3.2 - An : Dich
Berlin, "Zyankali Bar" - 21 Uhr.
Es ist der 26. Februar
***
Wir machen es uns bequem in den Sesseln und Bänken unserer Szenebar mit dem verheißungsvollen Namen "Zyankali Bar", wir bestellen unsere Drinks; es wird so ausgiebig viel erzählt und gelacht, wir hatten einfach eine wunderbare Zeit verbracht! Nach einigen Stunden, etlichen Drinks und hohem Alkfaktor wird beschlossen, die Stadt zu verlassen. Ich für meinen Teil jedoch beschloss zu bleiben. Meine beste Freundin geht in irgendeinen Club, um einen zwanzigsten Geburtstag von Freunden und Freundes Freunden zu feiern. Ich rief sie übers Handy an, wir verabredeten uns und betreten den Club und das erste, was einem entgegenkommt, fühlt sich an wie ne solide Wand aus Tiefenbass, Zigarettenqualm, Schweiß, Pisse und Bier...
Die Stunden vergingen bis auch ich - gerädert - endlich den Weg nach Hause fand. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr wie, aber irgendwie hatte ich es geschafft zum Bahnhof zu kommen... Ich muss wohl nicht erwähnen, dass der Februar im Winter liegt? Dementsprechend kalt... gewesen... dort draußen. Schweißgebadet, wie man nun mal nach so einer Clubparty ist, tun einem diese Wetterverhältnisse, ehuh..m, nicht gut. Mir kam die Idee, einen Döner zu kaufen, doch mit dem verrückten Zusatz von 3 Portionen scharfer Soße! Glücklicherweise befindet sich am Bahnhof ein 24/7 Dönerladen, also hinmarschiert bzw. hingetorkelt...
Betrunken, wie ich war, packte ich das mir noch verbliebene Geld auf den Tresen und verlangte zu wissen, was ich mir davon hätte leisten können. Ich hätte schwören können, dass da irgendein riesiger Haufen Münzgeld gelegen haben muss ...vermutlich auch bloß Kupfermünzen. Ich wurde natürlich versetzt, und das sollte nicht wirklich die letzte Verwunderung dieses Abends gewesen sein. Ist ja auch klar, wenn irgend so ein Suffi wie ich, schwankend wie ein Kahn auf dem Tresen den übrig gebliebenen Rest Kleingeld auspackt und dann auch noch dreist verlangt, einem beim Zählen zu helfen, wo ich doch alles doppelt und dreifach sah.
- Plötzlich, wie aus dem Nichts
...oder besser gesagt - hinter mir taucht diese Hand auf und legt ein 2€ Stück auf den Tresen. Ich drehe mich um und schiele sie an - in ihr bildhübsches Gesicht.
Sie hatte gelächelt
"...Warum?"
Mein Ruf an die Menschheit war bloß nur noch ein schwaches, müdes Hauchen; von Eiseskälte und Erschöpfung gezeichnet. Sofort kam mir dieses mulmige Gefühl zwischen Magen und Zwerchfell.
"... Ich weiß nicht.
Diese Münze hatte ich noch übrig und brauche sie nicht."
In genau diesem Moment war ich fertig mit der Welt. Mir fällt im Nachhinein noch so viel mehr ein, was ich hätte fragen können. Stattdessen war für mich in diesem Augenblick der einzig logische Gedanke gewesen, nach ihrem Namen zu fragen ~ Und jetzt, wo ich darüber nachdenke, war es gar nicht so verkehrt gewesen! Jetzt weiß ich, welchen Namen ich meiner zukünftigen Tochter geben möchte.
"Ariane."
Was für ein schöner Name! Der perfekte Name für einen einzigen Menschen, der meine Welt durch ein Lächeln und durch die Güte in eine Richtung lenkt, wie ich es damals nie für möglich gehalten hatte.
___
So viel Impact durch so wenig...
Gerade jetzt, wo ich reifer und erfahrener bin als damals; gerade jetzt, wo ich die feinen Nuancen menschlicher Zusammenhänge verstehe und studiere, erzittere ich immer noch in Ehrfurcht, wenn ich an damals zurückdenke. Ich hätte sie noch so vieles fragen können, wurde ich doch vom Verkäufer abgelenkt; ich solle bitte meine Bestellung abgeben.
Sowie ich mich wieder zu ihr wende, war sie wie nie da gewesen. Weg, als hätte sie die Nacht verschlungen.
Es kam mir so unwirklich lange vor, ehe ich begriff... sowie ich in diesen Döner mit 3-fach scharfer Soße beiße, durchströmen Hitzewellen meinen vor Kälte bibbernden Körper. Ich verdanke ihr so viel. Ich verdanke ihr nicht nur, dass sie meinen Abend schmackhaft "gerettet" hat, wenn man so will. Nein - Sie hat aus mir einen besseren Menschen gemacht. Sie hat mich daran erinnert, dass es das Lächeln und die Güte ist, die die Flamme in einem jeden weckt. Sie war der kleine Schubs in die richtige Richtung, sie hat dazu beigetragen, dieses Buch zu schreiben - und dazu ist sie auch noch Namensgeberin!
"Der Mensch an sich ist eine Spezies, die vielen seiner Artgenossen oft ein Rätsel ist. Trotzdem hat scheinbar jede Begegnung eine versteckte Botschaft oder 'n guten Beweggrund." - Dendemann
Ich wünschte, dass du, Ariane, das hier irgendwann entdeckst und liest. Ich konnte dir damals schon nicht vernünftig danken und bis heute hatte ich nicht die Möglichkeit gehabt, dir meinen Dank zum Ausdruck zu bringen. Das einzige, was ich als Dank entgegenbringen kann, ist das Geschenk der Erkenntnis, dass es nie um die eigene Lebensgeschichte ging, sondern wie man anderen begegnet; dass der Protagonist in diesem verrückten Film gar nie man selber war, sondern der Mensch im Gegenüber! Dass ich dieses Leuchten, das du mir damals mitgegeben hattest, weitergeben darf, in der Hoffnung eine Welt zu retten, die es zu retten lohnt, das ist mein Geschenk an die Welt! Meine Welt hattest du gerettet - mit einem Lächeln, das ich nie vergessen werde.
___
Danke für die 2€
Canary
_____
...und es gibt sie doch noch ~ ✨
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top