft nachdenkend suchte ich das Zimmer mit meinem Blick ab, um mein Handy zu finden und sah es auf dem Bett. Als ich mich darauf zu bewegte sah, ich den Kleidersack auf Luanas Bett, von dem ich zu Anfang dachte er wäre leer. Doch ein silbernes und wunderschönes Kleid offenbarte sich mir als ich es aus dem Sack holte.

"Luana, warum hast du nicht gesagt das du noch ein Kleid hast? Dann hätten wir uns keinen Stress machen müssen.", sagte ich euphorisch, doch ihr Blick sprach andere Bände.

"Gibt es nicht anderes, was ich anziehen könnte?"

Verblüfft hielt ich inne und sah auf das Kleid. Das sah doch schön aus und sie hatte es selbst mitgebracht. Was also sollte daran nicht stimmen?

"Ich versteh nicht ganz, wo das Problem liegt? Du brauchst ein Kleid und hier ist ein passendes. Nun zieh es an und rede keinen Blödsinn. Wir müssen uns beeilen."

Da sagte selbst sie nichts mehr. Mit einem nervösen Blick zog sie sich das Kleid langsam an, während ich mich schnell aus dem Jumpsuit pellte um, daraufhin mein eigenes anziehen zu können. Luana half mir noch mein Kleid oben zuzumachen, ehe ich dasselbe bei ihr hinten auch tat.

Und würde ich nicht gerade total im Stress sein, würde ich stolz darauf sein wie gut Luana nun aussah und wie viel besser dieses Kleid zu ihr passte als das alte nun befleckte Kleid. Doch ehe wir diesen Moment zu lange verstreichen ließen schnappte ich mir Luanas Hand und zog sie mit mir aus dem Zimmer.

"Deinen Zimmerschlüssel hab ich jetzt in der Topfpflanze versteckt. Du musst jetzt diesen Abend ohne Handy und Tasche verbringen. Aber das wird schon.", sagte ich ihr, nachdem ich den Zimmerschlüssel versteckt hatte. Sie nickte mir zu und lief mir hinterher als ich mich auf den schnellsten Weg Richtung Ballsaal machte.

Mit den hohen Schuhen konnten wir zwar nicht so schnell rennen, das ließ mir aber dafür die Luft ihr zu erklären, was wir jetzt tun würden und ihr die Zeit damit klarzukommen.

"Ich bringe dich jetzt zum Ballsaal. Dein Fehlen ist bestimmt schon aufgefallen, weshalb du wie alle anderen Gäste durch den Haupteingang in den Saal gehst. Das ist eine große Doppeltür. Die wird bestimmt noch offen sein. Du wirst einfach ohne dich aufhalten zu lassen zwischen den Gästen zu deinem Platz zu deinem Bruder gehen. Ihr habt einen Platz weit vorne rechts neben dem Podium wo Nelson wahrscheinlich noch seine Willkommensrede hält. Dort steht ein großer runder Tisch wo dein Platz ist. Du sitzt neben deinem Bruder und wahrscheinlich neben einem weiteren Rudelmitglied deines Rudels. Vor aller Augen während mein Onkel spricht werden sie dich ganz sicherlich nicht für deine Verspätung anklagen. Tu einfach so als wäre es das normalste der Welt. Ich werde einen anderen Eingang nehmen müssen, um besser zu meinem Platz zu kommen."

Ich wusste das ich Luana überlastete und ich war froh als sie bloß mit zusammengepressten Kiefer mir zu nickte. Ihr musste das ganze total zuwider sein, aber weder ich noch sie wussten einen Ausweg. Ich hoffte bloß, dass Nico einen Plan für den heutigen Abend hatte. Ihn müsste ich vorne auf dem Podium finden müssen, neben meiner Tante und Cousine. Meine Aufgabe hierbei musste darin bestehen Luana in den Saal zu bekommen und dann schnell zu dem Hintereingang auf der Rückseite des Podiums zu gehen, wo ich geschützt vor den Blicken aller Nico Bescheid geben konnte das Luana endlich hier war. Wenn ich später auf meinem Handy nachsehen würde, würden mir bestimmt viele verpasste Nachrichten entgegenspringen, weil sie beim Empfang schon gefehlt hatte.

Als wir beim Empfangsraum ankamen, der nur eine halbe Minute vom Ballsaal entfernt war, blieb ich stehen. Die Stimmen aus dem Saal schallten bis hier herüber und viele Kellner liefen ein und aus. Einige bedachten uns mit skeptischem Blick, doch ich versuchte Luanas Aufmerksamkeit zu erhaschen. Sie war sehr stumm gewesen und ich wusste nicht, ob ich sie in diesem geistigen Zustand wirklich zurücklassen sollte.

"Hör mir zu, Luana. Ich weiß, du kennst mich nicht lange, aber glaub mir wir werden auf dich aufpassen. Das Amalon Rudel hat dich hier herzlichen Willkommen geheißen und alle anderen Gäste werden es nicht wagen eine Lady aus dem Rudel Blackwood zu belästigen. Wir stehen hinter dir. Nico und ich werden auf dich aufpassen und nicht zulassen, dass dir etwas in unserem Haus geschieht. Geh Silvana nach der Rede aus dem Weg und vermeide jedes Gespräch. Wir werden dafür sorgen, dass du von dem Tisch weg kommst, aber du darfst nicht weglaufen und musst darauf vertrauen, was ich dir gesagt habe. Du bist nicht allein! Also atme tief durch und zeig ruhig etwas von der taffen und wunderschönen Luana, die ich gestern kennenlernen durfte."

Sie sah mich verblüfft an, ehe sie kurz durchatmete und meine Worte verdaute. Ich sah wie sehr es in ihrem Kopf ratterte und hörte den Applaus aus dem Saal als sie sich mir zuwandte.

"Ich danke dir, Bella. Für alles, was du getan hast. Ich...vertaue dir."

Ich lächelte sie so breit an wie ich konnte und ihr zögerndes Lächeln genügte mir, um sie in den Saal zu lassen. Ich umarmte dieses wunderschöne junge Mädchen nochmal fest, ehe ich mich abwenden musste.

"Wir sehen uns später!", rief ich ihr hinterher als ich mich abwandte und sie allein lies.

...

Ich sah Bella hinterher und stand noch einige Minuten allein in diesem Empfangssaal. Mein Puls raste und mein Kopf dröhnte noch von dem Weinen. Der Sekt hatte schon dafür gesorgt, dass das Stechen nur zu einem Dröhnen geworden ist und dass meine Gedanken etwas langsamer geworden sind. Ich wusste nicht, wie ich bloß in diese Situation geraten bin, doch ich musste auf Bella und ihre Familie vertrauen. Auch wenn es hieß, dass ich mich in die Hände von Werwölfen fallen ließ. Doch ich hatte keine Wahl. Ich konnte nicht erneut weglaufen, da hatte sie recht. Und wenn ich es irgendwann schaffen würde meinen steifen Körper in diesen Saal zu schleppen würde ich wahrscheinlich kurz davor sein mich vor Nervosität zu übergeben.

Doch ich musste es mir selbst beweisen, dass mich diese Gemeinschaft nicht in der Hand hatte. Ich musste mir selbst zeigen, dass ich immer noch stark genug bin, um das durchzustehen. Auch wenn es nur dieses letzte Mal war. Ich wollte nicht noch mehr daran zerbrechen und mich wieder in dieses Häufchen Elend verwandeln, was ich den restlichen Zeitraum eh bin. Dass mich Bella und einige aus dem Amalon Rudel in dieser Verfassung gesehen hatten, war schon beschämend genug, doch das musste nicht die gesamte Wolfsgemeinschaft Europas.

Ich atmete tief durch. Ich war ein Mensch im Wolfspelz und müsste jetzt der Wolf sein, den alle anderen in mir sahen. Stolz das Kinn gehoben und so tuend als würde dieses enganliegende Kleid zu mir und keiner anderen gehören.

Wenn ich dies schaffen würde, würde ich Lupras ein für alle Mal sagen, dass ich aus dem Rudel komplett austrete. Ich würde das Angebot von den Stürmers annehmen und in ein Internat umziehen. Irgendwo anders mein Abitur fortsetzten und dieses elende Rudel den Rücken zukehren. Sie waren nie meine Familie gewesen. Sie wollten mich nie da haben. Luna würde ein passender Tochterersatz sein und würde die Lücke, die ich hinterließ, gewiss ohne Probleme schließen.

Und mit diesem Wissen, dass dies die letzte Qual sein würde, die ich mir antun würde, betrat ich den Saal voller hunderter Augenpaare.

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