Kapitel 22

"Solltet ihr das nicht vielleicht anders herausfinden. Ich weiß nicht, beim Sex oder wenn sie mit sich selbst Spaß hat und nicht, indem ihr sie zwingt Pornos zu sehen?", fragte Jan immer noch lachend nach.

"Danke!", seufzte ich erleichtert.

"Wo wäre denn da der Spaß", kicherte Ida aufgedreht. Trine war ganz fasziniert vom Porno und den Bewegungen, die dieser Mann mit seinen Hüften anstellen konnte.

"Das Internet hat selbst gesagt, dass ich noch Orgasmen haben kann, das sie aber anders sein werden. Also können wir jetzt bitte etwas anderes ansehen?", fragte ich flehend nach.

Jan hatte es sich in der Zeit neben meinen Freundinnen auf der Couch bequem gemacht.

"Und ihr habt keine besseren Pornos gefunden, als diese weichgespülte Scheiße", fragte Jan. Trine hatte ihm ein Bier gegeben und ich konnte nur entsetzt zusehen, wie meine Freunde wirklich gefallen daran fanden Pornos zu bewerten.

"Bitte erschießt mich!", flüsterte ich gefrustet. Das konnte doch bitte nicht ihr Ernst sein!

"Und du fühlst gar nichts?", fragte Trine mich verwundert, "Nicht mal diese süße Spannung, die sich in der Magengegend ausbreitete, kurz bevor es wirklich heiß wird."

"Nein!", presste ich genervt hervor.

"Vielleicht muss sie erst mit jemandem rummachen, bevor sie sowas fühlen kann!", rief Ida aufgeregt, "Los Jan, mach mal!"

"Ok! Jetzt reicht es aber!", lachte Jan meine Freundinnen aus, "Niemand wird mit irgendwem rummachen. Ich werde euch beide jetzt nach Hause fahren. Emilia muss schlafen vor der Aussage morgen."

"Aber wir wollten doch hier übernachten!", jammerte Ida gespielt. Dabei klammerte sie sich an mich, als würde ich Jan dann davon abhalten meine beiden betrunkenen Freundinnen nach Hause zu bringen.

Nach einigem hin und her, hatte Jan es geschafft die beiden kichernden Frauen in sein Auto zu schaffen. Sein nicht einmal halb getrunkenes Bier drückte er mir in die Hand.

"Ich komme später noch einmal vorbei ok?", flüsterte er mir zu. Ich nickte ihm lächelnd zu.

Mit meinen Freundinnen im Auto fuhr er davon.

Drinnen lief immer noch ein Porno, den ich nur mit dem größten Vergnügen abschaltete. Mit wenigen Handgriffen waren die Gläser und anderen Hinweise auf den Mädelsabend aus meinem Wohnzimmer verschwunden.

Die Wirkung des Alkohols ließ so langsam nach und ich hatte nicht mehr das Gefühl, das sich alles um mich herum drehen würde.

Müde machte ich mich schon Bett fertig, als es wieder an meine Glastür klopfte. Ohne eine große Begrüßung kam Jan wieder in meine Wohnung.

"Deine Freundinnen haben echt einen an der Klatsche", meinte er Kopf schütteln, allerdings konnte er das kleine Grinsen, das über seine Lippen huschte nicht überspielen. Er mochte sie, auch wenn er es ungerne zugab.

"Eigentlich wollte ich noch beim Aufräumen helfen, aber du bist ja schon fertig", sagte er dann weiter, "Ist es ok, wenn ich heute hier übernachte? Ich weiß nicht, ob ich schlafen kann mit dem Gedanken daran, dass ich morgen alles wieder durchleben muss."

Ich hatte mir so etwas schon gedacht und um ehrlich zu sein ging es mir nicht viel anders. Wie sollte ich all das nur in Worte fassen, was wir gesehen hatten oder noch schlimmer, was wir getan hatten.

Ohne zu reden lagen wir nebeneinander in meinem breiten Bett. Beide lagen wir auf dem Rücken und starrte die Decke an. Ganz langsam drehte Jan sich auf die Seite, um mich anzusehen.

"Trine und Ida haben mir erzählt, was du Adrian gesagt hast. Dass du denkst, wir wären für den Tod von Simon verantwortlich", flüsterte er mir zu.

"Denkst du das nicht? Ich höre immer noch, wie er-"

"-wie er auf den Eigenschutz plädiert und gehen will", unterbrach Jan mich, "Ja, ich höre das auch. Jeden Abend mache ich mir deswegen wieder Vorwürfe. Aber du musst auch bedenken, er hätte gehen können. Er hätte uns alleine lassen können. Auf die Polizei hören können und nicht mehr zurück zu uns in den Block kommen müssen."

"Aber mit unserer Entscheidung dort zu bleiben, haben wir ihn doch dazu gezwungen wieder zu kommen. Er wusste, dass wir uns auf ihn verlassen und ihn brauchen. Deswegen ist er wieder gekommen. Wir haben ihm gar keine andere Wahl gelassen, als wieder zu kommen", antwortete ich. Heiße Tränen rollten über meine Wangen.

"Simon wusste, wie es ihm geht und mit was für Gedanken er zu kämpfen hatte. Er hatte immer noch die Wahl mit uns, anderen Freunden oder einem Therapeuten zu reden. Es hätte andere Wege gegeben, als sich die Pulsadern aufzuschlitzen."

"Aber haben wir ihm diese Möglichkeit überhaupt aufgezeigt. Niemand hat sich wirklich für ihn interessiert. Immerhin hat er überlebt. Ihm musste es ja gut gehen. Es wurde über die Toten geredet und die Attentäter. Und natürlich über mich. Ich lag ja immer noch im Koma. Aber du weißt, wie es uns danach ging. Wie es uns jetzt noch geht. Wir können nicht richtig alleine schlafen und allein der Gedanke daran, wieder über alles reden zu müssen, versetzt uns in Panikzustände. Deswegen denke ich immer noch, dass wir ihn dazu getrieben haben."

"Aber hättest du es anders gemacht? Wenn Simon nicht dabei gewesen wäre oder du wüsstest, dass er jetzt hier bei uns liegen würde, würdest du uns früher von deinen Symptomen erzählen oder würdest du dafür sorgen, dass wir sofort aus dem Block verschwinden?", hakte Jan vorsichtig nach.

"Nein, wahrscheinlich nicht. Ich würde trotzdem da drin bleiben und helfen."

"Und das ist es doch genau. Diese psychologische Frage, die sich alle immer stellen. Ist es in Ordnung das Wohlergehen einer Person, über das von vielen zu stellen? Alle sagen immer, sie würden eine Person opfern, um viele zu retten, aber sobald man ihnen sagt, dass man einen Freund oder einen Familienangehörigen opfern muss, wollen alle lieber die eine Person retten, als die große Masse", erklärte Jan kalt.

"Willst du mir damit sagen, dass du Simon wieder opfern würdest, nur um im Block zu bleiben."

"So fürchterlich es klingt, aber ja. Ich liebe diesen Jungen über alles und wenn es anders ginge und ich die Zeit zurückdrehen könnte, um ihn davon abzuhalten sich selbst etwas anzutun, dann würde ich das sofort tun, aber ich würde niemals auf die Idee kommen nicht im Block zu helfen und von Simon und dir zu verlangen mir zu helfen. Es tut mir leid, aber das ist meine Einstellung. Wir haben an dem Tag vielen Menschen helfen können. Zum Beispiel Adrian. Er wäre wahrscheinlich durch seine Bewusstlosigkeit an seiner eigenen Zunge erstickt."

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