Kapitel 21

Die Osterferien waren vorbei. Es war Freitag, Lasse und ich verließen gerade den Erdkundesaal nach der Klausur. Lasse schaute mich mit großen Augen an.

"Was zur Hölle war das?!"

"Ich weiß es nicht. Ich bin nur froh, dass es vorbei ist.", seufzte ich. Bei dem Gedanken an die bevorstehende Chemiestunde kribbelte es in meinem Magen. Irgendwie freute ich mich darauf. Marc hatte sich in den Ferien nicht bei mir gemeldet, im Unterricht blieb er professionell. Ich konnte ihn nicht einschätzen und wusste nie, was er als nächstes geplant hatte. An einem Tag lächelt er mir höflich zu und am nächsten versucht er mich auf dem Lehrerpult flachzulegen oder machte mir irgendwelche Vorwürfe. Eigentlich war ich diejenige, die ihm Vorwürfe machte, aber ich hatte auch Grund dazu. Die Klingel ertönte und ein gutgelaunter Herr Heißmann kam die Treppe runtergejoggt. Die Tasche entspannt geschultert, mit einem lockeren Lächeln auf den Lippen. Der hellblaue Pullover von s.Oliver ließ seine blauen Augen noch mehr hervorstehen. Er grinste in meine Richtung und blinzelte, bevor er die Tür aufschloss. Wir strömten ins Zimmer, als seine Stimme ertönte.

"HAAALT! Noch nicht hinsetzen!"

Lasse und ich sahen uns fragend an.

"Wir ändern die Sitzordnung."

"Wie wir ändern die Sitzordnung? Was soll der Scheiß?!", kam es von Anni.

"Ja, wir ändern die Sitzordnung. Und nein, ihr dürft sie nicht selber bestimmen. Und ja, es muss sein.", zählte Herr Heißmann auf.

"Aber-", begann Anni.

"Ababab! Kein Aber!"

"Aber-"

"Nein! Kein, Aber!"

"Aber-", versuchte Anni erneut.

"Nein!"

"Ab-"

"Psshh."

"A-"

"Psshhh. Nein. Keine Widerworte, Frau Fechtner.", er schlug ihr mit dem Klassenbuch leicht auf den Kopf. Anni zog einen Schmollmund und begann sich leise bei Angelika zu beschweren.

"Sooo, alle nochmal aufstehen!"

Lasse, Frederick und ich hatten uns erst gar nicht hingesetzt. Frederick lehnte locker an einem Tisch und zog seine Pilotenbrille an.

"Brille, ausziehen, sofort.", Herr Heißmann schnippte in seine Richtung.

"Ach kommen Sie! Damit sehe ich noch heißer aus!", grinste er.

"Du kannst sie gerne anlassen, aber dann hältst du nächste Stunde eine Präsentation über Skandium."

"Skandinavien? Ich dachte wir sind in Chemie.", kam es von Alex.

"Was für Skandinavien. Skandium du Spasst.", Tolga verpasste ihm eine Schelle.

"So, also. Anni in die letzte Reihe, genau wie Angelika, July und Aly."

"Hey!", beschwerten sich die Mädchen im Chor, bis auf Angelika. Die nahm ihren Rucksack und machte sich auf den Weg nach hinten.

"Alex, Tolga, Joshua und Martinus in die erste Reihe an der Wandseite. Phillip, Lucas, TC und Fynn in die zweite. In der dritten sind dann die Mädels, passt.", Herr Heißmann war voll konzentriert. Meine Mitschüler begaben sich an ihre vorgegebenen Plätze.

"So, erste Reihe Fensterseite. Everly, Lasse, Frederick.
Dahinter Vin, Marian und Xander. Okay, ich denke das passt erstmal. Falls ich jemanden vergessen habe, Glück gehabt, freie Platzwahl."

Ich nahm direkt vor dem Lehrerpult platz und Herr Heißmann lächelte mir liebevoll zu. Mein Herz begann zu rasen und ich wusste nicht, ob ich den Platz lieben oder hassen würde. Aber eines wusste ich. Er tat mir gut. Ich machte so viel im Unterricht mit, wie noch nie. Herr Heißmann war positiv von mir überrascht. Meine Antworten waren überwiegend richtig und es machte mir Spaß, endlich am Unterricht teilnehmen zu können. Ich verstand sogar das aktuelle Thema. In der ersten Reihe konnte ich mich besser konzentrieren und lief nicht Gefahr, mich die ganze Zeit in meinen Gedanken und Tagträumen zu verlieren. Dies bemerkten auch die anderen.

"Streber.", Frederick grinste mir frech zu. Ich streckte ihm die Zunge raus.

"Okay, weil es gleich klingeln wird gebe ich euch jetzt die Hausaufgaben."

Ich schaute zur Uhr. Der Unterricht verging wie im Flug.

"Als Hausaufgabe macht ihr die Rückseite von dem Arbeitsblatt, welches ich euch ausgeteilt habe."

Ein genervtes Stöhnen ging durch die Klasse.

"Es ist nur Wiederholung. Und ich empfehle euch, sie zu machen. Denn wir schreiben nächste Woche einen Kurztest darüber."

"Nein...", hauchte ich.

"Doch.", antwortete er sanft.

"Es ist gar nicht schwer. Du kannst es. Das hast du heute gezeigt. Nur bisschen wiederholen, dann wird das schon.", er lächelte mir aufmunternd zu und schenkte mir einen liebevollen Blick. Er hatte so leise gesprochen, dass nur Lasse und ich es mitbekamen. Ich hatte trotzdem Angst vor dem Test. Ich hatte Angst vor allem, was eine Note gab, in einem Fach in welchem ich nicht gut war.

Meine Klassenkameraden verließen schnell das Zimmer. Ehe ich mich versah war ich alleine mit Herr Heißmann. Unbeabsichtigt.

"Du bist gerade echt gut. Ich bin wirklich zufrieden mit dir. Du hast heute gut mitgemacht. Mach weiter so.", er schenkte mir ein Lächeln.

"Ich werde es versuchen.", ich lächelte und schaute zu Boden.

Er stand vor mir, mit seinem Chemieordner in der Hand.

"Nein, wirklich. Das kann wirklich was werden. Bleib dran. Ich glaube an dich. Ich weiß dass du es kannst."

Ich sah ihn an. Er meinte es ernst. Denn seine Lippen zierte kein Lächeln. Doch dann konnte er nicht anders und lächelte wieder. Ich erwiderte es. Keiner von uns beiden schaute weg, bis ein lauter Knall aus dem Schulflur uns in die Realität zurückholte. Wir verließen gemeinsam den Chemiesaal und verabschiedeten uns mit einem unsicheren "Tschüss". Er ging Richtung Lehrerzimmer und ich Richtung Herr Dumonds Englischunterricht.

Als ich vor dem Zimmer ankam klingelte es schon zum Aus der Pause. War ich so lange bei Herr Heißmann gewesen? Herr Dumond schlenderte, wie immer fünf Minuten zu spät, in aller Gelassenheit, zum Zimmer. Wir hatten noch nicht einmal die Chance uns hinzusetzen, als er sagte:

"Holt einen Stift raus, wir schreiben einen Kurztest."

"Wie, Test?", beschwerte sich Vin.

"Ihr hattet über die Ferien Vokabeln auf."

Ich schaute zu Lasse:"Fuck."

Lasse erwiderte meinen schockierten Blick:"Doppelfuck."

"Herr Dumond, das geht so nicht-", begann Frederick.

"Und wie es geht. Es war eure Hausaufgabe sie zu lernen. Ihr wisst dass ich sie jederzeit abfragen kann. Und jetzt Mund zu und Stifte raus.", Herr Dumond war heute nicht bereit für Bullshit. Er meinte es ernst.

"Hast du gelernt?", flüsterte Lasse.

"Ich habe die Vokabeln am Sonntagabend noch abgeschrieben."

"Also hast du gelernt!"

"Bitch, heute ist Freitag. Mein Gedächtnis ist für den Arsch.", zischte ich zurück.

Herr Dumond teilte die Blätter aus und war gerade bei mir angekommen. Er legte sein letztes Blatt vor mich.

"Good luck.", raunte er und sah mir dabei in die Augen.

Ich verfluchte ihn innerlich, bis ich dann die Wörter und Sätze las und bemerkte, dass ich sie fast alle übersetzen konnte. Vielleicht war er doch nicht so gemein. Zumindest was mein Vokabular anging.

"Irgendwann brenne ich diese gottverdammte Schule nieder.", murmelte Lasse neben mir.

Nach fünfzehn Minuten sammelte Herr Dumond die Tests wieder ein. Ich hatte ein gutes Gefühl. Während er sie ins Lehrerzimmer brachte unterhielten wir uns.

"Boah, hatte der Typ schlechten Sex oder was kommt er jetzt mit Kurztest?", kam es von Frederick.

"Pfff, wohl er gar kein Sex.", sagte Lasse verachtend.

Ich wollte darüber nicht weiter nachdenken. Und ich musste zugeben dass mich der Gedanke daran, dass Marc mit einer anderer Frau schlief eifersüchtig machte. Auch wenn wir gerade nicht zusammen waren. Ich wusste, dass es egoistisch von mir war. Wenn ich ihn nicht haben konnte, dann durfte ihn auch keine andere haben. Das Problem war nur, ich konnte ihn haben. Ich wollte es gerade nur nicht. Und das machte mich kein Stückchen besser als ihn, als er mich von heute auf morgen verließ.

Herr Dumond kam zurück und wir begannen mit dem Unterricht. Gelegentlich sah er zu mir rüber, ich beantwortete seine Fragen, war nett und höflich. Aber innerlich? Da brodelte es. Nur um mich kurz darauf wieder leer und unbefriedigt zu fühlen. Ich verstand mich selbst nicht mehr. Ich wusste selbst nicht was oder wen ich wollte.

Ich stützte meinen Kopf auf meinem Arm ab und beobachtete Herr Dumond. Er würde immer einen Platz in meinem Herzen haben. Irgendetwas in mir liebte ihn noch. Doch ein anderer Teil von mir hatte Angst erneut verletzt zu werden. Dann war da noch Herr Heißmann, der mega nett zu mir war. Er war immer gut gelaunt und am Lächeln. Der Gedanke an ihn zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen.

"Everly, are you listening?", Herr Dumond sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

Ich zuckte hoch.

"Uhm, yeah, of course."

Er schenkte mir ein Lächeln.

"Good."

Dann fuhr er fort mit seinem Unterricht und erzählte irgendwas über das Weiße Haus.

Irgendwie war er schon süß. Mein Gehirn war überfordert und ich beschloss nicht weiter über ihn nachzudenken.

Herr Dumond gab uns Hausaufgaben und wünschte uns dann ein schönes Wochenende. Ich wusste nicht wieso, aber ich machte extra langsam beim einpacken. Herr Dumond schaute von seinem Pult hoch, während er etwas notierte, sank seinen Blick und lächelte. Mehr zu sich selbst, als dass es an mich gerichtet war. Ich begab mich zur Tür. Er drehte sich um und wischte die Tafel. Ich verließ das Zimmer ohne ein weiteres Wort zu sagen. Komisch. Aber das galt wohl für uns beide.

"Hey Everly, hast du die Hausaufgaben gemacht?", mit diesen Worten begrüßte mich mein bester Freund am Montagmorgen.

"Natürlich.", ich zog meine Jacke aus.

"Kann ich sie abschreiben? Biiiitte.", Lasse faltete seine Hände.

"Von mir aus. Hattest du am Wochenende keine Zeit sie zu machen?", ich setzte mich neben ihn auf den Boden.

"Weißt du, Freddy, Niki, Leo, Manu, Leon und ich waren zusammen draußen und haben... du weißt schon.", er machte ein paar Handbewegungen.

"Drogen. War ja klar.", ich seufzte.

"Und Alkohol.", Frederick setzte sich zu uns.

"Schön, dass ihr Spaß hattet."

"Immer doch.", Frederick warf mir einen Kuss zu.

"Du kannst das nächste Mal gerne mitkommen.", fuhr er fort.

"Nein, danke. Ich verzichte. Vor allem wenn Leon dabei ist.", ich verdrehte die Augen.

Eine Stimme ertönte hinter mir.

"Redet ihr über das Wochenende?", es war Leo.

"Ja.", Frederick grinste.

"Boah, Leon war ja dabei. Und, ohne Scheiß, der Typ verträgt gar nichts. Von dem bisschen was der am Joint gezogen hat war der schon so high, nh. Und der wird immer so arrogant und abgehoben wenn er high ist. Der hat Henny, also ein Freund von uns den kennst du nicht, fast eine geklatscht, nur weil der was gesagt hat. Und dann ist der high und fragt mich, ob er was von meinem LSD bekommt!"

Ich schaute Leo an und wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Ich versuchte ruhig zu bleiben, auch wenn mich das alles schockierte und anwiderte.

"Na ja. Er ist alt genug um selbst zu wissen was er macht. Außerdem ist er nicht mehr mein Problem."

"Ja, schon. Aber er hat ja vor kurzem Führerschein gemacht. Wenn er jetzt mit Weed oder so kontrolliert wird, ist der gefickt."

"Wie gesagt, er ist alt genug um selbst zu wissen was er tut."

Er spielte immer den vernünftigen, dann sollte er es eben jetzt auch tun. Es war mir egal. Er war mir egal.

"Danke.", Lasse gab mir meinen Ordner zurück.

"Gerne.", antwortete ich neutral.

Herr Dumond kam und wir folgten ihm ins Zimmer. Ich richtete meinen weinroten Pulli und nahm dann platz. Herr Dumond teilte als erstes die Tests aus. Ich wurde leicht nervös, bis er mir dann lächelnd meinen Test gab. Ich hatte elf von fünfzehn Punkten und konnte aufatmen. Lasse hingegen hatte nur fünf.

"Besser als vier.", er faltete den Test zusammen und steckte ihn in seinen Rucksack.

Wir sprachen über die Hausaufgaben und dann war die Stunde auch schon um. Ich verließ das Zimmer an Lasses Seite, der ausnahmsweise mal auf mich wartete. Trotzdem drehte ich mich nochmal um, um einen Blick auf Herr Dumond zu erhaschen. Er sah einfach zu gut aus, in seinem schwarzen engen Pullover. Unsere Blicke trafen sich und ich lief fast gegen den Türrahmen. Ohne mich nochmal umzudrehen ließ ich die Tür zuknallen und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Bernsteinfarbene Augen mit einer dermaßen Intensität, dass sie mir den Verstand raubten. Ich schaute zu Lasse, während wir die Treppe runterliefen.

"Und jetzt Geschichte.", seufzte ich.

"Aber erstmal eine Raucherpause."

Lasse verschwand mit Freddy, Leo und Manu, um bei den Fahrradständern zu rauchen. Der Platz gehörte eigentlich noch zum Schulgelände, doch die Lehrer kontrollierten ihn fast nie. Und die meisten interessierte es auch nicht mehr.

Die Woche verging zu schnell. Es war schon wieder Freitag und schon wieder saßen wir im Erdkundeunterricht. Herr Pfann stand vorne und krempelte gerade die Ärmel seines grauen Pullovers hoch. Dabei entblößte er seine muskulösen Unterarme. Man konnte deutlich seinen Bizeps erkennen. Frederick lehnte sich zu mir rüber.

"Also von dem würde ich mich gerne übers Knie legen lassen.", er grinste mir frech zu.

"Ich auch.", ich sah voller Sehnsucht zu dem attraktiven Mann, der Mitte dreißig war.

"Aha, interessant.", Frederick wackelte mit den Augenbrauen.

Ich verdrehte die Augen und begann Herr Pfanns Aufschrieb abzuschreiben. Die Arbeit hatte er noch nicht korrigiert. War vielleicht auch besser so, sonst wäre das Wochenende gelaufen. Auch wenn mir die Noten aktuell nicht so nahe gingen. Zumindest nicht in Erdkunde. Ich klickte immer wieder auf den Kopf meines Kullis.

"Man Mädchen! Hör mal auf damit! Oder bist du nervös, oder was?", motzte Lasse.

"Ne."

Tatsächlich ja. Ich war mega nervös vor Chemie. Es war zwar nur ein Test und keine Klausur, doch ich hatte die ganze Nacht kein Auge zu gemacht. So nervös war ich. Obwohl ich alles auswendig gelernt hatte. So gut war ich noch nie vorbereitet gewesen. Noch nicht einmal vor der Klausur, die wir geschrieben hatten. Und jetzt wollte ich mit einem Test alles retten? Unmöglich, aber ich wollte Herr Heißmann beweisen, dass ich gut sein konnte. Der Druck von außerhalb war da. Meine Eltern fragten in den letzten Tagen ständig nach meinen Noten. Zum Glück verstanden sie das Punktesystem nicht ganz.

Die Klingel erlöste uns, nur um uns fünfzehn Minuten später in die nächste Hölle zu schicken.

Ich nahm in der ersten Reihe platz. Herr Heißmann teilte Trennwände aus Pappe aus, damit wir nicht abschreiben konnten. Er trug ein blau kariertes Holzfällerhemd, welches ihm sehr gut stand. Dazu wie immer seine blaue Jeans, die er mit einem braunen Gürtel trug. Der Gürtel sah schon abgenutzt aus, immerhin trug er ihn jeden Tag. Auch wenn er nichts brachte, denn seine Jeans hing an seiner Hüfte und entblößte die Hälfte seiner grauen Hugo Boss Boxershort. Er teilte die Blätter aus, dann wünschte er uns viel Erfolg. Unsere Blicke trafen sich und er schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. So konzentriert wie in diesem Moment war ich schon lange nicht mehr gewesen. Auch wenn ich beim schreiben zitterte. Ich konnte tatsächlich alle Fragen beantworten. Nach zehn Minuten war ich fertig. Ich schaute nochmal drüber und korrigierte ein paar leichtsinnige Fehler. Als ich dann meinen Füller weglegte und aufsah, fiel Herr Heißmanns Blick auf mich und er grinste stolz.

Nach weiteren fünf Minuten sammelte er die restlichen Tests ein.

"Wann korrigieren Sie die?", kam es von Alex.

"Nachher schreiben meine Sechstklässler Englisch, da kann ich nebenbei korrigieren. Aber ich verspreche nichts. Wenn ich sie nach der letzten Stunde noch nicht korrigiert habe, könnt ihr sie euch am Montag holen."

"Behalten Sie sie ruhig etwas länger.", Frederick machte eine wegwerfende Handbewegung.

"Okay, weiter geht's.", Herr Heißmann verschwand im Nebenraum und kam mit einem Behälter und Rosen zurück.

"Sind Sie der nächste Bachelor oder was?", lachte Frederick.

Lasse und ich warfen uns einen fragenden Blick zu.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen tauchte Herr Heißmann eine Rose in den Behälter. Aus diesem drang Rauch. Er zog die Rose wieder raus, hob sie hoch und zeigte sie uns.

"Hat sich die Rose verändert?", fragte er nun in die Runde.

"Nein.", kam es von uns im Chor zurück.

Plötzlich schlug er die Rose aud den Tisch und sie zersprang wie Glas.

"WOW!", kam es von uns.

"Was zur Hölle? Wie funktioniert das?", piepte Anni.

"Stickstoff.", kam es seelenruhig von Angelika, die mit verschränkten Armen neben ihr saß.

"Ganz genau!", Herr Heidemann begann uns zu erklären wie es funktionierte und wieso. Er zerbrach noch ein paar Rosen. Man konnte ihn ansehen, dass es ihm Spaß machte.

"Eine Rose...", er machte eine dramatische Pause,"... kann genauso leicht zerbrechen wie die Liebe.", erneut ließ er eine auf den Tisch fallen. Ganz kurz war es ruhig im Chemiesaal. Er ließ seinen Blick wandern und ich könnte schwören, er blieb eine Sekunde länger an mir hängen, bis Frederick den Moment zerstörte.

"Für sowas hat die Schule also Geld?"

"Gott, Freddy. Jetzt hast du den Moment zerstört. Es war so schön ruhig und romantisch. Außerdem sind das Billigrosen von Aldi."

"Ich will trotzdem eine.", meldete sich Anni.

Herr Heißmann schaute zu ihr, dann auf die Rosen vor ihm und dann zu mir.

"Ja gut. Weil ihr so wenig Mädchen seid bekommt jede von euch eine Rose."

"Yay!", jubelte Aly.

Und er hielt sein Versprechen. Als die Stunde vorbei war stellte er sich an die Tür und schenkte jedem von uns Mädchen eine Rose.

"Jetzt bin ich eifersüchtig.", meinte Frederick.

Als er mir meine übergab strichen seine Finger über meine und seine Lippen waren leicht geöffnet, als er mich ansah und sich zu mir runter beugte. Sein Blick ähnelte dem beim Ball, als wir im Regieraum standen. Doch ich konnte ihn nur kurz erwidern und sah weg.

Natürlich fragte Herr Dumond in Englisch, wieso wir Rosen hatten. Anni antwortete ihm wahrheitsgemäß.

Er kommentierte es nur mit einem "Interessant", bevor er mit seinem Unterricht begann.

Herr Heißmanns Rose lag vor mir und ich schaute sie immer wieder an und musste Lächeln. Er war ein toller Lehrer. Er unterrichtete mich Begeisterung und Leidenschaft. Ich bewunderte ihn. Und mochte ihn wohl etwas zu sehr. Herr Dumond fiel meine gute Laune auf, die ich wohl wegen der Rose hatte und verdrehte nur die Augen. Ich zuckte mit den Schultern. Wir verständigten uns ohne Worte. Das gefiel mir.

Zu meiner Überraschung ließ er mich gehen, ohne mich explizit auf die Rose oder meine guten Laune anzusprechen. Doch die Schule war noch nicht komplett vorbei für mich. Lasse musste noch etwas mit Herr Ferline besprechen, was auch mich anging, damit er seinen Unterricht planen konnte. Wir warteten auf der untersten Ebene der Schule auf ihn.

"Ich gehe noch kurz aufs Klo.", sagte Lasse.

Kurz darauf kam Herr Heißmann die Treppe runter. Als er mich sah, lächelte ich ihm schüchtern zu, was er genauso schüchtern erwiderte. Außer uns waren nur noch eine Handvoll Schüler da. Plötzlich kam er auf mich zu.

"Hast du gelernt?"

Ich war überrumpelt und wusste nicht was ich antworten sollte.

"Hast du gelernt?", wiederholte er sich. Diesmal lächelnd.

Ich verstand, dass er den Test meinte.

"Joa...", kam es unsicher von mir.

"Du hast fast volle Punktzahl!", freute er sich.

"Wie?", mein Puls beschleunigte sich.

"Du hast 12,5 von 15 Punkten!", er war fast aufgeregter uns glücklicher als ich.

"Wirklich?", langsam realisierte ich es.

"Ja! Ich bin mir gerade nicht ganz sicher. Entweder 12,5 oder 12 Punkte."

"Nein!", ich konnte es nicht fassen.

"Doch!", schrie er grinsend zurück.

"Nein!", schrie ich nun grinsend.

"Doch!", lachte er.

Ich konnte es kaum glauben. Ich war so unfassbar glücklich! Meine erste gute Note in Chemie!

"Ich liebe Sie!", sagte ich voller Freude, woraufhin er herzhaft lachte.

Lasse trat zu uns und schaute fragend zwischen uns hin und her, während wir uns überglücklich anschrien. Herr Ferline kam und Herr Heißmann lief weiter. Er beobachtete uns kurz dabei, wie wir mit ihm sprachen und verschwand dann.

"Also, Lasse. Wann willst du denn deine GFS machen? Weil dann können wir in der Stunde danach den Film zum Buch schauen.", begann der Mann mit der Halbglatze und schaute in seinen Kalender.

"Na ja, wie es Ihnen recht wäre."

"Hmm...", Herr Ferline rieb sich seinen Bart. Nachdenklich schaute er in seinen Kalender, als hinter uns schnelle Schritte ertönten. Ich drehte mich um und entdeckte Herr Heißmann mit einem Zettel in seiner Hand. Grinsend übergab er ihn mir und machte sich dann wieder auf den Weg zu gehen. Natürlich drehte er sich noch einmal um, um mein vor Freude strahlendes Gesicht zu sehen. Ich hatte 12,5 Punkte von 15 möglichen.

"Und was ist mit meinem Test?", rief Lasse ihm hinterher.

"Den habe ich noch nicht korrigiert.", antwortete Herr Heißmann und lief weg.

"Als ob der extra vier Stockwerke hoch ins Lehrerzimmer um deinen Test zu holen und wieder runtergelaufen ist, nur um ihn dir zu geben.", Lasse sah mich kritisch an. Ich zuckte mit den Schultern.

"Okay, was läuft da?", fragte er nun. Es sollte wohl ein Witz sein, hörte sich aber ernst an.

"Nichts natürlich. Was soll da laufen?"

"Jajaja.", er sah mich skeptisch an und sprach dann weiter mit Herr Ferline.

Wie es sich herausstellte, war ich die einzige dessen Test er noch am selben Tag korrigiert hatte. Was das zu bedeuten hatte? Wahrscheinlich gar nichts. Aber endlich mal ein guter Start ins Wochenende. Ich beschloss nicht weiter darüber nachzudenken. Dennoch erwischte ich mich mehrmals dabei, wie meine Gedanken zu ihm flogen.

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