3.1 - Glockenklar 1

Wach auf, du Idiot!"


Flüstert meine Banknachbarin - ihr Ellbogen gleicht einem Presslufthammer,

Wach auf, du Idiot, und schreib mit, sonst verkackst du wieder bei der nächsten Klausur!"

Unaufhaltsam dringt ihre Stimme in mein Ohr. Selbst ein Flüstern klingt zur Stille im Kontrast wie ein untragbares Posaunenkonzert ~ aus der ersten Reihe! Wenn sie nur wüsste, wie dankbar ich ihr eigentlich bin. Doch schon lässt der verträumte Blick erahnen, was die Schultafel zu erkennen gibt:

Märchengeschichten : Klausurersatzleistung

Während sich erneut mein Kopf langsam Richtung Tischplatte senkt, merke ich, wie krampfhaft der Versuch eigentlich ist, gegen diese Müdigkeit anzutreten. Und doch - wie einer Vorahnung gleich - spüre ich, wie mich der Gedanke in seinen Bann zieht. Wenn es nur nicht so erschreckend ermüdend wäre!

Genauso wie in den letzten Jahren zuvor, werden die Glocken zur Pause läuten, wenn es denn dann darum heißt, von den Lektionen des Lebens zu lernen...

Von Irgendwo im Nirgendwo höre ich des Lehrers magischen Worte, er, der auf magische Weise jede Müdigkeit wegzufegen weiß. Es wird laut im Zimmer. Die Klingel bimmelt. Von überall her rascheln die Blätter wie von Bäumen im Wind ~ nur eben anders. Sowie der Tag sich langsam, aber sicher seinem Ende neigt, frage ich mich:

Warum? Ist es wirklich so, dass andere - nur ich nicht - vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe?"

Mit der Frage im Hinterkopf führen zum Abend hin meine Beine mich zu meinem alten Freund Wolle; ein Maler, Bildhauer, eben ein Dichter und Denker ...irgendwie. Er lebt mit seiner Frau und 3 Kindern abseits der Stadt auf einem Bauernhof und will nicht so recht in die Gesellschaft passen.

Wir reden über dies und das, hören Musik, haben viel Spaß. Zum Abschied überreicht er mir ein Buch mit den Worten: „Möge es dir helfen, mein Freund." und sowie ich zurück zuhause bin, schlage ich das Buch auf. Seite um Seite lese ich...

Seite um Seite...

Nur vom Lesen wurde ich müde, und so schlief ich endlich ein...

***

Mit dem Koffer in der Hand machte sich Glockenklar auf den Weg quer durch das gelobte Land, verteidigend durch Glaube und Recht gegen den Herzog Herz-Sog, der mit einem Heerzug herzog, das Volk der Alphabeten belog, betrog und über sie herzog.

Bittere Kälte überkam das Land in der Nacht, sodass Glockenklar sich eingestand, auf dass zu Verstecken und zu Bibbern die Übermacht übernahm. Schutz fand Glockenklar im Haus der Schamanen und Zauberer, denn zu jeder Zeit hielten sie hilfsbereit Lösungen bereit. Gestärkt vom Trunk der Weisheit begab sich Glockenklar auf den Weg zurück zur Heimat. Im Gepäck das Buch der Antwort, das der Schamane feierlich übergab. Daheim! Vom Blätterwälzen wurde Glockenklar des Träumens müde, und so legte es sich erneut zu Bett...

Die Seiten hin und her wälzend; Glockenklar war vom Bett gefallen. Den Blick im Fall direkt in die Schachtel mit den Texten, um vor Schreck zu erkennen, dass weder Herz-Sog noch Glockenklar gar Mensch gewesen waren.

Eingeklemmt, zwischen dem A und dem H war es glockenklar geworden!

Es war... der 27. Buchstabe gewesen! Das komplette Alphabet stand dem entgegen!

Angestarrt und ausgelacht

Die Sätze hätten gesagt, es sei aussätzig und so hätten sie es ausgesetzt. Und sich zu einem Sinn zusammenformend konnte man das gesamte Leben lesen. Dann wachte es auf und tat einfach so, als wäre nichts gewesen.

Im Schweiß gebadet lag Glockenklar im Bett und verstand erst nach und nach, was geschah: „Atmen - Einatmen - Ausatmen; konzentriere dich auf das Wesentliche!". Glockenklar schloss die Augen und beschwor sich die Ängste erneut hervor, die so vor das Auge erschienen und lachten und schrien, doch Glockenklar hörte nicht auf, und so beschloss es weiter, sich dem Gelächter und dem Wahnsinn hinzugeben, bis sie aufhörten und...

- In der völligen Versenkung -

Stille sich zu regen begann.

Dort, am Rand 

Nur kurz hinterm Horizont

Und beide gehen sie auf

Die eine auf die eine

Und die andere ...halt auf andere Art und Weise

Und beide begegnen sich just in diesem Moment an eben jenem Punkt, wo sie schon immer das Meer berührten, um so für einen sanften Augenblick, die Vereinigung zwischen Planet, Himmel und des solaren Binärsystems zu bilden. Deren Sommerbriese umwärmt jede deiner Fasern, schmiegt sich an sich; nahtlos, streichelt deine Seele, ist Balsam für Körper und Geist. Deine Haare tanzen im Wind, Hormone spielen Sprudeln und Sprühen. Dieses Bildnis' bedarf es weder Rahmen noch Pinsel in Ermangelung eines besseren Wortes, denn nicht anders umschrieben werden kann es als

...göttlich.

Am Rande einer tausenden von Meter hohen Bergkante verabschiedet Glockenklar die Sonne in ihren Schlaf, so wie es Glockenklar seit jeher tat. Die Arme verschränkt. Die Augen geschlossen. Es wird Zeit einen neuen Tag zu begrüßen! Kopfüber stürzt Glockenklar die Bergwand hinab. Die Augen weit, dem Ozean gewidmet, erkennt es, wie sich ~dieses Blau~ in alle Richtungen ausbreitet, um dann in einem Wimpernschlag...

Eins mit dem Firmament zu werden

Glockenklar schießt durch die Zeitlosigkeit der aufgehenden Sonne entgegen. Frei! So lautet immer wieder der gleiche Blitz, welcher Glockenklar durch die Gedanken schießt und nach dem Horizont greift. So, wie man nach den Sternen greift, greift nun Glockenklar danach. Das Band, das Himmel und Erde zusammenhält, schenkt mir die Morgensonne; hinein in den schönsten Morgen seit sieben langen Tagen! Hier kommt der achte.

Wie ein Tropfen im Brunnen der Klarheit nahm Glockenklar wahr,

nicht ganz sicher, ob gesprochen, oder gedacht:

Es liegt auf der Hand!

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